Therapeut beendet Therapie - Eigen- und Fremdwahrnehmung
Therapeut beendet Therapie - Eigen- und Fremdwahrnehmung
Guten Abend,
schon längere Zeit bin ich stille Mitleserin und habe oft profitiert von den Erfahrungen Erfahrener hier.
Nun möchte ich mich anlässlich eines Themas zu Wort melden, das mich aktuell sehr beschäftigt.
Zu meiner Vorgeschichte:
Seit fast drei Jahren bin ich in ambulanter Therapie (anfangs noch bei einer anderen Person als momentan). Zwischendrin gab es einen Klinikaufenthalt in einer psychosomatischen Einrichtung. Damals ging es vor allem darum, mich aus einem, sagen wir, fragwürdigen Umfeld herauszunehmen und meine Essstörung anzugehen bzw etwas an Gewicht zuzulegen. Mir hat der Aufenthalt aber nicht wirklich weitergeholfen. Kaum wieder draußen, habe ich mich erst einmal total abgeschossen und alles, was ich an Kilos zugenommen hatte, gleich wieder runtergehungert.
Seitdem geht es auf und ab. Die Tiefs werden immer tiefer, die Hochs seltener. Vermutlich ist dieser Umstand besonders der Tatsache geschuldet, dass ich für eine (inzwischen unbefriedigende) Beziehung aus meiner Heimatstadt fortgezogen und hier extrem isoliert bin. Mein Studium habe ich abgebrochen, in der Hinsicht habe ich also auch keine Möglichkeit, Menschen kennen zu lernen.
Glücklicherweise habe (bzw nun leider hatte) ich hier einen Therapeuten gefunden,der sehr engagiert war. U.a. hat er eine Borderline-Störung diagnostiziert, die vorher wohl immer "übersehen" da von anderen Symptomen überdeckt wurde.
Ebendieser Therapeut hat aber nun die Therapie beendet. Gründe: Ich breche regelmäßig Verträge bzgl destruktiver Verhaltensweisen, die wir aushandeln, habe mich nicht unter Kontrolle in Stresssituationen und habe kürzlich einen Aufenthalt in der Psychiatrie, zu dem er mir geraten hat, nach einem Tag abgebrochen. Bin wohl auch ziemlich sozialphobisch und hab die Situation dort (Zweibettzimmer, ständige Beobachtung etc) nicht aushalten können ohne meinen Lieblingskatalysator Alkohol.
Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Ambulant möchte mein Therapeut nicht mit mir weitermachen. Er sagt, es sei für uns beide Zeitverschwendung und er könne/wolle die Verantwortung nicht mehr übernehmen. Mir haben die Sitzungen bei ihm geholfen. Es bewegt sich etwas bei mir, aber es geht langsam.
Nur kann ich mir gerade absolut nicht vorstellen, stationär zu gehen. Habe da richtiggehend Panik vor, weils in der Psychiatrie so furchtbar bedrückend war bzw mich die Atmosphäre dort so negativ ergriffen hat.
Außerdem sehe ich meinen Zustand nicht als so kritisch an, dass eine ambulante Behandlung nicht mehr möglich wäre. Mein Therapeut sieht das wie gesagt genau konträr, sagt, er mache sich Sorgen, und macht mir damit u.a. ein schlechtes Gewissen. Weil ich mir meiner Wahrnehmung nicht sicher bin und evtl auch meinem Umfeld zuviel zumute.
Meine Fragen hier ans Forum sind nun:
1. Wie sind eure Erfahrungen bzgl der Wahrnehmung des Therapeuten im Gegensatz zu eurer eigenen Wahrnehmung? Ist es möglich, dass sich ein Fachmann total täuscht, was das förderliche Procedere betrifft? Ab wann ist der Punkt erreicht, an dem man "die Kontrolle verloren hat"?
Und 2.: Was ist eurer Erfahrung nach der bessere Weg- erstmal "sichtbare" Symptomatik reduzieren (bzgl Alkohol, Essstörung, SVV), um die Wurzel allen Übels anschauen zu können? Oder das Pferd in umgekehrter Richtung aufzäumen? Denn wenn das zugrunde liegende Problem erkannt und eliminiert werden kann, "bräuchte" ich ja quasi die Symptome nicht mehr.
Ich hoffe, alles ist halbwegs verständlich und ich entschuldige mich für die Textlänge.
Einen guten Abend für alle und vielen Dank im Voraus für jegliche Antworten.
schon längere Zeit bin ich stille Mitleserin und habe oft profitiert von den Erfahrungen Erfahrener hier.
Nun möchte ich mich anlässlich eines Themas zu Wort melden, das mich aktuell sehr beschäftigt.
