Liebe Alle,
ich bin seit ein paar Wochen wieder in Psychotherapie und zweifle etwas, ob das eine gute Entscheidung war, auch wenn ich prinzipiell schon davon überzeugt bin.
Die Sache ist folgende: ich habe als Jugendliche bereits einmal Psychotherapie gemacht. Mir ging es damals sehr schlecht, ich hatte eigentlich nichts zu verlieren. Die Therapie damals hat mir sehr viel gebracht, war oft schmerzhaft und letztendlich heilsam.
Die Situation jetzt ist eine etwas andere: Größtenteils geht es mir gut, bis auf wiederkehrende Phasen in denen das nicht so ist. Das war auch der Grund, warum ich wieder eine Therapie angefangen habe, weil diese "Phasen" eben immer wieder mal kommen und belastend sind. Meinen Alltag regle ich gut, beruflich ist alles gut, die meiste Zeit läuft alles ganz rund. Ich habe heute also durchaus mehr zu verlieren als damals.
Mit meiner Therapeutin bin ich bisher sehr zufrieden und hab auch Vertrauen zu ihr. Irgendwie hab ich vor Therapiebeginn gar nicht so genau darüber nachgedacht, wo das hinführt. Ich wollte mir einfach anschauen: Woher kommen sie, diese "schlechten Phasen" und was kann ich dagegen tun. Und wir sind dabei sehr schnell in der Vergangenheit, in der Beziehung zu meinen Eltern gelandet. Ich hab da bei mir einige Widerstände überwinden müssen um mich auf dieses Thema nochmal einzulassen, immer mit dem Gedanken: Das hatte ich doch alles schon mal durchgekaut. Letztendlich habe ich mich aber doch darauf eingelassen und sehe auch Sinn darin. Denn: Genau die alten Geschichten lösen noch immer starke Emotionen in mir aus. Und darüber war ich selbst am meisten verwundert.
Und hier liegt das Problem: Es geht mir aktuell schlechter als vor Therapiebeginn. Ich bin zwischen den Stunden permanent mit irgendwelchen Gedanken und Grübeleien beschäftigt und erlebe die volle Gefühlspalette von Traurigkeit, Hilflosigkeit, Wut usw. Und ich fühle mich ein bisschen angewiesen auf die Stunden um da dran bleiben zu können, spüre aber auch, dass ich mich nicht in eine Abhängigkeit begeben will. Ich will die Therapie machen, weil es mir was bringt, weil es mir im Idealfall am Ende des Prozesses besser geht und mir Dinge klarer sind. Ich will sie nicht machen müssen, weil es ohne nicht geht. Ist das nachvollziehbar?
In meinem Leben stehen gerade einige Umbrüche an: neue Beziehung, neuer Job, Abschied vom alten Job, usw. Und gefühlsmäßig würde ich gerne alles was da so hochgekommen ist, gerne wieder in irgendeine Truhe stecken und so weitermachen wie zuvor. Kennt das jemand von seinen Therapieanfängen? Ist es ein Zeichen dafür, dass wir an den richtigen Themen dran sind (da wo es eben "weh tut") und wann ist es sinnvoller, es vielleicht doch sein zu lassen? Wie handhabt ihr das zwischen den Stunden: Gelingt es euch, die Themen und Gedanken auch einfach mal wegzupacken und sie erst wieder in die nächste Stunde "mitzunehmen"?
Danke euch schonmal!
Liebe Grüße, Le_na
(Hinweis Admin: Betreffzeile von "Muss das so sein?" auf obige präzisiert. Bitte zukünftig - siehe Netiquette! - möglichst aussagekräftige Betreffzeilen wählen! Danke.)
Mehr Grübeln seit Beginn der Therapie
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Also generell zu deinem bisherigen Verlauf der Therapie kann ich nicht viel sagen. Mein Bauchgefühl sagt mir jedoch, es könnte schon der richtige Weg sein, wenns noch wehtut. Aber kannst du das nicht vielleicht mit deiner Therapeutin besprechen? Vielleicht findet ihr gemeinsam, einen sanfteren Weg an die Themen. Vielleicht kommt es dir aber auch nur so hart gerade vor, weil eben nebenbei noch so viele Umbrüche sind und du da tatsächlich nichts hast, worauf du dich mal ausruhen könntest
Auch deinen Gedanken zur Abhängigkeit von der Therapie kann ich nachvollziehen. Du willst es freiwillig machen, weil es sich richtig anfühlt und nicht, weil du ohne nicht klarkommst. So ging es mir letztes Jahr im Oktober. Ich wurde mehr oder weniger unfreiwillig in die Psychiatrie eingewiesen. Tief in mir, wusste und weiß ich auch, dass es für mich wichtig war zu diesem Zeitpunkt Hilfe zu bekommen. Aber ich habe den Aufenthalt nach 2 Tagen abgebrochen. Aus dem einfachen Grund: Mir wurde keine Wahl gelassen ob ich dort hin möchte oder nicht. Es wurde über mich hinweg entschieden (klar, auf den Papieren stand Status freiwillig - aber auch nur weil der Rettungsdienst meinte, wenn ich nicht mitkomme, müssen sie die Polizei einschalten und dann käme ich so schnell erstmal nicht da raus wahrscheinlich). Ich bin jemand, ich will selbst entscheiden können, wann was das richtige für mich ist. Und so habe ich mich dann eben wieder auf die Suche nach einer ambulanten Therapie gemacht und bin glücklicherweise fündig geworden.
Das Beispiel meinerseits mag jetzt nicht 100% passen, aber ich denke dass es bei dir auch um deinen freien Willen geht und um die Selbstbestimmtheit. Kann das sein?
Wenn ich mein "Tagebuch" führe, dann schreibe ich die Gedanken wirklich haargenau auf, mit den kleinsten Details und versuche alles genau zu beschreiben. Einfach, dass nichts verloren geht und ich möglichst direkt wieder Zugang dazu finden kann.
Hoffe, dir ein wenig geholfen zu haben und wünsche dir alles Gute!
Auch deinen Gedanken zur Abhängigkeit von der Therapie kann ich nachvollziehen. Du willst es freiwillig machen, weil es sich richtig anfühlt und nicht, weil du ohne nicht klarkommst. So ging es mir letztes Jahr im Oktober. Ich wurde mehr oder weniger unfreiwillig in die Psychiatrie eingewiesen. Tief in mir, wusste und weiß ich auch, dass es für mich wichtig war zu diesem Zeitpunkt Hilfe zu bekommen. Aber ich habe den Aufenthalt nach 2 Tagen abgebrochen. Aus dem einfachen Grund: Mir wurde keine Wahl gelassen ob ich dort hin möchte oder nicht. Es wurde über mich hinweg entschieden (klar, auf den Papieren stand Status freiwillig - aber auch nur weil der Rettungsdienst meinte, wenn ich nicht mitkomme, müssen sie die Polizei einschalten und dann käme ich so schnell erstmal nicht da raus wahrscheinlich). Ich bin jemand, ich will selbst entscheiden können, wann was das richtige für mich ist. Und so habe ich mich dann eben wieder auf die Suche nach einer ambulanten Therapie gemacht und bin glücklicherweise fündig geworden.
Das Beispiel meinerseits mag jetzt nicht 100% passen, aber ich denke dass es bei dir auch um deinen freien Willen geht und um die Selbstbestimmtheit. Kann das sein?
Ich habe mir ein Notizbuch angelegt, in das ich alle Gedanken, die mit den Therapiestunden zusammenhängen, reinschreibe. Also eine Art Tagebuch. Und das schöne ist, ich habe es immer in der Therapie dabei, aber manchmal, muss ich es gar nicht mit in die neue Stunde nehmen, weil dann die Macht der Gedanken schon abgenommen hat und weil ich weiß, falls es mal wieder thematisch passt, ich habe es schriftlich festgehalten und könnte es jederzeit wieder rausholen. Es ist also nicht verloren. Ich könnte mir vorstellen, dass die Gedanken bei dir so präsent sind, weil du Angst hast, sie bis zur nächsten Stunde zu verlieren. Also denkst du immer und immer wieder daran. Könnte das auch sein?
Wenn ich mein "Tagebuch" führe, dann schreibe ich die Gedanken wirklich haargenau auf, mit den kleinsten Details und versuche alles genau zu beschreiben. Einfach, dass nichts verloren geht und ich möglichst direkt wieder Zugang dazu finden kann.
Hoffe, dir ein wenig geholfen zu haben und wünsche dir alles Gute!
Kämpferin
Glückskind
Wunderfinder
Liebe Fighter,
vielen dank für deine ausführliche Antwort!
Ich werde das alles ganz sicher auch mit meiner Therapeutin besprechen. Die Zweifel waren schon nach den letzten Stunden da, diese ganz enormen Zweifel wurden jetzt dadurch ausgelöst, dass die Stunde diese Woche aufgrund von Krankheit abgesagt wurde. Das kann ich natürlich nachvollziehen und es hat mich eher erschreckt, wie dringend ich diese Stunde offenbar bräuchte und wie es mich aus dem Konzept bringt, dass sie ausfällt. Genau das wollte ich vermeiden-Abhängigkeit von der Therapie.
Wir haben letzte Stunde (und auch schon davor) sehr intensiv an einem Thema gearbeitet und ich hab mich voll darauf eingelassen und in der Zwischenzeit auch daran weitergearbeitet. Dabei sind ganz viele Emotionen entstanden, ganz viele Gedanken, Erinnerungen usw. Ich würde die sehr ungerne die nächsten 1-2 Wochen mit mir in dieser Intensität rumschleppen. Auch weil ich mich gerade auf so viele neue Dinge konzentrieren muss und mir das dann schwer fällt.
vielen dank für deine ausführliche Antwort!
Ich werde das alles ganz sicher auch mit meiner Therapeutin besprechen. Die Zweifel waren schon nach den letzten Stunden da, diese ganz enormen Zweifel wurden jetzt dadurch ausgelöst, dass die Stunde diese Woche aufgrund von Krankheit abgesagt wurde. Das kann ich natürlich nachvollziehen und es hat mich eher erschreckt, wie dringend ich diese Stunde offenbar bräuchte und wie es mich aus dem Konzept bringt, dass sie ausfällt. Genau das wollte ich vermeiden-Abhängigkeit von der Therapie.
Ja das trifft es ganz genau.Du willst es freiwillig machen, weil es sich richtig anfühlt und nicht, weil du ohne nicht klarkommst.
Wir haben letzte Stunde (und auch schon davor) sehr intensiv an einem Thema gearbeitet und ich hab mich voll darauf eingelassen und in der Zwischenzeit auch daran weitergearbeitet. Dabei sind ganz viele Emotionen entstanden, ganz viele Gedanken, Erinnerungen usw. Ich würde die sehr ungerne die nächsten 1-2 Wochen mit mir in dieser Intensität rumschleppen. Auch weil ich mich gerade auf so viele neue Dinge konzentrieren muss und mir das dann schwer fällt.
Zum Teil stimmt das sicher. Zu diesem Zweck schreibe ich allerdings auch alles auf, ähnlich wie du, aber mit dem Unterschied, dass es nur stichwortartige Notizen sind. Vielleicht versuche ich es mal die Gedanken wirklich ausführlich und mit allen Details niederzuschreiben. Das Problem ist: ist ein Thema "zu Ende gedacht", sind da fünf weitere die darauf warten in meinem Kopf rumzugeistern. Einfach weil gerade so viel los ist und weil es mir tatsächlich an Stabilität fehlt. Diese "schlechten Phasen" zuvor waren auch belastend. Aber sie waren stabil immer wieder da und ebenso sicher konnte ich mir sein, dass sie nach einer gewissen Zeit auch wieder weg sind. Ich hatte stabilen wenn auch schlechten Kontakt zu meinen Eltern, jetzt probiere ich aus diesen Kontakt (eben weil er nicht gut für mich ist) zu verringern, damit ist auch diese Stabilität weg. Und das lässt sich auf fast alle Lebensbereiche gerade anwenden. Und ich fühl mich sehr überfordert davon und von allen Gefühlen die damit einhergehenIch könnte mir vorstellen, dass die Gedanken bei dir so präsent sind, weil du Angst hast, sie bis zur nächsten Stunde zu verlieren. Also denkst du immer und immer wieder daran. Könnte das auch sein?
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- Forums-Insider
- , 30
- Beiträge: 424
Hallo Le_na, ich kenne das auch dieses Gefühl die nächste Stunde zu brauchen. Ich hatte diese Phase vor allem zu Beginn der Therapie. Auch, dass ich mir zwischen den Stunden so viel Gedanken darüber macht bzw die Therapieinhalte mich belasteten. Es wurde bei mir besser bzw nicht mehr so belastend mit zunehmendem vertrauen zum Therapeuten und in die therapeutische Beziehung. Vielleicht ist das bei dir auch so, dass du ihr vertraust aber die Beziehung noch nicht so stabil/sicher Ist?
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Liebe Prinzessin27,
danke auch für deine Antwort und schön zu wissen, dass ich nicht alleine damit bin.
Ich glaube um die Beziehung zur Therapeutin geht es vielleicht gar nicht so sehr. Vielleicht fehlt mir momentan eher das Vertrauen daran, dass solche Tiefs und das viele Grübeln nur vorübergehend sind und am Ende alles auch wieder "okay" sein wird. Zugleich beschäftigt mich einfach der Gedanke, ob es wirklich gut ist, nochmal so intensiv in diese Themen einzusteigen. Ich bin selbst so verwundert wie viel Emotion da noch mit drinsteckt, obwohl ich dachte, das alles schon zur Genüge be- und aufgearbeitet zu haben. Aber manche Themen kann man vielleicht auch nie ganz abschließen.
Jedenfalls hab ich gerade wieder ein wenig mehr Distanz gewonnen und werde diese Themen und Zweifel einfach in die nächste Stunde mitnehmen und sehen was wir daraus machen können.
Danke für eure Antworten!
Le_na
danke auch für deine Antwort und schön zu wissen, dass ich nicht alleine damit bin.
Ich glaube um die Beziehung zur Therapeutin geht es vielleicht gar nicht so sehr. Vielleicht fehlt mir momentan eher das Vertrauen daran, dass solche Tiefs und das viele Grübeln nur vorübergehend sind und am Ende alles auch wieder "okay" sein wird. Zugleich beschäftigt mich einfach der Gedanke, ob es wirklich gut ist, nochmal so intensiv in diese Themen einzusteigen. Ich bin selbst so verwundert wie viel Emotion da noch mit drinsteckt, obwohl ich dachte, das alles schon zur Genüge be- und aufgearbeitet zu haben. Aber manche Themen kann man vielleicht auch nie ganz abschließen.
Jedenfalls hab ich gerade wieder ein wenig mehr Distanz gewonnen und werde diese Themen und Zweifel einfach in die nächste Stunde mitnehmen und sehen was wir daraus machen können.
Danke für eure Antworten!
Le_na
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