Thera driftet ab / schläft ein

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Serpentina
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Thera driftet ab / schläft ein

Beitrag Mo., 24.08.2009, 19:53

Hallo,
ich mache seit knapp zwei Jahren eine Psychotherapie u.a. wegen Depressionen.
Meine Thera, zu der ich auch großes Vertrauen gefasst habe (zumindest für meine Verhältnisse), ist sehr zuverlässig (wenns um Rückrufe und Extratermine usw. geht), driftet aber im Gespräch mit mir irgendwie weg / schläft ein, wenn ich ihr von meinen teils recht niederschmetternden Gedanken und Gefühlen erzähle. Mir ist das dann total peinlich und ich tue so, als würd ich nix merken. Sie selbst geht darauf nicht ein, nur einmal hat sie angefangen zu erklären: "Frau XY, sie müssen nicht meinen, dass mich nicht interessiert, was sie sagen, nur macht es mich so müde, weil..." Weil es mir so peinlich war, bin ich ihr ins Wort gefallen, jetzt wüsste ich aber doch gerne, warum sie oftmals "wegbricht", wenn ich es schaffe, meine (sehr extremen ) Gefühle zu spüren und auch zu kommunizieren, wenn sie da ist. Einmal - als diese Gefühle bei mir besonders schlimm waren - hat sie mich mehr oder weniger hinauskomplimentiert. Manchmal hat sie auch Tränen in den Augen (obwohl mir jetzt nichts so extremes zugestoßen ist wie Vergewaltigung, etc. Mich hält einfach meine Depression oft so fest im Griff).
Habt ihr vielleicht eine Idee, warum sie sich so verhält / nicht anders kann?
Vielleicht ist das, was ich fühle (innere Leere, Sinnlosigkeit, Schwärze, SM-Gedanken [nur Gedanken], Einsamkeit), einfach anderen nicht zumutbar?

Danke für Antworten!

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 24.08.2009, 20:00

Ne, also ich glaube du brauchst echte Anteilnahme!

Ich würde mit ihr ganz drastisch drüber reden und ggf zu einem anderen Therapeuten wechseln.

Liebe Grüsse,

Petra

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Thread-EröffnerIn
Serpentina
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Beitrag Mo., 24.08.2009, 20:07

Danke für deine Antwort.
Du hast vermutlich recht, nur leider bin ich viel zu feige, es anzusprechen. Und ansonsten bin ich sehr zufrieden mit dem Verlauf der Therapie: Es geht mir im Vergleich zu vorher echt viel besser und ich werde auch aufgefangen, wenn eine akute Krise ansteht.
Ich hätte nur gerne eine Erklärung, warum sie sich so verhält - und natürlich schaffe ich es nicht, sie darauf anzusprechen, da ich viel zu konfliktscheu bin.

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Elena
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Beitrag Mo., 24.08.2009, 20:39

Hi Luzie,

ich würde sagen, es handelt sich dabei um ein Spiegelphänomen.
Ich denke schon, dass sie Dir intensiv zuhört und Dir Deine Stimmung in ihrer Haltung wiederspiegelt.
luzie hat geschrieben:Frau XY, sie müssen nicht meinen, dass mich nicht interessiert, was sie sagen, nur macht es mich so müde, weil...


Sie wollte es Dir in dieser Aussage mitteilen.
Meine Thera hat mir anfangs auch gespiegelt, dass sie durch mich gestresst und nervös war.
Ich habe ihr meine Beobachtung mitgeteilt, und sie war so ehrlich und hat mir bestätigt, dass sie sich durch mich teilweise überflutet fühlt. Wir haben vereinbart, dass wir immer so unmittelbar wie möglich unsere Eindrücke aussprechen, damit daran gearbeitet werden kann.
Ich finde eine ehrliche Rückmeldung auch sehr wichtig, um sich weiterzuentwickeln.
luzie hat geschrieben:driftet aber im Gespräch mit mir irgendwie weg / schläft ein, wenn ich ihr von meinen teils recht niederschmetternden Gedanken und Gefühlen erzähle. Mir ist das dann total peinlich und ich tue so, als würd ich nix merken.


Da würde ich sofort nachhaken und fragen, ob es ihr zuviel ist......

LG Elena

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Miss_Understood
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Beitrag Mo., 24.08.2009, 20:44

Hallo Luzie,

könnte das ein Test deiner Therapeutin sein - also eine therapeutische Intervention - wann du es /endlich/ mal ansprichst? Kennst du so ein verhalten auch bei anderen? Du möchtest über etwas reden und diese hören nicht zu, reagieren nicht, gehen weg etc. und hast darüber mal berichtet?

Wenn sie /wirklich/ einschläft und sie dich einmal "hinauskomplimentiert" hat - dazu würde mich aber erst mal näheres interessieren, was genau da passiert ist - dann halte ich so eine Therapeutin für eine, die sich dringend mal selber Urlaub gönnen sollte und ihre eigenen Stressgrenzen mal besser unter Kontrolle bringen muss. Ich bin ganz klar der Auffassung, dass das sofern es KEINE Intervention ist nicht geht. Und ich mir dann an deiner Stelle durchaus überlegen würde eine andere Therapeutin zu suchen. WO soll denn das noch hinführen? Dann kannst du dich gleich vor deine Tapete setzen und dir eine Stunde pro Woche reservieren und deine Themen der Tapete erzählen. Was nicht bedeutet, dass das nicht auch sinnvoll ist in Zeiten der Nicht-Therapie, sich so eine Stunde pro Woche (oder mehr) zu reservieren.

Ansonsten führt wohl kein Weg daran vorbei es anzusprechen - nur Mut, genau daraum geht es ja /auch/ in einer Therapie. Grenzen zu kommunizieren. Dass sie es DIR dabei überlässt stimmt mich etwas seltsam allerdings ....

Neugieriger Gruß

Miss_Understood
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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Notizzettelchen
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Beitrag Mo., 24.08.2009, 20:47

Schläft sie richtig ein oder wirkt sie nur müde?

Vielleicht interpretierst du einfach zu viel in ihr Verhalten oder beziehst es auf dich, obwohl sie vllt einfach zuvor 5 Stunden durchweg Schreibarbeiten zu erledigen hatte, ihr Kind die ganze Nacht geplärrt hat oder, oder, oder... gerade in einer Psychotherapie sind Patienten sehr, sehr sensibel und neigen dazu, alles, was ihnen komisch vorkommt, auf sich zu beziehen und zu glauben, der Therapeut sei müde, weil man ihn langweilen würde oder der Therapeut sei schlecht gelaunt, weil man ihn nerven würde und so weiter.

Wenn du selbst weißt, dass deine Gedanken für dich schlimm sind, du daran arbeiten möchtest und es ja auch tust, dann ist der Hauptprozess der Therapie am Laufen. Vielleicht täte es dir gut, dir die Müdigkeit deiner Therapeutin nicht so zu Herzen zu nehmen.

Mein Therapeut verdrehte immer die Augen oder hatte auch manchmal Tränen in den Augen. Oder er gähnte oft. Zu Beginn habe ich mich auch angegriffen gefühlt und glaubte, ich würde ihn rühren oder langweilen. Da lag ich, wie ich dann einsehen musste, weit daneben. Was ihn eher nervte war, dass ich es auf mich bezog, wenn er aufgrund eines Seminars mal etwas verpennt dasaß. Abgesehen davon trägt er wohl Kontaktlinsen, die dann manchmal brannten. Alles hat einen Grund und mal ganz ehrlich, auch wenn ich die Abhängigkeit, in der du dich als Patientin befindest, nachvollziehen kann: Scheiß drauf, ob du sie langweilst. Du musst mit dir klarkommen und nicht sie mit dir. Wenn sie Lust auf Action hat, soll sie sich abends "Stirb langsam" anschauen.
Konflikte ausleben. Widersprüche testen. Brüche vollziehen. Mensch werden.
Das ist das Leben und es schreitet fort. Entweder du lebst es oder du lässt es,
aber wozu den Pudding aufbewahren, wenn du ihn nicht auch essen magst?

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stern
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Beitrag Mo., 24.08.2009, 20:52

driftet aber im Gespräch mit mir irgendwie weg / schläft ein, wenn ich ihr von meinen teils recht niederschmetternden Gedanken und Gefühlen erzähle.
Wie äußerst sich das ... ? Intuitiv hört sich für mich auch das abdriften bzw. wegbrechen (wie du es beschreibst) bedenklich an.
Frau XY, sie müssen nicht meinen, dass mich nicht interessiert, was sie sagen, nur macht es mich so müde, weil..."
Weil?

Denn, puh...
Einmal - als diese Gefühle bei mir besonders schlimm waren - hat sie mich mehr oder weniger hinauskomplimentiert. Manchmal hat sie auch Tränen in den Augen (obwohl mir jetzt nichts so extremes zugestoßen ist wie Vergewaltigung, etc. Mich hält einfach meine Depression oft so fest im Griff).
Ich denke, um direktes nachfragen, wirste nicht herum kommen, wenn du wissen willst, was dann in ihr vorgeht. Aber so inuitiv würde ich sagen, vielleicht kann sie mit deinen starken Gefühlen nicht gut umgehen?... auch insofern, dass ihr das zu nahe geht oder irgendetwas eigenes aus ihrer Geschichte "angstoßen" wird?

Weil in der Form finde ich das irgendwie ungewöhnlich. Ich meine, ich habe selbst schon von (mehreren grds. stabil wirkenden) Therapeuten gehört, dass sich (sinngem.) manche bestimmer meiner (starken) Gefühle sogar schon auf sie übertrage . Lt. Rückmeldung teils anscheinend sogar recht heftig . Aber das wurde dann von den Therapeuten offen (verbal) zurückgemeldet und ggf. offen und unverschleiert beredet.... ohne dass ich zu irgendeinem Zeitpunkt das Gefühl hatte, der Thera bricht gleich in Tränen aus, driftet/bricht weg, schläft ein oder versucht mich hinauszukomplimentieren oder anderes. Um vielleicht so distanz zu schaffen, sei es bewusster oder unbewusster ( [?] was ja in gewisser weise nötig sein kann, wenn zuviel "überschwappt"). Mir ist das natürlich auch hoch-unangenehm... aber unter dem Strich hatte ich somit zu jeder Zeit den Eindruck, dass die Theras das/sich trotz der dann erschwerten Umstände dennoch im Griff hatten. Hast du das auch?
Vielleicht ist das, was ich fühle (innere Leere, Sinnlosigkeit, Schwärze, SM-Gedanken [nur Gedanken], Einsamkeit), einfach anderen nicht zumutbar?
Genau deswegen bist du doch (auch) in Behandlung, oder . Gut, bei mir sind andere Gefühle zentraler... aber was ich auch kenne: Wenn ich hin- und wieder in einem Negativstrudel hing, so wurde auch versucht, dass ich den Blickwinkel quasi wieder erweitern kann, so dass ich mit der Zeit lerne, die Aufmerksamkeit möglichst nicht weiter allzu sehr auf so manches "düstere" Erleben (bzw. bei mir eher Angstzustände i.w.S.) zu fokussieren. Die damit verbundene Distanzierung wirkte aber für mich wiederum eher wie bewusst initiiert, stimmig, stabilisierend und hilfreich.

Spiegeln wäre auch eine Möglichkeit, wie von Elena beschrieben... aber nicht das erste, was mir in den Sinn kam. Aber auszuschließen iss natürlich nix.
Liebe Grüße
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Serpentina
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Beitrag Mo., 24.08.2009, 21:26

Mist, mein ganzer Text ist wieder weg!
Gut, dann nochmal (diesmal kürzer - vielleicht auch besser so )