Zu meiner Vorgeschichte:
Seit fast drei Jahren bin ich in ambulanter Therapie (anfangs noch bei einer anderen Person als momentan). Zwischendrin gab es einen Klinikaufenthalt in einer psychosomatischen Einrichtung. Damals ging es vor allem darum, mich aus einem, sagen wir, fragwürdigen Umfeld herauszunehmen und meine Essstörung anzugehen bzw etwas an Gewicht zuzulegen. Mir hat der Aufenthalt aber nicht wirklich weitergeholfen. Kaum wieder draußen, habe ich mich erst einmal total abgeschossen und alles, was ich an Kilos zugenommen hatte, gleich wieder runtergehungert.
Seitdem geht es auf und ab. Die Tiefs werden immer tiefer, die Hochs seltener. Vermutlich ist dieser Umstand besonders der Tatsache geschuldet, dass ich für eine (inzwischen unbefriedigende) Beziehung aus meiner Heimatstadt fortgezogen und hier extrem isoliert bin. Mein Studium habe ich abgebrochen, in der Hinsicht habe ich also auch keine Möglichkeit, Menschen kennen zu lernen.
Glücklicherweise habe (bzw nun leider hatte) ich hier einen Therapeuten gefunden,der sehr engagiert war. U.a. hat er eine Borderline-Störung diagnostiziert, die vorher wohl immer "übersehen" da von anderen Symptomen überdeckt wurde.
Ebendieser Therapeut hat aber nun die Therapie beendet. Gründe: Ich breche regelmäßig Verträge bzgl destruktiver Verhaltensweisen, die wir aushandeln, habe mich nicht unter Kontrolle in Stresssituationen und habe kürzlich einen Aufenthalt in der Psychiatrie, zu dem er mir geraten hat, nach einem Tag abgebrochen. Bin wohl auch ziemlich sozialphobisch und hab die Situation dort (Zweibettzimmer, ständige Beobachtung etc) nicht aushalten können ohne meinen Lieblingskatalysator Alkohol.
Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Ambulant möchte mein Therapeut nicht mit mir weitermachen. Er sagt, es sei für uns beide Zeitverschwendung und er könne/wolle die Verantwortung nicht mehr übernehmen. Mir haben die Sitzungen bei ihm geholfen. Es bewegt sich etwas bei mir, aber es geht langsam.
Nur kann ich mir gerade absolut nicht vorstellen, stationär zu gehen. Habe da richtiggehend Panik vor, weils in der Psychiatrie so furchtbar bedrückend war bzw mich die Atmosphäre dort so negativ ergriffen hat.
Außerdem sehe ich meinen Zustand nicht als so kritisch an, dass eine ambulante Behandlung nicht mehr möglich wäre. Mein Therapeut sieht das wie gesagt genau konträr, sagt, er mache sich Sorgen, und macht mir damit u.a. ein schlechtes Gewissen. Weil ich mir meiner Wahrnehmung nicht sicher bin und evtl auch meinem Umfeld zuviel zumute.
Meine Fragen hier ans Forum sind nun:
1. Wie sind eure Erfahrungen bzgl der Wahrnehmung des Therapeuten im Gegensatz zu eurer eigenen Wahrnehmung? Ist es möglich, dass sich ein Fachmann total täuscht, was das förderliche Procedere betrifft? Ab wann ist der Punkt erreicht, an dem man "die Kontrolle verloren hat"?
Und 2.: Was ist eurer Erfahrung nach der bessere Weg- erstmal "sichtbare" Symptomatik reduzieren (bzgl Alkohol, Essstörung, SVV), um die Wurzel allen Übels anschauen zu können? Oder das Pferd in umgekehrter Richtung aufzäumen? Denn wenn das zugrunde liegende Problem erkannt und eliminiert werden kann, "bräuchte" ich ja quasi die Symptome nicht mehr.
Ich hoffe, alles ist halbwegs verständlich und ich entschuldige mich für die Textlänge.
Einen guten Abend für alle und vielen Dank im Voraus für jegliche Antworten.
- Werbung
Sein Abdanken ist sein letzter Versuch, dich ernsthaft zu erreichen.
Alles andere wäre Beschäftigung, wie in einem Beschäftigungsverhältnis...
Alles andere wäre Beschäftigung, wie in einem Beschäftigungsverhältnis...
Erst einmal danke ich dir fürs Lesen und deine Antwort.
Deinem Empfinden nach ist also diese "Aufkündigung" des therapeutischen Verhältnisses der Tatsache geschuldet, dass er mich quasi aufwecken möchte.
Ich frage mich nur, wo sind die Grenzen ambulanter Psychotherapie? Ist das subjektiv verschieden?
Denn ich empfinde es nicht so, als ob mein Verhalten "extrem selbstgefährend" wäre oder ich gar nicht mehr auf ambulante Gesprächstherapie anspräche. Ich fühle mich in erster Linie ein wenig abgeschoben.
Deinem Empfinden nach ist also diese "Aufkündigung" des therapeutischen Verhältnisses der Tatsache geschuldet, dass er mich quasi aufwecken möchte.
Ich frage mich nur, wo sind die Grenzen ambulanter Psychotherapie? Ist das subjektiv verschieden?
Denn ich empfinde es nicht so, als ob mein Verhalten "extrem selbstgefährend" wäre oder ich gar nicht mehr auf ambulante Gesprächstherapie anspräche. Ich fühle mich in erster Linie ein wenig abgeschoben.
Wo sind die Grenzen ambulanter Therapie?
Ich denke, z. B wenn ein Patient nicht absprachefähig ist, wird es schon schwierig. Schließlich muss er sich darauf verlassen können. Falls wirklich irgendwas gravierenderes passiert, muss er ja auch rechtlich eventuell gerade stehen. Wenn er dann in seinen Akten wahrheitsgemäß geschrieben hat, dass du dich nicht unter Kotrolle hattest, selten an Absprachen gehalten hast oder ähnliches ...
Und falls dann in ein paar Monaten oder nem Jahr doch etwas gravierendes passiert (was wir alle nicht hoffen) könnte er ziemliche Probleme bekommen.
Aber es kommt halt auch darauf an, wie und warum du die "Verträge" brichst. Ich meine destrukrives Verhalten sind nun mal die Symptome, die wird man ja duech Verträge nicht los. Wäre ja genauso wenn du mega husten hast und jemand macht mit dir einen Vertrag dass du nicht husten sollst. Solche Verträge sollen ja die Richtung bestimmen. Und dann musst du halt an dir arbeiten, dass du anders mit diesen Situationen umgehst so dass du das nicht mehr brauchst. Also das sollte man ja in der Therapie erarbeiten.
Schwierig wirds halt nur wenn du dazu kein bock hast oder dass eh sinnlos findest oder so was ....
Ich denke, z. B wenn ein Patient nicht absprachefähig ist, wird es schon schwierig. Schließlich muss er sich darauf verlassen können. Falls wirklich irgendwas gravierenderes passiert, muss er ja auch rechtlich eventuell gerade stehen. Wenn er dann in seinen Akten wahrheitsgemäß geschrieben hat, dass du dich nicht unter Kotrolle hattest, selten an Absprachen gehalten hast oder ähnliches ...
Und falls dann in ein paar Monaten oder nem Jahr doch etwas gravierendes passiert (was wir alle nicht hoffen) könnte er ziemliche Probleme bekommen.
Aber es kommt halt auch darauf an, wie und warum du die "Verträge" brichst. Ich meine destrukrives Verhalten sind nun mal die Symptome, die wird man ja duech Verträge nicht los. Wäre ja genauso wenn du mega husten hast und jemand macht mit dir einen Vertrag dass du nicht husten sollst. Solche Verträge sollen ja die Richtung bestimmen. Und dann musst du halt an dir arbeiten, dass du anders mit diesen Situationen umgehst so dass du das nicht mehr brauchst. Also das sollte man ja in der Therapie erarbeiten.
Schwierig wirds halt nur wenn du dazu kein bock hast oder dass eh sinnlos findest oder so was ....
"You cannot find peace by avoiding life."
Virginia Woolf
Virginia Woolf
- Werbung
Meine Erfahrung: Der Therapeut weiss meistens schon weit vor dir selber, was Sache ist, und mit welchen "Spielchen" du aufwarten könntest. Ein guter Therapeut sagt dann erstmal nichts (bzw. nicht viel), lässt dich damit erstmal laufen - und kräftig anecken. Ohne aber die Beziehung zu gefährden oder abzubrechen. Heisst, er vermittelt dir immer wieder, dass er dein sicherer Hafen ist. Nur musst du selber raffen, dass du mit deinem Verhalten nicht weiter kommst, alles aufs Spiel setzt, erkennen, dass du dich ändern musst, und auch zeigen, dass du dich ändern willst. Dann bleibt dieser Therapeut lange an deiner Seite und kann eine famose Stütze sein. Wenn du nach Jahren nicht raffst, was Sache ist, kann auch der beste Therapeut irgendwann nicht mehr und sagt dann halt "Ich will nicht mehr". Ein Therapeut ist nicht gezwungen, einen Patienten zu behalten. Wenn der Therapeut keinste Veränderung, keinsten Willen zur Veränderung sieht, oder die Therapie andauernden "Sabotagen" durch den Patienten ausgesetzt ist, ohne dass sich nach solchen Sabotagen was tut, dann kann er abbrechen.malafide hat geschrieben: ↑Mi., 20.12.2017, 21:48 1. Wie sind eure Erfahrungen bzgl der Wahrnehmung des Therapeuten im Gegensatz zu eurer eigenen Wahrnehmung? Ist es möglich, dass sich ein Fachmann total täuscht, was das förderliche Procedere betrifft? Ab wann ist der Punkt erreicht, an dem man "die Kontrolle verloren hat"?
