Therapeutin als 'offenes Buch' bei Twitter

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Wildkatze
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Therapeutin als "offenes Buch" bei Twitter

Beitrag Sa., 06.12.2014, 22:49

Ich habe vor kurzem beim Googeln meine Therapeutin bei Twitter entdeckt, was ich ja an sich noch nicht so ungwöhnlich finden würde, aber sie schreibt dort öffentlich mit Ihrem richtigen Namen und tweetet vieles aus ihrem Privatleben, also auch Bilder von sich (wenigstens ohne Gesicht, aber erkennbar) und von ihren Haustieren in der Wohnung und auch Bilder von ihrer Wohnung und aus ihrem Urlaub und von ihrem Kind. Ich weiß jetzt, was sie das ganze Jahr über gemacht hat, denn sie schreibt wirklich alles. Welche Zigarettenmarke sie raucht, auf welchen Konzerten sie war, in welcher Stadt sie früher mal gewohnt hat und so weiter und so fort. Sie schreibt auch viel Müll und wirkt auf mich manchmal richtig prollig.

Ich bin seit etwas über einem Jahr bei ihr und wir überlegen, ob wir Anfang nächsten Jahres in die zweite Verlängerung gehen. Die Therapie ist im Moment sowieso schwierig für mich, weil ich in einer Übertragung zu ihr stecke. Sonst habe ich gute Fortschritte in der Therapie gemacht. Sie war eigentlich immer sehr professionell und sagte immer, dass sie für mich als "weiße Projektionsfläche" zur Verfügung steht.

Ich bin jetzt echt gerade verwirrt und vor den Kopf gestoßen. Therapeuten sagen doch immer, dass sie nichts privates erzählen und nun erzählt sie quasi der ganzen Welt von sich. Man muss nicht mal bei Twitter registriert sein, um das alles zu lesen. Sie gibt sich ja nicht mal die Mühe, sich einen Nickname zuzulegen. Sie ist wie ein offenes Buch für mich und für alle.
Meine Frage: Was halten ihr davon, wenn Therapeuten ihr Leben auf Twitter für alle ausbreiten? Findet Ihr das seriös und reflektiert? Ich nicht, aber ich bin mir da so unsicher.

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viciente
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Beitrag Sa., 06.12.2014, 22:59

Wildkatze hat geschrieben:....... Was halten ihr davon, wenn Therapeuten ihr Leben auf Twitter für alle ausbreiten?
.. nichts - u.a. aus den von dir hier beschriebenen gründen; hättest du gar nicht erst gesucht - und gefunden - hättest du dir das zwar erspart, aber damit muss man eben rechnen - vor allem als therapeutIn. anders herum betrachtet ist das aber auch wieder nicht wirklich schlimm, denn auch sie hat ja schliesslich ein privatleben.

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stern
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Beitrag Sa., 06.12.2014, 23:05

Genauso viel wie von Leuten, die mit Namen oder anonym twittern oder in Foren posten. Sprich: Ist ihr Ding, was sie in ihrer Freizeit macht. Was anderes wäre es, wenn sie in Sitzungen sehr viel aus ihrem Privatleben berichtet.

Beeinträchtigt dich das Wissen nun?
Liebe Grüße
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viciente
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Beitrag Sa., 06.12.2014, 23:09

{ich halt im übrigen generell nicht viel davon, sein "privat"leben auf twitter, facebook und co. oder auch in foren bis ins intimste detail auszurollen; weder privat noch anonym!}

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Marzipanschnute
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Beitrag Sa., 06.12.2014, 23:10

Hattest du nicht letztens schon die gleiche Frage gestellt oder vertu ich mich da gerade?

Ich bin generell gegen so exzessive Nutzung bin Social Media, es muss nicht jeder Mensch wissen was ich zum frühstück gegessen habe oder womit ich meine Zeit am Wochenende verbringe.
Ob das im therapeutischen Kontext vielleicht noch etwas kritischer zu sehen ist, hm, keine Ahnung.

Die Frage für mich ist halt ob man sich das dann auch wirklich alles durchlesen muss. Sie macht es ja nur möglich, hättest du sie weiter als weiße Leinwand sehen wollen, hättest du dich auch einfach von ihrem Account fernhalten können.

Und ich denke es geht Patienten relativ wenig (also eher: gar nichts) an was und wie die Therapeuten ihre Freizeit Gestalten. Sie ist schließlich auch ein Mensch und wenn sie das nun mal gerne macht und sie so was vielleicht auch für sich braucht... Wieso nicht? Das ist in erster Linie ihre Entscheidung.

Wenn sie jetzt Inhalte aus der Therapie twittern würde oder während der Sitzung sähe ich das noch mal anders.
Aber so finde ich es nicht unseriös ein Privatleben zu haben.

