Analytische Psychotherapie ??

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Maskerade84
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Analytische Psychotherapie ??

Beitrag Fr., 12.12.2014, 15:15

Hallo zusammen,

seit Wochen schwirren in mir ein paar Fragen herum, die ich mir durch bloßes Lesen von Wikipedia und Gesprächen in Fachsprache nicht selbst beantworten kann. In der Suchfunktion konnte ich auch irgnedwie nichts zu diesem Thema finden.


Mitte des Jahres war ich in einer Klinik, in der man mir eine Analytische Therapie empfohlen hat.
Bis dato war ich mit dieser Form von Therapie zu 0,0 % vertraut und bat meine dortige Therapeutin um Erläuterung.

Von ihr erhielt ich Infos wie:
  • bei ca. 3 malen die Woche läge man auf einer Couch (davon hatte ich schon gehört)
  • man würde an sich selbst arbeiten durch die Beziehung die sich zwischen Therapeut und Klient entwickelt
  • meistens sitzt der Therapeut dann hinter einem
  • Der Therapeut schreibt viel, spricht aber eher selten
  • es sei eine sehr sehr intensive Therapie etwa 3 mal die Woche (mehr müsste man in Eigenleistung zahlen)
Allein der letzte Punkt warf mich ein wenig aus dem Konzept da ich selbst nicht gedacht hätte, dass mir "professionelles Personal" tatsächlich so eine intensive Therapie empfehlen würden.
Ich versuchte mich im Internet darüber schlau zu machen, aber auch dort erhielt ich ähnliche Infos.

Nun lese ich hier ja seit ein paar Wochen mit und lese ganz häufig verschiedene analytische Therapien und bin ein wenig verwundert über die Beziehungen die dort beschrieben werden. Für mich hören sie sich sehr oft wie tatsächliche Liebesbeziehungen oder sehr sehr innige Freundschaften an.

Nun möchte ich auf gar keinen Fall indiskret sein und euch fragen wie eure analytischen Therapien denn ablaufen aber mich interessiert es schon sehr stark, wie das abläuft oder ablaufen kann.


Nun noch mal kurz zu meinem Grundwissen:

Ich gehe also davon aus:

bei einer Menge von 3 Stunden wöchentlich, liegt man auf einer Couch, während der Therapeut hinter einem sitzt.
In einer Therapie, wie ich sie aus meiner bisherigen 4 jährigen tiefenpsychologischen Therapie kenne, erzählt man viel von sich.

Wie also kann ich es verstehen, wenn mir jemand sagt "man arbeitet an der Beziehung, die zwischen dem Therapeuten und dem Patienten auftritt" ?
Wie kann (sofern oben genannte Infos die ich erhielt richtig sind) überhaupt eine Beziehung entstehen? (insbesondere unter betrachtung des vorletzten Punktes)
Sind diese Infos die ich erhielt denn richtig?
Was genau wird dort besprochen dass man in solch eine Beziehung mit dem Therapeuten kommen kann?

Fragen über Fragen, die ich selbst alle noch gar nicht so richtig benennen kann..

Ich würde mich aber freuen wenn sich jemand dazu äußern würde und mir vielleicht einige dieser Fragen beantworten könnte.
Und gegebenenfalls noch weiter auftretende Fragen.

Danke
Maskerade

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leberblümchen
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Beitrag Fr., 12.12.2014, 15:20

Maskerade: Es ist ein Rätsel, aber es passiert automatisch. Ich hätte mir das vorher nie vorstellen können, aber wenn du da liegst, dann fängst du irgendwann an, Wünsche an den Th. zu richten, für ihn zu empfinden, enttäuscht zu sein, Angst zu haben usw. Ich habe keine Ahnung, WIESO es so ist. Aber es ist so (jedenfalls meistens und idealerweise). Es kommen die Themen aus der Kindheit wieder hoch: die kindliche Angst, die kindliche Liebe, die kindliche Wut. Und darüber wird dann gesprochen - sonst wäre der Witz weg.


pandas
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Beitrag Fr., 12.12.2014, 15:27

@ maskerade

Hat Dir denn die "dortige" Therapeutin ausser den Infos nicht erklärt, warum sie in Deinem individuellen Fall eine Analytische Therapie empfiehlt?

Ich finde das seltsam von ihr, Dir so nüchtern die äußeren Rahmendaten zu geben, ohne darauf einzugehen, warum sie meint, dass dies für Dich heilend und hilfreich sein könnte.

