Wie verliebt man sich in seinen Therapeuten?

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Wandelröschen
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Wie verliebt man sich in seinen Therapeuten?

Beitrag Sa., 21.01.2012, 18:44

Des öfteren lese ich hier, dass sich eine Patientin in ihren Thera verliebt hat oder abhängig von ihm ist. Wie passiert das? Ist in einer PA die Gefahr dafür größer als in einer VT?

Ich kenne so etwas nicht, kann es nicht nachempfinden, lese es immer wieder und würde es gerne verstehen.

Selber kenne ich das Gefühl des Verliebtseins schon auch (so mit Schmetterlinge im Bauch, extreme Sehnsucht nach dem Partner, hatte ich immerhin auch zwei), lebe in einer festen Beziehung seit Jahren. Passiert das dann eher Patientinnen, die im RL keine feste Beziehung haben oder aufbauen können?

Oder kann ich nur deshalb so etwas nicht nachempfinden und verstehen, weil ich selber diverse Gefühle/Empfindungen nicht kenne? Hab zwar davon gelesen, „weiß“ was es ist, kann es aber nicht spüren/ nachvollziehen, z.B. Scham, Heimweh und einige andere.
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

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candle.
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 18:51

Hach ja Wandelröschen, ich weiß nicht, ob wir jemals dahinterkommen werden. Ich verstehe das auch nicht, habe aber auch nie einen attraktiven Therapeuten gehabt. lol Die müssen ja alle irgendwo anders versteckt sein.

Viele Grüße!
candle
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Atara
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 19:10

ich denke das es sich in den meisten fällen eher um eine "übertragungsliebe" handelt.
passieren kann das wohl in jeder therapieart, doch die PA ist wohl am meisten der auslöser.
natürlich kommt es auch vor das sich patienten tatsächlich in ihre therapeuten "verlieben".
oder es vermischt sich. ob der auslöser dafür wirklich nur am äußeren des theras liegt, bezweifel ich.
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pandas
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 19:28

@ atara

interessant, mh, wo würdest du denn da die Grenze zwischen "Übertragungsliebe" und "echtem verlieben" setzen?
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abendrot79
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 19:34

candle. hat geschrieben: Ich verstehe das auch nicht, habe aber auch nie einen attraktiven Therapeuten gehabt. lol
Ich denke es kommt gar nicht auf (äussere) Attraktivität an, sondern es steckt was ganz Anders dahinter. Hier mal meine vereinfachten Vorstellung wie es dazu kommen kann:

Patient hat ein Problem = ist hilflos, fängt eine Therapie an > Therapeut verhält sich postiv / empathisch, will Vertrauen aufbauen, damit die Therapie klappen kann > Patient lässt sich darauf ein, fühlt sich geborgen, baut Vertrauen auf > Therapie läuft, Patient öffnet sich > Therapeut verhält sich weiterhin positiv, gibt dem Patienten das Gefühl, ich bin für dich da, ich glaube an dich, ich gebe dir, was du bisher nicht bekommen hast (verlässliche Beziehung) > Patient kann sein Glück kaum fassen, tatsächlichen jemanden gefunden zu haben, der ihn nicht verlässt, der ihn versteht, der ihn nicht abstempelt > Patient schwelgt in Glück, vergisst dabei, dass es keine private Beziehung ist, sondern nur eine therapeutische Beziehung > Patient fängt an seinen Therapeuten zu bewundern, will immer mehr von ihm haben > Therapie läuft weiterhin gut, Patient bekommt weiterhin im Rahmen der Therapie Zuwendung > Patient bewundert nicht mehr nur, sondern vergöttert seinen Therapeuten > Patient ist verliebt .... (was aber meiner Meinung nach nichts mit echter Verliebtheit zu tun hat, sondern allein mit der Tatsache, dass viele Patienten auf einmal etwas bekommen, was sie nicht kennen und sich schlichtweg in diese Tatsache verlieben. Den Menschen der ihnen das gibt, kennen sie ja gar nicht wirklich!)
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candle.
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 19:37

Hallo!