Wenn du dadurch aber wirklich so verunsichert bist dass es dich belastet würde ich es vielleicht ansprechen. Vielleicht ist es ihr gar nicht so bewusst. Oder du musst damit Leben dass sie dir sagt dass es ihre Sache ist und ihre Patienten das wenig angeht.

Egal wie du dich entscheidest, ich wünsche dir viel
Erfolg dabei!
“Das Schöne an der Zeit ist, das sie ohne Hilfestellung vergeht und sich nicht an dem stört, was in ihr geschieht.” Juli Zeh


kaja
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Beitrag Sa., 06.12.2014, 23:12

Was sie in ihrem Privatleben macht geht dich ja eigentlich gar nichts an.
Wenn du ihr trotzdem hinterher spionierst wirst du wohl mit dem leben müssen was du findest. Deshalb sollte man wohl auch keine Fragen stellen deren Antwort man nicht verträgt.

Aus deinem Beitrag geht nicht hervor ob sie sich innerhalb ihrer Arbeit dir gegenüber jemals unprofessionell verhalten hat. Ist das nicht der Fall sehe ich da überhaupt kein Problem für eine weitere Zusammenarbeit. Evtl. kannst du diese Erfahrung ja auch zum Anlass nehmen über die Grenzen von anderen Menschen nachzudenken, denn für mich ist es schon eine Grenzverletzung in das Privatleben des Therapeuten einzudringen.
Zuletzt geändert von kaja am Sa., 06.12.2014, 23:14, insgesamt 1-mal geändert.
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hope_81
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Beitrag Sa., 06.12.2014, 23:12

Und wieder ist ein Therapeut vom Sockel der Idealisierung gefallen.....
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli

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Wildkatze
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Beitrag Sa., 06.12.2014, 23:39

Ich finde Menschen, die in sozialen Netzwerken ihr Privatleben so ausbreiten, wenig reflektiert und gerade das ist doch bei Therapeuten so wichtig, dass sie sich reflektieren. Wenn sie das im Privatleben nicht können, habe ich Bedenken, dass das in der Therapie klappt. Außerdem frage ich mich immer schon, ob diese Menschen, die so viel übers Internet kommunizieren, eigentlich bei sich sind, d.h. mit sich im Klaren sind. Das hat für mich so eine verdrängte Einsamkeit an sich, wenn man überall immer in Kontakt mit virtuellen Menschen sein muss.

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Orange-Mint
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Beitrag Sa., 06.12.2014, 23:41

Liebe Wildkatze,

Ich kann dich und deine Situation sehr gut verstehen. Ich habe in diesem Forum vor einer Weile ein Thema mit dem Titel "Therapeut bei Facebook gefunden" eröffnet. Damals beschäftigten mich nach meinem "Fund" im Internet ähnliche Fragen/Probleme, wie du sie jetzt hast.
Am besten bewertest du diese Informationen über sie nicht über, denn solange sie, wie du ja sagst, in der Therapie stets professionell auftritt, spricht das ja sehr für sie und ihre Kompetenz.
Trotzdem empfehle ich dir, deine Gefühle diesbezüglich nicht einfach zu ignorieren, als wäre nichts gewesen, sondern es auf jeden Fall in der Therapie anzusprechen. Ansonsten schleppst du diese negativen Gedanken noch länger mit dir herum, was die therapeutische Beziehung gefährden könnte. Zumindest hat mir das (nach großer Überwindung damals) sehr geholfen.

Ich finde es definitiv unprofessionell von Therapeuten (und anderen Menschen..) ihr Privatleben im Internet zur Schau zu stellen. Ich finde die Aussage "wenn man es nachguckt, muss man mit dem Resultat leben", quasi nach dem Motto "selber Schuld" ein wenig undurchdacht. Zum Beispiel kann es sein, dass der Patient sich in einer Übertragung zum Therapeuten befindet und (zB.) aus einem Bedürfnis ,dem Therapeuten "näher" zu sein, über diesen im Internet recherchiert. Unter anderem in diesem Zusammenhang liegt es, meiner Meinung nach, in der Verantwortung des Therapeuten, so wenig wie möglich von seinem Privatleben öffentlich zu machen. Wenn doch, sollte er dann zumindest offen darüber mit dem Patienten reden können.

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Wildkatze
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Beitrag Sa., 06.12.2014, 23:48

kaja hat geschrieben: für mich ist es schon eine Grenzverletzung in das Privatleben des Therapeuten einzudringen.
Findest Du, dass es ein Eindringen in das Privatleben ist, wenn ich das, was meine Therapeutin für jeden öffentlich schreibt, lese?

@ orange-mint: Danke für Deinen Beitrag! Es gab auch schon Situationen in der Therapie, wo ich meine Therapeutin nicht so professionell fand, sondern eher...ja...unreflektiert und einige Dinge, die ich von ihr jetzt gelesen und gesehen habe, bestätigen mich darin. Hm. Ich finde es auch unprofessionell, wenn Therapeuten ihr Leben öffentlich darstellen. Das gilt eigentlich für alle Menschen, ist aber bei einigen Menschen wichtiger als bei anderen. Wenn z. B. meine Chefin sich so darstellen würde im Netz wie meine Therapeutin, würde sie in der Firma wohl ziemlich viel Respekt verlieren. Immer wieder wird gerade Jugendlichen geraten, im Netz nicht zu viel von sich zu zeigen, von wegen später mal bewerben, macht einen schlechten Eindruck und das ist ja auch so. Diskretion scheint irgendwie out zu sein und keine ethische Frage.
Zuletzt geändert von Wildkatze am So., 07.12.2014, 00:01, insgesamt 1-mal geändert.


kaja
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Beitrag Sa., 06.12.2014, 23:52

Ich habe den Eindruck das du im nachhinein eine Rechtfertigung oder eine Legitimation deines Verhaltens haben möchtest.
Du hast gezielt im Privatleben deiner Therapeutin rumgelesen und versuchst die "Schuldfrage" jetzt auf deine Therapeutin zu schieben. Da geht es weniger um die eigene Sicht auf das Internet und soziale Netzwerke und mehr um die Tatsache das es dich überhaupt gereizt hat so zu handeln.

Auch ein Mensch in Therapie ist und bleibt ein erwachsener Mensch und als solcher ist er für seine Entscheidungen und Handlungen selbst verantwortlich. Wenn ich mich entscheide meinem Therapeuten hinterher zu schnüffeln, dann muss ich mit dem Ergebnis leben und evtl. als Resultat ein offenes Gespräch mit dem Therapeuten darüber führen. Sich aber hinzustellen und mit ausgestrecktem Finger auf den Therapeuten zu zeigen um dann sagen zu können das sei ja alles seine Schuld...ne, wirklich nicht.

/edit
Ja. Das finde ich. Einen Therapeuten treffe ich im Kontext einer Dienstleistungsbeziehung und ich würde nie auf die Idee kommen meinen Therapeuten, Arzt, Apotheker oder Käseverkäufer im Internet zu suchen. Das sind alles Menschen die ich in ihrem beruflichen Kontext kenne und nicht meine Freunde, Bekannte oder Nachbarn.
Nur weil es öffentlich lesbar im Netz steht bedeutet es nicht das man es auch lesen MUSS. Das ist eine freie Entscheidung.
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stern
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Beitrag Sa., 06.12.2014, 23:58

Wildkatze hat geschrieben:Ich finde Menschen, die in sozialen Netzwerken ihr Privatleben so ausbreiten, wenig reflektiert und gerade das ist doch bei Therapeuten so wichtig, dass sie sich reflektieren.
Nun, vielleicht reflektiert sie ja, dass das für sie vertretbar ist... das kann nur sie wissen. Und selbst wenn sie das nicht reflektiert: Für professionelles Handeln ist wichtig, dass sie ihre therapeutische Arbeit bzw. deine Problematik reflektieren kann. Also wie sie in den Sitzungen ist, ist entscheidend.
Wenn sie das im Privatleben nicht können, habe ich Bedenken, dass das in der Therapie klappt.
Die Bedenken kann ich durchaus nachvollziehen... nur bist du durch unzureichende Reflexionsvermögen beeinträchtigt?
Außerdem frage ich mich immer schon, ob diese Menschen, die so viel übers Internet kommunizieren, eigentlich bei sich sind, d.h. mit sich im Klaren sind. Das hat für mich so eine verdrängte Einsamkeit an sich, wenn man überall immer in Kontakt mit virtuellen Menschen sein muss.
Und welche Auswirkungen hätte das für dich?
Zuletzt geändert von stern am So., 07.12.2014, 00:00, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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Tröte
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Beitrag Sa., 06.12.2014, 23:59

was mich eher wundert, dass sie als therapeut ihr "leben" so "ausbreitet".
sie müsste doch wissen, dass es patienten geben wird, die (in einer übertragungshochphase) sicherlich auch mal google anschmeissen.
die therapeuten/innen die ich kenne und auch eine ex-freundin von mir (die studiendirektorin ist) haben absolut gar nichts im internet veröffentlicht, damit eben patienten (schüler) nichts von ihrem privatleben erfahren.
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viciente
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Beitrag So., 07.12.2014, 00:02

.. seh ich ähnlich, aber nachdem meine beiträge - wie so oft - auch hier gar niemanden wirklich interessieren, wünsch ich noch einen schönen sonntag, stör die damen ned weiter und verzieh mich wieder!

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Tröte
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Beitrag So., 07.12.2014, 00:08

aber nicht von mir herr viciente
"But these stories don't mean anything, when you got no one to tell them to. It's true, I was made for you "

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