Das, was du geschildert hast (ständig Verträge brechen, nicht an Abmachungen halten, sich nicht im Griff haben, Essstörung und saufen) sind alles Dinge, die - tauchen sie gehäuft und wiederholt auf - zum Therapieabbruch seitens Therapeuten führen können.
Bei körperlicher Abhängigkeit erstmal Entzug, dann stationär Entwöhnung mit auf die zugrundeliegenden psych. Probleme angepasste Therapie.
Geht ja alles Hand in Hand. Du musst da zweigleisig fahren. Du wirst dein Saufen, deine Esstörung nicht in den Griff kriegen, wenn du dich nicht den dahinterliegenden Problemen stellst. Du musst aber auch dran arbeiten, dein Saufen und deine Essstörung zumindest auf ein Minimum zu reduzieren, damit du überhaupt an die dahinterliegenden Probleme kommst. Ist harte Arbeit. Kann ambulant klappen (wenn du sehr motiviert bist, enormen Leidendsruck hast, gesundheitlich nicht zu angeschlagen bist und ein halbwegs sicheres Umfeld hast). Ansonsten lieber erstmal Klinik, dann direkt danach ambulante Therapie.
Und egal wie rum du das Pferd aufzäumst, du wirst dich dir selber stellen müssen. Das kann dir kein Therapeut abnehmen. Manchmal klappt das sich selber stellen schnell, manchmal muss Krise hinter Krise kommen, du tausendmal auf die Nase fallen, bis es irgedwann "Rumms" macht und du die Kurve kriegst.
Liebe malafide,
Ich kann den Therapeuten leider verstehen, auch wenn es nicht schön ist, das so zu lesen. Es gibt ja den Begriff der Therapiefähigkeit. Damit wird ausgesagt, inwieweit ein Patient genügend in der Lage ist, ambulant eine mutmaßlich erfolgreiche Psychotherapie(!) durchzuführen.
Viele Therapeuten lehnen Patienten mit Süchten und co darum auch von vornherein ab (ausgewiesene Suchttherapeuten mal außen vor). Die Theorie dahinter ist, dass manifeste süchte es verhindern, sich seinen wahren Themen und Problemen zu stellen. Die Sucht als Tröster in der Not verhindert den Schmerz, der zur Heilung führen würde.
Kleine Fortschritte in allen Ehren, die nimmt dir ja auch niemand. Wenn der Therapeut aber weiss, dass da draußen 50 neue Patienten auf ihn warten, die eine hohe Motivation zeigen würden, dann ist klar, dass er irgendwann frustriert ist. Wenn du grundsätzlich mit ihm zufrieden warst wäre mein Tipp: Süchte behandeln und Möglichkeiten für eine Wiederau der therapie vllt schon jetzt besprechen. Möglicherweise würde dich das motivieren, das dann auszuhalten.
LG!
Ich kann den Therapeuten leider verstehen, auch wenn es nicht schön ist, das so zu lesen. Es gibt ja den Begriff der Therapiefähigkeit. Damit wird ausgesagt, inwieweit ein Patient genügend in der Lage ist, ambulant eine mutmaßlich erfolgreiche Psychotherapie(!) durchzuführen.
Viele Therapeuten lehnen Patienten mit Süchten und co darum auch von vornherein ab (ausgewiesene Suchttherapeuten mal außen vor). Die Theorie dahinter ist, dass manifeste süchte es verhindern, sich seinen wahren Themen und Problemen zu stellen. Die Sucht als Tröster in der Not verhindert den Schmerz, der zur Heilung führen würde.
Kleine Fortschritte in allen Ehren, die nimmt dir ja auch niemand. Wenn der Therapeut aber weiss, dass da draußen 50 neue Patienten auf ihn warten, die eine hohe Motivation zeigen würden, dann ist klar, dass er irgendwann frustriert ist. Wenn du grundsätzlich mit ihm zufrieden warst wäre mein Tipp: Süchte behandeln und Möglichkeiten für eine Wiederau der therapie vllt schon jetzt besprechen. Möglicherweise würde dich das motivieren, das dann auszuhalten.
LG!
Guten Morgen,
vielen, vielen Dank für eure Antworten, in jeder steckte etwas, das mir weitergeholfen hat.
Ich gehe mal auf die Dinge ein, die mir am wichtigsten sind:
@~~~
@Alyssa
@RoboCat
Umgekehrt ist es manchmal so (ich weiß, dass es absurder Unsinn ist und nicht stimmt!), dass es sich so anfühlt, als bekäme ich durch den Alkohol "besseren", nachhaltigeren Zugang zu meinen Gefühlen. Er nimmt den Filter weg.
Einen guten Tag für alle
malafide
vielen, vielen Dank für eure Antworten, in jeder steckte etwas, das mir weitergeholfen hat.
Ich gehe mal auf die Dinge ein, die mir am wichtigsten sind:
@~~~
Ich brach die Verträge immer wieder, weil ich die Strategien, die ich zur Stressbewältigung therapeutisch anwenden sollte, im Alltag nicht umsetzen konnte. Deshalb "musste" ich immer wieder zu meinen zuverlässigen, destruktiven Methoden greifen.~~~ hat geschrieben: ↑Mi., 20.12.2017, 23:36 Aber es kommt halt auch darauf an, wie und warum du die "Verträge" brichst. Ich meine destrukrives Verhalten sind nun mal die Symptome, die wird man ja duech Verträge nicht los. Wäre ja genauso wenn du mega husten hast und jemand macht mit dir einen Vertrag dass du nicht husten sollst. Solche Verträge sollen ja die Richtung bestimmen. Und dann musst du halt an dir arbeiten, dass du anders mit diesen Situationen umgehst so dass du das nicht mehr brauchst. Also das sollte man ja in der Therapie erarbeiten.
Da triffst du genau den wunden Punkt bei mir, und das haben wir auch so in der Therapie erarbeitet. Es sind zwei Seiten in mir, die permanent gegeneinander ankämpfen, die "gesunde", konstruktive, motivierte, die in der Therapie präsent war; und die destruktive, depressive, die alles sinnlos findet (einschließlich Therapie). Mein Verhalten ist da total ambivalent. Und ja, das macht es einem ambulanten Therapeuten vermutlich extrem schwer mit mir.
@Alyssa
(die Ausführungen unmittelbar vor dem Zitat zur Arbeitsweise eines "guten" Therapeuten in solchen Fällen fand ich sehr hilfreich!) Also: Jahre sind es nicht,die wir miteinander arbeiten. Sondern nur 6 Monate, von denen ich mindestens 1-2 noch nicht richtig aufmachen und erst Vertrauen aufbauen musste. Er hat jetzt auch kürzlich noch gesagt, er sähe meine Motivation. Deshalb habe ich ja überhaupt begonnen, mich quasi auf allgemeinerer Ebene zu fragen, wieviel Zeit man sich ambulant geben sollte.
Da hast du den Nagel auf den Kopf getroffen. Und diese "Verantwortung" für mich selbst, die macht Angst, vor der laufe ich ständig davon. Ein Therapeut, der stets der sichere Hafen ist, verstärkt fatalerweise partiell diese Tendenz, Verantwortung zu übertragen. Deshalb zweifle ich momentan sogar gänzlich daran, ob Psychotherapie mir gerade helfen kann. Weil ich mich immer wieder zu sehr an den Therapeuten binde und quasi ihm die Verantwortung für meine Probleme übertrage. Da könnte ich mich selbst an die Wand klatschen.Alyssa hat geschrieben: ↑Do., 21.12.2017, 05:06 Und egal wie rum du das Pferd aufzäumst, du wirst dich dir selber stellen müssen. Das kann dir kein Therapeut abnehmen. Manchmal klappt das sich selber stellen schnell, manchmal muss Krise hinter Krise kommen, du tausendmal auf die Nase fallen, bis es irgedwann "Rumms" macht und du die Kurve kriegst.
@RoboCat
Ganz genau das hat mein Therapeut in einer der letzten Stunden zu mir gesagt. Doch ist es ja nicht so, dass ich immer und ständig meinem Suchtdruck nachgeben würde. Es gibt durchaus Abende/Situationen, in denen ich den Schmerz zulasse und nicht betäube. Aber es passiert dadurch nichts in mir. Und am nächsten Tag/in der nächsten Therapiestunde rationalisiere ich den Schmerz weg und habe keinen Zugriff mehr auf ihn.RoboCat hat geschrieben: ↑Do., 21.12.2017, 07:15 Viele Therapeuten lehnen Patienten mit Süchten und co darum auch von vornherein ab (ausgewiesene Suchttherapeuten mal außen vor). Die Theorie dahinter ist, dass manifeste süchte es verhindern, sich seinen wahren Themen und Problemen zu stellen. Die Sucht als Tröster in der Not verhindert den Schmerz, der zur Heilung führen würde.
Umgekehrt ist es manchmal so (ich weiß, dass es absurder Unsinn ist und nicht stimmt!), dass es sich so anfühlt, als bekäme ich durch den Alkohol "besseren", nachhaltigeren Zugang zu meinen Gefühlen. Er nimmt den Filter weg.
