Durch Vertrauen zu 'anständigem' Verhalten verpflichtet

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Christine_Walter
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Durch Vertrauen zu 'anständigem' Verhalten verpflichtet

Beitrag Do., 01.05.2014, 21:04

Dieses Problem hatte ich die letzten paar Tage. War dienstag bei meiner psychiaterin, um ein attest zu erbitten, und zum abschied sagte sie: "ich vertraue ihnen und verlasse mich drauf, dass kein blödsinn passiert". und das, wo ich sv-druck ohne ende hatte! ich fühlte mich durch diese aussage echt verpflichtet, mich "anständig" zu betragen. ist genauso bei meiner thera. auch wenn sie es nicht immer extra sagt - ich weiss, dass sie sich auf mich verlässt, dass ich weder im krankenhaus lande noch im sarg, und ich möchte sie nicht enttäuschen, indem ich mich massiv selbst verletze oder einen suizidversuch unternehmen würde - auch nicht so einen, der eher ein hilfeschrei ist. ich hätte einfach sorge, die beiden wären von mir enttäuscht, wenn ich das chaos perfekt machen würde. und auch, dass es ihnen nicht egal wäre, wenn ich mich zb wirklich umbringen würde.
kennt ihr das gefühl, dass ihr euch euren ärzten und theras gegenüber verpflichtet fühlt, euch zusammenzureissen?
dazu muss ich aber sagen, wenn meine thera oder die ärztin mir mit einem non-suizid-vertrag oder ähnlichem käme, den ich unterschreiben sollte, würde ich vor wut die wände hochgehen.

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K4GE
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Beitrag Fr., 02.05.2014, 19:46

Ist das nicht die Pflicht eines Arztes, Therapeuten, Psychiates dafür zu sorgen, dass ihre Patienten nicht "untergehen" und Selbstmord begehen?
Ich bin der Meinung, dass es sehr gut ist, wenn du eine Person zum festhalten hast, sei es deine Ärzte. Wenn nichts mehr auf der Welt einen Sinn ergibt und nur noch eine Möglichkeit die einzige Lösung ist, dann ist es ein wunderbares Gefühl eine rettende Hand zu haben.
Deine Ärzte kümmern sich um dich, sie haben Sorge, dass du dir etwas antun könntest und sagen es dir auch. Das ist toll.
"Nothing in life is to be feared, it is only to be understood. Now is the time to understand more, so that we may fear less."

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Ghost Rider
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Beitrag Fr., 02.05.2014, 20:20

Hallo Christine,

ich finde es gut, dass Du Dich in so einer Lage an Deine Theras klemmst als an das andere. Ich kenne das auch von mir. Meine Freunde wissen nicht mal 10% von dem, wie es in mir drin wirklich vorgeht. Umgekehrt aber schon. Auch ich kenne das, wenn mir andere extrem belastende Probleme erzählen und ich ihnen ein Vertrauen schenke das sie nichts dummes anstellen.

Bei mir weiß es nur meine Thera. Und auch bei mir macht sie das manchmal. Auch ich verletze mich selber...

Weißt Du, es zeigt mir dadruch was Du hier schreibst, dass es eine Kraft gibt, die größer ist als die, Dir schaden zuzufügen und auch wenn es Dich fertig macht, bin ich froh, dass diese Kraft dar ist!!

Die Kraft, die aus einem Vertrauen kommt, ist eine starke Kraft, und ich kann Deine Empfindungen Verstehen, doch, sie schenkt einem auch etwas sehr schönes...einen menschlichen WERT! Du bist für Deine Theras wertvoll...

Ich kann mir vorstellen, dass jeder, der irgendeine Form von SVV ausübt, sehr dankbar ist, so einen menschlichen Wert von einem anderen zu bekommen...vielleicht gerade weil sie sich selber verletzen...

Alles liebe und viel Kraft für Deinen Weg , auch Du bist wie jeder andere Mensch auch, wertvoll!

lg Ghost Rider
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Christine_Walter
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Beitrag Fr., 02.05.2014, 21:42

ihr habt recht... nur manchmal habe ich das gefühl, mir wird durch diese verantwortung, jemanden nicht enttäuschen zu dürfen, etwas genommen - eine hintertür. klar merke ich, wenn die jeweilige krise vorüber ist, dass ich wieder dran gewachsen bin, aber im entscheidenden moment weiss ich es leider oft gar nicht so zu schätzen... und sehe es eher als eine art pflicht, die aufgabe zu erfüllen...