Ich habe übrigens eine AT hinter mir, von der ich auf therapeutischer Ebene nicht so begeistert war. In Bezug auf diese Beziehungsbearbeitung ist es schlichtweg so, dass vom Patienten erwartet wird, den Analytiker mit zig-Phantasien zu belegen, die dieser dann peu a peu als kindliche entlarvt und dann soll ein stabileres Erwachsenen-Ich aufgebaut werden.
Ich hatte aber zu meinem ehemaligen Analytiker gar nicht solche positiven Gefühle per se.
Mein ehemaliger Analytiker sprach am Schluß davon, ich hätte mir die Analyse mit ihm als intime Beziehung phantasieren sollen.
Ich sah das eher so: "Ein Therapeut ist ein Therapeut ist ein Therapeut."
Nunja, ich habe das dann abgebrochen und konnte mein Restkontigent dann zu meinem neuen Therapeuten mitnehmen.

Am besten fragst Du die Therapeuten, bei denen Du Vorgespräche machst, ob sie auch andere Methoden in die Analytische Therapie integrieren.
Nicht dass das bei meinem neuen Therapeuten explizit so wäre, aber es wäre schon mal ein Ansatz, nicht in die klassische Analysesituation, die Du beschrieben hast, zu geraten.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


Darksheep
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Beitrag Fr., 12.12.2014, 16:18

HeY : )
also ich mache auch eine Psychoanalytische Therapie seit einem Jahr. Also als erstes,ich muss nichts dazu zahlen ich bekomme sie in vollem Umfang bezahlt.
3 mal die Woche muss nicht unbedingt sein,ich bin auch nur 2 mal die Woche da,das wird individuell geklärt.
Das liegen auf der Couch war erst ungewohnt aber jetzt könnte ich gar nicht mehr ohne.Es ist sehr befreiend und ich bin sehr bei mir selbst. Meine Thera erzählt und redet wenn es angebracht ist, bedeutet aber nicht das sie extrem wenig spricht.
Eine Beziehung baut sich nach und nach auf,auch wenn man sich nicht sieht.
viel Erfolg..darksheep : )
Und dann wird man erwachsen, um festzustellen, dass Gerechtigkeit genauso real ist wie Feen ,Einhörner und Zwerge

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chaosfee
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Beitrag Fr., 12.12.2014, 16:43

Also erst einmal arbeitet jeder Therapeut anders, und dann arbeiten viele auch noch einmal je nach Patient unterschiedlich. Du kannst 1x die Woche hingehen oder 4x, liegen oder sitzen, viel reden oder wenig, über die Beziehung zum Therapeuten oder was du zum Frühstück gegessen hast. Manche Therapeuten schreiben viel, andere gar nicht, manche reden viel, andere nicht.
Das kann man wirklich nicht so allgemein sagen.

Und dann gibt es ja auch nicht "die" analytische Therapie, sondern -zig verschiedene Schulen. Die einen sind Freudianer, die anderen Jungianer, die nächsten lassen Elemente aus VT oder anderen Therapiearten einfließen, der eine Therapeut ist konservativ und der andere progressiv.

Das einzige, was man sagen kann: Eine Mischfinanzierung ist nicht zulässig. D.h. 3x/Woche Kassenstunde und 1x Selbstzahler geht nicht. Entweder geht die Therapie komplett über Kasse oder komplett privat.
"Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen." Adorno

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Tristezza
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Beitrag Fr., 12.12.2014, 16:55

Bei mir war/ist Mischfinanzierung möglich. Ich habe eine Zeit lang eine von drei Stunden bezahlt. Von anderen habe ich gelesen, dass sie die vierte Stunde selbst finanzieren. Kann sein, dass die Krankenkassen das eigentlich nicht erlauben, aber sie bekommen es ja normalerweise nicht mit.

