Denke nur noch an meinen Analytiker...

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Speranza
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Denke nur noch an meinen Analytiker...

Beitrag Do., 04.10.2012, 12:20

Hallo an alle!

Ich muss nun doch mal etwas loswerden, was mich eigentlich schon seit Beginn der Analyse beschäftigt. Mittlerweile ist es so stark (oder so bewusst), dass ich mich gerne mit euch darüber austauschen würde.

Ich gehe seit diesem Monat nur noch einmal pro Woche zur Analyse, weil wir nicht mehr viele Stunden haben und jetzt ist auch noch eine 14-tägige Pause. Ich bin jedoch in meinen Gedanken immer bei ihm. Es macht mich wirklich verrückt. Es ist der erste Gedanke wenn ich aufwache und der letzte wenn ich einschlafe. Ich lese nur noch Bücher über psychische Themen und kann an nichts anderes mehr denken. Kennt das jemand?

Ich muss mich zurückhalten, ihn nicht anzurufen. Zähle die Tage bis zu meiner nächsten Sitzung. Das mache ich immer, aber sonst ist eben nicht so viel Zeit dazwischen. Jetzt muss ich noch zwei Wochen warten. Weiß nicht wie ich das aushalten soll. Ich sehe mich so nach ihm, will mit ihm sprechen. Will ihm soviel sagen.

Das Problem ist nur, dass wenn ich dann wirklich eine Sitzung habe, alles weg ist. Dann bin ich blockiert, kann nicht sprechen, alles fällt mir schwer. Ich würde ihm so gerne sagen, wie viel er mir bedeutet. Dass er so viel in mir freisetzt.

Bin echt sehr verwirrt. Kennt jemand diese Gedanken? Ist das gut oder schlecht? Wie geht ihr damit um? Und wie eure Therapeuten?

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lemon
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag Do., 04.10.2012, 12:37

Ich würde ihn auf keinen Fall anrufen bzw. ihm sagen wie viel er dir bedeutet, wenn du dich nicht lächerlich machen willst.

Er ist dein Therapeut, versuch dich abzugrenzen.

Ich würde ihm davon erzählen, wie es sich in mir anfühlt, damit die Therapie wieder ihren Sinn und Zweck erfüllt.

lemon
[center]Das, was wir Menschen am meisten brauchen,
ist ein Mensch, der uns dazu bringt,
das zu tun, wozu wir fähig sind.[/center]

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Britt_Stadler
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Beitrag Do., 04.10.2012, 12:44

Ich würde ihn auch nicht anrufen, es aber zum Thema in den noch verbleibenden Stunden machen.
Du scheinst ja ne große Emotionale Bindung zu ihm zu haben und das auch schon von Anfang an und da denke ich, dass es auch zum Abnabelungsprozess gehört, solche Gefühle auf den Tisch zu bringen.

Allerdings glaube ich nicht, dass du dich damit peinlich machen würdest. Das würde ich nicht so empfinden. Es sind nunmal Gefühle, Sehnsüchte etc. Das gehört ja gerade bei ner Analyse (so wie auch im nicht therapeutischen Leben) mal mehr mal weniger dazu.
"Vertrauen ist Mut, und Treue ist Kraft."

Maria von Ebner- Eschenbach

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Beitrag Do., 04.10.2012, 12:45

Liebe Speranza,

BITTE: besprich das mit deinem Analytiker. Mach dir einen Zettel, sprich ihm auf's Band, schick ihm eine Mail....

Du schreibst:
Speranza hat geschrieben:Dass er so viel in mir freisetzt.
Bindest du nicht deine Energie, deine innere Freiheit zu sehr AN deinen Analytiker? Ist das nicht eine wichtige und interessante Aufgabe diese, gerade jetzt, wo das Ende deiner Analyse absehbar ist zu lösen?

Liebe Grüße

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Speranza
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Beitrag Do., 04.10.2012, 12:55

Danke für eure Antworten.
Ja, Ferdin, genau das ist das Problem. Ich binde alles an meinen Analytiker. Ich habe das Gefühl, dass mein Leben nur deshalb einen Sinn bekommen hat. Ich erlebe viele Dinge gar nicht richtig, sondern nur in Hinblick darauf, wie ich mit ihm darüber reden kann. Oh Mann, das kommt mir gerade so schlimm vor.