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Ghost Rider
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Beitrag Fr., 02.05.2014, 21:49

Hi Christine,

ich kann verstehen, dass Du so empfindest und fühlst. Wie gesagt ich kenne das von mir und auch von anderen. Ich habe es so empfunden, als ob jemand über meinen eigenen Willen steht. Auch wenn dieser Wille daraus besteht mir selber weh zu tun. So als nimmt mir jemand was weg, vom Gefühl her...Ich sah meine Thera sogar manchmal von Gefühl her wie ein Feind...

Aber so ist es nunmal nicht. Und wenn man SVV auch an andere erlebt, auch wenn man es selber macht, dann erkennt man wie das ist, das mitanzusehen. Auch mir ist das Wohl meines Gegenübers wichtiger gewesen, als sein/ihr Wunsch sich selbst zu verletzen...

Hast Du schonmal SVV an anderen erlebt?

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Christine_Walter
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Beitrag Fr., 02.05.2014, 21:55

"live" erlebt noch nie. aber ich habe die spuren gesehen bei anderen, und das war echt krass.

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Ghost Rider
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Beitrag Fr., 02.05.2014, 21:57

Christine_Walter hat geschrieben:"live" erlebt noch nie. aber ich habe die spuren gesehen bei anderen, und das war echt krass.
Was hast Du dabei gefühlt? Ich persönlich war sehr betroffen, erschreckend, traurig, fühlte mich sehr verbunden und doch war es irgendwie anders...
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Christine_Walter
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Beitrag Fr., 02.05.2014, 22:05

heute ist es eher mitleid und betroffenheit, und ehrlich gesagt auch ein wenig erleichterung, dass ich es nicht so oft tun muss und auch nicht so heftig. und traurigkeit. ich habe zb eine freundin, die ist bildhübsch, aber ihre arme sehen aus als hätte sie bei einem unfall schwere verbrennungen erlitten...

aber es gab auch einmal eine zeit, wo ich direkt neidisch war. erinnere mich nur daran, als ich 2007 in der klinik war und eine mitpatientin sich verletzt hatte. als sie mit einem fetten verband ankam und ich genau wusste, was passiert war, wollte ich plötzlich unbedingt das gleiche tun - nicht des verbands wegen, aber ich wollte irgendwie auch dieses gefühl haben, "es" so krass zu tun dass es so heavy verbunden werden muss... allein schon weil es mir in dieser klinik mörderisch stank.

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Beitrag Fr., 02.05.2014, 22:16

Also kannst Du auch mitfühlen wenn das einer anderen passiert. Ich kenne sowas auch, dass man gleichzeitig dieses "krasse" auch erleben will. Aber es zeigte mir gleichzeitig auch wie das für meine Thera klingen muss, wenn ICH es ihr sage.
Auch wenn es mir neben dem Reiz es auch zu tun, ich übe SVV nicht an meinen Armen aus, so hat es mich erinnert wie es sein muss, es von außen zu erleben.

Und seien wir mal ehrlich, gut fühlen tut man sich "danach" NIE, ich zumindest nicht. Während ich es mache, ja, aber danach nicht...SVV ist sehr mit Scham verbunden, so empfinde ich es...

Ich hoffe Du findest einen Weg dieser Versuchung zu widerstehen, schon allein deshalb, weil sich Menschen um Dich sorgen und Dein Wohl ihnen wichtiger ist als das, was Du Dir da antust...

Es tut mir leid, dass es Dir innerlich so schlecht geht, dass es so stark bei Dir manchmal ist/war

Darf ich fragen wer außer Deinen Ärzten sonst noch das von Dir weiß?

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Christine_Walter
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Beitrag Sa., 03.05.2014, 22:27

das it der selbstverletzung? es kommt bei mir selten vor, aber es wissen meine ärzte, zwei meiner kolleginnen und ein kollege, meine schwester, meine stiefmutter, meine schwiegermutter glaub ich auch, jedenfalls hat sie mal auf einen frischen schnitt geguckt, aber nix dazu gesagt, mein mann und zwei sehr gute freundinnen. und ich glaub meine mutter weiss es auch. aber die gehen mir zum glück alle nicht auf den sender deswegen, und wie gesagt, es ist sehr selten dass ich mich schneide.

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K4GE
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Beitrag So., 04.05.2014, 13:03

Nach den vorherigen Posts von dir habe ich das Gefühl, dass du dich selbst verletzt, damit mehr Bewegung in deinem Leben kommt. Du fühlst dich irgendwie eingeschlossen, hast aber noch wenigsten einen Ausweg, aber wenn nun auch dieser Ausweg quasi genommen wird, wirst du aggressiv und verärgert.