Erstmal danke für eure zahlreichen Antworten!
@all: Ich nehme mir echt vor, sie das nächste Mal anzusprechen (wenn ichs denn schaffe - mir fällts nur total schwer, mit einem Menschen ein Gespräch über unser zwischenmenschliches Verhältnis zu führen)
@Elena:
Spiegelung würde dann bedeuten, dass sie - wenn ich grad sehr depressiv bin - davon müde wird? Müsste sie nicht eigentlich mit in mein schwarzes Loch fallen? Dass sie ein gutes Gespür für Menschen / bzw. deren Stimmungslagen hat, ist mir schon oftmals aufgefallen - oftmals kann sie ein Gefühl, das ich habe, vor mir feststellen (verdammt, manchmal denke ich, ich bin persönlichkeitsentwichlungsmäßig irgendwo im Kleinkindalter stehengeblieben - aber der Mensch lernt ja nie aus). Ich freu mich für dich, dass du das alles schon klären konntest!
@Miss_Understood und Notizzettelchen
Also Test - glaub ich nicht - dafür ist es zu auffällig: Natürlich ist sie mal müde (was für mich vollkommen i.O. ist)- aber das, was ich meine, tritt nur dann auf, wenn ich ganz besonders "schwarze" gedanken hege. In der Stunde, in der sie mich hinauskomplimentiert hat, hatte es mich voll erwischt: Ich kann mich dann schlecht bewegen, alles wird ganz langsam und ich fühle mich so, als wär ich schön tot, hätte aber vergessen umzufallen (Quasi: "Stirb langsam" für Depressive) -

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Beitrag Mo., 24.08.2009, 21:41

Ansonsten kann ich nur sagen, dass sie eine Mustertherapeutin ist, deswegen möchte ich eigentlich nicht wechseln: Sie bietet mir oftmals an, noch zusätzlich zu telefonieren, auch Extratermine, emails, etc. sind kein Problem. In jeder Krise war sie - im Gegensatz zu meinen Freunden - auch immer sofort zur Stelle.

@stern:
danke für deine Antwort
also manchmal musste sie schon schwer schlucken (Ich neige zu recht drastischen, sehr gefühlskalten Formulierungen, wenns um etwas geht, was mir schwer zu schaffen macht) und sie wirkt(e) auch manchmal etwas zerbrechlich auf mich. Ich hatte manchmal den Eindruck SIE schützen zu müssen. Aber letztlich stand sie immer hinter mir und ließ sich nicht abschrecken. Sie versuchte auch immer (bis auf eben dieses eine Mal) mich aus dieser Stimmung wieder rauszuholen. Musstest du denn nach der Rückmeldung fragen oder kam die einfach so. Mir is des halt so peinlich, ich will ihr ja nicht zu nahe treten, schließlich ist ihr gefühlsleben ja auch ihre sache und geht mich nix an.

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Elena
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Beitrag Mo., 24.08.2009, 22:33

luzie hat geschrieben:Müsste sie nicht eigentlich mit in mein schwarzes Loch fallen?
Nein, davor schützt sie ihr Wissen über dieses Phänomen, sich mit reinziehen zu lassen.
In der Ausbildung lernen Therapeuten Abwehrmechanismen, wie sie damit umgehen.
luzie hat geschrieben:Spiegelung würde dann bedeuten, dass sie - wenn ich grad sehr depressiv bin - davon müde wird?
luzie hat geschrieben:Natürlich ist sie mal müde (was für mich vollkommen i.O. ist)- aber das, was ich meine, tritt nur dann auf, wenn ich ganz besonders "schwarze" gedanken hege.
Ja, sie lässt sich auf Dich ein und spiegelt Dir, was Du in ihr auslöst, ich würde diese Müdigkeit eher als Niedergeschlagenheit interpretieren.
luzie hat geschrieben:Musstest du denn nach der Rückmeldung fragen oder kam die einfach so.
Sie hat Dir doch schon eine Rückmeldung gegeben, auf die Du nicht eingegeangen bist.
Daher würde ich sagen, jetzt bist Du an der Reihe, sie anzusprechen.
luzie hat geschrieben:Mir is des halt so peinlich, ich will ihr ja nicht zu nahe treten, schließlich ist ihr gefühlsleben ja auch ihre sache und geht mich nix an.
Doch, dies geht Dich was an, weil es um die Gefühle geht, die Du in ihr auslöst.
Glaub mir, Du trittst ihr nicht zu nahe, sie wird mit Dir an Eurer Beziehung arbeiten, dies ist ein ganz wichtiger Aspekt in der Therapie. Meine Therapeutin betont dies auch immer wieder, anfangs habe ich auch eher mir Gedanken gemacht, dass ich immer schön freundlich zu ihr bleibe, bloss keinen Stress auslöse.......
Aber, wenn die Beziehung intensiver wird, geht das garnicht mehr, da kommt ans Tageslicht, was Dich an ihrem Verhalten verletzt, wütend macht etc.
Und eine Beziehungsarbeit kann nur stattfinden, wenn auch Du ihr gegenüber offen bist.

LG Elena

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Beitrag Mo., 24.08.2009, 22:53

"Ja, sie lässt sich auf Dich ein und spiegelt Dir, was Du in ihr auslöst, ich würde diese Müdigkeit eher als Niedergeschlagenheit interpretieren."

Ich glaub, ich beginne jetzt zu verstehen, was du meinst. Aber welchen SINN macht es, mir das so zu zeigen?
Ich war nämlich die ersten Male echt geschockt, ich hab mich als Alien gefühlt und dachte mir: "Diese Gedanken / Gefühle kannst du niemandem mitteilen, das ist absolut außerhalb der Norm"

(Übrigens: Wenn ich diese Gefühle meinen 2-3 besten Freunden vermitteln will, dann fangen die meistens zu weinen an oder ähnliches, deshalb unterlasse ich das mittlerweilen - aber gut ist das auch nicht: so fühl ich mich noch mehr als Alien)

Mit Offenheit ihr gegenüber tu ich mich echt schwer: Wenn sie versucht, über unsere Beziehung zu sprechen, dann lenke ich meistens vom Thema ab und fühle mich ertappt, wenn sie trotzdem mal was merkt (z.B.: Sie hatte jetzt eine Woche mehr Urlaub als ich ursprünglich meinte und sie hat anhand meiner Mimik gemerkt, dass ich davon etwas sehr überrascht war). Sie hat auch mehrmals betont, dass dieses Gefühl ganz normal wär.
Also bin ich echt noch sehr davon entfernt, so offen sprechen zu können. Hast du das gleich von Anfang an gemacht oder hat es bei dir länger gedauert, bis du darüber reden konntest? Musstest du dich dazu sehr überwinden? Aber scheinbar hat die Thera dies bei dir gleich angesprochen?

Lg,
Luzie

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stern
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Beitrag Mo., 24.08.2009, 23:00

luzie hat geschrieben:Spiegelung würde dann bedeuten, dass sie - wenn ich grad sehr depressiv bin - davon müde wird? Müsste sie nicht eigentlich mit in mein schwarzes Loch fallen?
Also Spiegelung heißt, dass sie quasi das nachmacht, was du auch machst. Um dir die Wirkung zurückzumelden. Also z.B. wenn du Arme verschränken würdest, dass sie das auch (bewusst) macht.

Inwieweit es dazu nötig ist, sich in die Gefühle das Patienten zu versetzen, weiß ich nicht. Sich in denselben Sog des Patienten ziehen zu lassen, kann aber nicht Sinn der Sache sein. So kann man ja im Zweifel nicht mehr helfen.

Inwieweit mir manches gespiegelt wurde/wird, keine Ahnung.... wenn dann war es wohl eher auf Körperhaltungen bezogen. Und sobald ich manche nicht so prickelnd anmutende Haltungen selbst bewusst registriere (wozu auch beitragen kann, wenn ein Thera seine Körperhaltung plötzlich ändert *g*), dann versuche ich das auch zu korrigieren.

