Überforderung durch positive Gefühle???

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Lockenkopf
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Beitrag Di., 20.09.2016, 20:24

Hier noch mal von fachkompetenter Seite die Bedeutung der Diagnostik bei Persönlichkeitsstörungen und den daraus folgernden therapeutischen Entscheidungen: http://www.vtwoche.de/images/15-FR_Er%C ... Mestel.pdf
Liebe Grüße
Lockenkopf

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Lockenkopf
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Beitrag Di., 20.09.2016, 20:55

Hier das Beispiel einer Psychotherapiemethode ihre Indikationen und Kontraindikationen. Um zu wissen ob ein Pat. für diese Methode geeignet ist, muss vorab eine gründliche Diagnostik stattfinden.
http://www.psychotherapie-wissenschaft. ... view/10/56
Liebe Grüße
Lockenkopf

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stern
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Beitrag Di., 20.09.2016, 21:01

Na ja, die einzige, die sich selbst in eine Schublade stecken will, ist Zombie. Aus dem bedauerlichen Grund heraus, dass sich der Therapeut in Schweigen hüllt. Wir anderen haben deine Diagnose erhalten (ob wir wollten oder nicht)... und der Therapeut hat sie (wie es sich auch gehört) mitgeteilt. Wenn ich eh eine bekommen muss, so möchte ich sie dann auch gerne wissen.

Die individuelle Behandlung halte ich für ein Gerücht... denn ein Arzt/PT hat sich an den aktuellen Stand zu halten (lege artis zu therapieren). Das ist sicher nicht so verstehen, dass für jede Bemerkungen des Patienten Handlungsanweisungen formuliert sind, was genau zu antworten ist. Aber es sind wirksame Methoden/Vorgehensweise dokumentiert, die dann beachtlich sind (und nicht irgendwelche esoterischen Methoden oder etwas, das nicht als wirksam anzusehen ist... nach dem Prinzip: Hauptsache individuell).

Wenn es sich um irgendwelche Tendenzen handelt, die nicht oder höchstens klinisch relevant sind, kann man vielleicht sagen, das "verwächst" sich... aber es gibt ja auch Störungen, die möglichst sofort irgendwelcher Maßnahmen oder auch Medikamente bedürfen... oder unter denen ein Patient so sehr leidet, dass er zügig eine bereits geprüfte Maßnahme wünscht (und nicht einen Therapeuten, der sich selbst verwirklicht). Und so kann es einen Unterschied machen, ob man etwas als schizophrenen Wahn einordnet oder eine soziale Angststörung annimmt oder oder oder. Zu solchen Schlüssen diagnostischen kann man aber nur kommen, wenn man die verschiedensten Eindrücke bereits berücksichtigt hat (und nicht: welche Diagnose sie haben, sehen wir später... ich wünsche von Anfang an eine sorgfältige Diagnose, die auf möglichst vielen Informationen fußt... und bei neuen Erkenntnissen ggf. eine Korrektur) Und die Einordnung hat dann auch einen Einfluss darauf, wie behandelt wird. Sonst könnte man Störungswissen gleich aus der Ausbildung streichen.

Was Zombi machen will: Aus einem einzigen Aspekt eine Diagnose zu entwickeln. Klar wird das so nichts. Aber so gehen Therapeuten ja auch nicht vor.
Zuletzt geändert von stern am Di., 20.09.2016, 21:14, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße
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Lockenkopf
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Beitrag Di., 20.09.2016, 21:08

https://www.dgppn.de/fileadmin/user_upl ... rungen.pdf
Seite 46

3.1.1.3 Kommunikation der Diagnose und Psychoedukation

Die Frage, ob einem persönlichkeitsgestörten Patienten dessen Diagnose
mitgeteilt werden sollte, wurde lange Jahre kontrovers diskutiert und ist
auch heute nicht für alle spezifischen Störungsbilder abschließend zu beantworten.
Die Argumente gegen eine offene Kommunikation der Diagnose
einer Persönlichkeitsstörung beziehen sich auf die stigmatisierende Sprache
und Defizitorientierung der kategorialen Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen,
auf ungünstige Auswirkungen der Kommunikation der Diagnose
auf die Übertragung und Gegenübertragung oder auf die Ich-Syntonie der
Persönlichkeitsstörungen. Die Argumente für eine offene Kommunikation
verweisen ebenso auf die Ich-Syntonie, heben die zunehmenden Informationsbedürfnisse
von Patienten und Angehörigen und das Recht des Patienten
auf Aufklärung und Informierung hervor und beziehen sich auf klärende,
emotional entlastende und hoffnungsvermittelnde Aspekte, die sich
durch die Definition einer psychischen Störung und deren wirksame Behandlungsmöglichkeiten
ergeben.

In der Praxis hat sich durchgesetzt, dass Psychoedukation, und damit
auch die Aufklärung über die Diagnose, eine wesentliche Komponente gerade
von manualisierten, störungsspezifischen Therapieprogrammen darstellt.
Die günstigen Ergebnisse spezifischer psychoedukativer Programme
für Patienten mit Persönlichkeitsstörungen und/oder deren Angehörige
(vgl. Falge-Kern et al. 2007, Hoffman & Fruzzetti 2005, Ruiz-Sancho et al.
2001, Schmitz et al. 2006) bestätigen zumindest für ausgewählte Persönlichkeitsstörungen,
dass die Vorteile einer offenen Kommunikation der Diagnose
die Nachteile überwiegen. Die meisten Patienten reagieren entlastet
auf eine fachgerecht vorgetragene Diagnose. Die Aufklärung über die Diagnose
sollte allerdings nicht als isolierte Intervention erfolgen, sondern im
Zeitpunkt flexibel in ein psychoedukatives Vorgehen integriert sein, das
mit einer wertschätzenden Sprache und Sichtweise der Persönlichkeit sowie
einem sinnstiftenden und plausiblen Erklärungs- und Behandlungsmodell
wesentlich zur Entstigmatisierung und Entmystifizierung der Diagnose und
zur Förderung von Behandlungsmotivation beitragen kann.

Hilfreiche Anregungen liegen etwa mit dem psychoedukativen Programm
von Schmitz und Mitarbeitern (2001) vor, welches sich in Anlehnung
an Oldham und Morris (1992) an einer dimensionalen Sichtweise orientiert,
die von einem Kontinuum vom Persönlichkeitsstil zur Persönlichkeitsstörung
ausgeht. Persönlichkeitsstile wie etwa der gewissenhafte oder
der selbstbewusste Persönlichkeitsstil werden hier in wertschätzender Weise
als universelle Umgangsformen und unverzichtbare Qualitäten des zwischenmenschlichen
Zusammenlebens betrachtet, die in unterschiedlichen
Anteilen in jedem Menschen vorhanden sind. Persönlichkeitsstörungen wie
die zwanghafte oder die narzisstische Persönlichkeitsstörung werden dann
als deren Extremvarianten vermittelt. Diese dimensionale Sichtweise ermöglicht
im Besonderen, jeden Persönlichkeitsstil sowohl unter dem Gesichtspunkt
seiner Stärken und Ressourcen als auch seiner Schwächen und
Probleme zu betrachten, wenn der Persönlichkeitsstil extrem und unflexibel
wird bzw. als Persönlichkeitsstörung zu Leiden und Beeinträchtigungen
führt. Darüber hinaus lassen sich therapeutische Zielsetzungen im Sinne
einer Abschwächung und Flexibilisierung der Persönlichkeit ableiten, ohne
Anspruch auf deren grundlegende Veränderung.

Vor dem Hintergrund einer gleichermaßen ressourcen- und problemorientierten
Sichtweise der Persönlichkeit sollte sich die weitergehende Aufklärung
über die Diagnose und das Erklärungsmodell nicht an den Stereotypen
(DSM-IV-Kriterien), sondern an den individuellen Denk-, Erlebensund
Verhaltensweisen des Patienten orientieren und der Patient sollte erkennen
lernen, in welchen Situationen diese zum Problem werden, woher
sie kommen, wofür sie gut sind bzw. waren, welche Folgen sie haben, und
wie sie zu verändern sind. Die Zusammenhänge zwischen den aktuellen interpersonellen
Bedürfnissen, Einstellungen, Gefühlen und Verhaltensweisen
und der eigenen Lern- und Entwicklungsgeschichte sind den Betroffenen
meistens nicht bewusst. Eine wichtige Aufgabe besteht darin, dem Patienten
zu ermöglichen, diese Zusammenhänge wahrzunehmen und ihm ein
plausibles Erklärungsmodell für seine Probleme zu bieten, um das eigene


unten geht es weiter
Zuletzt geändert von Lockenkopf am Di., 20.09.2016, 21:24, insgesamt 2-mal geändert.
Liebe Grüße
Lockenkopf

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Lockenkopf
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Beitrag Di., 20.09.2016, 21:12

Verhalten als subjektiv sinnhafte oder nachvollziehbare Anpassungs- und
Bewältigungsstrategie in frühen Kontexten zu verstehen. Dies löst zwar
noch nicht die Schwierigkeiten, entlastet aber, indem es sie verständlich
und nachvollziehbar macht, gibt dem Verhalten des Patienten Sinn und Bedeutung
und stellt eine Brücke zur Erfahrungswelt und den Beweggründen
des Patienten dar. Ziel ist ebenso, dass der Patient die eigene Mitverantwortung
an den gegenwärtigen Problemen wahrnimmt und akzeptiert, dass die
Probleme nur durch eigene Anstrengungen und Veränderungen vermindert
werden können. Psychoedukative Interventionen sollten angesichts der tiefverwurzelten
Problemstellungen beim Patienten realistische Hoffnungen,
Zielsetzungen und Pläne für eine Veränderung initiieren und ein plausibles
Behandlungsmodell anbieten, welches bewältigbare Schritte auf dem Weg
hin zur Veränderung aufzeigt.

Kognitiv-behaviorale Therapeuten, die per se sehr früh zusammen mit
dem Patienten an der Generierung eines gemeinsamen, verbalisierbaren
Störungs- und Behandlungsmodells arbeiten, werden sicherlich früh dazu
tendieren, in diesem Kontext auch die Diagnose mitzuteilen. Auch in psychodynamischen
Therapiekonzepten findet die gemeinsame Erarbeitung eines
Störungs- und Behandlungsmodells von Patient und Therapeut mehr
und mehr Eingang. In den ersten diagnostischen Sitzungen wird jedoch
üblicherweise auf psychoedukative Elemente verzichtet, um die Entfaltung
der Übertragungsbeziehung nicht zu beeinträchtigen.
Liebe Grüße
Lockenkopf

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Beitrag Di., 20.09.2016, 21:23

stern hat geschrieben:

Was Zombi machen will: Aus einem einzigen Aspekt eine Diagnose zu entwickeln. Klar wird das so nichts. Aber so gehen Therapeuten ja auch nicht vor.
Das sehe ich genau so.
Liebe Grüße
Lockenkopf

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