Vorsicht der Stuhl

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Schneerose
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Re: Vorsicht der Stuhl

Beitrag Fr., 09.01.2015, 15:59

und vielleicht erreichen wir hier mit unseren Berichten auch junge Studenten/innen, die auch mal anders denken, als nur im herkömmlichen Schema.
"Der Einzige, der sich wirklich vernünftig benimmt ist mein Schneider, er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich sieht" :->

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Solage
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Beitrag Fr., 09.01.2015, 21:44

Naja, Fritz Perls, der Begründer der Gestalttherapie, pflegte ja auch sexuelle Kontakte zu seinen Patientinnen:

https://books.google.de/books?id=pacmAQ ... en&f=false

Auf diese Art der Authentizität kann ich gut verzichten.

Siehe auch:
Jeffrey M. Masson: Die Tyrannei der Psychotherapie

Auszug:

"Und es ist tatsächlich nicht sehr schwierig, TherapeutInnen zu demaskieren, besonders wenn sie zu Ruhm gelangt sind. Wir brauchen nur zu lesen, was sie geschrieben haben, und früher oder später werden wir finden, was wir brauchen. Es erstaunte mich, als ich z.B. Fritz Perls las: In peinlicher Genauigkeit und offensichtlich voller Stolz erzählte er selbst, wie er es genoss, seine Patienten herabzusetzen, sexuell anzugreifen und ganz allgemein zu missbrauchen. Als ich in Esalen, Kalifornien, war, wo er residiert hatte, hörte ich viele Augenzeugenberichte über Menschen, die von ihm lächerlich gemacht worden waren und die sich anschließend töteten. Aber ich hörte nicht selten auch Bemerkungen wie die folgende: »Nun ja, Perls tat viele der Dinge, die Sie ihm vorwerfen, und noch viel mehr und schlimmeres; trotzdem bedeutet das nicht, dass er kein guter Therapeut war. Immerhin behauptet ein Therapeut nicht, oder sollte zumindest nicht behaupten, dass er ein perfekter Mensch sei.« Perfekt? Es ist sicherlich weniger als Perfektion, die wir von TherapeutInnen fordern, wenn wir von ihnen erwarten, im Umgang mit ihren PatientInnen kultiviert und höflich zu bleiben, sie nicht zu schlagen oder sie um finanzielle oder sexuelle Gefälligkeiten zu bitten oder sie gar in die Selbsttötung zu treiben (3). Darüber hinaus zu behaupten, wie viele meiner KritikerInnen es taten, dass ich Angriffe auf die Person unternahm, heißt zu vergessen, dass das Werkzeug eines Therapeuten bzw. einer Therapeutin seine bzw. ihre Person ist, und wenn diese Person korrupt ist, dann ist die Psychotherapie dazu bestimmt, diese Korruption widerzuspiegeln (4).

Was zweifelsohne hinter Perls' Überzeugung steckte, straffrei handeln zu können, war die in unserer Gesellschaft weit verbreitete Vorstellung, dass TherapeutInnen allein aufgrund der Tatsache, dass sie diese Bezeichnung tragen, Zugang zu größerem Wissen über die menschliche Seele haben und deshalb berechtigt sind, Dinge zu verkünden, die vom Rest der Gesellschaft ansonsten als aufgeblasen, arrogant und ungerechtfertigt bezeichnet würden. "

Link dazu:
http://www.antipsychiatrieverlag.de/art ... masson.htm

Mir ist professionelles und auch respektvolles Verhalten in der Therapie lieber, als übergriffiges Verhalten, das unter dem Deckmäntelchen der "Authentizität" daherkommt.
Ich hatte tatsächlich so einen "Guru-Therapeuten" (Psychoanalytiker), der die Weisheit mit dem Löffel gefressen hatte und alles besser wusste. Und da er sich in seiner "Echtheit" nicht nur als Person, sondern auch als Mann angeboten hatte, habe ich Schaden erlitten, den ich immer noch ausbaden muss.

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peppermint patty
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Beitrag Fr., 09.01.2015, 22:10

Solage hat geschrieben: Mir ist professionelles und auch respektvolles Verhalten in der Therapie lieber, als übergriffiges Verhalten, das unter dem Deckmäntelchen der "Authentizität" daherkommt.
Ich hatte tatsächlich so einen "Guru-Therapeuten" (Psychoanalytiker), der die Weisheit mit dem Löffel gefressen hatte und alles besser wusste. Und da er sich in seiner "Echtheit" nicht nur als Person, sondern auch als Mann angeboten hatte, habe ich Schaden erlitten, den ich immer noch ausbaden muss.
Hallo Solage,

also dass was du meist, also die Übergriffigkeit war für mich jetzt nicht gemeint. Aber man kann auch authentisch sein ohne übergriffig zu sein. Leider haben mMn aber manche Theras schon bei Kleinigkeiten Angst davor unprofessionell zu sein. Ich erinnere mich zB mal einen Artikel darüber gelesen zu haben, dass das Verleihen von Gegenständen (Stofftiere, Bücher o.ä.) als Übergangsobjekt für die therapiefreien Zeiten absolut tabu unter Therapeuten war - und den Klienten heimlich anvertraut wurden. Da hatten die Theras untereinander Angst vor Bloßstellung und Diffamierung. Heute ist es Usus und ein nicht unerheblicher Teil der Klienten hat zuhause Stofftiere & Co vom Thera. Dafür mussten anfänglich aber einige ordentlich mutig sein.

Das ist eher ein Punkt, den ich meine, aber auch wirklich zu sich selbst zu stehen und alles in der Beziehung relevante anzusprechen. Auch alle prekären Fragen, die im Kontext der Beziehung stehen, zu beantworten. ALLE. Nicht aber strafbare Handlungen wie sexueller Kontakt. Da gibt es schon einen erheblichem Unterschied.

Es tut mir leid was du erleben musstest, denn ich weiß was ein Therapieschaden bedeutet. Ich hatte auch eine alles besser wissende Psychoanalytikerin, die aber leider NICHT durch Authentizität und Beziehungsfähigkeit glänzte. Nein, ihre größte Stärke war extremer Narzissmus. Auch ich knabbere noch heute daran…

Liebe Grüße,
pp

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Solage
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Beitrag Fr., 09.01.2015, 23:18

Liebe peppermint patty,

schön, dass Du mich angesprochen hast.
Ja, ich weiß schon was Du meinst. Wenn ein TherapeutIn liebevoll ist und es gut mit einem meint und einem dann auch was gibt, ist das was anderes.....Ob das jetzt Stofftiere oder sonstige "Objekte" sind, finde ich total harmlos. Auch wenn da echte Nähe und Sympathie entsteht. Das meine ich damit gar nicht. Sondern, dass es halt auch Therapeuten gibt, die ihre eigenen Bedürfnisse an den Patienten stillen bzw. ihre Störungen und Perversionen an den Patienten ausleben. Dies ist nicht immer gleich erkennbar, weil verschleiert.

Hab halt da echt eine schlimme Erfahrung gemacht....und das war alles andere als liebevoll, sondern sehr bemächtigend.
Ich konnte mit dem Thera auch nicht darüber sprechen, weil er dann total beleidigt und bestrafend reagiert hat. Kritik oder Hinterfragen ging gar nicht. Auch extrem narzisstisch.
Er war wohl tatsächlich authentisch in seiner Störung. Hab ich halt nicht gleich erkannt. War ein längerer Prozess.

Tut mir auch leid für Dich, dass Du so eine extrem narzisstische Therapeutin erdulden musstest. Kann das gut nachfühlen.

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Schneerose
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Beitrag Sa., 10.01.2015, 11:04

Ich möchte mich mal bei euch allen bedanken, die sich mit ihren Meinungen an meiner Frage beteiligt haben,
da ich denke, das so absolut wichtig ist,
auch für viele Patienten/innen die hier still mitlesen, sich nicht trauen, neu dazu kommen...

von daher auch mal dem Betreiber des Forums, sei gedankt, dass es das gibt -
obwohl ich wirklich manchmal darüber nachdenke,
ob das Forum nicht aus Zwecken, "der Forschung" entstand,
aber das muss man wohl so nehmen, wenn man hier mitschreiben will.

Ich fragte mich im Laufe meines Lebens oft, wo liegt meine Berufung, und ich glaube, ich habe sie die letzten Wochen entdeckt

Es waren bei euren Beiträgen tolle, offene Worte dabei,
und auch das was solage schrieb, gab mir einen Input mich in solche Geschichten mehr rein zu lesen.

Eines muss ich ganz ehrlich sagen, entweder entstamme ich vom "hinterm Mond", aber,
ich habe bis heute nicht kapiert, in welcher Form,
sexueller Übergriff, sexuell verbale Angriffe, ... mit einer erfolgreichen Therpaie zu tun haben sollen...

falls dazu irgendwer schon mehr dazu gelernt hat,
ich freu mich auf "ein Licht in meinem Kopf"...
LG Schneerose
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Hope°
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Beitrag Sa., 10.01.2015, 12:16

Schneerose hat geschrieben: sexueller Übergriff, sexuell verbale Angriffe, ... mit einer erfolgreichen Therpaie zu tun haben sollen...
Das Licht wird wohl nicht angehen, da das von Dir Geschilderte 0,0 mit einer erfolgreichen Therapie zu tun hat...

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mitplauderin
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Beitrag Sa., 10.01.2015, 12:38

Schneerose hat geschrieben: ich habe bis heute nicht kapiert, in welcher Form,
sexueller Übergriff, sexuell verbale Angriffe, ... mit einer erfolgreichen Therpaie zu tun haben sollen...
Nun, das erschließt sich mir auch nicht. Spontan kam mir eben der Gedanke: Wird versucht, Gleiches mit Gleichem zu "kurieren"? Als junge Frau habe ich erlebt, dass mein Vorgesetzter, der irgendwie Wind davon bekam, dass ich sexuell missbraucht wurde, unbedingt mit mir sexuell verkehren wollte, um mich davon zu überzeugen, wie schön doch Sex sei! Eines Abends stand er doch glatt völlig überraschend vor meiner Wohnungstür und wollte unbedingt eingelassen werden.


Hope°
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Beitrag Sa., 10.01.2015, 12:44

Mitplauderin, ich kann nur mit dem Kopf schütteln....Sachen gibts...
Aber der Ansatz ist interessant.

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Schneerose
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Beitrag Sa., 10.01.2015, 13:41

Mir kam mal die Idee, dass es nur einen Sinn hätte, nämlich, dass man sich wehren lernt und aufhört sich herablassend zu behandeln, von daher bereue ich meinen Schritt die Therapie zu beenden, nicht, nachdem meine monatelangen Ansprachen garnichts brachten -:nur war das keine neue positive Erfahrung. Irgendwie habe ich oft das Gefühl dass einem die Theras zeigen wollen, das man geschädigt ist; komisch, das War der Grund warum ich in Therapie ging in der Hoffnung auf irgendeine neue Erfahrung.
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Beitrag Sa., 10.01.2015, 13:50

@mitplauderin, die verwechseln das wohl mit Beschützerinstikt? Fragt sich nur wer da therapie bedürftig ist. Ich hab sowas mal in einem Buch zum Thema gelesen, muss nochmal den Titel suchen.
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Hiob
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Beitrag Sa., 10.01.2015, 21:21

Habt ihr schonmal überlegt, ob die Psychotherapie die Patientin vielleicht in der Hauptsache wieder an die Arbeit, also ins Nutztierchendasein zurück bringen soll?

Ich las im Spiegel darüber.

Hiob

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Schneerose
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Beitrag Sa., 10.01.2015, 22:34

??????????
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Solage
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Beitrag Sa., 10.01.2015, 23:51

Schneerose hat geschrieben:eines muss ich ganz ehrlich sagen, entweder entstamme ich vom "hinterm Mond", aber,ich habe bis heute nicht kapiert, in welcher Form,sexueller Übergriff, sexuell verbale Angriffe, ... mit einer erfolgreichen Therpaie zu tun haben sollen...
Nichts hat das mit erfolgreicher Therapie zu tun. Sondern solche Kontakte können den Patienten sehr schaden. Möglich, dass es Patienten gibt, die da keinen Schaden nehmen.
Aber, da solche Kontakte schädlich sein können, MÜSSEN Therapeuten auf so eine "Liebes-Therapie" verzichten. Die Abhängigkeit verstärkt sich durch den sexuellen Kontakt enorm.
Unabhängig davon, dass solche Kontakte sowieso verboten sind und auch strafrechtlich relevant sind.
Ich finde es total unnatürlich, eine " erotische therapeutische Liebesbeziehung" während der Therapiesitzungen zu pflegen. Dann gibt man sich nach 50 Minuten die Hand und sagt auf Wiedersehen...bis zum nächsten Mal. Da bezahlt dann die Krankenkasse auch noch dafür.

Ich glaube, dass solche Therapeuten tatsächlich davon überzeugt sein können, mit ihrem "Zauberstab" der Patientin noch was Gutes zu tun. Da leiden die dann an Größenwahnsinn. Das hat dann auch nichts mit einer tatsächlichen Verliebtheit des Therapeuten zu tun, weil dann müsste er die Patientin abgeben und auf ihren Schutz bedacht sein.
In der Regel geht es aber um Macht und nicht um Sexualität. Solche Übergriffe sind Machtmissbrauch.

Ach ja, ich bin weder wegen sexueller Probleme noch wegen Beziehungsproblemen in Therapie gegangen. Das war nie mein Thema!
Plötzlich hat der Therapeut dauernd über Sex gesprochen und wie wichtig doch der Körperkontakt zu ihm wäre und dass durch sexuellen Kontakt wahre Nähe enstehen würde und so ein blabla.....

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Solage
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Beitrag So., 11.01.2015, 00:00

Hiob hat geschrieben:Habt ihr schonmal überlegt, ob die Psychotherapie die Patientin vielleicht in der Hauptsache wieder an die Arbeit, also ins Nutztierchendasein zurück bringen soll?

Ich las im Spiegel darüber.

Hiob
Das stimmt. Psychotherapie soll u.a. die Arbeitsfähigkeit wieder herstellen.
Auch soll ambulante Psychotherapie teure Klinikaufenthalte vermeiden helfen.

Sonst würden Psychotherapien wohl nicht finanziert, wenn es nur um die Liebesfähigkeit der Patienten gehen würde. Da steckt freilich auch wirtschaftliches Interesse dahinter.

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Schneerose
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Beitrag So., 11.01.2015, 08:12

Hiob hat geschrieben:Habt ihr schonmal überlegt, ob die Psychotherapie die Patientin vielleicht in der Hauptsache wieder an die Arbeit, also ins Nutztierchendasein zurück bringen soll?

Ich las im Spiegel darüber.

Hiob
Über diese "Frage" musste ich erst mal eine Nacht schlafen,
denn es ist genau das wo es mir übel wird.

Auf diesem Planeten dreht sich alles um Wirtschaft, und deshalb wird auch über Lebewesen so derart drüber gefahren...

Schönen Ruhetag heute!
LG Schneerose
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