Intuitiv kann ich mich nach wie vor mit der Spiegelung nicht so ganz anfreunden.
aber das, was ich meine, tritt nur dann auf, wenn ich ganz besonders "schwarze" gedanken hege. In der Stunde, in der sie mich hinauskomplimentiert hat, hatte es mich voll erwischt: Ich kann mich dann schlecht bewegen, alles wird ganz langsam und ich fühle mich so, als wär ich schön tot, hätte aber vergessen umzufallen (Quasi: "Stirb langsam" für Depressive)
Hast du das angesprochen, wie es dir dabei ergeht? Also das, was du hier beschreibst. Auch wenn ich nur Laie bin, finde ich u.U. schon wichtig, dass sie das weiß. Denn ich sag' mal so... gerade das mit dem schlecht bewegen und alles ganz langsam werden hört sich (für mich) schon auch auffällig und ernst zu nehmen an.
Ich neige zu recht drastischen, sehr gefühlskalten Formulierungen, wenns um etwas geht, was mir schwer zu schaffen macht
Und auch das sollte man mit Hilfe eines guten Theras klären können, sofern sie darüber noch nicht sooo im Bilde ist. Ich kenne das auch (also dass ich teils nicht so den gefühlsmäßigen Zugriff habe, insbes. auch wenn mich etwas stark bewegt).. und das kann ich für meinen Teil auch in etwa einordnen. Aber die Ursachen kann ich schlichtweg nicht von mir auf dich übertragen, weswegen das mit ihr zu klären wäre.
Ich hatte manchmal den Eindruck SIE schützen zu müssen.
Das wäre quasi eine Rollenumkehr. Vielleicht kann sie dir das ja nehmen... ebenso wie, dass du dich/deine Gefühle als Zumutung siehst.
Musstest du denn nach der Rückmeldung fragen oder kam die einfach so.
Die kamen eigentlich *überleg* in der Form dann immer von den jeweiligen Therapeuten aus. Aber teils fiel dann im Gespräch (nach wie vor zu meiner Verwunderung) auch, dass ich eine feine Wahrnehmung haben soll, so dass mir das lt. Thera angeblich eh aufgefallen wäre . (Weil ich eben auch schon manchmal meine Wahrnehmung des Therapeuten durch Rückfragen sozusagen überprüft habe, wenn ich unsicher und mir das hinderlich erschien. Und so ganz daneben schien ich dann wohl nicht zu liegen. Dazu wurde ich in der Klinik sogar schon fast ermutigt).

(Meine jetztige Therapeutin musste deswegen (wegen der ""Gefühlsübertragung""), wie ich später erfuhr, schon nach der ersten Probesitzung gut überprüfen, ob sie deswegen die Behandlung übernehmen kann... auch vor dem Hintergrund, ob sie mich im Fall des Falles hinreichend "stabilisieren" kann).

Einmal habe ich leider auch schon die Erfahrung gemacht, dass ich einen Thera in einer mir wichtigen Sachen nicht wirklich authentisch erlebte (die Gestik und den dazu passenden Tonfall nahm ich jedenfalls nicht passend zum verbal gesagten wahr). Und mit sowas komme ich dann am aller wenigstens klar... auch wenn es "gut" gemeint gewesen sein sollte. Keine Ahnung. Aber letzteres ist eher Ausnahme gewesen und ließ sich auch nicht wirklich klären. Und wie gesagt: Vielleicht habe ich mich da auch getäuscht. Überwiegend sind meine Erfahrungen mit Rückfragen positive. Also nur Mut.

Eine Kliniktherapeutin "eierte" meiner Wahrnehmung nach zunächst auch (ein einziges mal allerdings) "um den Brei herum", was mich vermutlich offensichtlich irritierte... so dass sie sehr schnell wieder umschwenkte, und meinte (sinngem.): Nee, ich will ehrlich sein und nicht drumrumreden... sie haben schon richtig wahrgenommen, dass... usw. Fand ich stark.
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stern
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Beitrag Di., 25.08.2009, 11:42

So, noch ein paar Nachträge:
Mir is des halt so peinlich, ich will ihr ja nicht zu nahe treten, schließlich ist ihr gefühlsleben ja auch ihre sache und geht mich nix an.
Ich sag' mal jein . Einerseits: Wenn du ihr mit einer Frage tatsächlich zu nahe treten solltest, so gehe ich davon aus, dass ein Thera das auch sagen würde, und sie mithin nicht beantworten würde. Gehe der Einfachheit mal davon aus, dass ein Thera damit umgehen können sollte . Den Fall, dass mir ein Thera zurückmeldete, ich sei ihm/ihr zu nahe getreten, trat bei mir auch noch nicht auf. Bestenfalls einmal, dass ich eine [für mich peinliche] an mich gerichtete Frage nicht ganz verstand und meinte, dass für mich eine Konkretisierung hilfreich wäre. Thera (lachend [was ich aber wohlwollend und nicht als bloßstellend wahrnahm]... wobei ich hier besser nicht wiederhole, worauf sich meine Rückfrage bezog ): Sie sind gut. Nee, das mache ich jetzt nicht. Was sie vorher geantwortet haben, langt erstmal [und machte sich eine Notiz]. War also auch ein entspannter (Vorerst-)Ausgang.

