Kriege ich jetzt die Retourkutsche??

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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jenny1977
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Kriege ich jetzt die Retourkutsche??

Beitrag Mo., 04.07.2011, 20:17

Hallo an alle interessierten Leser,

bestimmt hat der eine oder andere Leser meine älteren Beiträge schon gelesen und es ist bekannt, dass auch ich
in einer dicken Abhängigkeit zu meiner Therapeutin stehe - oder aktuell gesagt - in einer dicken Abhängigkeit war.
Es ist schon viiieeeel besser geworden und ich bin gerade dabei mich (etwas) zu lösen.

Nun zu meinem Anlass, warum ich diesen Thread eröffne. Meine letzte Therapiestunde war vor 3,5 Wochen.
Nach dieser Stunde war eine dreiwöchige Pause eingeplant, meine Thera war im Urlaub. Für mich habe ich
einen Tag nach der letzten Stunde beschlossen, das ich diesen Termin in drei Wochen absage. Ich war sauer auf
meine Thera. Nicht weil sie mir etwas getan hat - nein! Es tut mir nur so weh, weil ich nicht das bekomme was
ich von ihr möchte. Seit einem Jahr ist mein starkes Fixieren auf sie oft Thema in der Therapie,
sie weiß also komplett bescheid und wir haben schon sehr oft darüber geredet. Ich habe ihr bewusst auf den AB
gesprochen, ganz kurz und knapp. Ich wollte das sie heraushört das ich sauer bin. Ich war nicht unhöflich oder frech -
nein. Ich habe nur bestimmt und förmlich gesagt, das ich den Termin am 30.6. absagen möchte - mehr nicht. Ich habe
keinen Grund genannt und habe auch nicht erwähnt ob ich wieder komme oder wann ich mich wieder melde.

Nun habe ich mich heute bei ihr nach 3,5 Wochen wieder gemeldet und wollte einen neuen Termin vereinbaren.
Mein schlechtes Gewissen hat mich schon seit zwei Wochen geplagt, weil ich meine Thera so im Ungewissen gelassen
habe. Nun sagte sie mir, das es mit dem nächsten Termin etwas dauern wird. Sie begründete es damit, das sie mich
von der Liste genommen hat, weil ich ihr bei der Terminabsage nicht gesagt hatte, wann und ob ich mich überhaupt
wieder melde, ich habe keinen Grund genannt - nichts. Sie habe noch andere Patienten die auf einen Termin warten.
Nun habe ich einen Termin für Anfang August bekommen - also in fünf Wochen. Das finde ich ganz schön lang und es
kommt für mich so an, als ob meine Thera jetzt sauer ist - obwohl sie es anders begründete.

Auf der einen Seite kann ich verstehen das sie evtl. gedacht hat das ich gar nicht mehr komme, weil ich in der letzten
Stunde eine Äußerung in diese Richtung gemacht hatte. Auf der anderen Seite weiß sie aber wie sehr ich an ihr hänge,
wie sehr ich sie mag und das ich am liebsten noch mehr von ihr mag. Wie kann sie dann denken, dass ich evtl. nicht
mehr komme und mich jetzt gleich fünf Wochen in den August "strafversetzt"? Es kommt mir so vor, als wolle sie mich
als Patienten erziehen, als wolle sie mir jetzt eines auswischen.

Nach dem ersten Telefonat mit ihr heute morgen habe ich sie ein paar Minuten später noch einmal angerufen. Ich habe
gesagt, das es mir leid tut das ich so kurz und knapp auf den AB gesprochen habe. Weil ich eben den Eindruck hatte, dass
sie jetzt vielleicht sauer ist. Sie sagte, es muss mir nicht leid tun weil ich den Termin abgesagt habe, sie hat mich, wie
oben schon geschrieben, nur von der Liste genommen weil sie nicht wusste, ob und wann ich wieder komme. "So ist der
Lauf" oder so ähnlich sagte sie. Dann: "bis zum X. August". "Bis dahin tschüß".

