Therapeutin hatte Unfall- kontaktieren?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Therapeutin hatte Unfall- kontaktieren?

Beitrag Do., 28.07.2016, 21:21

Hallo liebe Foris hier,

ich habe schon einige Zeit mitgelesen. Im Moment bin ich grad mit einer unguten Situation konfrontiert. (Soll ich meine Traumatherapeutin nach ihrem Unfall kontaktieren?)

Ich wollte den Thread abschicken, bekam die Fehlermeldung, dass er zu lange ist. Da mich schon das Schreiben belastet hat, will ich nicht drübergehen und 350 Wörter kürzen. Ich werde ihn in zwei Teilen posten. Ich hoffe, das ist ok.

Teil 1
Vorgeschichte: Ich (w, ca. 40) bin in der Kindheit traumatisiert worden (auch physische Übergriffe, deren Nachwirkungen- z.B. kaputtes Kiefergelenk mich mein Leben lang begleiten werden.)

In meinen Zwanzigern begann ich aufgrund von Depressionen und Angstzuständen eine klassische Psychoanalyse. Diese dauerte ingesamt 8 Jahre. Nachdem eine tiefe Übertragungsbeziehung hergestellt war, 'verschwand' die Analytikern. Ihre KollegInnen auf der Uni-Ambulanz sagten mir nicht, was los ist (Bedeutungsschwere Gegenfrage: 'Wollen Sie das wirklich wissen' ). Die Situation war so schlimm, dass ich - im Rückblick- damals dekompensiert habe. Nach 1,5 Jahren kam sie zurück und wollte die Analyse 'einfach so' fortsetzen, mit dem Hinweis, sie wäre schwanger gewesen. Es dauerte Jahre, bis das Vertrauen wieder ansatzweise aufgebaut war. Doch auch dann ging es nicht gut aus. Meine Symptome wurden nicht besser (zum Beispiel bekam ich Schmerzzustände). Jede meiner Aussagen wurde als Aggression/Kontrollierenwollen interpretiert. Das zog sich über Jahre und endete damit, dass mich der allgemeine Umgangston der Ambulanz und das Verhalten der Therapeutin im Speziellen dazu brachten, eine Beschwerde zu schreiben. Die Therapeutin hatte gemeint, seblstverständlich könne ich mich beschweren. Das war so Zweitausendacht. (Die Zahlentastatur funktioniert bei 'zwei' hier nicht).
Ich suchte mir eine Traumatherapeutin1, die mir die Behandlung zusagte, die Beschwerde las, und dann meinte, dieser Abschluss wäre weder meiner Person noch der der Analytikerin würdig. (Sie ist eine Koryphäe, leitet mittlerweile einen Lehrgang zu Psychtherapieforschung.)
So ging ich zurück zur Analytierin, die mich dann (trotz des Angebots eines Abschlusses) hinauswarf. Dann hatte ich Angst, die Nacht nicht zu überleben und wurde erstmals stationär aufgenommen.
Vor der Analyse hatte ich 'nur' Antidepressiva genommen. Nach der Analyse kam ich einmal auf 9 verschiedene Dauer-Medikamente gleichzeitig. (Verschiedene ADs, Neuroleptika, Stimmungsstabilisatoren...).

Ab dann wurden meine Therapieerfahrungen besser: Ein Arzt stellte sich auf meine Seite, als die Analytikerin im Zusammenhang mit dem Abbruch behauptete, ich hätte eine fehlerhafte Realitätswahrnehmung, wäre psychotisch. (Und unglaubwürdig). Eine andere Ärztin bezeichnete den Prozess als psychischen Missbrauch. Nach einer stationären Psychotherapie fand ich meine jetzige Therapeutin, die mich durch den Beschwerdeprozess begleitete. (Sogar zu einem Verfahrenstermin auf der Ärztekammer wo zwar formal 'nichts herauskam', wir -ich mit Unterstützung der Traumatherapeutin- zumindest als moralsiche Sieger hervorgingen, was von einem Ex-Freund, der Journalist bei einer renomierten Zeitung ist, in einem Protokoll mitgeschrieben wurde.)
Das Ganze dauerte wieder Jahre. Nachdem nach über zwei Jahren die Retraumatisierung aufgearbeitet war, begannen wir mit der Aufarbeitung der Traumata in der Kindheit.

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Beitrag Do., 28.07.2016, 21:25

Dabei setzte ich (mit einem vagen Kinderwunsch im Hinterkopf) meine Medikamente ab (in Absprache mit dem Hausarzt) und versuchte mich aus eigener Kraft mit Techniken zu stabilisieren. Dafür ging ich - nachdem mir keine Bildungskarenz bewilligt war - in einen Langzeitkrankenstand. Das dauerte Monate. Dann hatte ich vor einem Jahr einen Unfall, brach mir das Handgelenk kompliziert. Monate später wurde ein neurologisches Schmerzsydrom (CRPS) diagnostiziert, das mittlerweile aber 'gut in Behandlung' ist und mich im Alltag nicht mehr so einschränkt.
In meinen alten Job als Sozialpädagogin mit behinderten Jugendlichen (heben, Rollstuhl schieben) konnte ich nicht mehr zurück. Im Moment bin ich arbeitslos / im Krankenstand, kann die Situation aber gut nützen, indem ich das tun kann, was ich schon Jahre wollte: Ein zweites Studium abschließen. Ich bin also nicht ganz tatenlos, aber auch nicht voll im Erwerbsleben mit all seinen Tücken (Mobbing, Intrigen gegen die ich mich abgrenzen muss). Diese Pause tut mir sogar ganz gut.

