Abhängigkeit und Therapeutenwechsel

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Antworten

Thread-EröffnerIn
JolantaN
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
weiblich/female, 34
Beiträge: 2

Abhängigkeit und Therapeutenwechsel

Beitrag Do., 06.04.2017, 13:32

Hallo,

ich habe ein paar Fragen, die mich momentan beschäftigen und ich würde gerne wissen, was ihr dazu sagt.

Ich habe 6 Jahre Gesprächs- und Verhaltenstherapie gemacht, danach 6 Jahre KIP und seit einem Jahr mache ich eine Gestalttherapie.
Meine zweite Therapeutin war oft verfügbar und wenn einmal ein Feiertag war, haben wir den Termin an einem anderen Tag der Woche nachgeholt. Die Therapie fand fast wöchentlich statt, ganz selten dass es mal eine Woche ausgefallen ist. Vor einem Jahr habe ich die Therapie beendet, vor allem aus Autonomiegründen, was hier wichtig ist zu erwähnen.- Kurze Zeit darauf begann ich bei meinem jetzigen Therapeuten eine Gestalttherapie. Eigentlich möchte ich jede Woche eine Sitzung machen, doch leider hat er oft keine Zeit. Letztes Mal sagte er mir wieder, dass wir uns erst in drei Wochen wieder sehen. Ich habe danach geweint und dass hat mir gezeigt, dass ich schon abhängig bin von der Therapie. Aber es ist generell gerade nicht leicht in meinem Leben, daher ist die Aussicht auf drei Wochen Therapiepause nicht gerade rosig...
Ich merke außerdem, dass es mir deutlich schlechter geht, wenn ich einige Zeit keine Therapie mache. Ich habe dann mal nachgesehen, wie oft es im letzten Jahr wirklich ausgefallen ist. In den letzten 54 Wochen hatte ich 22 Mal keine Therapie... Ich finde das schon sehr viel.

Daher überlege ich jetzt, mir einen neuen Therapeuten zu suchen. Aber es spielt auch der Gedanke mit, dass ich anscheinend echt abhängig bin. Wäre es besser, keine Therapie mehr zu machen, damit ich nicht abhängig bin, obwohl es mir dadurch vermutlich schlechter gehen wird? Ist es wirklich eine Form der Abhängigkeit oder ist es für manche Menschen einfach notwendig, in therapeutischer Behandlung zu sein, damit es ihnen halbwegs gut geht? Was denkt ihr darüber?

Werbung


Alyssa
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 40
Beiträge: 871

Beitrag Do., 06.04.2017, 14:17

Du schreibst ja sehr reflektiert und kannst dich und deine Bedürfnisse offenbar gut einschätzen. Und du schreibst von Autonomie. Du willst also eigenständig und frei sein in deinem Leben.

Wenn du Angst vor Abhängigkeit hast, bzw. du leicht in eine Abhängigkeit zum Therapeuten (bzw. zur Therapie allgemein) kommst, wäre doch genau das ein Thema für deine Therapie? Dass das dann natürlich auch mal unangenehm bis schmerzhaft sein kann, ist klar. Und sich nach jahrelanger Therapie lösen ist nicht einfach. Das geht ncht von heute auf morgen.

Wenn du akut Bedarf an regelmässigen Stunde hast, weil du sonst nicht mit dir und im Leben klarkommst, musst du das bei deinem Therapeuten ansprechen. Wenn er keine Zeit hat, und dir nicht häufiger Termine bieten kann, bleibt wohl nichts anderes als ein Wechsel.
Wenn du den Wunsch hast, mehr Stunden und regelmässiger Stunden zu haben, weil dir sonst irgendwie was fehlt im Leben, du aber ansonsten gut alleine zurechtkommst, dann würde ich das mit deinem aktuellen Therapeuten besprechen. Könnte ja auch sein, dass er dir nicht so oft Stunden gibt, weil er dich auf deinem Weg in die Autonomie unterstützen will...

Du schreibst, dass du in den letzten 54 Wochen (also gut ein Jahr lang) ungefähr 22 mal keine Therapie hattest. Und erst jetzt merkst du, dass du mit dieser Taktung Probleme hast. Vielleicht solltest du dir ganz ehrlich die Frage stellen, ob du Therapie brauchst, aus rein therapeutischen Gründen, oder ob du Therapie willst, aus rein gewohnheitstechnischen Gründen.