Das mit der Attraktivität habe ich ganz bewußt gewählt und angesprochen. Dann bleibt ja auch nur noch die Übertragung.

Leider denke ich, dass genau diese Betroffenen sich hier nicht äußern würden.

candle
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abendrot79
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 19:45

candle. hat geschrieben:Leider denke ich, dass genau diese Betroffenen sich hier nicht äußern würden.
Schade eigentlich, denn ich wüsste schonmal gerne, wann und wie der Übergang von Bewunderung zu Verliebtsein kam und wodurch es letztendlich ausgelöst wurde. Und ob es sich für die Betroffenen wie echte Verliebtheit anfühlt oder ob da noch soviel Realitätssinn ist, dass es als Übertragung gewertet werden kann.
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Mary-Lou
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 19:46

Ich würde die Fragen gerne noch etwas um eine "Schublade" erweitern:

Es heißt ja oft, dass der Therapeut idealisiert wird und es dann häufig zu (Übertragungs-)Lieben kommt.

Bedeutet das dann aber auch, dass z.B. der Borderliner mehr zur Übertragungsliebe neigt? Schließlich hat er ja mit Idealisierung/Entwertung zu kämpfen.
Frühling: „Eine echte Auferstehung, ein Stück Unsterblichkeit.” (Henry David Thoreau)

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candle.
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 19:48

Das Problem ist doch genau das, dass derjenige realitätsfern ist, fast schon ein wenig crazy. Ich bezweifle auch, ob das jemand erklären könnte.

candle
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Atara
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 19:50

biber hat geschrieben:@ atara
interessant, mh, wo würdest du denn da die Grenze zwischen "Übertragungsliebe" und "echtem verlieben" setzen?
gute frage.
ich denke, dass man das als "dritter" eher erkennt. also der betrachter oder die theorie der analyse.
für den patienten ist es ja eine echte verliebtheit. es sind echte gefühle, es ist körperlich.
doch verlieben passiert durch den analytiker, es ist durch die übertragung passiert, wie oben beschrieben, erhöhte aufmerksamkeit etc.
es geschieht im raum der therapie, es geschieht nicht wie "draußen" im realen leben.
aber ich denke es ist eher eine projektion. man projiziert seine gefühle, seine erwartungen auf den therapeuten.
man überträgt quasi alles auf ihn was man sich wünscht und er reflektiert dies auf eine art die man als bestätigung für sich annimmt.
so entsteht vlt. diese form von liebe oder verliebtsein.
trotzdem sind es echte gefühle und man kann das nicht trennen.

ich denke dass borderliner noch mehr dazu neigen sich in ihre therapeuten zu verlieben.
da sie eh projizieren. der ganze abwehrmechanismus ist auf projektiver identifizierung und spaltung aufgebaut.
sie spalten in gut und böse. ist der therapeut als gut anerkannt wird auf ihn projiziert. (auf das verliebtsein bezogen,
natürlich wechseln diese stimmungen).
und dann geht das spielchen los.
Zuletzt geändert von Atara am Sa., 21.01.2012, 19:58, insgesamt 2-mal geändert.
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pandas
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 19:53

abendrot79 hat geschrieben: Ich denke es kommt gar nicht auf (äussere) Attraktivität an, sondern es steckt was ganz Anders dahinter. Hier mal meine vereinfachten Vorstellung wie es dazu kommen kann:
Nuun, aber im wirklichen Leben verliebt frau/man sich doch auch nicht nur aufgrund der Zuwendung des Gegenübers??
Insofern zweifel ich den so beschriebenen Weg schon etwas an, selbst wenn der Therapeut so auf Empathie etc. setzt, denke ich, können da noch andere Faktoren fehlen ... wenn er sonst echt nicht der Typ ist, den frau attraktiv etc. findet, wird das kein Verlieben sein ... wobei ich persönlich keine Therapie bei einem Therapeuten machen würde, den ich so gar nicht attraktiv finde.