Andererseits zum Punkt "ihre Sache"... nun ja... wenn du z.B. meinst, sie in Schutz nehmen zu müssen, so wird es irgendwie auch zu deiner Sache. Denn das beeinflusst dann ja deine Therapie... so dass eine Klärung hier schon hilfreich sein könnte (wobei ich den Eindruck in Bezug auf meine Theras auch noch nie hatte).
Ich war nämlich die ersten Male echt geschockt, ich hab mich als Alien gefühlt und dachte mir: "Diese Gedanken / Gefühle kannst du niemandem mitteilen, das ist absolut außerhalb der Norm"

(Übrigens: Wenn ich diese Gefühle meinen 2-3 besten Freunden vermitteln will, dann fangen die meistens zu weinen an oder ähnliches, deshalb unterlasse ich das mittlerweilen - aber gut ist das auch nicht: so fühl ich mich noch mehr als Alien)
Ich denke, dass es wichtig sein könnte, dass du manches ansprichst, was in dir vorgeht... denn selbst wenn sie ein gutes Gespür hat, hellsehen kann sie im Zweifel halt auch nicht.

Och... und so hatte ich auch so manche Dinger, die mir hochpeinlich waren... wobei es mir da teils auch geholfen hat, wenn ich das Gefühl gleich vorwegnahm, sofern ich es gut wahrnahm. Und dass es mir nicht leicht fällt darüber zu sprechen, eben weil's mir peinlich sei. Das waren auch teils so Dinger, wo ich selbst dachte: Iss ja vollkommen absurd... kannste doch niemanden erzählen, so in der Art. Nun ja, unter dem Strich hat mir dann auch oft geholfen, wenn ein Thera mir auch verklickern konnte, dass das (seien es nun Gedanken, Gefühle, Verhalten) so "unnormal" gar nicht ist. Dass es sogar Sinn machen kann. Teils, dass ich nicht die einzige bin, der es so ergeht. Dass xy ihm vertraut ist. Usw. Halt je nachdem. Ich will da nicht ins Detail gehen. Sondern ich will eher darauf hinaus:

Wenn du das für dich behältst, nimmst du dir in gewisser Weise halt auch die Chance, dass sie dich dabei unterstützen kann. Wenn sie sich selbst im Einzelfall damit überfordert sieht (ich vermag das nicht ganz auszuschließen, kann aber natürlich auch nicht behaupten, dass es zwingend so sein muss), so wäre es IMO auch angezeigt, dass sie das offen legt... zumal das dann eher mit ihr zu tun haben dürfte als mit dir (rational gesehen, gefühlsmäßig fühlt sich sowas bei mir auch eher so an, als liegt das sehr wohl an mir).

Denn es hätte, wie oben gesagt, Auswirkungen auch auf dich... und zwar insofern, dass sie dir in dem Punkt vielleicht (=Spekulation) nicht die Hilfe geben kann, die du in dem Moment brauchst. Letzteres wägte meine Thera bzgl. einer meiner Schwierigkeiten, wie gesagt, wohl auch sorgfältig ab. Und wenn ein Thera mir offen sagt, xy sei nicht sein Gebiet oder mit yz fehlen ihm Erfahrungswerte, so ist mir das 100x lieber als ein hinauskomplimentieren, ignorieren oder am eigentlichen Problem vorbeitherapieren. Fehlende Erfahrung in Bezug auf eine paar einzelne Schwierigkeiten legte mir ein Thera auch schon mal offen. Aber dennoch konnte er mir dabei gut weiterhelfen. Und mit entsprechender Transparenz auf beiden Seiten lässt sich auch eher eine Lösung finden als wenn das nicht gegeben ist... meine Meinung zumindest.
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münchnerkindl
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Beitrag Di., 25.08.2009, 12:14

Sorry, aber ich finde diese ganze Spiegelkiste ein bischen eine Ausrede.