Benutzeravatar

govinda
sporadischer Gast
sporadischer Gast
männlich/male, 55
Beiträge: 10

Beitrag Do., 06.04.2017, 14:27

Liebe Jol
Ich glaube, Therapie sollte immer ein Ziel haben und nicht Selbstzweck sein!
Ich selbst habe nie lange Therapien gemacht , sondern bin immer mit einem bestimmten Problem hingegangen und so lange dabei geblieben, bis sich durch den psychotherapeutischen Austausch etwas geändert hat, also eine Erkenntnis od. ein gefühl aufgetaucht ist, das ich im Alltag mitnehmen, anschauen und integrieren konnte...
Für mich auch wichtig: der weitere Austausch in meinem Freundeskreis!
Also nach professionellem Suchen nach- /Arbeiten um Problemlösungen, Zusammenhängen (aus Kindheit), neuen Sichtweisen etc. das Integrieren im eigenen Leben im eigenen Freundeskreis...

Also: Was willst Du in Deiner Therapie erreichen und wann kannst Du Dir vorstellen, überhaupt ohne (!) auszukommen? Wie könnte Dein 'austherapierter' Zustand ausschauen, wie sich anfühlen...?
herzlich!
~ ich bleibe in bewegung und bei mir ~


Thread-EröffnerIn
JolantaN
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
weiblich/female, 34
Beiträge: 2

Beitrag Do., 06.04.2017, 18:51

Vielen Dank für eure Beiträge!

Mir ist natürlich schon früher aufgefallen, dass die Therapie oft ausfällt und da habe ich auch beobachtet, dass es mir in den Phasen ohne Therapie schlechter geht als wenn ich einmal wöchentlich Therapie habe. Mein Therapeut hat tatsächlich keine Zeit, weil er hauptberuflich Lehrer ist und in den Schulferien meistens keine Theraie anbietet und auch sonst öfters zu Fortbildungen gefahren ist.
Ich glaube es geht nicht vordergründig um die Gewohnheit. Aber die Therapie gibt mir natürlich schon einge gewisse Stabilität.
Meine Ziele kenne ich auch. Ich bin schon so lange in Therapie weil ich einen langen Weg hatte und wahrscheinlich auch noch vor mir habe. Ich habe vor 14 Jahren begonnen mit einer Borderline-Diagnose und Depressionen. Es war ein langer Weg. Seit 3 Jahren bin ich mit einer Angstthematik in Therapie, ich habe mich quasi aus der Borderline-Diagnose herausentwickelt, laut meinen Therapeuten und meinem Psychiater, bin aber in meinen Augen nicht "austherapiert", da ich die verbliebenen Symptome der Angststörung noch weiter bearbeiten möchte und weil der Ist-Zustand für mich noch nicht passt. Außerdem tue ich mir mit Beziehungen zu Männern recht schwer und möchte auch an diesem Thema noch arbeiten.

Ich werde in der nächsten Stunde das Problem mit der Häufigkeit ansprechen und vermutlich den Therapeuten wechseln. Ich habe am Ende der letzten Stunde schon angesprochen, dass es schwierig für mich ist, dass er so wenig Zeit hat, aber die Stunde war schon aus und er ist nicht mehr darauf eingegangen, was sich für mich doppelt schlecht angefühlt hat. Ich habe derzeit ein Problem mit Männern und dem Gefühl, Im-Stich-gelassen zu werden. Sehr interessant, weil ich das gleiche Gefühl jetzt auch in der Therapie hatte und ich deswegen auch danach geweint habe...

Werbung


Alyssa
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 40
Beiträge: 871

Beitrag Do., 06.04.2017, 23:41

JolantaN hat geschrieben: Do., 06.04.2017, 18:51 Ich habe derzeit ein Problem mit Männern und dem Gefühl, Im-Stich-gelassen zu werden. Sehr interessant, weil ich das gleiche Gefühl jetzt auch in der Therapie hatte und ich deswegen auch danach geweint habe...
Dann sprich genau das bei deinem aktuellen Therapeuten an. Ich könnte mir denken, dass es gar nicht die mangelnde Häufigkeit der Stunden ist oder die gelegentliche Abwesenheit des Therapeuten an sich, die dich so sehr belasten, sondern dass es das Gefühl des "Im-Stich-gelassen-werden" ist, und dein Problem mit Männern, was dich jetzt so sehr an deiner Therapie (und dem Therapeuten) zweifeln lassen.
Und falls du wechselst, dann nimm das als wichtiges Thema zum neuen Therapeuten mit. Denn wenn du das nicht anspichst, wird dir irgendwann das ganze wieder passieren - denn ewig Stunden gibt es nicht, und auch der neue Therapeut wird irgendwann auf alle 14 Tage oder ähnliches reuzieren.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag