Wie gehen eure Theras damit um, wenn ihr total abdreht?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Christine_Walter
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 34
Beiträge: 515

Wie gehen eure Theras damit um, wenn ihr total abdreht?

Beitrag Di., 26.08.2014, 20:34

ich hatte kürzlich einen notfalltermin bei meiner thera, da ich nicht mehr wusste, wo vorne und hinten war. ich war verzweifelt, suizidal bis zum anschlag und total neben der spur. habe geheult wie ein säugling. ich konnte ihr nicht mal sagen, was ich jetzt eigentlich wollte oder brauchte. sie sprach das thema klinik auch an, ob ich denn hinginge, wenn sie mitkäme, aber als ich gesagt hab, ich will nicht, hat sie das auch direkt akzeptiert. und mir auch nicht mit der polizei gedroht oder so. in der letzten regulären stunde habe ich ihr dann klipp und klar gesagt, wie dankbar ich ihr bin, dass sie mich nicht zwangseingewiesen hat, was meine psychiaterin sicherlich getan hätte in der situation (und was ich ihr auch rückblickend nicht wirklich verübelt hätte). wie gehen eure theras damit um, wenn ihr wirklich total neben der spur seid?

Werbung


pandas
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 77
Beiträge: 4613

Beitrag Di., 26.08.2014, 20:41

Mein ehemaliger analytischer Therapeut wurde einerseits immer aggresiver, anderseits sagte er, ich sei für meine Symptome selbst verantwortlich.

Dann konfrontierte ich ihn damit, dass ich die Therapie abbreche, worauf er am Ende der Stunde sagte, dies sei fürchterlich für ihn, aber nur für ihn als Objekt, nicht für ihn als Subjekt.

Danach zickte er noch wegen den Berichten herum, dann habe ich nichts mehr von ihm gehört.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

Benutzeravatar

Tupsy71
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 1248

Beitrag Di., 26.08.2014, 20:44

Meine Thera spricht auch die Klinik an und bespricht das mit mir. Sie gibt mir ein od. zwei Tage und wenn nicht besser dann drängt sie auf Klinik. Was ich auch verstehen kann, da suizidal zu sein auch Theras den Schlaf rauben. Hatte vor kurzem über diese krasse Zeit gesprochen und sie meinte eben, dass das für sie schwer auszuhalten war. Heute bin ich meist selber schon soweit, wenn ich spüre, dass SH zunimmt und die Suiz.gedanken stärker werden, dass ich eher in die Klinik gehe.
Deine Thera hätte sich gewiss ewig Vorwürfe gemacht, wenn dass bei dir schief gelaufen wär.
Tupsy

Benutzeravatar

Broken Strings
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 26
Beiträge: 88

Beitrag Di., 26.08.2014, 22:10

Hi Christine_Walter,

ich hatte vor ca. 2 Wochen auch einen Notfalltermin. Ich hatte deshalb irgendwie ein schlechtes Gewissen, wollte da keinen Zeitstress bei ihr verursachen, aber sie blieb ganz ruhig und nahm mir das schlechte Gewissen. 

Insgesamt bleibt sie sehr ruhig. Ruhig, aber ernst. Und sehr verständnisvoll für die Situation. Sie sucht mit mir dann in solchen Situationen nach Lösungen und wir schauen, was in Frage kommt. Möchte ich etwas nicht, akzeptiert sie das. 
Das Thema Klinik haben wir auch schon häufiger angesprochen. Bei mir kommt dazu, dass ich noch minderjährig bin. So war sie schon ein paar mal an einem Punkt, da wusste sie nicht, ob sie noch die Verantwortung übernehmen kann oder meine Eltern informieren muss, damit die mit mir in eine Klinik fahren. 

Wenn ich suizidal bin, kann ich das Versprechen geben, mir nichts zu tun und mich im Notfall zu melden. Und sonst in die Klinik zu gehen. Auf dieses Versprechen verlässt sie sich und ich halte es.

Ein einziges Mal habe ich sie wütend erlebt - aus gutem Grund. Aber wir haben in Ruhe in der nächsten Stunde darüber geredet und es im Nachhinein als einen Meilenstein angesehen.

Ich weiß nicht, ob der Umgang bei mir anders ist weil ich noch jugendlich bin, ob man da anders vorgeht oder ob es auch später so wäre - keine Ahnung. 

Werbung


ziegenkind
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 3514

Beitrag Di., 26.08.2014, 22:17

meine therapeutin hat mich in schweren zeiten oft gefragt, ob ich versuche werde, mich umzubringen. die frage hat mir merkwürdigerweise oft geholfen.ich konnte zu meinem eigenen erstauen immer sagen: nein. das war wichtig. dass sie mein leiden ernst nimmt, dass sie mich fragt und dass sie mir vertraut. außerdem war da so ein gefühl: wenn ich einmal ja sagen sollte, wüsste sie auch, was zu tun ist.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

Benutzeravatar

Gelli
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 49
Beiträge: 564

Beitrag Mi., 27.08.2014, 07:08

Ich bin zwar schon einige Monate aus der Therapie raus,aber auch ich habe öfters Momente gehabt die für mich und meinen Thera schwer zu tragen waren.
Wenn ich total neben der Spur und verzweifelt war rief ich meinen Thera an oder er rief zurück wenn er gerade nicht anwesent war,und auch er nahm mich sofort ernst mit dem was ich so am Telefon sagte.
Unsere "Verbindung"war so stark,das er auch fühlen konnte was so gerade in mir los war,und mit seiner Ruhe und einfühlsamen Stimme konnte er mich gut aus schwierigen Momenten heraus holen.
Wenn ich verzweifelt zu ihm ins Gespräch kam,was auch öfters vorkam,so nahm er mich auch da ernst,er nahm dann näher Platz neben mir(fragte vorher ob das ok wäre),und machte mir klar,das wir gemeinsam da "durchgehen"werden,ich nicht allein damit bin und er "da"ist.
Dieses ernst nehmen,das war es immer wieder was mir unheimlich wichtig und wertvoll war,denn welcher Mensch aus dem normalen Umfeld nimmt einen schon wirklich ernst,wenn man verzweifelt ist?
Ich lese auch aus euren Zeilen heraus das dies euch auch immer wichtig ist und bleibt das Thera euch in jeder lage auch in Momenten der Verzweiflung ernst nehmen und einfach nur "da"sind.
GUT DING WILL WEILE HABEN

Benutzeravatar

Wandelröschen
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 50
Beiträge: 994

Beitrag Mi., 27.08.2014, 08:31

Gelli hat geschrieben:denn welcher Mensch aus dem normalen Umfeld nimmt einen schon wirklich ernst,wenn man verzweifelt ist?
Freunde und liebende Lebenspartner!
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

Benutzeravatar

Madja
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 45
Beiträge: 327

Beitrag Mi., 27.08.2014, 08:36

Ich hatte nur einmal eine ganz, ganz schlimme Situation, wo ich total abgedreht bin. Es ist in einer Pause passiert (nach den acht probatorischen Sitzungen), als ich auf das "okay" von der KK gewartet habe. Ich habe meiner Therapeutin einen Brief geschrieben und in den Briefkasten reingeworfen. Sie rief mich zwei Stunden später an, obwohl ich ihr geschrieben habe, dass ich das nicht will. Ihre Stimme werde ich nie vergessen. Sie hatte Panik und hat sich richtig Sorgen um mich gemacht. Sie wollte unbedingt, dass ich am nächsten Tag zu ihr komme. Ich habe das abgelehnt. Sie überredete mich dann, fünf Tage später einen Termin wahrzunehmen. Obwohl sie mich nicht kannte, tat sie alles, um mich aus dem Loch rauszuholen. Dafür bin ich ihr sehr dankbar.
Freiheit heißt Verantwortung. Deshalb wird sie von den meisten Menschen gefürchtet. - George Bernard Shaw

Benutzeravatar

Krang2
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 1691

Beitrag Mi., 27.08.2014, 08:48

Mein Therapeut hat mich, wenn ich ihm nicht zuhörte/ihn oft unterbrach oder uneinsichtig reagierte, zuweilen so ermahnt, wie ein Vater ein bockiges Kind ermahnen würde, erhob also auch die Stimme. Das hat mich ziemlich beeindruckt, zunächst natürlich erschreckt, aber im Nachhinein fand ich das klasse. Es klingt seltsam, aber ich habe mich schon als Kind und Jugendliche gewissermaßen nach mehr Strenge und Konsequenz gesehnt, natürlich nur unbewußt. Das gibt auch Halt. Lieb gemeinte Strenge kann zu mehr Lebenstüchtigkeit führen als zuviel "Bemutterung".

Benutzeravatar

Rosenstock
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 50
Beiträge: 169

Beitrag Mi., 27.08.2014, 12:05

Servus,
irgendwie war Selbstmord nie ein Thema bei mir und deswegen war mein Therapeut auch eher entspannt. Manchmal wundert es mich bei meiner Geschichte auch, dass ich kein selbstverletzendes Verhalten habe. (wobei ich sagen muss, ich bin sehr froh, dass ich das nicht habe) Trotzdem hab es ein paar Termine, wo er mich gebeten hat, ich möge ihm am nächsten Tag um eine bestimmte Uhrzeit anrufen. Ich habe erst im nachhinein mitbekomen, dass er sich Sorgen gemacht hat und deswegen den Anruf wollte. Ich danke ihm dafür, weil ich immer das Gefühl hatte, er nimmt mich ernst und ist für mich da.
lg Rosenstock

Benutzeravatar

Greenhorse
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 21
Beiträge: 34

Beitrag Mi., 27.08.2014, 12:50

Also wirklich abgedreht bin ich noch nicht. Aber es gab vor 3 Wochen eine Stunde, aus der ich relativ verwirrt/geschockt rausgegangen bin. Eigentlich haben wir da relativ harmlose Themen besprochen. Aber meine Therapeutin ging selbst in die Richtung und fragte aus heiterem Himmel ob ich Gedanken an Selbstmord hätte, sie würde sich Sorgen machen. Ich war perplex und in der Woche drauf haben wir dann darüber gesprochen, und sie hatte den Eindruck, dass es mir nicht gut ginge und ein bisschen Angst, dass ich mit der Situation überfordert sein könnte und irgendwas dummes anstelle (Pläne, die ziemlich daneben sind von mir, kennt sie schon, wobei das nichts, aber auch gar nichts mit Selbstmordgedanken etc. zu tun hat). Also ich hatte den Eindruck, dass sie, wenn es denn wirklich so gewesen wäre, an mein Gewissen "appeliert" hätte. Also sie hätte mir irgendwas hingeworfen, was mich zum Nachdenken bewegt hätte - den Dreh hatte sie schnell raus, dass man mich so ziemlich gut wieder auf den Boden holt, Ich glaube sie wäre dabei auch sehr emphatisch gewesen und versucht, mir Alternativen aufzuzeigen.


Darksheep
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 30
Beiträge: 247

Beitrag Mi., 27.08.2014, 20:39

Bei mir war es schrecklich :(
mein ehermaliger Therapeut lies mich nicht mehr gehen, lies den Krankenwagen kommen und ich musste ,,freiwillig'' in ne Klinik. Eins der schlimmsten Erlebnisse meines Lebens....
Und dann wird man erwachsen, um festzustellen, dass Gerechtigkeit genauso real ist wie Feen ,Einhörner und Zwerge

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Christine_Walter
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 34
Beiträge: 515

Beitrag Do., 28.08.2014, 20:47

argh, das glaube ich dir! meine psychiaterin war auch mal kurz davor die grünen zu holen, und ganz ehrlich, das war gar nicht lustig...

Benutzeravatar

hope_81
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 33
Beiträge: 1805

Beitrag Do., 28.08.2014, 21:02

Bin ich noch nie, vielleicht wird es mal Zeit??
Mhh...
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli

Benutzeravatar

Krang2
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 1691

Beitrag Fr., 29.08.2014, 07:18

@Darksheep, @ChristineWalter,
woran habt ihr gemerkt, daß euer Therapeut kurz davor war, die Polizei zu rufen? Hat er es vorher angekündigt/angedroht oder entsprechende Anspielungen gemacht? Oder hat sich sein Verhalten so verändert, daß es bemerkbar war? Oder kam das für euch aus heiterem Himmel?

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag