Unsicher über weiteren Therapieverlauf

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willowtree
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Beitrag So., 02.10.2016, 17:14

Chakotay hat geschrieben: Nur noch kurz: Was mir persönlich auch einen Riesendruck genommen hat ist die Tatsache, dass meine Therapie sehr lange dauern wird und darf. Leider gibt es ja seitens der Krankenkassen noch keine "Traumatherapie" (die anerkannterweise sehr lange dauern kann), sondern es wird ja nur schulenbezogen bezahlt. Dadurch dass ich in der glücklichen Lage bin, meine Therapie selber finanzieren zu können (auch wenn das finanzielle Einschränkungen in anderen Bereich bedeutet- das ist es mir wert), komme ich im Therapieverlauf auch gut und nach meinem persönlichen Rhythmus weiter.
Ich bin - wie du auch von dir selber schriebst - ein äußerst misstrauischer Mensch, der sich nur schwer einlassen kann und daher bin ich sehr, sehr froh, einen Thera gefunden zu haben, wo mir das gelingt. Du scheinst diesbezüglich ähnlich zu sein, daher würde ich persönlich dir raten: behalte ihn, es ist so unglaublich schwer für misstrauische Menschen jemanden zu finden, mit dem man in einer Therapie arbeiten kann... (wie gesgt, wenn die geforderten Rahmenbedingungen für dich akzeptabel sind)

Viele Grüße,
Chakotay

Hi Chakotay,
bei mir ist es auch eine Traumatherapie mit eben dem Zusatz, dass mein Thera mit mir die Diagnostik für Borderline machen will. Dazu kommen dann einige Rahmenbedingungen, die in einem Vertrag festgehalten werden sollen. Deine Antwort hat mir sehr geholfen. Danke dafür.
Ich habe beschlossen, dass ich am nächsten Termin die Bedingungen akzeptieren und weitermachen werde.
Das mag zwar unglaublich banal klingen, aber es fühlt sich wie eines der schwerwiegensten Eingeständnisse an, die ich je gemacht habe.

Danke für deine Antwort,
Willowtree

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willowtree
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Beitrag Di., 22.11.2016, 15:49

Hallo allerseits,

ich habe lange hin und her überlegt, ob ich mich noch einmal zurückmelden soll, aber mich letztlich dazu entschlossen euch eine kurze Rückmeldung zu geben, da ihr mir damals weitergeholfen habt und es mir geholfen hatte hier zu schreiben.

Ich hatte damals wie beschrieben die Therapie fortgesetzt, allerdings kristallisierte sich dann mehr und mehr heraus, dass mein Therapeut tatsächlich mit mir überfordert war, weswegen ich mit seiner Unterstützung mittlerweile zu einer Kollegin gewechselt bin, die die nötige Ausbildung besitzt und es sich auch zutraut.
Der Schritt war wirklich schwer, aber die Tatsache, dass sich mein Therapeut mit mir so unsicher war, bzw. im Umgang mit mir, war irgendwie echt nicht förderlich. Wir hatten ein positives Abschlussgespräch, ich mag ihn immer noch als Person sehr gerne, aber es hat einfach fachlich nicht gepasst und ich glaube er ist erleichtert, dass ich jetzt in anderen Händen bin.

Bei der jetzigen hatte ich noch nicht so viele Sitzungen, aber man merkt wirklich einen Unterschied im Hinblick auf ihre Sicherheit im Umgang mit mir und was das Leiten des Gesprächsverlaufs angeht, was ich nie gedacht hätte.

Für die die sich fragen, ob ich nicht schon vorher wusste, dass sich mein Therapeut mit mir überfordert fühlt. Ja er hatte es gesagt, aber ich wollte es nicht wahr haben. Ich finde es irgendwie auch erschütternd, dass ich, bzw. meine Problematiken für manche Therapeuten zu viel sein können, weil so schlimm finde ich mein Erlebtes jetzt nicht, es gibt Leute die haben Krieg und Folter überlebt und stehen auch noch, also wenn man das im Blick behält ist es jetzt nicht so erschütternd. Aber egal. Jedenfalls scheint meine aktuelle sich nicht überfordert zu fühlen, was sehr angenehm ist.

Die BL Diagnose ist ein Glück vom Tisch, was ich recht erleichternd finde.

So viel erst einmal dazu.

Noch einmal Danke für eure hilfreichen Beiträge damals.

Grüße Willowtree

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lisbeth
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Beitrag Mi., 23.11.2016, 07:45

Hallo willowtree und danke für das Update.

Ich freu mich, dass aus den ganzen Fragen und Unsicherheiten für dich ein gutes und passendes Ergebnis rausgekommen ist. Und dein Ex-Therapeut hat auch meinen vollen Respekt, dass er sich selbst seine Überforderung eingestanden hat und dich dabei unterstützt hat, jemand anderes zu finden, der besser passt. Das ist (leider) nicht selbstverständlich, es gibt genügend Therapeuten die sich und ihre Fähigkeiten und Kompetenzen überschätzen und damit ihren Klienten eher schaden als helfen.

Zu deiner Erschütterung bzw. der Selbstwahrnehmung "das war doch alles nicht so schlimm bei mir". Das kenne ich nur zu gut. Ich hatte auch eine Kindheit wo "objektiv" nichts wirklich Schlimmes passiert ist. Und trotzdem steht bei mir eine komplexe PTBS als Diagnose im Raum. Das habe ich ganz lang als "mein persönliches Versagen" empfunden. Und damit sehr lange gehadert. So nach dem Motto: Andere sind mit solchen SItuationen klar gekommen und haben heute keine Probleme deswegen. Also muss ich irgendwas "verkehrt" gemacht haben... Inzwischen habe ich das einfach akzeptiert. Und habe auch gesehen, dass das für mich auch Entlastung gebracht hat, dass es ein Konzept gibt, das meine ganzen Probleme greifbar macht und auch ein Erklärungsmodell hat, woher das alles kommt.
Es geht auch nicht um Vergleiche, was war schlimmer oder schwieriger. Irgendwie entwertest du damit ja dann auch dein eigenes Erleben und Empfinden. Es geht ja eher darum zu schauen, was ist da heute und wie kann ich das verändern - zum Positiven hin?

Wünsche dir auf diesem Weg zusammen mit der neuen Therapeutin alles Gute!
lisbeth
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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willowtree
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Beitrag Mi., 23.11.2016, 22:26

lisbeth hat geschrieben: Inzwischen habe ich das einfach akzeptiert. Und habe auch gesehen, dass das für mich auch Entlastung gebracht hat, dass es ein Konzept gibt, das meine ganzen Probleme greifbar macht und auch ein Erklärungsmodell hat, woher das alles kommt.
Es geht auch nicht um Vergleiche, was war schlimmer oder schwieriger. Irgendwie entwertest du damit ja dann auch dein eigenes Erleben und Empfinden. Es geht ja eher darum zu schauen, was ist da heute und wie kann ich das verändern - zum Positiven hin?

Wünsche dir auf diesem Weg zusammen mit der neuen Therapeutin alles Gute!
lisbeth
Danke dir.
Ich muss sagen, dass das mit der Akzeptanz immer noch so eine Sache ist. Ich fange langsam an zu akzeptieren, dass ich ab und an dissoziative Zustände bekomme und auch wenn ich lerne diese zu meistern und auch sehe, dass das anerkennen dieser mir eben hilft da schnell rauszukommen, weil ich nur durch das anerkennen, diese auch erkennen und ihnen entgegen wirken kann....

Zum Entwerten: Damit triffst du einen wunden Punkt denke ich. Vor allem weil er mich heute erst in einen Strudel gezogen hat. Denn absurder Weise destabilisiert es mich momentan enorm, dass meine neue Therapeutin meine Vergangenheit noch nicht kennt. Sie hat mir gesagt, dass ich es gar nicht erzählen muss, aber das kann ich mir nicht vorstellen, weil das sich falsch anfühlen würde. Ich hätte die ganze Zeit die Angst, dass sie sich meine Vergangenheit viel schlimmer vorstellt, als sie tatsächlich war.
Dadurch bin ich heute in einem totalen Sog gewesen, in dem ich immer wieder mir vorgestellt habe, wie ich ihr welche Aspekte meiner Vergangenheit erzähle, was einen absolut negativen Effekt auf meine Psyche hatte...
Als ich wieder einigermaßen klar war habe ich dann doch mal gelerntes angewendet und habe jetzt sämtliche Therapiethemen in den Tresor gesperrt.
Damit geht es mir jetzt einigermaßen besser, ich werde zumindest nicht mehr von Gedanken bedrängt.
Jetzt im Nachhinein kann ich auch selbst erfassen, dass ich mich dadurch absolut selbst destabilisiere, aber in dem Moment war ich total in der Spirale gefangen.
Um es mal positiv zu sehen habe ich jetzt wenigstens ein Thema für die nächste Stunde.
Ich wünschte einfach ich wäre mit der Neuen über die Kennenlernphase hinaus und wir hätten das Fundament schon gelegt.

Ansonsten war es wie gesagt richtig zu Wechseln, bloß noch einmal auf Anfang bedeutet eben leider in allen Aspekten noch einmal auf Anfang.

Dir noch einen schönen Abend.

Grüße Willowtree

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lisbeth
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Beitrag Sa., 26.11.2016, 11:12

Hallo Willowtree,

das mit der Akzeptanz ist bei mir ein Prozess. Weniger entweder/oder sondern ein Weg, der gegangen werden will. Und da gibt es auch Schleifen, manchmal drehe ich mich im Kreis, manchmal gehe ich auch rückwärts. Alles schon dagewesen. Und manchmal halte ich inne und merke, dass ich ein großes Stück vorangekommen bin, ohne es direkt zu merken, sondern es fällt mir erst beim Innehalten und Betrachten auf.

Meine Therapeutin hat in dem Zusammenhang mal gesagt, dass es doch weniger auf die Diagnose ankommt, die braucht es halt, um die Therapie im Antrag zu begründen und abrechnen zu können. Sondern es kommt darauf an, was ich erlebt und erfahren habe, wie das damals für mich war und wie sich das bis heute in meinem Leben auswirkt.

Ist doch toll, dass du geschafft hast, das Gelernte anzuwenden, und dich selbst genug zu stabilisieren und dich von den negativen Gedankenkreisläufen zu distanzieren! Setz dich nicht unter Druck mit dem Erzählen, was, wann, wie und wo. Das ist alles Teil des Prozesses. Vielleicht hilft es auch, deiner Therapeutin einen Brief zu schreiben, in dem das Wichtigste drinsteht? Dann hat sie die in deinen Augen wichtigen Informationen und du stehst nicht so unter Druck...

Dass ihr noch dabei seid euch kennen zu lernen ist ja auch eine Chance. Sie bringt andere Perspektiven mit rein, andere Impulse, stellt andere Zusammenhänge her. Ist anstrengend, finde ich jedenfalls. Vor allem auch weil mir das Vertraute dann fehlt. Aber ich habe bei einem Wechsel der Therapeutin im letzten Jahr gemerkt, dass es auch viele andere Dinge wo ich feststeckte in Bewegung gesetzt hat, einfach weil sie einen anderen Blick auf meine Themen hat.

Alles Gute für dich,
Lisbeth
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― Anne Lamott

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willowtree
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Beitrag So., 27.11.2016, 11:21

Hallo Lisbeth,

Danke für deine Nachricht.
Ich kann dir nur zustimmen, was Anstrengung und Perspektiven bei einem Wechsel angeht.

Vielen Dank zu dem Denkanstoß mit dem Brief.
Ich muss zugeben, dass ich im ersten Moment als ich es gelesen hatte eher nicht in Betracht gezogen hatte. Über den Nachmittag hinweg bin ich allerdings mehr und mehr zu dem Schluss gekommen, dass genau das mir helfen könnte. Daher habe ich gestern Abend tatsächlich mal in einem Brief alles zusammengefasst. Natürlich nicht im Detail, aber so, dass es verständlich ist und man einen Überblick bekommt. Es sind trotzdem eine Menge Seiten geworden.

Ich werde meine neue Therapeutin morgen mal anrufen und nachfragen, ob es für sie in Ordnung ist, wenn ich ihr den schicke.

Danke dir auf jeden Fall und dir auch alles Gute.

LG Willowtree

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