Das ist ein großartiger Ratschlag. In diese Richtung hatte ich bisher noch gar nicht gedacht. Vielen Dank!
Einen guten Tag für alle
malafide
Gerne
Vielleicht bist du jetzt noch etwas gechockt aufgrund des Rauschmiss, was total verständlich ist. Da fällt es nicht leicht, auch bis in die Zukunft zu denken.
Ich glaube ja persönlich, dass wenn es ein gutes Verhältnis war mit dem Therapeuten, dass er nichts gegen eine Wiederaufnahme haben wird. Du kannst ja auch ruhig sagen, dass du trotz Sucht als großem Nebenschauplatz viele Fortschritte mit ihm machen konntest. Das hört doch jeder gern!
Wie lang warst du eigentlich bei ihm in Therapie?
Vielleicht bist du jetzt noch etwas gechockt aufgrund des Rauschmiss, was total verständlich ist. Da fällt es nicht leicht, auch bis in die Zukunft zu denken.
Ich glaube ja persönlich, dass wenn es ein gutes Verhältnis war mit dem Therapeuten, dass er nichts gegen eine Wiederaufnahme haben wird. Du kannst ja auch ruhig sagen, dass du trotz Sucht als großem Nebenschauplatz viele Fortschritte mit ihm machen konntest. Das hört doch jeder gern!
Wie lang warst du eigentlich bei ihm in Therapie?
Ja, geschockt trifft es ganz gut. Dabei kams nicht mal völlig überraschend für mich. Bzw. ich habe irgendwo in mir gewusst, dass mein Verhalten bzgl. Absprachen auf Dauer nicht von ihm geduldet werden wird.
Als er mir dann definitiv sagte "Die Therapie ist an dieser Stelle beendet", fühlte ich gar nichts. Auch auf seine Nachfrage hin nicht. Erst einen Tag später zuhause löste sich die Schockstarre und ich wurde total panisch Ich habe ein Riesenproblem damit, wenn Menschen, die mir wichtig sind, mich "verlassen", und sei es auch aus richtigen und nachvollziehbaren Gründen.
Wir hatten ein wirklich sehr gutes Verhältnis. Locker, warm, menschlich. Ich glaube allerdings, dass ich in einem ungesunden Maß auch die ganze Zeit enorm mit der Beziehung zu ihm beschäftigt war. Das hätte ich thematisieren sollen, weil es mich davon abgehalten hat, bestimmte andere Dinge zu bearbeiten. Aber so etwas hätte ich mich niemals getraut... ich möchte im Grunde gar nicht, dass der jeweilige Therapeut weiß, wie wichtig er mir ist bzw dass ich etwas für ihn empfinde (nicht erotisch oder dergleichen).
Als er mir dann definitiv sagte "Die Therapie ist an dieser Stelle beendet", fühlte ich gar nichts. Auch auf seine Nachfrage hin nicht. Erst einen Tag später zuhause löste sich die Schockstarre und ich wurde total panisch Ich habe ein Riesenproblem damit, wenn Menschen, die mir wichtig sind, mich "verlassen", und sei es auch aus richtigen und nachvollziehbaren Gründen.
Wir hatten ein wirklich sehr gutes Verhältnis. Locker, warm, menschlich. Ich glaube allerdings, dass ich in einem ungesunden Maß auch die ganze Zeit enorm mit der Beziehung zu ihm beschäftigt war. Das hätte ich thematisieren sollen, weil es mich davon abgehalten hat, bestimmte andere Dinge zu bearbeiten. Aber so etwas hätte ich mich niemals getraut... ich möchte im Grunde gar nicht, dass der jeweilige Therapeut weiß, wie wichtig er mir ist bzw dass ich etwas für ihn empfinde (nicht erotisch oder dergleichen).
Ein halbes Jahr nur. Das macht es irgendwie noch belastender. Gerade jetzt, wo ich langsam freier reden konnte, endet das Ganze...
“An dieser Stelle ist die Therapie beendet“ - Oh man, das tut mir wirklich leid, ich kann mir vorstellen, dass das ein Schock war. Wie lange ist denn das jetzt her? Wie gehst du damit um, jetzt auf dich so plötzlich gestellt zu sein? Gibt es die im Eingangspost erwähnte Beziehung noch und erfährst du dort Rückhalt?
LG, robocat
LG, robocat
In einer Therapie einer strukturellen Störung wie der Borderline-Störung gibt es kein wichtigeres Thema als das der Beziehung zwischen Therapeut und Patient.
Hat dein Therapeut denn kein Vorwarnungen gegeben, war das Therapieende ganz plötzlich für dich?
Nochmals vielen Dank fürs Antworten an euch beide. Mir tut der Austausch gerade sehr gut.
