Hallo liebes forum,
ich kämpfe seit meinem 17. Lebensjahr bewusst mit Depressionen. Die Depression kommt in unregelmäßigen Abständen und bleibt unvorhersehbar lange/kurz in meinem Leben. Manchmal kommt sie mir vor wie ein Buschfeuer, dass alles Bestehende zunichte macht, aber dafür fruchtbare Erde für etwas Neues hinterlässt – mittlerweile habe ich gelernt ihr auch etwas Positives abzugewinnen. Sie kann mich reinwaschen und mich von alten Glaubenssätzen, Zielen und Erwartungen befreien; dennoch ist es für mich manchmal schier unerträglich, dem Schmerz, Druck oder was auch immer standzuhalten. Meine Negativspirale scheint immer erstmal einen unaufhaltsamen Schlenker in Richtung abwärts zu machen. Natürlich habe ich meine Coping-Mechanismen, deren Verwendung ich nicht immer toleriere und so manchmal neue Konflikte geboren werden. Nun gut, das worauf ich hinaus will ist, dass ich natürlich schon super viel ausprobiert habe u.a. habe ich eine 3-jährige tiefenpsychologische Therapie hinter mir, die mir zu dem damaligen Zeitpunkt SEHR geholfen hat. Ich hatte auch einmal einen stationären Aufenthalte (3 Jahre nach Therapieende) hinter mir, dem ich auch sehr viel abgewinnen konnte. Nebst den ärtzlichen Angeboten habe ich eigenständig nach weiteren Bewältigungsstrategien wie Meditation, mehr Zeit in der Natur, positivere Musik/Filme, Selbsthilfegruppen, kreativen Selbstausdruck, uvm. ausprobiert. Eine jede hatte ihre Berechtigung und hat mir zu bestimmten Zeitpunkten sehr geholfen. Und ganz wichtig, die Qualität meiner sozialen Kontakte und Arbeit infrage gestellt. Ich habe nach dem stationären Aufenthalt auch wieder eine ambulante Therapie angefangen und genau da kommt die Krux... Ich hatte jetzt gut 10-12 Sitzungen und ich stelle oft fest, dass mir Reden über bestimmte Dinge, die mein Kopf ausheckt – evtl. nicht so gut tut; dass mir die Therapie zu kopflastig ist, dass ich nicht in die Beziehung zu meiner Therapeutin investieren möchte. Es passiert immer wieder, dass wir uns (lange) anschweigen; haben auch schon über das Schweigen gesprochen und ich habe ihr bereits einmal gesagt, dass ich glaube, dass mir mein Leben zu voll wird und ob es manchmal Momente gibt, einem Menschen eher von einer Psychotherapie abzuraten. Sie sprach nur von körperlich schwerkranken und dass ich nicht zu den Menschen gehören würde. Sie kennt mich noch nicht so lange; ich hingegen kenne mich schon sehr lange und ich weiß, dass Therapeuten auch nur Menschen sind und Vorurteile haben. Ich frage mich, ob ich mich ohne die Therapie freier fühlen würde, ob sich dadurch, dass sich eine Tür und auch Stütze schließt eine neue öffnet und ob ich dadurch vllt. auch selbstsicherer werde, weil ich ganz auf mich selbstgeworfen bin und ich nicht immer abwarte eine Entscheidung zu treffen, nachdem ich eine Therapiesitzung hatte. Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass die Therapie Zeitverschwendung ist und ich anderes in der Zeit tun könnte. Ja, ich würde fast sagen, dass es meinem Selbstwertgefühl nicht gut tut, eine Therapie zu machen. Auf der anderen Seite fällt mir diese Entscheidung sehr schwer, weil ich ja so lange auf den Platz gewartet habe und ich mich eben in einer „heißen Phase“ meines Lebens befinde, soll heißen: keinen Partner, soziale Kontakte haben drastisch abgebaut und ich bin auf der Suche nach Neuen und ich habe immer noch keine Richtung gefunden, in die mein Leben vor allem beruflich gehen soll und habe eher labile Eltern/Familie, die wenig Vertrauen in das Leben haben. Ich habe zwei Jahre nach der ersten Therapie auch keine gemacht, habe Höhne und Tiefen gehabt, aber immer irgendwann erfüllende Entscheidungen getroffen, wenn auch manchmal mit Holpern und Stolpern und vllt. langsamer als viele andere. Ich weiß, dass Heilungsprozessen etwas sehr Individuelles innewohnt, aber wer hat vllt. einmal ähnliches durchgemacht, eine ähnliche Haltung zu seiner Therapie gehabt und für was habt ihr euch entschieden?
Eure kissfromarose
Distanz zu Therapien gewinnen/ Alternative zur Therapie - Leben
-
Thread-EröffnerIn - Helferlein
- , 24
- Beiträge: 32
- Werbung
Na ja, es ist ja bekannt, dass man das vermisst, was man nicht hat, während man das, was man hat, gar nicht so wertvoll findet. Scheint ein menschliches Phänomen zu sein. Mit anderen Worten: Ich würde mich fragen, wie ich mich fühlen würde, wenn die Therapeutin dich vor die Türe setzt: Wäre das O.K. für dich? Wenn ja, dann würde ich gehen. Wenn nein, dann nicht.
Es gibt keinen Zwang, Therapie zu machen oder sie JETZT zu machen. Du könntest genauso gut fünf Jahre lang was ausprobieren und es dann noch mal versuchen. Therapie sollte sich nicht so anfühlen wie "ich weiß, dass ich es eigentlich brauchen sollte, weil es mir 'offiziell' nicht gut geht".
Es gibt keinen Zwang, Therapie zu machen oder sie JETZT zu machen. Du könntest genauso gut fünf Jahre lang was ausprobieren und es dann noch mal versuchen. Therapie sollte sich nicht so anfühlen wie "ich weiß, dass ich es eigentlich brauchen sollte, weil es mir 'offiziell' nicht gut geht".
-
- [nicht mehr wegzudenken]
- , 52
- Beiträge: 2400
Ich würde ebenfalls sagen, man sollte Therapien sinnvoll nutzen oder zu mindestens dies wollen.
Und was für dich sinnvoll ist, definierst Du.
Will oder kann man eine Therapie nicht sinnvoll nutzen, sollte man es lassen.
Und was für dich sinnvoll ist, definierst Du.
Will oder kann man eine Therapie nicht sinnvoll nutzen, sollte man es lassen.
Liebe Grüße
Lockenkopf
Lockenkopf
-
Thread-EröffnerIn - Helferlein
- , 24
- Beiträge: 32
Herzlichen Dank für eure Antworten. Ich glaube, ich möchte diese Entscheidung noch nicht so schnell treffen. Ich habe das Gefühl, dass ich aus versch. Gründen einen ziemlichen Widerstand gegen die Therapie verspüre und dass ich von meiner Therapeutin erwarte, dass sie in der Lage ist von jetzt auf gleich ein perfektes Vertrauensverhältnis herzustellen. Ich komme mir, seit ich den Text abgeschickt habe, vor wie ein bockiges Kind, das allen beweisen möchte, wie erwachsen es doch ist. Vielleicht gebe ich mir, meiner Therapeutin und der Therapie keine realistische Chance und bin zu ungeduldig.
- Werbung
-
- [nicht mehr wegzudenken]
- , 52
- Beiträge: 2400
Deine Therapeutin kann sich nur vertrauenswürdig verhalten. Für dein Vertrauen zur Therapeutin bist Du allein zuständig,
Liebe Grüße
Lockenkopf
Lockenkopf
-
Thread-EröffnerIn - Helferlein
- , 24
- Beiträge: 32
Ich wollte mich nochmal für eure Kommentare bedanken Lockenkopf und isabe...Sie haben mich zum Nahcdenken gebracht und ich hatte das Gefühl, dass ich meiner Therapeutin in den letzten zwei St. viel offener gegenüber war, ihr viel mehr Vertrauen entgegengebracht habe. Es ist auch ordentlich was ins Rollen gekommen und ich bin jetzt dankbar, dass ich die Therapie nicht abgebrochen habe. Ich denke, ich habe genug Themen, mit denen ich meine folgenden Stunden gestalten kann. Ich bin sehr gespannt, wenn es auch noch ein zwei Punkte gibt, in denen ich mich missverstanden fühle, aber vielleicht können die geklärt werden oder ich werde schlauer draus.
-
- [nicht mehr wegzudenken]
- , 52
- Beiträge: 2400
Nah, das hört sich aber super an!
Liebe Grüße
Lockenkopf
Lockenkopf
- Werbung
-
- Vergleichbare Themen
- Antworten
- Zugriffe
- Letzter Beitrag
-
- 17 Antworten
- 28900 Zugriffe
-
Letzter Beitrag von Dorisha1
-
- 4 Antworten
- 1745 Zugriffe
-
Letzter Beitrag von azzaira
-
- 21 Antworten
- 2378 Zugriffe
-
Letzter Beitrag von Emoticoala
-
- 5 Antworten
- 2673 Zugriffe
-
Letzter Beitrag von rosengarten
-
- 4 Antworten
- 1786 Zugriffe
-
Letzter Beitrag von Lockenkopf