Ich bin ja bei der 3. Th (in grösseren Abständen).
Wo es aber so war, dass ich meine erste Therapeutin (also weiblich, ich auch weiblich) nicht attraktiv fand. Ich habe das wahrgenommen, war mir nicht wichtig, denn ich bin hetera.
Aber bei meiner 2. Th, auch Therapeutin, hat mich beim Erstgespräch auch ihre äussere Attraktivität angesprochen, wohl so ein bissle vorbildmässig, wobei dann im Laufe der Therapie (die aber bloss bei 50 Stdn blieb) es so war, dass dies auch dekonstruiert wurde, da ich merkte, sie hat auch Schwächen etc. Das war als Nebeneffekt für mich auch ein wenig heilsam, da ich dazu neige, mich mit attraktiven Frauen negativ zu vergleichen ... wobei ich das damals nicht verbalisiert habe. Aber um zu zeigen, wie Attraktivität auch mit hineinspielen kann.

Tja, und zur 3. Th: Bei einem Therapeuten, den ich unattrakativ finden würde, hätt ich nicht begonnen
Zuletzt geändert von pandas am Sa., 21.01.2012, 20:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Hamna
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 19:56

Ich denke, Übertragungsliebe ist es dann, wenn man wirklich nichts vom Therapeuten weiß und viel in seine Person hineinphantasiert. >> Er muss ein toller Mensch sein, weil er mir gegenüber so verständnisvoll ist. <<

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Phönixia
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 19:58

@ candle,
Leider denke ich, dass genau diese Betroffenen sich hier nicht äußern würden.
Frage dich dochmal Candle, warum Du nicht betroffen sein kannst?

Ich denke nicht das diese Übertragungsliebe nur etwas negatives ist, das auf Gestörtheit des Patientien hindeuten. Ich halte es für positiv wenn sie vorkommt. Aber sie geht oft schief, wenn der Patient sich nicht mehr lösen kann.
Mir ist es noch nicht passiert. Hatte überhaupt noch keinen Therapeuten nur Therapeutinnen.
Und in eine habe ich mich fast verliebt ,aber eher wie Mutter-Tochter-liebe . Bin hetero!
Zuletzt geändert von Phönixia am Sa., 21.01.2012, 20:02, insgesamt 2-mal geändert.


pandas
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 19:59

Atara hat geschrieben: für den patienten ist es ja eine echte verliebtheit. es sind echte gefühle, es ist körperlich.
doch verlieben passiert durch den analytiker, es ist durch die übertragung passiert, wie oben beschrieben, erhöhte aufmerksamkeit etc.
es geschieht im raum der therapie, es geschieht nicht wie "draußen" im realen leben.
aber ich denke es ist eher eine projektion. man projiziert seine gefühle, seine erwartungen auf den therapeuten.
man überträgt quasi alles auf ihn was man sich wünscht und er reflektiert dies auf eine art die man als bestätigung für sich annimmt.
so entsteht vlt. diese form von liebe oder verliebtsein.
trotzdem sind es echte gefühle und man kann das nicht trennen.
Klingt durchaus pausibel, aber dies würde auch bedeuten, es ist immer "nur" Übertragungslieben in der Therapie?
Letztlich schon auch logisch, da die Beziehung assymetrisch ist: Eigentlich weiß man/frau ja nie soviel von dem Therapeuten,
wie im wahren Lieben. Dort würde man/frau sich wohl nicht in jemand verlieben, von dem man/frau letzlich so wenig weiß, da es da ja immer sozusagen um zwei geht, in der Therapie doch immer mehr um sich selbst.
Zuletzt geändert von pandas am Sa., 21.01.2012, 20:00, insgesamt 1-mal geändert.
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candle.
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 19:59

Phönixia hat geschrieben:Frage dich dochmal Candle, warum Du nicht betroffen sein kannst?
Hä?

candle
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