Verhalten meines Therapeuten wühlt mich auf

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STim
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Verhalten meines Therapeuten wühlt mich auf

Beitrag Mo., 05.02.2018, 23:32

Hallo Zusammen,

ich brauche Rat. Im Mai 2017 wurde ich seitens meines Hausarztes in eine psychiatrische Klinik eingewiesen: Erschöpfung, Schlaflosigkeit, starker Gewichtsverlust, Migräneanfälle, Tinnitus, Panikattacken, eingeschränkte Denk- und Merkfähigkeit uvm. Die Zeit dort wurde mit sechs Wochen voll ausgeschöpft mit der Empfehlung dringend weiter eine Therapie zu machen, besonders auch da es bei mir keine nennenswerten Fortschritte gab (so meine Empfindung und auch die Aussage des behandelnden Arztes). Neben o.g. Beschwerden wurden in der Klinik eine Borderline-Persönlichkeitsstörung und mittelgradige Depressionen diagnostiziert.

Kurz darauf hatte ich die erste Stunde bei meinem Psychotherapeuten. Es gibt Schwierigkeiten am Arbeitsplatz (Konflikte zwischen rivalisierenden Kolleginnen, Neidverhalten), familiäre Probleme (pflegebedürftige Mutter mit Mini-Rente, die inzw. bei mir wohnt) und wohnungstechnisch sieht es auch nicht so doll aus (marode Bausubstanz). Das sind die drei stets präsenten "Felsbrocken", mit denen ich mich seit Jahren quäle. Diese Themen wollte ich auch in den Therapiestunden behandeln, doch mein Therapeut geht auf eine Art und Weise vor, die ich nicht nachvollziehen kann.

Erzähle ich, was mich belastet, unterbricht er mich ständig und kontert: Job, Wohnen, Geld seien "nur Äußerlichkeiten". "Wohin wollen Sie innen drin?". Auseglichenheit? "Nein!" Ich antworte dann damit, dass ich gerne besser mit Problemen, Stress, Ängsten und Sorgen umgehen können möchte. Das will er nicht hören, wechselt das Thema oder hält mir Standpauken, was ich denn wirklich wolle.

Bei der Vergangenheitsforschung war er sehr fixiert darauf, dass ich meinen Vater nicht kenne. Dieser wollte keine Kinder, er ging sogar so weit, meine Mutter und mich töten zu wollen. Der Therapeut erklärte mir von da ab in aller Zukunft aus völlig zusammenhanglosen Thematiken heraus, dass der Grund für viele meiner Probleme der sei, dass ich mit meinem Vater nicht im reinen sei. Ich liebe ihn nicht, ich hasse ihn aber auch nicht und ich verspüre mit heute 30 auch keinen Wunsch nach Kontakt zu ihm oder einer Vaterfigur.

Wir "spielen Spiele" mit Fußabdrücken, die meinen jetzigen "Standpunkt" und den, den ich will symbolisieren. Ich beschreibe das "jetzt" mit frustrierend, freudlos, traurig, Energie- und kraftlos und das "haben will" mit Zuversicht, Hoffnung, Normalität, Sicherheit. Auch das will er nicht hören. Ich frage ihn, was die richtige Antwort sei, er antwortet, dass ich das wissen müsse. Er stellt sich an meiner Stelle auf einen der Abdrücke und spricht mit sich selbst: "Ich bin jetzt der Tim, ich stehe hier und sende einen Hilferuf aus", dann Themenwechsel seinerseits. :roll:

Heute ist es ein Bisschen eskaliert. Ich sollte mich an einen Ort im Raum stellen, der meine jetzige Position beschreibt. Ich stellte mich hinter ein Sofa, das den Felsbrocken "Job" symbolisiert (er mag Symboliken) und ich sollte beschreiben, was ich fühle. Ich sagte, dass ich mich dadurch blockiert fühle, da es einfach für alles die Basis ist: Job=Geld, Geld=bessere Wohnverhältnisse und Pflege für Mutter. Mitten im Satz unterbricht er, ich soll doch einfach vom Sofa weg in den Raum und wie sich meine Füße jetzt da anfühlen... Äh? :neutral: Nun ja, wieder eine Standpauke: Er meinte, er sieht mich als eine Betonsäule, die fest steht, sich wohl fühlt, sich nicht bewegen will und er sich für eine weitere Therapierung nicht imstande sieht. Ich müsse wollen, aber will nicht. Mir lag die Frage auf der Zunge, was er denn meint, warum ich dann überhaupt hier bin - aber gut. Ich bat ihn mehrfach darum mir zu erklären, welche Antworten er von mir hören möchte oder mir einfach zu erklären, was ich überhaupt tun soll. Da gäbe es keine richtigen Antworten, meinte er und wiederholte, dass er sich überlegen müsse, ob er mich weiter therapieren will, er denke allerdings nicht und er müsse mich verlassen, wie mein Vater es getan hätte und so wie ich es auch auf Arbeit erleben würde. Er müsse sich das alles nochmals überlegen und ich soll das auch tun, das besprechen wir dann in der nächsten Sitzung.

Bitte? Er will mich verlassen wie mein Vater? Ich verstehe den Mann einfach nicht. Was will er von mir? Bin ich ihm unsympathisch? Möchte er einen Emotionsausbruch provozieren, weil er glaubt, mein Vater sei die Ursache? Sollte das zutreffen, hat er mir wirklich nicht einen Moment lang zugehört. Und wie kommt er auf die Idee, auf Arbeit werde ich "verlassen"? Etwas derartiges habe ich nie gesagt und ist auch nicht der Fall :kopfschuettel:

Leider stehe ich ratlos da und schiebe dieses Ärgernis nun bis Ende Februar vor mir her. Ich denke zwar, dass so ein Therapieerfolg fraglich ist, muss dabei aber berücksichtigen, dass es in meinem Kopf vielleicht einfach nicht mehr richtig ankommt? :-(

Was würdet Ihr tun?
Danke schon mal im Voraus!

(Hinweis Admin: Betreffzeile von "Therapeut" auf obige präzisiert. Bitte zukünftig - siehe Netiquette! - möglichst aussagekräftige Betreffzeilen wählen! Danke.)

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isabe
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Beitrag Di., 06.02.2018, 08:19

Hallo,
nach deiner Beschreibung wundert mich die Borderline-Diagnose (die eine wastebasket diagnosis ist...) ein bisschen, aber ich möchte kein weiteres Fass aufmachen und bin auch kein Mediziner oder Psychologe: Nur sind Borderliner eigentlich durch ihre Impulsivität charakterisiert (unter anderem), während du auf mich eher "statisch" wirkst. Es klingt nicht nach einer drohenden Psychose, sondern danach, dass da jemand sich mit seinen Felsen quält.

Zur Frage:
Das Wesentliche einer Psychotherapie ist die Beziehung zwischen Therapeut und Patient. Stimmt die, können viele Schwierigkeiten überwunden werden; stimmt sie nicht, kann so gut wie gar nichts erreicht werden. Es muss dafür keinen Schuldigen geben; auf mich wirkt es tatsächlich so, als würden Vater und Sohn vergeblich versuchen, eine gemeinsame Basis zu finden: Er bemüht sich ja aufrichtig, und auch du bemühst dich aufrichtig - nur versteht ihr euch nicht. Normalerweise kommt unter solchen Bedingungen gar keine Therapie zustande, weil mindestens einer von beiden merkt, dass es nicht geht; sei es, dass der Th. merkt, dass er nicht zum Patienten durchdringt (dazu gibt es sog. "Probedeutungen"); sei es, dass der Patient nicht versteht, was der Therapeut meint; sei es, dass der Therapeut nicht die "Sprache" des Patienten versteht.