@RoboCat
@alatan
Die Ankündigung, dass es jetzt definitiv "vorbei" ist, kam vor zwei Wochen. Wie ich schon im Eingangspost kurz erwähnt hatte, hat er mir aber bereits lang davor mehrmals deutlich gemacht, dass es so nicht weitergehen kann bzw er mich eig nicht therapieren darf, wenn ich viel trinke. Wir haben gemeinsam überlegt, welche Kliniken für mich in Frage kämen und ich habe mich auch bei einer angemeldet, die DBT anbietet und auf Essstörungen spezialisiert ist.
Nur ist die Wartezeit dort naturgemäß sehr lang, und weil es vorher wieder zu Vertragsbrüchen kam, hat er mich quasi "überredet", akut in der Psychiatrie vor Ort zu gehen- danach könnten wir noch ein paar Stunden machen, bevor ich in die ursprünglich angedachte Klinik gehe, so seine Aussage.
Nachdem ich dann in der Psychiatrie so schnell die Flinte ins Korn geworfen habe, war der Abschied dann beschlossene Sache.
Es kam also auf der rationalen Ebene nicht gänzlich überraschend für mich.
Auf emotionaler sieht es anders aus. Ich schätze, ich habe ihn immer mehr auch als eine Art Freund betrachtet und es gefühlsmäßig nicht wahrhaben wollen, dass er mich (konsequenterweise) wirklich "im Stich lassen" würde.
Mich treibt in erster Linie mein Anteil an der ganzen Geschichte um. Mir kam der Gedanke, dass ich mich bewusst weiterhin destruktiv verhalten habe, um mir seiner Zuwendung weiterhin sicher sein zu können. Total bescheuert. Denn so habe ich im Endeffekt die Therapie sabotiert.
Falls dem so ist, hätte ich ja in einer Klinik exakt das gleiche Problem gegenüber der dort arbeitenden Therapeuten...
Aber momentan kann ich mir ohnehin kaum vorstellen, mich noch einmal so zu öffnen.
@RoboCat
@alatan
Die Ankündigung, dass es jetzt definitiv "vorbei" ist, kam vor zwei Wochen. Wie ich schon im Eingangspost kurz erwähnt hatte, hat er mir aber bereits lang davor mehrmals deutlich gemacht, dass es so nicht weitergehen kann bzw er mich eig nicht therapieren darf, wenn ich viel trinke. Wir haben gemeinsam überlegt, welche Kliniken für mich in Frage kämen und ich habe mich auch bei einer angemeldet, die DBT anbietet und auf Essstörungen spezialisiert ist.
Nur ist die Wartezeit dort naturgemäß sehr lang, und weil es vorher wieder zu Vertragsbrüchen kam, hat er mich quasi "überredet", akut in der Psychiatrie vor Ort zu gehen- danach könnten wir noch ein paar Stunden machen, bevor ich in die ursprünglich angedachte Klinik gehe, so seine Aussage.
Nachdem ich dann in der Psychiatrie so schnell die Flinte ins Korn geworfen habe, war der Abschied dann beschlossene Sache.
Es kam also auf der rationalen Ebene nicht gänzlich überraschend für mich.
Auf emotionaler sieht es anders aus. Ich schätze, ich habe ihn immer mehr auch als eine Art Freund betrachtet und es gefühlsmäßig nicht wahrhaben wollen, dass er mich (konsequenterweise) wirklich "im Stich lassen" würde.
Mich treibt in erster Linie mein Anteil an der ganzen Geschichte um. Mir kam der Gedanke, dass ich mich bewusst weiterhin destruktiv verhalten habe, um mir seiner Zuwendung weiterhin sicher sein zu können. Total bescheuert. Denn so habe ich im Endeffekt die Therapie sabotiert.
Falls dem so ist, hätte ich ja in einer Klinik exakt das gleiche Problem gegenüber der dort arbeitenden Therapeuten...
Aber momentan kann ich mir ohnehin kaum vorstellen, mich noch einmal so zu öffnen.
Das mag, wie du sagst, die bewusste Ebene betreffen. Auf unbewusste Weise hast du in selbstbestrafender "Absicht" die Therapie sabotiert, aus unbewusstem Bestrafungsbedürfnis deiner selbst.
Exakt. Und deswegen ist es so wichtig, dass die Beziehung zum Therapeuten im Mittelpunkt der Therapie steht, da Beziehung und emotionale Nähe für die meisten Strukturgestörten das schwerwiegenste Problem ist und zugleich das "heilsame Elixier".