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Broken Wing
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Beitrag Fr., 12.12.2014, 16:56

Richtig. Meistens sitzt er hinter der Couch und liest Zeitung oder löst ein Sudoku-Rätsel, falls geistige Kapazitäten vorhanden sind. Im Normalfall solltest du aber nicht davon ausgehen.
Und sonst nervt er dich mind. 2 H wöchentlich mit haarsträubenden Analysen, die nur so viel Logik aushalten wie eine Kerzenflamme Wind.
Intensiv ist sie, ja: geldintensiv, zeitintensiv, konfliktintensiv (deine Störung + die des Therapeuten). Letzteres ist auch der Grund, warum eine Therapie so lange dauert.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

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Tristezza
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Beitrag Fr., 12.12.2014, 17:07

Prust ... Damit die Störung des Analytikers die Therapie nicht unnötig kompliziert und verlängert, ist bei den probatorischen Sitzungen vor allem darauf zu achten, dass er/sie relativ "normal" wirkt. Also ich hab zum Glück eine A. mit recht ausgeglichenem Naturell erwischt, so dass die Therapie vor allem durch meine Störung bestimmt wird.


chaosfee
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Beitrag Fr., 12.12.2014, 17:16

Also mein Therapeut war alles andere als normal, eher der Typ schräger Vogel ("draußen" wär er mir sicher peinlich gewesen) .Die Therapie war aber trotzdem gut.
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leberblümchen
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Beitrag Fr., 12.12.2014, 17:41

Naja, Broken Wing, man muss es schon wollen, kann ich immer nur sagen. Wenn es jemandem keine Freude macht und man keinen Sinn darin sieht, über die Bedeutung von Worten, Gefühlen, nonverbalen Gesten und Beziehungen nachzudenken, dann wird man das natürlich völlig beknackt finden MÜSSEN.

Anderfalls kann es das Leben unheimlich bereichern, weil es die Tür zu einem selbst öffnet.


Darksheep
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Beitrag Fr., 12.12.2014, 17:48

@ Leberblümchen
absolut meine Meinung
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Fify
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Beitrag Fr., 12.12.2014, 18:12

Also ich mache die Therapie nur zweimal die Woche. Meine Analytikerin sitzt hinter mir, redet meiner Meinung nach schon auch öfters etwas. Lässt mir aber auch viel Zeit zu erzählen und auch meinen Gefühlen nachzuspüren.
Ich habe bei uns nicht so sehr den Eindruck, dass wir an unserer Beziehung arbeiten. Manchmal habe ich schon etwas angemerkt, was mir nicht so gefällt und ich hatte den Eindruck, dass sie sich meine Äußerungen zu Herzen genommen hat und das war es. Es ist auch nicht so, dass ich eine tiefe Freundschaft oder gar Liebesbeziehung zu meiner Therapeutin pflege. Ich schätze sie sehr und schätze vor allem ihr Verhalten und ihr Vorgehen. Und ich bin froh, dass ich bei ihr die Therapie machen kann.


leberblümchen
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Beitrag Fr., 12.12.2014, 18:19

vielleicht sollte noch nicht unerwähnt bleiben, dass es nur ein "wir tun so, als ob" ist! Man ist ja nicht wirklich ein Liebespaar oder Mutter-Kind. Aber man spielt es nach, und es kann sich - auf beiden Seiten! - verdammt eng und echt anfühlen. Das sorgt dann u.U. für einen deutlich gestiegenen Taschentuchverbrauch. Gut finde ich, wenn der Therapeut einen dann 'trotzdem' noch so annimmt und es nicht besonders peinlich ist, einen Anfall von Panik, Wut oder Traurigkeit gemeinsam durchzustehen.


pandas
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Beitrag Fr., 12.12.2014, 19:11

Tristezza hat geschrieben:Bei mir war/ist Mischfinanzierung möglich. Ich habe eine Zeit lang eine von drei Stunden bezahlt. Von anderen habe ich gelesen, dass sie die vierte Stunde selbst finanzieren. Kann sein, dass die Krankenkassen das eigentlich nicht erlauben, aber sie bekommen es ja normalerweise nicht mit.
Doch, das ist erlaubt. Warum sollte das auch explizit nicht erlaubt sein?

Auch andere für die KK-zugelassene Abrechner bieten einen Teil der Leistungen, die über KK gehen, auch privat an. Bspw. insbesondere auch Physiotherapeuten.

Wenn das nicht erlaubt wäre, wäre auch die Regelung hinfällig, dass Therapeuten bei KK-Abrechnung Ausfallhonorare nehmen dürfen, die dann aber privat bezahlt werden müssen.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


chaosfee
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Beitrag Fr., 12.12.2014, 19:46

pandas, Ausfallhonorare sind Leistungen, die dem Schadensersatz des Therapeuten dienen, weil die Kasse keine nicht stattgefundenen Stunden zahlt. Das ist etwas anderes als eine Leistung, die tatsächlich stattfindet.
"Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen." Adorno

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