Zu persönlichen Fragen des eigenen Stils kommen grundsätzliche Fragen nach der Therapieform, die man grob zwischen "verhaltensorientiert" und "tiefenpsychologisch orientiert" unterscheiden kann, will sagen: Wenn ein Patient vor allem daran interessiert ist, seine aktuelle Situation zu sehen, ist der Sinn einer tiefenpsychologischen Therapie fraglich. Und umgekehrt: Wenn ein Patient sich selbst verstehen will, dann hilft es ihm nicht, wenn der Therapeut ausschließlich pragmatische Fragen mit ihm klärt.

In psychodynamischen ( =tiefenpsychologischen) Therapien geht es v.a. um die Beziehung zwischen beiden, in der sich frühkindliche Beziehungsmuster wiederholen, denn die sind dafür verantwortlich, wie wir mit den Herausforderungen im Leben umgehen: zaghaft oder mutig; vermeidend oder zupackend; zwanghaft oder lasch und so weiter. Wenn ein Vater fehlt (und die Mutter beim erwachsenen Sohn wohnt!), dann ist das für einen Tiefenpsychologen auffällig, und dass du den Vater auch in der Beschreibung hier ignorieren möchtest, lässt vermuten, dass der Therapeut da eine "heiße Spur" verfolgt; nur leider scheint ihr nicht dieselbe Sprache zu sprechen.

Ich denke, du solltest diese grundsätzlichen Fragen thematisieren, denn Therapiestunden sind teuer, und wenn er dir nicht hilft, hast du es u.U. schwer, später bei einem neuen Th. von der Kasse Stunden zu bekommen, denn für die Kasse zählt diese Therapie nun mal als Therapie, das heißt: Du musst selbst für dich klären, ob dir das hilft oder nicht.

Dein Therapeut wirkt von außen betrachtet nicht inkompetent oder so, aber jeder Th. ist ein Individuum, und häufig kommt eine recht enge Beziehung zustande, und das kann nur funktionieren, wenn es eine Basis gibt - wie bei allen menschlichen Beziehungen. Dort wo die fehlt, können sich beide "totackern", und es wird nichts entstehen, und genau DAS wäre so wichtig für einen Erfolg.

Ich möchte dich also ermutigen, die Beziehung als solche aus deiner Sicht (!) zu thematisieren, mit Fragen, die dir wichtig sind. Wenn er für dich nicht der verlassende Vater ist, dann beschreib (ihm), was er für dich ist; was du dir wünschst von ihm. Das ist nicht einfach, aber versuche mal, in dich reinzuhorchen, und zwar ohne so "platte" Ziele wie: "Ich will in einer schönen Wohnung leben" - versuche mal zu überlegen, WAS GENAU dich in dir innen (!) hindert, diese Ziele zu verfolgen.
Zuletzt geändert von isabe am Di., 06.02.2018, 08:41, insgesamt 1-mal geändert.


isabe
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Beitrag Di., 06.02.2018, 08:30

Dass der Vater die Mutter und dich töten wollte, wird sicher ein Hauptgrund für deine Probleme sein. Siehst du den Zusammenhang nicht? Für ein Kind ist es immens wichtig, das Gefühl zu haben, willkommen zu sein. Anders kann nicht viel Positives entstehen, keine Lust aufs Leben. Insofern kann ich mir gar nicht vorstellen, dass es NICHT wichtig sein soll, dass du dich damit auseinandersetzt. Und in diesem Zusammenhang finde ich es rührend (aber davon hast DU leider nichts), dass dein Therapeut sich so um dich bemüht und "Möbelrücken" mit dir spielt.

Dringt denn da wirklich gar nichts zu dir durch? Ich hatte auch nicht viel Vater, und auch mir bedeutete dieser Mann nie etwas; aber irgendwann wurde mir klar, DASS es diese Leerstelle gibt und dass ein Vater wichtig ist, auch um die Beziehung zur Mutter zu "entzerren" und Themen wie "Trennungsfähigkeit" (von der Mutter) und Rivalität und Körperlichkeit ("ich als Mann / Frau" vs. "ich an Mutters Brust") zu durchleben.


Jenny Doe
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Beitrag Di., 06.02.2018, 08:33

Hallo STim,
"Nein!" Ich antworte dann damit, dass ich gerne besser mit Problemen, Stress, Ängsten und Sorgen umgehen können möchte.
Welches Therapieverfahren machst du? Analyse, tiefenpsychologisch Fundiert oder Verhaltenstherapie?

Aus Deiner Beschreibung der Therapiesitzung schlussfolgere ich, dass du dich in PA oder TP befindest.

Wenn es Dir darum geht, das Dein Therapieziel ist, zu lernen mit Stress umzugehen, dann wäre es eine Überlegung wert, ob für dich eine Verhaltenstherapie geeigneter ist.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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Kaonashi
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Beitrag Di., 06.02.2018, 08:59

Ich denke auch, dass eine Verhaltenstherapie vielleicht im Moment gut wäre, weil es wichtiger scheint, die Probleme im Jetzt zu lösen als noch ein weiteres Problem mit der Vergangenheit zu eröffnen, das ja offenbar kein akutes Problem zu sein scheint. Falls es wegen dem Vater ein Problem gibt, könnte man das später noch angehen, wenn für die jetzt wichtigeren Probleme eine Lösung in Sicht ist, oder wenn man merkt, dass dieses Vaterproblem doch etwas im Jetzt blockiert.

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STim
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Beitrag Di., 06.02.2018, 10:55

Guten Morgen Isabe und vielen Dank für die ausführliche Antwort!

Zur "wastebasket diagnosis" (warum das??) Borderline kann ich dir leider gar nicht viel sagen, da die damalige Diagnose und Therapie mit Bewältigung von enormer Anspannungszustände zu tun hatte. Impulsiv war ich noch nie, fresse aber (angeblich Kleinigkeiten) so in mich hinein, dass sie mich wochenlang beschäftigen. So auch mein Therapeut im aktuellen Fall.
isabe hat geschrieben: Di., 06.02.2018, 08:30 Dringt denn da wirklich gar nichts zu dir durch? Ich hatte auch nicht viel Vater, und auch mir bedeutete dieser Mann nie etwas; aber irgendwann wurde mir klar, DASS es diese Leerstelle gibt und dass ein Vater wichtig ist, auch um die Beziehung zur Mutter zu "entzerren" und Themen wie "Trennungsfähigkeit" (von der Mutter) und Rivalität und Körperlichkeit ("ich als Mann / Frau" vs. "ich an Mutters Brust") zu durchleben.
Eine Leerstelle kann ich nicht empfinden, denn eine Vaterfigur war ja nie da, sodass irgendeine Art der Leere hätte entstehen können. Man könnte genau so gut sagen, jeder hat drei Elternteile, du nur zwei und jetzt empfinde irgendetwas positives oder negatives für den Dritten! Da ist keine Empfindung für eine imaginäre dritte Person? Das ist die Ursache deiner Probleme! (So jedenfalls kommt das bei mir an :cry:)

Problematisch wurde es für mich erst immer dann, wenn außenstehende mir erklärt haben, dass es nicht normal sei keinen Vater zu haben: Als Grundschüler gab es da eine Lehrerin, die mich tatsächlich als "vaterloses Kind" betitelte und das war für mich immer erheblich schlimmer als die Tatsache, dass da ein Elternteil fehlt. Das gab es hauptsächlich zu meiner Schulzeit häufiger und hat mir vermittelt: Ich bin schuld, wegen etwas das ich nicht habe, laut anderen haben muss, aber nicht beeinflussen kann.

Tatsächlich habe ich die Beziehung meiner Eltern nie erlebt, da sich meine Mutter von ihm trennte, als ich keine zwei Monate alt war. Sein "Stalking" basierte darauf, dass er zwar mich nicht wollte, meine Mutter hingegen wollte er besitzen und er kam überhaupt nicht damit klar, dass sie ihn nicht mehr wollte. Das ging von "Sturmklingeln" nachts über Anpöbeln und Bedrängen auf der Straße, Telefonterror und zuletzt einen Versuch, uns beide mit einem Auto zu überfahren. Das habe ich bewusst erlebt (als ca. 6-7 jähriger), dabei hätte er aber genau so gut eine völlig fremde Person sein können.

Eine verzerrte Beziehung zu meiner Mutter habe ich nicht. Im Gegenteil, sie hat mir als Single-Parent mit Fulltime-Job in Jahren der Kindheit und Jugend den Kopf über Wasser gehalten und jetzt, wo sie gesundheitlich und finanziell schwächelt, bin ich für sie da. Das ist für mich die Bedeutung von Familie. "Trennungsfähigkeit" und "Mutters Brust" bzw. "Hotel-Mama" ist nicht zutreffend, da ich mit 17 schon daheim ausgezogen bin und absolut kein Problem hätte, wenn sie das jetzt täte, vorausgesetzt es gibt eine Betreuung und Absicherung. Ich bin mit 17 ausgezogen um das Fachabi und eine schulische Berufsausbildung parallel zu machen, hatte nebenher erst einen, später drei Jobs um Miete und Lebenshaltungskosten zu decken. Das ging auch über Jahre danach noch so, mehrere Jobs da ich ein Studium versuchte zu finanzieren, was aber scheiterte. DAS waren die ersten Momente, in dem alles nur noch schiefging was immer ich auch nur begonnen habe. HIER kommen wir meinem Problem schon näher (finde ich...), das wiederum interessiert meinen Therapeuten aber nicht.

Du gehst davon aus, mein Therapeut versucht eine Vaterfigur für mich darzustellen? So sieht das nicht für mich aus. Eher, als würde er aufgrund "gefühlter" aber völlig falscher Annahmen eine Therapierung versuchen und dann wird mir auch klar, warum nichts davon fruchtet und ich ihn einfach nicht verstehen kann. Er fragte mich einmal nach einem Vorbild, wie immer hat ihm meine Antwort nicht gefallen und er schlug sich selbst vor. ::?

Liebe isabe, ich danke Dir nochmals für deine ausführliche Antwort. :->

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STim
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Beitrag Di., 06.02.2018, 11:13

@Jenny Doe und Kaonashi
Ich befinde mich in Verhaltenstherapie. Und ich stimme absolut zu, dass die Probleme im JETZT wichtiger und akuter sind.

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candle.
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Beitrag Di., 06.02.2018, 11:14

Hallo!

Also meine erste Therapie und deine Beschreibung passen ähnlich auf meine Erfahrungen. Ich war nur ein Angstbündel und mehr war da nicht.

Es muß ja einen Grund geben warum du Therapie machst.

Ich denke, dass alles sehr tief in dir vergraben ist, so dass du eben gar keinen Zugang mehr zu dir und deinen Gefühlen hast. Dass da nichts zum Vater ist, kann ich mir nämlich auch nicht vorstellen, denn Eltern sind irgendwie immer das zentrale Thema. Wie sollte das auch anders sein?

Ich denke, dass du da einen ganz guten Therapeuten erwischt hast! Mir hat das geholfen! Und ich hoffe, du kannst das für dich nutzen!

Viele Grüsse!
candle
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STim
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Beitrag Di., 06.02.2018, 11:34

candle. hat geschrieben: Di., 06.02.2018, 11:14 Hallo!

Also meine erste Therapie und deine Beschreibung passen ähnlich auf meine Erfahrungen. Ich war nur ein Angstbündel und mehr war da nicht.

Es muß ja einen Grund geben warum du Therapie machst.

Ich denke, dass alles sehr tief in dir vergraben ist, so dass du eben gar keinen Zugang mehr zu dir und deinen Gefühlen hast. Dass da nichts zum Vater ist, kann ich mir nämlich auch nicht vorstellen, denn Eltern sind irgendwie immer das zentrale Thema. Wie sollte das auch anders sein?

Ich denke, dass du da einen ganz guten Therapeuten erwischt hast! Mir hat das geholfen! Und ich hoffe, du kannst das für dich nutzen!

Viele Grüsse!
candle
Hallo Candle,

dazu kann ich dir nur aus meiner Antwort von oben zitieren:
STim hat geschrieben: Di., 06.02.2018, 10:55 Man könnte genau so gut sagen, jeder hat drei Elternteile, du nur zwei und jetzt empfinde irgendetwas positives oder negatives für den Dritten! Da ist keine Empfindung für eine imaginäre dritte Person? Das ist die Ursache deiner Probleme! (So jedenfalls kommt das bei mir an :cry:)
Ein guter Therapeut ist er sicher (sagen auch Internet-Bewertungsportale :-D) nur seine Methodik in meinem Fall muss ich einfach in Frage stellen. Sollte er, wie sich für mich aus den obigen Antworten ergibt, eine Therapie auf Basis "gefühlter" aber unzutreffender Annahmen machen, ist mir klar, warum nichts davon hilft und ich ihn einfach nicht verstehen kann.

Wiederum muss ich dir zustimmen, WENN bei mir tatsächlich etwas so tief vergraben ist, dass ich keinen Zugang mehr zu mir selbst habe und mir darüber nicht einmal mehr bewusst bin, sollte es seine Aufgabe sein dort anzusetzen, nicht permanent zu Widersprechen, Themen zu wechseln, Standpauken zu halten und nun zum Schluss die Therapie seinerseits abbrechen wollen. Nach einer schlaflosen Nacht neige ich momentan selbst eher dazu, diese Therapie bei ihm nicht fortzuführen.

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candle.
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Beitrag Di., 06.02.2018, 11:42

Naja, du mußt auch offen dafür sein. Vielleicht ist es noch nicht dein Zeitpunkt für eine Therapie?

candle
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isabe
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Beitrag Di., 06.02.2018, 15:07

Hallo, Tim,

mich würde es verwirren, eine VT zu machen und dort den Vater "zwangsweise" reinzuholen in die Beziehung. Wenn jemand eine psychodynamische Therapie macht, weiß er, was auf ihn zukommt; die Therapie kommt zustande, wenn beide sich darauf geeinigt haben, sich mit der frühen Kindheit zu befassen. Wenn du das nicht möchtest, solltest du auch nicht dazu genötigt werden, denn davon hättest du nichts. Ich habe noch keine VT gemacht und kann dazu also auch nicht viel sagen, außer, dass du sozusagen ein "Recht" darauf hast, einen Therapeuten zu haben, mit dem du gut zusammenarbeiten kannst - und dass man an deinem Fall sehr schön sieht, wie wichtig die "Chemie" ist.

Ich frag nur aus Interesse: Ist dein Therapeut zufällig auch Tiefenpsychologe (so was gibt es)? Du solltest ihm sagen, dass du dieses Thema nicht bearbeiten magst. Das müsste er akzeptieren - wobei die Konsequenz dann sein kann, dass ihr die Arbeit beendet. Denn du kannst ihn nicht "zwingen", das Vaterproblem nicht als solches wahrzunehmen, wenn er es so sieht.

Vielleicht handelt es sich einfach "nur" um einen hartnäckigen Widerstand, denn DASS ein Vater wichtig ist, ist unumstritten. Wenn er "nur" tot wäre, wäre das schon schlimm genug; aber dass er SO ist, ist "offziell" einfach schlimm für ein Kind. Das muss auch nicht so dramatisch sein, dass sich nun alles auf den Vater konzentrieren muss in einer Therapie; aber es ist immer irgendwie auffällig, wenn ein Patient etwas vollkommen ausblendet.