Das ich den nächsten Termin vielleicht in zwei oder drei Wochen bekommen hätte, damit habe ich ja gerechnet. Aber
nicht damit, das es jetzt fünf Wochen sind. Hat wer schon ähnliche Erfahrungen gemacht? Mein Glück ist, das es mir gut
geht!!!
In den letzten drei Wochen habe ich einen guten Abstand zu meiner Therapeutin gewonnen. Vielleicht denkt sie sich ja
auch das eine länge Pause gut tut - aber das hätte sie bestimmt gesagt wenn es an dem wäre. Auch bin ich gar nicht so
böse darüber, dass es noch fünf Wochen sind, soweit läuft meine Leben. Trotzdem bin ich enttäuscht von ihr. Was wäre,
wenn es mir jetzt wegen den Telefonaten heute früh wieder total schlecht ginge oder wegen einer anderen Sache? Das
könnte ich keine fünf Wochen aushalten.

Gibt es jemanden, der in einer ähnlichen Situation war? Wer hat seinen Thera auch mal im Ungewissen gelassen, ob
ihr wieder zum Termin kommt oder nicht?
Zuletzt geändert von jenny1977 am Mo., 04.07.2011, 20:36, insgesamt 2-mal geändert.
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Glück in sich selbst zu finden,
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Agnes Repplier

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Tristezza
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 20:32

Na ja, vielleicht hat sie in der Zwischenzeit auch Urlaub und daher der späte Termin?

Ich bin bei einer Therapeutin einmal nicht zum Termin erschienen und hab den auch nicht abgesagt, weil ich dachte, ich sollte mich nur melden, wenn ich wider Erwarten zum Termin komme (ich war mitten im Examen). Die Therapeutin hat das aber angeblich andersrum verstanden, also dass ich mich melde, wenn ich nicht komme. Und hat wegen der fehlenden Terminabsage gleich meinen ganzen Therapieplatz anderweitig vergeben, weil ich angeblich ja nicht mehr kommen wolle. Also: schlimmer geht immer.

Und ich fände es auch verständlich, wenn deine Therapeutin dich jetzt etwas zappeln lässt, nachdem du sie in weitaus stärkerem Maß hast zappeln lassen. Therapeuten sind auch nur Menschen.

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lamedia
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 20:42

Hm, ich kenne es - mehrfach- und da ging es ganz anders, dass sofort neue Termine da waren und der Konflikt so für mich total leicht zu ignorieren war. Es war, als wäre nichts, als hätte mein Ärger, der Abbruch gar nicht stattgefunden... Damit kann man auch ziemlich in der Luft hängen bleiben
So hast Du nun eine Resonanz bekommen - Sie hat Dich sozusagen ernst genommen, nur auf das gehört, was Du ihr gesagt hast, ohne auf Nebenbedeutungen (z.B. einen eventuellen Wunsch, dass sie sich zurückmeldet, gekränkt ist? ) einzugehen. Sie spiegelt Dir vielleicht auch Dein ambivalentes Verhalten:

Dein Anruf war vordergründig auf der Sachebene. Auf der Sachebene ist ein Termin ohne Folgeterminwunsch (Verwaltungsdeutsch, sorry) bgesagt worden. Die Beziehungsaspekte (sauer, gekränkt, enttäuscht) hast Du ja durch die extra-nüchterne Ansage ausgeblendet.

Und sie reagiert nun ebenfalls so, greift die Sachebene auf: Sie hat keinen Folgeterminwunsch mitbekommen und ging also von einem möglichen Abbruch aus - mit der Folge, dass Dein fester Platz weg ist. Vielleicht hat sie auf der Beziehungsebene auch noch Nebenbedeutungen, aber sie spielen in der Kommunikation außerhalb der Therapie eben keine Rolle. Hart von ihr, aber irgendwie auch konsequent.

Ich glaube rein aus professionellem Selbstschutz ist es für Therapeuten gut, außerhalb der Therapie emotionale Nebenbedeutungen ausblenden, um den Raum der Therapie abzugrenzen. Die Kränkung, ambivalenten Gefühle, die das bei Dir auslöst, sind dann wieder prima Stoff für die Therapie selbst.

So viel meine Gedanken dazu,
LG,
lamedia

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jenny1977
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 20:52

Hallo Lamedia,

diese Gedanken, so wie Du sie beschrieben hast, hatte ich so ähnlich. Deswegen kann ich gar nicht soooo sauer auf meine Thera
sein. Trotzdem bin ich gekränkt weil sie mich jetzt so lange zappeln lässt.
Der richtige Ort, um diese Konflikte und Gefühle auszutragen, ist nun mal der Therapiestuhl, da kann man alles bereden. Außerhalb
der Therapie und auf meine Art und Weise mit der Terminabsage geht einfach nicht.

"Es war, als wäre nichts, als hätte mein Ärger, der Abbruch gar nicht stattgefunden... Damit kann man auch ziemlich in der Luft hängen bleiben"
Meinst Du damit, das es dann nicht bearbeitet werden kann??????
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Agnes Repplier

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Medea
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 20:56

Ich denke nicht dass sie dir eins auswischen will. Sie kann ja nicht darüber spekulieren, ob du bald wieder kommst und jede Woche einen Termin für dich frei halten.

Beim Augenarzt musste ich letztin auch 5 Monate auf einen Termin warten, weil ich den damals nicht einhalten konnte. Wenn sie voll ist, ist sie voll...

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Elena
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 21:06

Liebe Jenny,

ich kann Dir einfach nur von mir berichten. Du weißt und kennst ja meinen ganze Story, was die Pause angeht.
Ich dachte erst auch, ich rufe an und sage ab, und seh dann mal, wann ich wieder aufkreuze.
Hab mich letztendlich dann doch dazu entschieden, zu ihr zu gehen, um mit ihr darüber zu reden. Wir haben uns die ganze Stunde mit diesem Thema befasst, sie hatte sehr viele Fragen dazu, ich konnte viele Antworten darauf geben. Nach und nach habe ich gemerkt, dass sie wirklich versucht hat, mich zu verstehen. Hätte ich ihr nicht so viel erklärt, dann würde sie vermutlich noch heute denken, dass ich einfach nicht mehr kommen möchte. Dieses Thema steht für Therapeuten immer im Raum, wenn sich ein Patient für eine bestimmte Zeit zurückzieht. Klar ist auch, dass sie sich selber organisieren müssen, damit die Praxis am Laufen ist, und reagieren daher diesbezüglich eher sachlich anstatt emotional.
jenny1977 hat geschrieben:Ich habe nur bestimmt und förmlich gesagt, das ich den Termin am 30.6. absagen möchte - mehr nicht. Ich habe
keinen Grund genannt und habe auch nicht erwähnt ob ich wieder komme oder wann ich mich wieder melde.
Ich kann mir auch gut vorstellen, dass Deine Therapeutin einfach genauso sachlich reagiert, sowie Du es auf dem AB mit Deiner Absage getan hat.
jenny1977 hat geschrieben:Ich habe ihr bewusst auf den AB
gesprochen, ganz kurz und knapp. Ich wollte das sie heraushört das ich sauer bin.
Aber das alleine reicht nicht aus, dass sie darauf reagieren würde.
jenny1977 hat geschrieben:Vielleicht denkt sie sich ja
auch das eine länge Pause gut tut - aber das hätte sie bestimmt gesagt wenn es an dem wäre.
Nee, ich glaube, sie hat Dir einfach gezeigt, was es für Konsequenzen hat, wenn Du nicht klar genug ausdrückst, was Du möchtest bzgl. der Therapie. Im Grunde hast Du sie im luftleeren Raum schweben lassen, wie es weitergeht und sie musste in ihrem Sinne handeln, der halt u.a auch geschäftlich ist.

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lamedia
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 21:13

Hallo Jenny,

ja, ich glaube, dass es sogar sehr gut ist, wenn sie professionell und konsequent reagiert. Falls es Dir sehr, sehr schlecht gegangen wäre - hm, dann hättest Du eventuell auf andere Hilfe zurückgreifen müssen.. Gut, dass Du jetzt einigermassen stabil zu sein scheinst..
jenny1977 hat geschrieben: "Es war, als wäre nichts, als hätte mein Ärger, der Abbruch gar nicht stattgefunden... Damit kann man auch ziemlich in der Luft hängen bleiben"
Meinst Du damit, das es dann nicht bearbeitet werden kann??????
Doch, aber dann hätte es völlig und ausschließlich an mir gelegen, das anzusprechen. Was auch eine Methode sein kann. Ich bin aber lieber ausgewichen, dachte, es ist eh alles egal.
So habt Ihr beide jetzt eben eine Interaktion vor Euch, die konsequent, nachvollziehbar und doch therapeutisch sicher wertvoll ist.

LG,
lamedia

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Teatime 66
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 21:56

Ich befinde mich in einer ähnlichen Situation. Nur das ich eigentlich nicht weiter machen wollte. Ich bin völlig daneben gewesen. Etwas später hab ich das ganze längst bereut. Versuche auch gerade daran zu arbeiten das ich meine Therapie vortsetzen kann. Ich gehe aber auch davon aus das ich ein paar Wochen warten muss. Das würde mich nicht unbedingt stören. Ist ja schon gut wenn es überhaupt weiter geht.

Gruß Teatime

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beitingon
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 22:09

Hallo Jenny,
ich finde auch, dass es nicht ganz unverstaendlich war, dass die Thera den Platz weggegeben hat. Auch denke ich, dass diese ganze Geschichte guter Stoff fuer eine naechste Stunde waere. Allerdings haette die Thera sich auch auf Deine Nachricht auf dem AB doch auch bei Dir melden koennen, um Klarheit zu schaffen. Schliesslich bist Du doch mindestens ein Jahr bei ihr. Na, nur so ein Gedanke.
-Beitingon

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Beiträge: 378

Beitrag Mo., 04.07.2011, 22:39

Nun, als Außenstehender kann ich dir nur sagen:

So, wie deine Thera reagiert hat, so reagieren Tausende, nämlich:
Nüchtern und Sachlich

So läuft es tagtäglich in Hunderten Branchen, sei es ein Anwalt, ein Arzt, sei es die Nachhilfe usw.

Auch sehe ich keine Notwendigkeit, eines Rückrufes - warum auch?
Das jemand einen Termin ohne weitere Angabe absagt, auch das passiert tagtäglich.

Den Fehler den du machst: Du befindest dich in einer imaginären Beziehung und stellst Ansprüche, die keinesfalls erfüllt werden können.

Und auch wenn deine Thera darum weiß, ist es umsomehr ein Grund, daß sie auf ihrer Seite sachlich bleibt.

In diesem Sinne: Interpretier da nicht etwas hinein, was nicht ist.

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Flowerbomb
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Beiträge: 545

Beitrag Mo., 04.07.2011, 22:57

@Ganter:

Eine therapeutische Beziehung ist überhaupt keine imaginäre Beziehung, sondern eine reale mit ganz normalen, zwischenmenschlichen Konflikten. Therapeuten überlegen sich genauer, als ein Arzt oder ein Anwalt, wie das, was sie tun oder sagen, bei den Patienten ankommt und interpretieren - das sage ich aus eigener Erfahrung - auch sehr viel in gewisses Telefonverhalten hinein. Das kann man also keinesfalls vergleichen. Auch dieses Anspruchsdenken: dafür ist die Therapie da, um mal rauszufinden, wo überhaupt die Bedürnfnisse liegen, nur so kann Heilung einsetzen.

Ich denke auch, dass das eine Grenzsetzung und damit deutlich werden sollte: nächstes Mal, wenn du sauer bist, sag es.

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 23:42

Ich denke halt daß Therapeuten jede Menge Terminnachfragen haben von Leuten die wahnsinnig gerne kommen WOLLEN. Und da ist für mich klar, wenn ich da so einen etwas demotivierten Wackelkandidaten habe (und als Therapeut hat man es bestimmt schon 378 mal erlebt daß Klienten dann auch abgebrochen haben) und 5 Anfragen nach Stunden, daß ich dann fakultative freigehaltene Termine für jemanden der absagt und keine neuen Termine ausmacht nach einer Weile anderweitig vergebe.

Wer zuerst kommt malt zuerst. Psychotherapie ist halt auch eine Geschäftsbeziehung, und so eine komme-ich-komme-ich-nicht Haltung ohne mitzuteilen was in dir vorgeht und was du planst ist da halt irgendwo nicht angemessen bzw dann hat das halt Konsequenzen.

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münchnerkindl
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Beiträge: 9636

Beitrag Mo., 04.07.2011, 23:55

jenny1977 hat geschrieben: Der richtige Ort, um diese Konflikte und Gefühle auszutragen, ist nun mal der Therapiestuhl,
Ne, der Ort an dem man Konflikte und Gefühle austrägt ist in einem selbst. Von daher ist es evtl durchaus produktiv mal eine Weile mit einem Gefühl zu schmoren OHNE daß es eine schnelle Erleichterung gibt.

Weil wenn du das Gefühl ohne daß es eine schnelle Lösung dafür gibt in die du dich flüchten kannst vergärst, drauf rumkaust, verdaust, wütest ohne daß das einen Effekt hätte, irgendwann wirst du anfangen nicht mehr den Auslöser des Gefühls zu hassen sondern du wirst einfach nur noch das Gefühl satt haben du wirst keinen Bock mehr haben dich von diesem miesen kleinen Nervgefühl am Strick durch die Gegend zerren zu lassen und deinen Frieden und dein Glück von diesem lächerlichen Sturm im Wasserglas beeinträchtigen zu lassen.

Und das ist der Punkt wo wirklich der Wille wächst aus so einem Gefühlsmechanismus auszusteigen. Dann, wenn es weh tut, wenn es keine Quickie-Lösungen zur Wiederherstellung der Harmonie im Aussen gibt. Dann wird dieses ganze emotionale Trallala von narzisstischer Gekränktheit weil irgenwer nicht so tut wie ich mir das erwarten würde irgendwann ziemlich unattraktiv. Und irgendwann wird auch dieses Gefühl einfach langweilig und dann verebbt das ganze und man fragt sich warum hat man sich eigentlich so die Zeit vermiest mit sowas.

Weil Gefühle haben eine Eigenschaft: Wenn man ihnen Zeit und Raum gibt legen sie sich von alleine. Das dauert bei obsessiven Gefühlen durchaus länger, aber irgendwann läuft auch ein obsessives Gefühl sich tot, wenn du es nicht ständig weiter fütterst und vergeht dann.

Du hast im Moment eine Gefühlsaufwallung, nichts weiter. Da musst du nichts inhaltlich klären, du musst dem nur Zeit und Raum geben und es nicht weiter füttern. Da gibt es doch im Internet den Spruch, don't feed the trolls, das ist hier genau das selbe. Diese Art vonGefühlen sind die Trolle. Sie werden durch irgendeine Banalie provoziert und stänkern dann lautstark rum. Aber wenn du sie nicht fütterst dann gehen sie nach einer Weile, und zwar ganz von alleine. Und dann hast du erstens deinen Frieden und zweitens ein Stück mehr Unabhängigkeit von anderen Menschen und dem was sie tun (oder nicht tun). Also beobachte den Sturm, reite ihn ab so gut es geht, lass dich inhaltlcih nicht zu sehr davon einwickeln und warte das natürliche Verfallsdatum des Gefühls ab.

Am bessten du beschäftigst dich mit anderen Dingen und wenn wieder so ein weinerlich-abhängig-ütender Schwall kommt dann sei nett zu dir, sag dem Schwall, schön daß du da bist, ich hab gehört was du sagen willst, und dann wendest du dich einem anderen Thema zu und fütterst es nicht weiter. Und ich garantiere dir, diese Gefühle werden nicht bleiben.
Zuletzt geändert von münchnerkindl am Di., 05.07.2011, 00:18, insgesamt 4-mal geändert.

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Elena
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Beitrag Di., 05.07.2011, 00:06

Ganter hat geschrieben:Auch sehe ich keine Notwendigkeit, eines Rückrufes - warum auch?
Das jemand einen Termin ohne weitere Angabe absagt, auch das passiert tagtäglich.

Den Fehler den du machst: Du befindest dich in einer imaginären Beziehung und stellst Ansprüche, die keinesfalls erfüllt werden können.

Und auch wenn deine Thera darum weiß, ist es umsomehr ein Grund, daß sie auf ihrer Seite sachlich bleibt.

In diesem Sinne: Interpretier da nicht etwas hinein, was nicht ist.
Ich finde Deine Worte so herrlich erfrischend, auch, wenn es für Dich liebe Jenny sicher total ernüchternd ist. Ich weiß, was Du da emotional grad durchmachst. Ja, es ist einfach hart, immer wieder mit der realististischen Beziehung zwischen Therapeut und Patient konfrontiert zu werden, und das, wenn man endlich mal mit seinen wahren Bedürfnissen dank der ganzen Übertragung konfrontiert wird, und sie sooooo gerne befriedigt bekommen möchte. Bleib am Ball, jetzt fängt erst die richtige Auseinandersetzung mit Dir an.

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jenny1977
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Beitrag Di., 05.07.2011, 20:49

Danke für Eure Beiträge.
Irgendwo bin ich beruhigt, dass ihr im Großen und Ganzen die gleiche Ansicht zu meinem Thema habt.
Es zeigt mir durchweg, das die Reaktion meiner Thera wohl die Regel ist.
beitingon hat geschrieben: Allerdings haette die Thera sich auch auf Deine Nachricht auf dem AB doch auch bei Dir melden koennen, um Klarheit zu schaffen. Schliesslich bist Du doch mindestens ein Jahr bei ihr. Na, nur so ein Gedanke.
-Beitingon
Ganz tief drin war das schon mein Wunsch, meine Illusion. Gerade an diesen Illusionen muss ich noch arbeiten.
Aber ich habe auch gewusst das meine Thera nicht zurück rufen wird. Ich habe ihr eindeutig eine Ansage gemacht,
sie hat sie respektiert.

Ich bin schon fast 2,5 Jahre in Therapie, das war jetzt das erste Mal das ich mir so etwas erlaubt habe. Vorher habe ich noch
nie einen Termin abgesagt. Meine Termine und meine Thera waren mir heilig, das weiß sie auch.

Tja, klar wird es in der nächsten Stunde zum Thema werden, warum ich den Termin abgesagt habe. Da sind wir aber wieder
bei dem Thema, was wir ohnehin schon x Mal besprochen haben. Ich kann es selber schon gar nicht mehr hören, man kann
auch viel totreden. Kurz: ich muss es einfach mal schnallen das es nur ein Therapeuten-Patienten-Verhältnis ist und nicht mehr.
Aber es geht einfach nicht in meinen Kopf und in mein Herz. Sie hat es mir ja schon so oft erklärt. Auch über meine
Wutgefühle ihr gegenüber habe wir unter anderem die letzten zwei Stunde gesprochen, weil ich einfach das nicht von ihr
bekomme was ich mag.

Das Absagen des Termines ist nur eine Steigerung meiner Wut gewesen. Ich hatte sogar böswillige Gedanken, wollte meiner
Thera mit der Terminabsage eines auswischen, ihr am liebsten den Urlaub versauen und ich habe mir gewünscht, das sie den
ganzen Urlaub grübelt, warum ich wohl abgesagt habe. Gedanken an Therapieabbruch waren ja auch kurzfristig da, ich hätte
mich nicht von ihr verabschieden können. Diese Konfrontation hätte ich nicht ausgehalten. Da wäre dieses "herausschleichen",
so wie ich es mit meinem Anruf gemacht hatte, gerade recht gewesen. Ich wollte es einfach nicht mehr: das ständige warten
auf den nächsten Termin, das Traurig sein, die Angst vor der Tatsache, das die Therapie irgendwann mal vorbei ist und ich
sie nicht mehr sehe. Ich fühlte mich letzte Stunde von ihr wieder verletzt, aber nur weil sie mir meine Illussionen nimmt.
Am liebsten wollte ich es kurz und schmerzlos beenden. Diese Gedanken weiß sie ja nun noch nicht.
Es ist nicht leicht,
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Agnes Repplier

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