Ich hatte geschrieben, dass wir nicht mehr viele Stunden haben. Das stimmt auch, bezieht sich jedoch auf die Kassenstunden. Wir haben uns schon darüber verständigt, dass ich danach privat weiterzahle, sodass ich noch ein bisschen länger kommen kann. So konkret ist also noch kein Ende in Sicht, da ich das Gefühl habe, noch einiges bearbeiten zu müssen.


chaosfee
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Beitrag Do., 04.10.2012, 15:25

Hallo Speranza,

es ist natürlich schade, wenn du das in deiner bisherigen Therapie nicht ansprechen konntest, zumal sie ja offensichtlich schon ein Weilchen dauert. Was meinst du, woran das lag? Hast du denn allgemein Probleme, Dinge anzusprechen? Liegt es möglicherweise an der Atmosphäre in der Stunde - d.h. gibt dir dein Therapeut das Gefühl, alles mit ihm besprechen zu können?
Ich kenne das, was du beschreibst, auch ein bisschen, bin aber erst relativ am Anfang. Mir hilft es, ein Thema vorher anzukündigen, meist mach ich das per Mail. Oder du bittest ihn per AB, dich in der kommenden Stunde darauf anzusprechen. Auch wenn ich mich dann immer gewunden habe, aber wenn er es angesprochen hatte, habe ich es geschafft, zuminedst nur ein paar Worte zu sagen. Manchmal hat er mir auch den Gefallen getan zu fragen und dann musste ich nur noch nicken oder kopfschütteln. Das war zwar weit davon entfernt, ein Thema gründlich durchzusprechen, aber ich hattes das Gefühl, es nicht mehr alleine tragen zu müssen.
Ich fände es schon wichtig, dass emin Therapeut über so heftige Gefühle Bescheid weiß, erst recht zum Ende der Therapie. Und peinlich oder lächerlich ist das schon gar nicht. Es sind DEINE Gefühle, und diese haben immer eine Geschichte, und die gilt es eigentlich in der Therapie herauszufinden.

LG Chaosfee
"Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen." Adorno

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Speranza
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Beitrag Do., 04.10.2012, 16:19

Liebe Chaosfee,
danke für deine schönen Worte.
Ja, ich habe ein Riesenproblem, Dinge, die mir wichtig sind, anzusprechen. Das hatte ich schon immer. Und es hat sich im Laufe der Analyse schon sehr viel bewegt. Ich vertraue ihm mittlerweile sehr, ich fühle mich wirklich wohl und weiß (vom Kopf her), dass ich alles ansprechen kann und er damit gut umgehen können wird.
Er hat ja sogar schon oft genug was in diese Richtung gesagt, aber ich erstarre dann innerlich, kann einfach nicht darüber sprechen. Und zwischen den Stunden will ich dann immer mit ihm reden. Vielleicht ist der Wunsch gerade jetzt so groß, weil ich weiß, dass ich noch so lange warten muss.

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Speranza
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Beitrag Do., 04.10.2012, 16:21

Er sagt immer, ich soll mich selbst nicht unter Druck setzen, geduldig sein. Er lässt mir alle Zeit der Welt. Aber machmal glaube ich, dann werde ich nie darüber sprechen können. Und ich will es eigentlich so gerne...

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Fast Forward
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Beitrag Do., 04.10.2012, 17:38

Mal so eine Zwischenfrage: gehört dieses Gefühl der Abhängigkeit nicht zum therapeutischen Prozess in der Analyse (ich mache keine Analyse, kenne mich da nicht aus)?

Und wenn du es wirklich unbedingt mitteilen möchtest, denkst du, dein Analytiker wird dir die Möglichkeit geben, dies mit anderen Mitteln als verbalen zu tun? Ich durfte mal, als es mir zu schwer fiel, meine Gefühle zu äußern, ein Bild aus bunten Blättern legen. Das hat mich sehr beruhigt und das Gespräch danach hat es dann ermöglicht, frei zu sprechen.


chaosfee
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Beiträge: 887

Beitrag Sa., 06.10.2012, 19:30

Hallo Speranza,

Es klingt eigentlich gut, wenn dein Thera dir da Zeit lässt, aber ich habe in meiner kurzen Therapiezeit die Erfahrung gemacht, dass ein bisschen Druck schon auch Vorteile hat. Natürlich soll er nichts aus dir herauspressen ohne Rücksicht auf deine Stabilität, aber zum Ende der Therapie sollte man doch, dachte ich immer, eigentlich alles Wichtige angesprochen haben, zumindest die Dinge, die einen so stark belasten. Könntest du dir vorstellen, mit sanftem Druck vonseiten deines Theras darüber sprechen zu können? Immerhin willst du es ja, und dass du es jetzt, wo er länger nicht erreichbar für dich ist, besonders willst, passt ganz gut ins Bild.
Dein Wille zu reden versteckt sich halt in der Therastunde immer ein bisschen hinter dem (für den Moment leichteren) Schweigen, aber wenn er die Unterstützung deines Theras hätte, würde er sich vielleicht hervortrauen? Vielleicht könnt ihr euch auch auf eine andere Art der Kommunikation verständigen als "du erzählst - er hört zu"?