Dass die Beziehung zur Mutter geklärt ist, ist gut! Das hab ich im ersten Beitrag so nicht gesehen, tut mir leid. Ich wollte dir nichts unterstellen.

Es kann auch sein, dass dein Therapeut ein Vater-Sohn-Thema hat, das er bei dir unterbringen will. So was gibt es leider auch, und das zu erkennen, ist schwierig, weil man als Patient ja unbedingt möchte, dass der Therapeut es richtig sieht.

Zur wastebasket diagnosis: Ich hab das mal gelesen; es gibt halt Patienten, die man nicht so leicht zuordnen kann - und es kann sein, dass es sehr lange dauert, die wirklich zutreffende Diagnose zu stellen, die möglichst genau das Problem des Patienten widerspiegelt. Vereinfacht gesagt: Je schneller die Diagnose gestellt wird, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht ganz passend ist (und umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass die Diagnose sozusagen aus einem "Diagnostizierdruck" heraus gestellt wird). Wenn also ein Therapeut nach zwei Jahren Borderline-Anteile erkennt, dann ist das aussagekräftiger, als wenn innerhalb von sechs Wochen jemand dieselbe Diagnose stellt. Wichtig wäre noch, wie du selbst dich siehst. Borderliner beziehen ihre Bezugspersonen immer sehr stark ein in ihre Störung. Bei dir vermute ich eher das Gegenteil; hast du mal deinen Th. gefragt, ob er der Diagnose zustimmt?


Jenny Doe
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Beitrag Di., 06.02.2018, 15:53

Hallo STim
Ich befinde mich in Verhaltenstherapie. Und ich stimme absolut zu, dass die Probleme im JETZT wichtiger und akuter sind.
Das Problem ist, es ist nicht immer drin was drauf steht. Es gibt auch Therapeuten, die eigentlich Verhaltenstherapeuten sind, aber tiefenpsychologisch fundiert arbeiten (ohne dafür explizit ausgebildet worden zu sein). Hatte auch mal eine VT, die von sich sagte, dass sie nicht mehr weiß was sie ist, weil sie vorwiegend tiefenpsychologisch fundiert arbeitet, ohne die entsprechende Ausbildung gemacht zu haben.
Du scheinst in einer ähnlichen Situation zus stecken. Ich fürchte, dir bleibt nur mit Deinem Therapeuten zu reden und ihm zu sagen, was genau Dein Therapieziel ist. Wenn er weiterhin darauf besteht, seine eigene Ziele mit Dir anzustreben dann wird Dir wohl nur ein Therapeutenwechsel übrigbleiben. Eins kannst du sicher erwarten: Der nächste Verhaltenstherapeut wird anders arbeiten als Dein jetziger. Es gibt nicht die VT, es gibt soviele Therapieverfahren, wie es Therapeuten gibt.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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STim
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Beitrag Di., 06.02.2018, 16:22

Hallo Isabe,
isabe hat geschrieben: Di., 06.02.2018, 15:07 Ich frag nur aus Interesse: Ist dein Therapeut zufällig auch Tiefenpsychologe (so was gibt es)? Du solltest ihm sagen, dass du dieses Thema nicht bearbeiten magst.
Das hatten wir bereits mehrmals und ja, "Tiefenpsychologische Verhaltenstherapie" nennt sich das, was ich da mache.
isabe hat geschrieben: Di., 06.02.2018, 15:07 Das muss auch nicht so dramatisch sein, dass sich nun alles auf den Vater konzentrieren muss in einer Therapie; aber es ist immer irgendwie auffällig, wenn ein Patient etwas vollkommen ausblendet.
Genau das ist mein Punkt: Er kommt mit dem Thema Vater aus einem völlig unpassenden Vor-Thema auf und ist nicht bereit zu akzeptieren, dass ich keinen Gruel gegen ihn hege oder keine "Sehnsucht" danach verspüre. Ich sei nicht im reinen mit ihm, das wiederholt er immer wieder. Ich kann dir nicht erklären, dass du Schluckauf hast, weil dein Vater dich nicht haben wollte. Das ist bloßer Unsinn und sagt für mich nichts anderes aus, als dass er eine Therapie macht, basierend auf Vermutungen und falschen Annahmen. "Ich verlasse dich, wie es dein Vater getan hat und wie man es mit dir auf Arbeit tut". Niemand verlässt mich auf Arbeit und verlassen hat mich der Vater auch nicht, dazu müsste er überhaupt einmal da gewesen sein. Der ganze Sinn-Bezug passt nicht. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr hört sich das zwischen den Zeilen an wie: "Du sprichst nicht auf meine Lehrbuch-Therapie an und jetzt habe ich keinen Bock mehr dich zu behandeln, daher tue dir jetzt ein Bisschen emotional weh, damit du die Klappe hältst und verschwindest". Warum aber will er dann doch noch einen Termin Ende diesen Monats, um das nochmals zu besprechen, wenn doch sein Urteil schon feststeht?
isabe hat geschrieben: Di., 06.02.2018, 15:07 Dass die Beziehung zur Mutter geklärt ist, ist gut! Das hab ich im ersten Beitrag so nicht gesehen, tut mir leid. Ich wollte dir nichts unterstellen.
Nee, alles gut :-D Ich bin die "Hotel-Mama"-Story nur unfassbar leid, da man seine bedürftigen Angehörigen heute wohl eher in ein Heim steckt.
isabe hat geschrieben: Di., 06.02.2018, 15:07Borderliner beziehen ihre Bezugspersonen immer sehr stark ein in ihre Störung. Bei dir vermute ich eher das Gegenteil; hast du mal deinen Th. gefragt, ob er der Diagnose zustimmt?
Nicht ob er zustimmt, aber ob er mir Tipps dagegen hat, wie ich das permanente Grübeln und "fressen" an einem belastenden Thema mehr kontrollieren kann. Er kam mir wieder mit seinen Fußabdrücken, "wie fühlen Sie sich hier und wie dort drüben", ich sehe nur Fragezeichen und beschloss dann es zu lassen, und auf die Genehmigung der Kasse für die "Skills/DBT"-Gruppe zu warten. Wurde allerdings leider nicht bewilligt.

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STim
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Beitrag Di., 06.02.2018, 16:30

Jenny Doe hat geschrieben: Di., 06.02.2018, 15:53 Eins kannst du sicher erwarten: Der nächste Verhaltenstherapeut wird anders arbeiten als Dein jetziger. Es gibt nicht die VT, es gibt soviele Therapieverfahren, wie es Therapeuten gibt.
Ich habe gelesen, dass wenn seinerseits die Therapie beendet wird, muss er mir um Ersatz schauen. Das will ich auf keinen Fall, denn dann muss ich davon ausgehen, dass ein eventuell neuer Therapeut mit seinen "Vermutungen" und Annahmen schon befangen ist.


Jenny Doe
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Beitrag Di., 06.02.2018, 16:43

Hallo Tim
Ich habe gelesen, dass wenn seinerseits die Therapie beendet wird, muss er mir um Ersatz schauen
Er kann Dir einen anderen Therpeuten empfehlen, aber Du entscheidest selbst zu wem Du gehst. Du kannst und darfst dir jederzeit einen neuen Therapeuten suchen. Du musst keinen nehmen, den man Dir empfiehlt. Niemand kann dich zwingen zu einem Therapeuten zu gehen, zu dem Du nicht gehen willst.
Bei der Kasse wird dann ein Antrag auf Therapeutenwechsel gestellt. Die bewilligten Stunden gehen zum neuen Verhaltenstherapeuten über.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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