-
- [nicht mehr wegzudenken]
- , 39
- Beiträge: 4650
Du, auch Freunde mögen destruktives Verhalten nicht unbedingt und tun sich das nicht zwangsläufig ewig an. Ich habe auch mal eine destruktive Freundin konfrontieren müssen - sie hat mir daraufhin die Freundschaft gekündigt, da sie mit der Kränkung nicht klar kam. Jeder hat doch auch seine Grenzen.malafide hat geschrieben: ↑Do., 21.12.2017, 19:17 Ich schätze, ich habe ihn immer mehr auch als eine Art Freund betrachtet und es gefühlsmäßig nicht wahrhaben wollen, dass er mich (konsequenterweise) wirklich "im Stich lassen" würde.
Mich treibt in erster Linie mein Anteil an der ganzen Geschichte um. Mir kam der Gedanke, dass ich mich bewusst weiterhin destruktiv verhalten habe, um mir seiner Zuwendung weiterhin sicher sein zu können. Total bescheuert. Denn so habe ich im Endeffekt die Therapie sabotiert.
Es ist aber voll gut, dass dir jetzt die Dynamik bewusst ist. Sich krank machen - dafür kann man keine echte Zuwendung bekommen, sie wird erzwungen - und wer wird schon gern gezwungen, und wer sieht schon gern bei Zerstörung zu? Erst recht, wenn einem die Person ein Stück am Herzen liegt. Vielleicht hilft die die Erfahrung, dass dir diese Destruktion nicht hilft. Und du kannst verbalisieren, was du dir eigentlich wünscht - das ist doch eigentlich echt ein Gewinn trotz allem!
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer
Ich finde nicht, dass Dich Dein Therapeut im Stich gelassen hat. Er ist Dein Therapeut und nicht Dein Freund und nimmt Deine Sucht sehr ernst.
Suchtpatienten sollen nach Liebe gieren und nach sofortiger Erfüllung. So habe ich es gelesen.
Auch, dass die Sucht dann auf den Therapeuten ausgelagert wird und der Therapeut dann zum Suchtobjekt werden kann.
Spielt da der Therapeut nicht mit und erfüllt eben nicht, dann wird halt wieder zu einer anderen Droge gegriffen.
Dadurch entsteht wiederholt der Kreislauf: "Du gibst mir nicht was ich brauche, also wende ich mich wieder einer anderen Droge zu. Du bist schuld, weil Du mir nicht die notwendige Zuwendung gibst und deshalb muss ich leider wieder in die Betäubung ausweichen."
In spezialisierten Kliniken wird sich Dein Muster auch zeigen. Durch die kontrollierte Abstinenz und speziell geschultes Personal kann dem anders begegnet werden als in der ambulanten Therapie.
Dies alles nutzt NICHTS, wenn Du nicht selbst den Willen hast Dir nicht mehr selbst zu schaden.
Kein Therapeut und keine Klinik kann Dir abnehmen, die Verantwortung für Dich zu übernehmen.
Entweder Du willst da raus, oder eben nicht.
Ich habe erleben müssen, wie Menschen elendig an ihrer Sucht krepiert sind.
Und ich habe auch erlebt, dass Menschen für SICH selbst entschieden haben, so nicht mehr weitermachen zu wollen.
DAS kann Dir keiner abnehmen. Ist Deine Entscheidung.
Suchtpatienten sollen nach Liebe gieren und nach sofortiger Erfüllung. So habe ich es gelesen.
Auch, dass die Sucht dann auf den Therapeuten ausgelagert wird und der Therapeut dann zum Suchtobjekt werden kann.
Spielt da der Therapeut nicht mit und erfüllt eben nicht, dann wird halt wieder zu einer anderen Droge gegriffen.
Dadurch entsteht wiederholt der Kreislauf: "Du gibst mir nicht was ich brauche, also wende ich mich wieder einer anderen Droge zu. Du bist schuld, weil Du mir nicht die notwendige Zuwendung gibst und deshalb muss ich leider wieder in die Betäubung ausweichen."
In spezialisierten Kliniken wird sich Dein Muster auch zeigen. Durch die kontrollierte Abstinenz und speziell geschultes Personal kann dem anders begegnet werden als in der ambulanten Therapie.
Dies alles nutzt NICHTS, wenn Du nicht selbst den Willen hast Dir nicht mehr selbst zu schaden.
Kein Therapeut und keine Klinik kann Dir abnehmen, die Verantwortung für Dich zu übernehmen.
Entweder Du willst da raus, oder eben nicht.
Ich habe erleben müssen, wie Menschen elendig an ihrer Sucht krepiert sind.
Und ich habe auch erlebt, dass Menschen für SICH selbst entschieden haben, so nicht mehr weitermachen zu wollen.
DAS kann Dir keiner abnehmen. Ist Deine Entscheidung.
- Werbung
-
- Vergleichbare Themen
- Antworten
- Zugriffe
- Letzter Beitrag