LG Chaosfee
"Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen." Adorno

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schmetterling.1983
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Beitrag So., 07.10.2012, 09:12

Speranza hat geschrieben:Bin echt sehr verwirrt. Kennt jemand diese Gedanken? Ist das gut oder schlecht? Wie geht ihr damit um? Und wie eure Therapeuten?
Liebe Sperenza,

ich denke manchmal ging es mir auch so ähnlich. Eine Bewertung braucht das Gefühl denke ich nicht. Kommt es nicht vielmehr darauf an wie du damit zurecht kommst?
Speranza hat geschrieben: Aber machmal glaube ich, dann werde ich nie darüber sprechen können. Und ich will es eigentlich so gerne...
Das kenne ich auch ein wenig .
Fast Forward hat geschrieben:Mal so eine Zwischenfrage: gehört dieses Gefühl der Abhängigkeit nicht zum therapeutischen Prozess in der Analyse (ich mache keine Analyse, kenne mich da nicht aus)?
Ich denke dass es durch die Intensität und aufgrund bestimmter Störungen leicht dazu kommen kann, wenn dieses Thema in einem eine gewisse Bedeutung hat.
Es ist aber wichtig, dass ein Weg gefunden wird dies wieder lösen zu können. Ich würde das aber nicht als Hauptthema angehen sondern die dahinterliegenden Gründe suchen, dann (so mein Gedanke) zeigt sich der Weg mit einem leichten Schubs des Theras womöglich für einen.

Ansprechen können ist aber in jedem Fall ganz klar wichtig, auch mit den Ängsten drum herum. Wie liegt bei dir, suche die Art die dir am meisten liegt und versuche es immer mal wieder. Am Anfang kostet es Überwindung, aber mit der Zeit wird es langsam leichter
LG
Schön ist eigentlich alles, wenn man es mit Liebe betrachtet.
Christian Morgenstern

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Anna Lüse
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Beitrag Mo., 08.10.2012, 09:56

Hallo Speranza,
ähm ja...kenn ich. Ich denke die letzten Monate auch ständig an ihn. Ich höre seine Sätze, die mir wichtig waren in Stunde XY im Kopf und generell spukt er gewaltig in meinem Schädel rum. Anders ausgedrückt: Er nimmt enorm viel Raum ein und manchmal kommt mir das nicht gerade gesund vor. (So im Sinne von "Frau Lüse, schalten Sie bitte Ihr Hirn ein - es ist Zeitverschwendung über Bonnie und Clyde Geschichten zu schwärmen...Es ist Ihr T-H-E-R-A-P-E-U-T!" ) Ich schlage mich also auch kräfig mit unterschiedlichsten Übertragungen herum. Von daher hat er in meinem Kopf /Herz schon eine große Bühne...
Manchmal denke ich, ob ich ihm als Nächstes dann hier einen kleinen Altar einrichten mag, damit ich "dem Meister" gebührend huldigen kann und schüttel über mich selber den Kopf.
Aber ich kenn das schon von mir und weiß, dass es Phasen sind. Geht auch wieder weg.
Im Unterschied zu dir hab ich nicht das Gefühl, ihm in den Stunden nichts davon sagen zu können. Ich mache zwar sehr viel allein zu hause, aber ich rede schon auch viel mit ihm. Wobei ich zugeben muß, dass die Übertragungen ein Thema sind, dass ich dann schon gerne unter den Tisch fallen lasse
Ich denke schon, dass du das üben kannst. Zumal ich nicht unbedingt glaube, dass es explizit nötig ist, ihm zu sagen, wieviel er dir bedeutet. Ich kann mir vorstellen, dass er das spürt. Wie lange bist du denn schon bei ihm? Wäre es eine Option-du schriebst, dass du dich kaum bremsen kannst, ihn anzurufen - dass du ihm auf den AB sprichst und ihm da quasi schon vorankündigst, dass du ihm in der nächsten Stunde was wichtiges sagen möchtest? Vielleicht "zwingt" dich das dann selber und du könntest die Erfahrung machen, dass es nicht halb so schwer ist, wie du immer dachtest?

Ist vielleicht ein bescheuerter Gedanke. Ich kann nur von mir sagen, dass es bei mir jedes mal so war, dass ich - wenn ich denn endlich Punkt XY rausgewürgt hatte - immer erleichtert war und mich gut damit aufgehoben gefühlt hab.
Übrigens verbindet uns dieTatsache, dass auch ich 14 Tage runterzähle. Scheiß Ferien!

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(e)
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag Fr., 12.10.2012, 07:02

Fast Forward hat geschrieben:Mal so eine Zwischenfrage: gehört dieses Gefühl der Abhängigkeit nicht zum therapeutischen Prozess in der Analyse (ich mache keine Analyse, kenne mich da nicht aus)?

Und wenn du es wirklich unbedingt mitteilen möchtest, denkst du, dein Analytiker wird dir die Möglichkeit geben, dies mit anderen Mitteln als verbalen zu tun? Ich durfte mal, als es mir zu schwer fiel, meine Gefühle zu äußern, ein Bild aus bunten Blättern legen. Das hat mich sehr beruhigt und das Gespräch danach hat es dann ermöglicht, frei zu sprechen.
Machst Du TfP? Das Bild mit bunten Blättern ist eine gute Idee. Ich half mir in einer Krise auch schon, indem ich mir ein 1000-Puzzle vornahm. Das lenkt ganz schön ab von den Problemen.
Lieben Gruß
elana

inaktiv, siehe Link in meinem Profil

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