Wie besser mit Sehnsucht und Schmerz umgehen?

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neko
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Wie besser mit Sehnsucht und Schmerz umgehen?

Beitrag Mi., 17.11.2010, 18:05

angeregt durch aktuelle entwicklungen in meiner therapie und durch einige adere threads würde ich gerne einen gedankenaustausch zu der frage anregen, wie man achtsam mit sehnsucht und verlezung umgehen kann.

ich bin da gerade ein wenig in meinen alten gewissheiten erschüttert. bislang war ich mir ziemlich sicher, dass ich mit verletzungen, die mir z.b. mein vater zugefügt hat und zufügt, am besten dadurch umgehe, dass ich mir erkläre, warum er das tut, mir seine geschichte und seine störungen vor augen halte. ich dachte eigentlich, damit nichte oder mindere ich zumindest den schmerz - auch indem ich ihn in mitleid für den anderen umwandle, der nicht anders kann, als um sich zu schlagen und mich zu treffen. meine therapeutin sagte dazu, das geht nicht. meine momentanen träume von bedroht werden und um mein leben zu fürchten scheinen ihr recht zu geben.

ähnlich ist es mit sehnsüchten.ich dachte, es hilft mir, mir zu erklären, dass sie nicht erfüllbar sind. auch hier widersprach mir meine therapeutin.

was denkt ihr? wie geht ihr damit um? würde mich über denkanstöße und anregungen freuen.

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schmetterling.1983
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Beitrag Mi., 17.11.2010, 18:21

Ich finde das Thema auch interessant, betrifft es doch jeden von uns zumindest ein bisschen.
Leider kann ich noch keine großartig schlauen Tipps dazu geben oder von Erfahrungen berichten, außer...

Wen es um Sehnsucht, Trauer und Vermissen bezüglich der Thera ging, habe ich mir sozusagen gegönnt jeden Tag ein weng traurig und sehnsüchtig zu sein, vielleicht ein bisschen aber allein kann man das ja mal... Da liefen Tränen oder ich sprach in Gedanken zu ihr was genau ich grad empfinde und welchen Schmerz mir das bereitet.
Ich empfinde Sie immer als beruhigend und geduldig, was mich dann in der Erinnerung an sie selbst ein wenig ruhiger werden lässt und vor allem, die Situation vorbeigehen, die Gefühle wie ein wenig herausspült.
neko hat geschrieben:auch indem ich ihn in mitleid für den anderen umwandle, der nicht anders kann, als um sich zu schlagen und mich zu treffen. meine therapeutin sagte dazu, das geht nicht.
Das mit dem Mitleid dachte ich letztens auch einmal, wurde aber in einer neuen Situation eines besseren belehrt, in der meine Verletztheit dennoch wieder anspring. vielleicht hilft verstehen mehr? Zumindest kam mir es so vor, dass ich für mich interpretiertes Fehlverhalten oder verletzendes Verhalten mir gegenüber besser hinnehmen konnte, wenn ich verstanden habe, dass der andere nicht anders kann.
neko hat geschrieben:ähnlich ist es mit sehnsüchten.ich dachte, es hilft mir, mir zu erklären, dass sie nicht erfüllbar sind. auch hier widersprach mir meine therapeutin.
vielleicht sind sie erfüllbar, wenn sie sich zu etwas anderem wandeln und man die wahre Sehnsucht erkennt? vielleicht kann man es dann selbst auffüllen?
Schön ist eigentlich alles, wenn man es mit Liebe betrachtet.
Christian Morgenstern

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münchnerkindl
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Beitrag Mi., 17.11.2010, 18:26

neko hat geschrieben:
ich bin da gerade ein wenig in meinen alten gewissheiten erschüttert. bislang war ich mir ziemlich sicher, dass ich mit verletzungen, die mir z.b. mein vater zugefügt hat und zufügt, am besten dadurch umgehe, dass ich mir erkläre, warum er das tut, mir seine geschichte und seine störungen vor augen halte. ich dachte eigentlich, damit nichte oder mindere ich zumindest den schmerz - auch indem ich ihn in mitleid für den anderen umwandle, der nicht anders kann, als um sich zu schlagen und mich zu treffen. meine therapeutin sagte dazu, das geht nicht..
Doch, ich glaube das geht schon. Aber eine echte Vergebung aufgrund solcher Überlegungen ist meiner Meinung nach ein sehr fortgeschrittenes Stadium im Umgang mit so einer Sache.

Was mir durchauf hilft ist die Überlegung daß so ein "Täter" ja in der Regel selbst Opfer ist und aus einem Millieu stammt das ihn zu dem gemacht hat was er ist. Das relativiert diesen persönlichen Hass gegenüber so einer Person etwas.

Es nimmt einem aber überhaupt nicht ab, sich mit seinen eigenen Gefühlen von Verletzheit und Defizit auseinanderzusetzen.

Was nicht hilft ist wenn du dir verbietest zu fühlen wie du eben fühlst und das mit solchen Überlegungen wegzurationalisieren versuchst. Du darfst so fühlen wie du fühlst und musst das nicht mit irgendwas wegmachen.

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neko
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Beitrag Mi., 17.11.2010, 18:49

lieber schmetterlin, liebe müki

schön, dass ihr antwortet.

ich bleibt mal an dem schmerz/verletzungen-thema dran, das brennt mir grad mehr unter dn nägeln - merk ich.

ja, schmetterlin, am anfang steht bei mir auch verstehen. das funktioniert in der regel auch ganz gut. was dann pasiert, ist, dass ich nach dem verstanden-haben ganz viel mitleid mit dem bekomme, der mich verletzthat, weil er selber eine so schlimme geschichte hinter sich hat. davor verblass dann meine verletzung - zumal ich mir ja im unterschied zu dem anderen noch den luxus des verstehens und reflektierens erlaben kann, etwas, was der andre ja auf grund der gewalt seines schmerzes nicht mehr kann. lange jahre hat das gut funktioniert. ich wähne mich fast unverletzbar, unkränkbar. jetzt bröckeln da grad die dämme die ich errichtet hab. manchmal, gerade mit blick auf meinen vater, frage ich mich auch, ob ich mich nicht damit, dass ich ihn als eine ae socke konstruiere, auch selber narkotisiere. da ist immer noch so eine fassungslosogkeit, wie er mir, seinem kind, all das antun konnte. ich mach mir das wohl auch erträglicher durch meine theorien und konstruktionen. andererseits habe ich vor kurzem das erste mal mit voller wucht gespürt und nicht nur gewusst, dass ich mit all meinen bislang astrakten und theoretischen spekulationen recht habe. er IST schwer gestört und tief verletzt. sobald ich das spüre, ist kein platz mehr für mich.

müki, das ist genau min punkt. ich kann mir einfach (noch?) nicht vorstellen, wie das gehen soll - den anderen verstehen und sich dabei nicht aus den augen verlieren.

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stern
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Beitrag Mi., 17.11.2010, 19:52

Kurzum: Ich weiß es nicht, bin selbst insoweit noch nicht so ganz klar und rudere noch etwas... und daher geb' sicherheitshalber meinen Gedanken nicht allzuviel Gewicht:
warum er das tut, mir seine geschichte und seine störungen vor augen halte.
Hin und wieder hält mir meine Thera selbst seine Störung vor Augen. Und einmal haben wir die Geschichte etwas weiter aufgerollt... aber der Blickpunkt war dabei der, einen möglichen meiner Anteile besser verstehen zu können. Ach, irgendwann kam dann auch sowas wie Traurigkeit/Schmerz (?), wo meine Thera dann auch sowas fragte, ob ich sowas wie Mitgefühl empfinden kann, was ich in dem Moment auch bejahen konnte, wozu sie meinte, dass sei auch gut so. Nur der Fokus war hier, im Gegensatz zu dir, der, dass sich das in dem Moment eher auf mich bezog (wobei es in der Sitzung insges. schwer war und genau genommen für mich immer noch ist, dass sich die Perspektiven [innere und äußere Realität] nicht vermischen).
verstehens und reflektierens
Denke ich in jedem Fall, dass das wichtig ist (für mich auf alle Fälle )... nur glaube ich, dass es dabei auch wichtig ist, Traurigkeit/Schmerz auch zulassen zu können... also entweder das eine oder das andere funktioniert auch für mich nicht wirklich. Und eine Gratwanderung ist dann sicher auch die, dass zu viel des Erklärens, Relativieren, etc. auch geeignet ist (und weswegen meine stat. Thera insoweit nicht immer auf meine Wellenlänge schwamm, und mich mal bat das sein zu lassen), manche Gefühle abzuschwächen, "wegzumachen" (z.B. auch Ärger, um den es bei mir damals ging). Oder wie du schreibst:
ich mach mir das wohl auch erträglicher durch meine theorien und konstruktionen.
Weiß nicht, aber direkt weniger wird man Traurigkeit/Schmerz kaum machen können... sondern (zumindest gilt das für mich) eher besser spürbar/aushaltbar (wo zwar Fortschritte da sind, aber es gibt noch genug Situationen, die mich dann doch so ins rudern bringen können, dass ich wiederum gar nicht sagen kann, was ich überhaupt spüre oder ne Panik oä am Hals habe). Wenn ich es dann zulassen kann, achtet meine Thera, so zumindest mein Eindruck, auch darauf, dass ich nicht zu lange drin bleibe (z.B. in einer Traurigkeit). Oder in meinen (vielleicht falsch geschlussfolgerten) Worten: Zulassen können, aber ohne davon (vom eigenen Innenleben) eingenommen/absorbiert zu werden.
wie das gehen soll - den anderen verstehen und sich dabei nicht aus den augen verlieren.
Auch so eine Baustelle von mir... bei mir in die Richtung, dass meine Thera erst letzte Sitzung mal wieder festgestellt hat (und was nicht gerade meiner Erheiterung diente, da ich dachte, dass ich da nun schon weiter sei), dass ich in einer "brennenden" Situation mal wieder mehr beim anderen gewesen bin als bei mir... und das sei die Basis für manches, usw. Intuitiv würde ich also sagen: Erst wenn man wirklich hinreichend bei sich bleiben kann, kann man auch wirklich beim anderen sein. Aber natürlich mit gewissen Einschränkungen, also ich halte es für ungemein schwer jemand anderen wirklich erklären, verstehen, etc. zu können. Man kann eben in niemand hineinsehen, sondern eher mutmaßen... für mehr braucht's (sofern möglich) dann schon den Dialog, in dem sich jemand selbst ein Stück weit offenbart. Und btw.: Eine allzu starke Fokussierung auf den anderen kann ja auch dazu beitragen, die eigenen Gefühle nicht mehr so gut wahrzunehmen... weswegen es wohl in der Tat wichtig ist, dass man auch hinreichend bei sich selbst bleiben kann. Inhaltlich gehe ich also ziemlich mit Müki konform... und wirklich beim anderen sein, und diesem vergeben, halte ich auch für ein noch um einiges weiter fortgeschrittenes Stadium, das voraussetzt, mit sich "im Reinen" zu sein bzw. dass man sich selbst nicht dabei verliert.

Deine Thera hatte deine Überlegungen teils widersprochen. Hat sie sich auch dazu geäußert, was für dich hilfreicher sein könnte?
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
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(alte Weisheit)

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neko
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Beitrag Mi., 17.11.2010, 22:02

stern, das, was du da formuliert hst, dass man nur beim anderen sein kann, wenn man auch bei sich bleibt, das hat meine therapeutin vor kurzem auch so gesagt. von kopf her, also auf der ebene der logik verstehe ich das; das hat ja auch so was überzeugend symmetrisches. in der praxis des fühlens finde ich das noch sehr schwer. wenn ich bei mir bleibe, also z.b. in der geschichte mit meinem vater, dann ist da so viel wut, so viel verzweiflung darüber, was er mir angetan hat, da ist dann kein platz für verständnis, weil mich das entsetzen darüber, wie einer so mit mir sein kann, aus den puschen haut. aus den puschen fliegen will ich nicht, also verstehe ich, also habe ich mitleid. ich sehe irgendwo auch, dass das auch funktional ist und in dem sinne auch egoistische oder selbstbezogene motive hat. wenn ich mitleid habe, dann kann (?), will (?), muss (?) ich mich und mein verletzt sein vergessen. ich weiß mittlerweile sehr sicher, dass ich auch nur ein annähernd offenes gespräch mit meinem vater, in dem es auch um meinen schmerz gehen würde, knicken kann.

wenn ich so nachdenke, dann glaube ich, dass ich den schmerz immer noch nicht zulassen kann - weil ich zu lange geglaubt hab, was er mir an den kopf geknallt hat: das ich schlecht, verdorben, selbstbezogen, überheblich, ihn manipulierend bin - und zwar schon seit frühester kindheit. das hat er tief in mich eingepflanzt. mein ihn verstehen und mitleid mit ihm haben, war ein erster schritt da raus: weil ich erstmals gedacht hab, das hat gar nicht so viel mit mir zu tun, sondern mit seiner geschichte. und die kommt mir dann so viel schlimmer vor als alles, was mit mir ist, dass ich dann diffus denke, ich hab kein recht, das in die wagschale zu werfen. ich weiß, das ist nicht gut und nicht der weisheit letzter schluss. aber im moment ist es das, was ich fühle.

meine therapeutin hat mir noch nicht wirklich eine alternative anbieten können. sie will wohl, dass ich oder wir das gemeinsam entwickeln - so von wegen nachhaltigkeit. sie sagt aber auch immer wieder, dass ich das recht habe, die tür gegenüber meinem vater zu zu machen, dass ich mich schützen muss, dass ich keine verantwortug habe usw. noch fällt mir da ot ein aber zu ein - wobei ich zur zeit das erste mal denke, nein es geht einfach nicht mehr, das kann man nicht reparieren. da folgt dann aber das schuldgefühl auf dem fuße....


montagne
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Beitrag Mi., 17.11.2010, 22:26

hi neko,
auch bei mir grad Thema Nummer Eins. ich weiß ehrlich gesagt keinen rat. Ich weiß nur ganz sicher, dass es wohl nicht so funktioniert sich klar zu machen, was der andere erleiden musste und das die Sehnsüchte unerfüllbar sind. Wenn es reichen würde, sich das zu vergegenwärtigen, dann wäre ich von meiner Trauer, meinen Sehnsüchten schon geheilt, schon lange, bin ich aber nicht. Also stimmt da was nicht.
Meine Therapeutin meinte dazu, ich müsse mich von der Vergangenheit, der Trauer und der Sehnsucht verabschieden. Ich habe keine Ahnung wie das gehen soll. Weiß einfach nicht. Klar kann ich drüber reden, aber ich habe das Gefühl es bringt nichts, weils ja nun mal nicht an den Tatsachen ändert.
Heute hat meine Therapeutin gesagt, ich müsse mich von dem Wunsch verabschieden, dass da jemand für mich da ist und mich versorgt. Ich sei eine erwachsene Frau, die schon lange gut allein zu Recht kommt im Leben.
Ich könnte jetzt schon wieder heulen, wenn ich an die Aussage denke. Weil es so weh tut, dass ich diese Sehnsucht überhaupt noch habe. Und den Schmerz das es eben eine Sehnsucht ist, die unerfüllt war und unerfüllt sein wird.
Ich weiß nur, dass ich so damit umgehe, dass ich versuche mir diese Sehnsucht, den Schmerz und die Trauer versuche zuzugestehen, fürs erste. Es tut so schrecklich weh, aber es ist wenigstens nah an mir dran. Wenn ich es versuche wegzurationalisieren, wegzudrücken, dann denke ich ist es ein Baustein dahin, dass ich Distanz zu meinen Gefühlen und anderen Menschen schaffe. Dann werde ich insbesondere zu meiner Therapeutin arrogant und auch aggressiv und dann streiten wir uns viel und dann geht’s mir doch auch super schlecht. Und dann bin ich auch so im Leben so.. hm.. kanns kaum in Worte fassen. Bin psychisch anwesend, aber auch nur halb.
amor fati

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Innere_Freiheit
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Beitrag Mi., 17.11.2010, 22:37

Hallo zusammen,

mein Weg in solchen Situationen ist, ganz auf mich zu schauen.

Kürzlich kam in mir eine Situation, oder vielleicht eher eine Stimmung, hoch. Eine Erinnerung an meine Mutter - für mich sehr unangenehm.

Die erste innerer Reaktion war: "Nein, so etwas will ich nicht haben. Ich will nicht einmal, dass soetwas jemals geschehen sein könnte."
Dann dachte ich darüber nach, wie ich das möglichst schnell auflösen könnte.
Als ich dann merkte, das dies nicht so schnell und einfach möglich ist, da wechselte ich innerlich zu Zustimmung. Ich stimmte dieser komischen Stimmung und allem was das bedeuten könnte (und was ich ja vielleicht noch nicht einmal weiß) zu. Ich stimmte zu, das dies jetzt so ist.
Dann kam ich ins Fühlen. Ich fühlte das komische Gefühl, lies mich ganz darauf ein.

Irgendwie hat es sich dann gewandelt - jedenfalls ist es jetzt gerade für mich nicht mehr relevant.
Und: Eigentlich hat es sich schon durch den ersten Schritt, durch die Zustimmung gewandelt,
dann anders hätte ich mir nie erlaubt das Gefühl wirklich zu fühlen, sondern hätte mich in Kampf und "Will-Nicht" und "Unangenehm" und im Gefühle unterdrücken gewälzt.

Dies ist in meinen Augen ein Schritt der inneren Heilung..... Für diesen Heilungsschritt ist es mir persönlich sogar egal, warum der Andere dies getan hat - oder jenes nicht tut.....

Sicherlich, es gibt verschiedene Wege.
Ich versuche immer noch mehr ins "Hinschauen", "Integrieren" und "Zustimmen" zu gehen.

Einen lieben Gruß

Innere Freiheit
Das was ich ablehne, bleibt an mir kleben!

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SamuelZ.
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Beitrag Mi., 17.11.2010, 22:55

Hallo neko:
ähnlich ist es mit sehnsüchten.ich dachte, es hilft mir, mir zu erklären, dass sie nicht erfüllbar sind. auch hier widersprach mir meine therapeutin.
Welche Art von Sehnsüchten meinst du? Wonach sehnst du dich genau? Weshalb hat dir deine Therapeutin widersprochen?

Mich interessiert das Sehnsuchtsthema auch sehr. Ich sehe mich als stark sehnenden Menschen. Im Grund das stärkste Gefühl an Nähe, das ich momentan zulassen kann.

lg Sandy

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neko
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Beitrag Mi., 17.11.2010, 23:10

innere freiheit, das klingt stark und schön, was du schreibst und da möchte ich auch mal hin. aber es geht einfach noch nicht.

vallee, ja das mit dem wegrationalisieren und dem sich selber von seinen gefühlen abspalten und dann in der therapie zänkisch zu werden - das kenne ich von mir auch. ich glaube für mich aber, dass mein verstehen-mitleid-haben-distanzierungsmechanismus so ein zwischenschritt ist, den ich nicht überspringen kann. wie gesagt, ich habe ganz tief drin lange zeit gedacht, mein vater ist der beste, der verzweifelt nur aus guten gründen hin und wieder an meiner nichtswürdigkeit und will eigentlich nur das beste für mich...da hab ich erst vor knapp drei jahren mit aufgehört - und das in meinem alter. neu für mich ist die ganz tief gefühlte erkenntnis, alles was er mir vorgworfen hat, das wirft er sich selber vor, hält es bei sich nicht aus und pflanzt es deshalb dann seit jahrzehnten in seine tochter ein. ich war gewissermaßen die perfekte mülldeponie für seine eigenen unverarbeiteten gefühle. das kam zuerst als plausible konstruktion in meinen kopf, hat lange zeit fassungslosigkeit und auch unglauben ausgelöst. vor ein paar wochen habe ich dann das erste mal die ungeheure wucht seiner not gespürt als er mir wieder einmal stundenlang ungeheuerlchkeiten an den kopf gebrüllt hat. interessanter weise konnte ich mich da das erste mal sehr vehement abgrenzen - v.a. deshalb, weil ich durch mein starkes gespür für meine not zumindest boden unter den füßen hatte, wahrnehmen konnte, ja, das ist ungeheuerlich, was da grad passiert und nicht wie sonst oft an meiner wirklichkeitswahrnehmung gezweifelt habe. das war ziemlich lange nämlich auch schlimm für mich - der zweifel daran, ob ich meinen sinnen und der rückmeldung meines gefühls, du wirst hier gerade unendlich verletzt überhaupt trauen kann. immerhin, dessen bin ich mir mittlerweile sicher. dass ich mehr bei mir bleiben kann, das wird dann hoffentlich der nächste scritt, vor dem ich aber noch angst hab. mein traumbewusstsein versorgt mich gerade zuverlässig mit deutlichen bildern dafür, wie sehr ich vor ihm angst hatte, wie entsetzt ich über seine sadistische freude am mich zerstören und demütigen war. die selber traumbilder zeigen mir aber auch, wie unsicher ich immer noch bin, ob ich das recht habe, ihn draußen zu halten, ihm die tür vor der nase zuzuschlagen und wie sehr ich fürchte, dass meine verweigerung seinen verletzungsdrang noch weiter hochschaukeln könnte. auch solche träume hatte ich früher schon mal, ohne, dass ich mich getraut hätte, sie mir genauer anzusehen. da sehe ich bewegung. ich komme nach so einer nacht auch schneller wieder in MEIN leben zurück und bin das erste mal nicht nur überfordert, sondern fast ein wenig interessiert nach dem motto - was kommt da noch, ich halte es aus.

vallee, puh das mit dem sich verabschieden von schmerz und sehnsucht, aber bitte gleichzetig zulassen und bloß nicht abspalten, das klingt für mich auch noch wie die quadratur des kreises. hoffentlich ohne zu banal zu werden, fällt mir dazu nur ein: hej, wer wenn nicht wir...nicht heute, vielleicht auch nicht morgen, aber bald...

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neko
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Beitrag Mi., 17.11.2010, 23:22

welche art von sehnsüchten, sandy: ich machs mal so konkretwie möglich:
- sehnsucht danach, dass meine mutter aus solidarität mit ihrem mann nicht immer nur darüber lacht, wenn er mir sadistische gemeinheiten an den kopf knallt
- sehnsucht danach, dass meine mutter nach so etwas velleicht EINMAL auch sorge um mich hat, einfach nur anruft, um zu fragen, wie es mir geht (verlangt ja keiner, dass sie partei ergreift)
- sehnsucht danach, dass mein vater seinen eigenen inneren scheiß EINMAL beiseite lassen kann und liebevoll zu mir ist, wenn es mir schlecht geht, mir zeigt, dass er stolz auf mich ist, wenn ich beruflich etwas besonderes geleistet habe (kommt gar nicht so selten vor) und nicht immer nur so lange sucht und bohrt, bis er das haar in der suppe gefunden hat, von dem er weiß, dass er mich damit verunsichern kann. (obwoh, das mit dem verunsichern können ist mehr und mehr vergangenheit, wär trotzdem schön)
sehnsucht danach, dass meine mutter einmal nähe zu mir zulassen kann, sich dafür interesiert, was ich denke und fühle, statt mir zu sagen, du bist für mich artfremd oder mir fröhlich zu erklären, ich will nur oberflächlich mit dir reden, alles andere ist mir zu anstrengend.
sehnucht danach, dass meine therapeutin ihre analytisches spielregeln vergisst und mir dann, wenn ich grad mal wieder nicht weiß, wo oben und unten ist, eine bestätigung gibt, obwohl ich weiß, dass ich sie in mir selber finden soll (hat sie heute getan, und was soll ich sagen, es fühlt sich großartig an)
.........

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beee
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Beitrag Do., 18.11.2010, 10:04

Liebe neko

ich muss mal schnell danke sagen für die Erstellung dieses Threads
vallée hat geschrieben:Heute hat meine Therapeutin gesagt, ich müsse mich von dem Wunsch verabschieden, dass da jemand für mich da ist und mich versorgt. Ich sei eine erwachsene Frau, die schon lange gut allein zu Recht kommt im Leben.
Ich könnte jetzt schon wieder heulen, wenn ich an die Aussage denke. Weil es so weh tut, dass ich diese Sehnsucht überhaupt noch habe. Und den Schmerz das es eben eine Sehnsucht ist, die unerfüllt war und unerfüllt sein wird.
Liebe vallée

Ich habe eine ähnliche Aussage schon mehrere Male von meiner Thera bekommen und jedes einzelne Mal gabs eine heftigen Knall auf den Boden der Realität... wenn ich deine Worte lese, spüre ich deine Traurigkeit sehr - auch meine Traurigkeit, von daher ohne viel mehr Worte, ich kann dich so gut verstehen und wenn du magst und
Liebe Grüsse
beee

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carö
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Beitrag Fr., 19.11.2010, 09:43

liebe neko,

ich habe auch die erfahrung gemacht, dass es nicht hilft, sich selbst klarzumachen, dass sehnsüchte nicht erfüllbar sind. es bringt rein gar nichts, ausser vielleicht eine zeitlang eine gewisse beruhigung, indem man die eigenen gefühle wegrationalisiert.. sie entweder für unberechtigt empfindet oder gar nicht mehr spürt. dann kommen sie aber umso geballter zurück.

ich weiss nicht genau, wie es geht, stecke selbst gerade zu tief drin in dieser schmerz-"falle"... aber ich habe die hoffnung, dass es besser wird, wenn ich mir das fühlen erlauben kann... nicht erklären, sondern fühlen... manchmal habe ich angst, dass es mich einfach mit hinwegspült, aber dann merke ich, dass ich wieder irgendwo auftauche und es weitergeht... den schmerz fühlen, den eigenen, mich nicht weglenken durch mitleiden mit anderen... ich bin auch fest davon überzeugt, dass man erst dann mit dem anderen mitfühlen kann (nicht mitleiden, ich hasse mitleid für mich - da fühle ich mich kleingemacht.. und habe es auch immer als etwas negatives, gönnerhaftes, überstülpendes empfunden bei mir selbst, wenn ich das für andere empfunden habe... aber das ist jetzt vielleicht nur bei mir so etwas speziell, keine ahnung), wenn man seinen eigenen schmerz und traurigkeit fühlen und halten kann - also mitgefühl für sich selbst entwickeln kann und die berechtigung der eigenen gefühle wirklich empfindet. ja, also ich denke auch, dass man erst dann wirklich beim anderen sein kann, wenn man zuerst bzw. zugleich ganz bei sich ist.

LG
carö
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)


montagne
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Beitrag Fr., 19.11.2010, 11:00

Hi neko,
was du über deinen Vater schreibst, darüber was er dir angetan hat, antut berührt mich. Wohl auch deshalb, weil es mir recht ähnlich zu dem klingt, was ich auch kenne. Für mich gabs da nur ein, Kontaktabbruch. Das ist mein persönlicher Weg. Ich bereue es gar nicht, mit jedem Monat, jedem Jahr merke mich mehr, wie richtig das für mich war.

Aber wie ich mit der frühen Sehnsucht, dem frühen Schmerz umgehen soll, das weiß ich auch nicht. Ihn zulassen ja, weil ich sonst abweisend werde und dann irgendwo auf der Stelle trete, mich im Kreis drehe, so wie in der Vergangenheit in der Therapie öfters.
Aber ich muss zugeben, dieses zulassen, es zerreißt mich echt…fast…keine Ahung. Nun ist es nicht nur eine diffuse Trauer um meine Mutter und Sehnsucht, sondern sie wird immer konkreter, immer schneidender. Die Ambivalenz wird immer deutlicher, aber auch immer komplizierter.
Hinzu setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass meine Therapeutin mir diesen Schmerz nicht nehmen kann, mir diese Sehnsucht nicht erfüllen kann, auch nachträglich nicht. Und das tut nochmal so weh, irgendwie wieder, wie ein erneutes abgewiesen werden.

Hi beee,
danke. Tut mir echt grad gut deine Worte zu lesen. Ja du sagst es, ein ganz harter Knall auf den Boden der Tatsachen. Mein Kopf weiß das eh. Aber am Mittwoch in dieser Stunde als ich eh schon so aufgewühlt war und weinte und dann sowas hören musste, da saß es plötzlich emotional. Bum… zack.. das hat rein gehauen, wie die Faust in die Magengrube.
Bis gestern Mittag wusste ich nicht, wie ich das bis zur nächsten Stunde in 2 Wochen bei mir halten soll, jetzt habe ich eine ganz kleine Hoffnung dass es geht, bin mir aber nicht sicher.

Liebe crö
ich bin auch fest davon überzeugt, dass man erst dann mit dem anderen mitfühlen kann […],wenn man seinen eigenen schmerz und traurigkeit fühlen und halten kann - also mitgefühl für sich selbst entwickeln kann und die berechtigung der eigenen gefühle wirklich empfindet.
*nick* Finde das einen wichtigen Gedanken.
Denke dann geht vllt. Auch die Panik und Angst vor diesen Gefühlen weg.
amor fati

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Seepferdchen
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Beitrag Fr., 19.11.2010, 23:05

Wie man dem inneren Schmerz und den Sehnsüchten beikommt, die einen quälen?

Ganz kann man das nicht blocken. Es wird immer wieder mal was hochkommen. Es werden Situationen kommen, die an schmerzhafte Erlebnisse erinnern, an Menschen, die gemein waren, die bedroht haben, an's Alleinsein, dass keiner geholfen hat, obwohl es doch alle eigentlich wussten, aber so taten, als sei nichts....

Wo waren Eltern, die die Bezeichnung verdienen? Warum durfte man nicht eine glückliche Kindheit haben wie andere auch?Mit Neid kuckt man auf andere. Warum sind die glücklich, warum ich nicht?! Warum müssen die nicht leiden und warum ich soviel?!

Ihr könnt soviel drüber nachdenken, nachfühlen und reinspüren, wie Ihr wollt, es wird nichts helfen. Es ist nämlich nicht auflösbar!

Es war, wie es war. Es ist, wie es ist.

Das muss man akzeptieren und statt immer nur drauf zu schauen, was einem fehlt, was man nicht hatte, was man nun an Handicap hat und wie oft es einen behindert, muss man drauf schauen, was gut war, was geklappt hat, wo man sich gefreut hat, was man jetzt vielleicht hat, dass man es besser hat oder besser kriegt. Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen. Das heißt, sich mehr auf die guten Dinge konzentrieren und nicht auf die schlechten.

Gefühle und Gedanken bewusst kontrollieren und vom Belastenden wegleiten. Nicht nachdenken und alles klein und krumm denken! Es bringt nämlich nichts. Ändern wird es nichts. Aber innerlich wegbleiben hilft sehr viel, entlastet immer, wenn man es hinbekommt!

Aber ich glaube, hier sind wohl viele bei Therapeuten, die ständig drauf hetzen, sich noch mehr in die Grübelei zu stürzen und damit stürzen sie Euch auch in alle Schmerzen und Kümmernisse und Defizite. Ich hatte sowas auch lange Zeit, merkte aber immer, dass es mir nur immer schlechter und schlechter ging. Mein Leben und ich zerfielen in letzte Bruchstücke.
Therapieform- und Therapeutenwechsel brachten die große Wende.

Ich lese hier oft im Forum mit, schon sehr lange. Es stehen immer die gleichen leidvollen Geschichten hier, von langen und quälenden Therapieprozessen, die nichts bringen, weil sie nichts bringen können. Je mehr man nachdenkt und je mehr man sich mit den schlechten Gefühlen abgibt, desto mehr werden sie das eigene Leben zerstören.

Ihr könnt dem Ganzen noch viel mehr Raum geben, dann geht's Euch noch schlechter.

Wie wär's mal mit Fernseher anmachen und sich ablenken?
Wie wär's mal, sich zu sagen, dass auch andere ein schlimmes Schicksal hatten und man nicht allein damit ist, dass auch eine schlimme Biographie was Normales, wenn auch nichts Schönes ist, das es sehr, sehr oft gibt.Man sollte sich nicht so wichtig nehmen, dass man dran kaputt geht. Andere leben mit noch viel schlimmeren Schicksalsschlägen weiter und sind glücklich. Trotz allem. Daran sollte man sich hochziehen und ein Beispiel nehmen, nicht ständig im Schmerz baden.Wenn einem Hund ein Bein abgenommen wird, hüpft er auf dreien rum. Solange das geht, ist er happy. Nur wir Menschen haddern und lassen damit die RESTCHANCEN auf alles andere links liegen.

Das ist ziemlich dumm, wenn man es genau betrachtet.

Warum zu Hause hocken und heulen, wo man doch rausgehen kann, soviele schöne Sachen machen kann und einfach leben könnte?????

Ich war ganz lange so wie die User in diesem Thread. Und wenn ich bei meiner Sensibel-Tiefenpsychologin(-Kuh) geblieben wäre, dann wäre ich immer noch ein lebensuntüchtiges Wrack, dass immer nur jammert und jammert.

Eigentlich ist man selber schuld, wenn man sich hinhockt, sich verletzt und beleidigt fühlt, weil andere einem was angetan haben. Es ist vorbei und eigentlich alter Käse. Nur wenn man es nicht Vergangenheit werden lässt, sondern es wie Essen auf dem Herd ewig wieder aufwärmt, statt sich abzufinden und weiterzumachen, dann hat man halt ein SCH...-Leben, statt einem glücklichen, das man haben könnte!

Es ist schön, wenn man schön sensibel behandelt wird. Und man wird immer weicher davon, solange, bis man nur noch labil ist und gar nichts mehr aushält.

Manchmal braucht's eher einen Tritt in den Allerwertesten und jemanden, der einen mal auffordert, sich zusammenzunehmen und was draus zu machen, aus dem, was man vorfindet. Im Endeffekt bringen einen solche Leute, die einen knallhart rannehmen, viel, viel mehr als diese Weichspüler.

Meine Therapie war hart, aber es hat sich gelohnt. Und hart war's nur in dem Sinn, dass ich Leistung bringen musste, mich echt richtig anstrengen, anpacken musste. Hängen lassen war nicht. Jammern war nicht.

UND DAS WAR GUT SO!!!

In meiner Therapie war's ganz klar so:

Gefühle raus! Emotionen runter! Nachdenken bleiben lassen! Sondern einfach machen, loslegen, das Leben anpacken und gestalten, egal, wie schlecht die Ausgangsposition ist und dann eins nach dem anderen regeln, solange, bis es einem gut geht.

Ein Leben im Schmerz?! Wenn man das so will.

Meins wäre das nicht.

LG

Seepferdchen
Zuletzt geändert von Seepferdchen am Fr., 19.11.2010, 23:19, insgesamt 1-mal geändert.

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