Eine wichtige Frage ist, ob das Selbstverletzen denn das Richtige ist. Ist es die Aufmerksamkeit, die du dadurch bekommst, weil du damit ausrufst: "Hier bin ich. Mir geht es nicht gut. Hilft mir!"? Oder bist du einfach fasziniert von Verletzungen, Blut und Schmerz?

Ich hoffe natürlich auch, dass du mit deinen Selbstverletzungen aufhörst. Ich bin mir sogar sicher, dass du es schaffen wirst!
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Christine_Walter
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Beitrag So., 04.05.2014, 20:37

nein, das stimmt so nicht. ich kriege ja auch selten aufmerksamkeit dafür (nur wenn mein mann grad da ist und ich massiven druck habe - aber er sagt mir oft ich soll es lassen, was ich dann auch tue). mir geht es, denke ich, in erster linie darum, meine heftige wut zu kontrollieren. besser mir selbst etwas antun als anderen, auch wenn die schuld sind an meinem druck. ich tendiere zumindest gedanklich nämlich schon gelegentlich zu einer art fremdgefährdung, auch wenn ich noch nie einem was getan habe ausser mich zu verteidigen bei schulhofprügeleien etc. verstehst du was ich meine?

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K4GE
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Beitrag Mo., 05.05.2014, 19:48

Ja, ich kann es nachvollziehen, wenn du eine gewisse Wut verspürst und diese Wut in irgendeiner Art und Weise raus muss.
Da du sagst, dass dich hautpsächlich andere Leute wütend macht - sind deine Selbstverletzungen eine Art Resignation nach dem Motto: "Schau' hier, das hast du mir angetan. Das ist deine Schuld."?
Es ist manchmal so, dass der Mensch seine Inneren Gefühle nach außen hin nicht durch Wörter und normaler verbaler Kommunikation ausdrückt, sondern diese unbewusst durch Handlungen nach außen hin transportiert. Dieses "von-innen-nach-außen" erleichtert ungemein und meistens braucht man dabei kein Medium, wie einen Zuhörer, sondern agiert alleine und selbstbestimmend. So hat man einerseits das Gefühl der Kontrolle, andererseits dieses Ventil indem die Wut oder Gefühle entweichen kann.

Ich will nicht zu sehr in dich hineinstochern. Sage ruhig, wenn du nicht nicht gewillt bist, meine Fragen zu beantworten. Ich finde deine Meinung und deine Gedanken gerade sehr interessant und würde mich natürlich freuen, wenn du sie mir schilderst.
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Eremit
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag Mo., 05.05.2014, 20:29

Das ist kein Vertrauen, sondern eine weit verbreitete, manipulative Schuldgefühl-Masche. Ich würde sofort zu einem anderen Psychiater wechseln.

EDIT: Psychotherapeut gegen Psychiater ausgetauscht.

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Christine_Walter
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Beitrag Mo., 05.05.2014, 20:57

nee, ist ok, wenn du fragst. es ist einfach so, andere zb zu verletzen wäre strafbar und würde beziehungen auf ewig zerstören. ich fürchte auch, wenn ich einmal ausrasten und zb jemanden verhauen würde, dass dann sozusagen ein damm brechen und ich kein ende mehr finden würde. oder mir das quasi angewöhnen könnte, wenn ich damit so einfach davon käme. daher tue ich schon eher mir selbst was an...

den psychiater wechseln möchte ich nicht. denn selbst wenn es manipulation ist, muss ich doch sagen, dass es "wirkt" und mir schon einige narben erspart hat. es gibt genügend leute, da würde es mir drei meter am gesäß vorbeigehen, wenn sie sich auf mich verlassen, aber bei ihr ist es eben anders.

es hat ausserdem noch einen anderen grund. bin da ganz egoistisch. sie ist zb jemand, sie droht schnell mit zwangseinweisung, wenn man suizidgedanken äußert oder fremdgefährdende tendenzen. ich möchte aber, dass sie sich weiterhin drauf verlassen kann, dass ich nicht direkt nach verlassen der praxis vor die nächste straßenbahn renne, weil ich schlicht keinen bock auf zwangseinweisung hätte. mein mann ist beruflich viel unterwegs, die schwiegermutter hat kein auto, meine mutter keine kohle fürn sprit etc. - also wäre keiner da, der mich direkt mit dem nötigsten wie kleingeld, tabak, handykabel, frischer wäsche etc. versorgen könnte. und ich hab keine lust, tagelang in der gleichen unterwäsche und den gleichen socken rumzulaufen mit dem gefühl, zu stinken wie ein otter, zigarettenentzug ohne ende zu schieben, weil man ja nicht ewig schnorren kann, und nicht mal ein extra zu haben wie einen orangensaft... das wäre für mich DER horror!

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