Wenn es so wäre müsste sie der Threadstarterin erklären, daß das der Fall ist. Weil sie sonst eben keine Ahnung haben kann, was vor sich geht, und man von so einer Aktion nur profitieren kann, wenn man sie auch versteht. Sonst kann man da lange rumspekulieren und da eine Menge reininterpretieren. Oder auch nicht.
Weil wenn mir jemand beim Zuhören wegpennt, dann kann das viele Gründe haben. Woher soll der Klient wissen welcher davon zutrifft?

Ich persönlich finde sowas einfach unhöflich.

Das einzig positive das ich hier sehe ist, daß die Threadstarterin quasi dazu gezwungen ist, aus ihrer passiven Konsumentenrolle rauszutreten, und den Mut aufzubringen, für sich einzutreten und die Sache zu klären

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Thread-EröffnerIn
Serpentina
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Beitrag Di., 25.08.2009, 14:04

münchnerkindl hat geschrieben:Das einzig positive das ich hier sehe ist, daß die Threadstarterin quasi dazu gezwungen ist, aus ihrer passiven Konsumentenrolle rauszutreten, und den Mut aufzubringen, für sich einzutreten und die Sache zu klären

Wenn du das für dich behältst, nimmst du dir in gewisser Weise halt auch die Chance, dass sie dich dabei unterstützen kann

Gehe der Einfachheit mal davon aus, dass ein Thera damit umgehen können sollte . Den Fall, dass mir ein Thera zurückmeldete, ich sei ihm/ihr zu nahe getreten, trat bei mir auch noch nicht auf.
Damit habt ihr ganz bestimmt recht. Und je mehr ich hier lese, umso klarer wird mir, dass es wohl unumgänglich ist, etwas zu sagen. Dazu muss ich aber erstmal über meinen eigenen Schatten springen. Zumindest hab ich mir schon fest vorgenommen, es das nächste Mal nicht zu ignorieren. Mal schaun, obs klappt.

Hast du das angesprochen, wie es dir dabei ergeht? Also das, was du hier beschreibst. Auch wenn ich nur Laie bin, finde ich u.U. schon wichtig, dass sie das weiß. Denn ich sag' mal so... gerade das mit dem schlecht bewegen und alles ganz langsam werden hört sich (für mich) schon auch auffällig und ernst zu nehmen an.


Ja, hab ich und sie reagiert auch dementsprechend (wenn sie sich wieder von meinen Aussagen erholt hat ).
Insgesamt muss ich auch sagen, dass sie vor allem dann zu 100% präsent ist, wenn ichs denn mal schaffe, ein Gefühl (ausgenommen der geschilderten) zuzulassen, was mir schwer fällt. Oftmals verberge ich mich so hinter meiner Mauer, dass wir 40 von 50 Minuten nur über meinen (insgesamt reibungslos funktionierenden) Berufsalltag sprechen und ich die letzten 10 Minuten mit meinen tatsächlichen Problemen rausrücke.

"dass sie dir in dem Punkt vielleicht (=Spekulation) nicht die Hilfe geben kann, die du in dem Moment brauchst."
Darüber hab ich auch schon oft nachgedacht - ich muss sagen, dass mir auch oft (in Krisensituationen) geraten wird, doch auch zum psychiater (von dem ich eigentlich nur meine Tabletten hol) zu gehen. Das letzte Mal hat sie gleich nen Termin für mich vereinbart, ich war dann bestimmt ne halbe Stunde bei dem und hab im Wesentlichen eine Kurzzusammenfassung über mein Problem bekommen (die die Thera wohl dem Psychiater geliefert hat) und zugleich emotionale Unterstützung. So gesehen hats dann für mich unterm Strich auch wieder gepasst.
Wie ist das bei dir / euch? Ist da auch der Psychiater so eng mit einbezogen?

Lg,
Luzie

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