In den letzten Stunden näherten wir uns langsam dem Kern des Problems.
Am Mittwoch hätte ich eine Stunde gehabt. Ihr Eingangsbereich ist frei zugänglich, dort war ein Zettel, dass sämtliche Termine wegen eines Unfalls der Therapeutin abgesagt sind.
Dazu kommt, dass mein LG nicht in der Stadt ist (er ist mit seiner Familie in Oberösterreich), ich bin in Wien wegen diversen Therapien (z.B heute: Physio wg Kiefergelenk, Ergo wegen Hand...). Im Gegensatz zu meinem Freundeskreis, die im Moment offensichtlich alle im Urlaub sind.

Letzte Nacht hatte ich anstrengende Alpträume, wobei ich weit entfernt davon bin zu dekompensieren. Mir würde es helfen, wenn ich wüsste, was mit der Therapeutin passiert ist. Ich habe ihr am Mittwoch ein sms mit dem Inhalt 'Gute Besserung' geschickt. Mich belastet das Alleinesein und nicht wissen, wie es mit dieser Therapie weiter geht.
Ich traue ihr aber zu, dass sie sich meldet, sobald es ihr halbwegs geht. Sei es nur in der Form eines Lebenszeichens. Ab wann ist es ok, ein weiteres sms zu schicken? (Ich will nicht übergriffig sein, würde mit schlechten Nachrichten auch umgehen können, mich macht nur das 'In-der-Luft-hängen' fertig.) Ich hoffe, das versteht ihr.
Was tun?
Danke fürs Lesen!
lg
Komentenstern (das ist ein Seestern

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simonius
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Beitrag Do., 28.07.2016, 21:35

Entweder wird die Therapie weitergeführt durch deine Therapeutin oder sie kann nicht mehr weitergeführt werden. Das sind die zwei möglichen Antworten auf deine drängendste Frage.
Vielleicht weiß die Therapeutin die Antwort selbst noch nicht.
Ich würde sie nicht mehr behelligen, Wende dich lieber an ein Kriesendienst, falls du alleine nicht zurecht kommst.

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Beitrag Do., 28.07.2016, 22:08

Danke. Ist zwar nicht das, was ich lesen wollte (eher so: ich würde nach 5 Tagen ein SMS schicken) aber vermutlich das Vernünftigste. Schmerz/Verstörung machen egozentrisch... Ehrlich gesagt würde mir helfen zu wissen, dass sie noch lebt. Unabhängig davon, wie/wann/ob es mit der Therapie weitergeht. Die Idee mit dem Krisendienst kontaktieren ist aber gut. Dort habe ich schon gute Erfahrungen gemacht. Werde ich morgen tun.

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Beitrag Fr., 29.07.2016, 18:52

So, heute war ich in einem Krisenzentrum. Ich fühle mich recht gut unterstützt, auch wenn meine ehemalige Therapeutin von dort bis Mitte August in Urlaub ist.
Und die Vertretung mir am Ende der Stunde mitteilte, dass sie meine Schwester kenne (gleicher Nachname, ähnlicher Dialekt und äußere Ähnlichkeit haben uns verraten.) Sie hat mir angeboten, mich an einen Kollegen zu "übergeben" . Sie meinte, natürlich gälte die Schweigepflicht aber wenn ich mich nicht wohlfühlen würde, könne ich zu einem Kollegen wechseln.
Auf meine Nachfrage hin sagte sie, dass der Kontakt zu meine Schwester bei gegenseitiger Sympathie keine enge Freundschaft sei, sie aber ein weiteres Treffen nicht ausschließen könne. (Was ja klar ist, wenn die Kinder letztes Jahr in der 4 Grundschule in einer Klasse waren und befreundet waren).
Ich meinte, wenn es für sie ok wäre (wenn sie sich unwohl fühlt, wird das auch nichts) würd ich bis Mitte August bei ihr bleiben, sollte es bezüglich der Therapeutin keine Entwarnung geben und/oder die Traumatherapie nicht fortgesetzt werden können und ich weitere Begleitung brauchen.
Als sie mich zum Abschluss fragte, wie es mir gehe, meinte ich, dass sich in meinem Leben absurde Vorkommnisse häufen würden. Sie stimmte mir zu.
Seltsame Situation.
Liebe Grüße,
Komentenstern (und nein, ich habe keine artifizielle Störung. Würde das in einem Roman vorkommen, würde ich ihn für schlecht konstruiert und übertrieben halten.)

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lisbeth
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Beitrag So., 31.07.2016, 09:41

Hallo Kometenstern,

das mit dem Unfall habe ich in einer ähnlichen Situation letztes Jahr auch erlebt, und es war total schwierig mit der Situation, der Angst, der Unsicherheit, dem Nicht-Wissen und den Fragen nach dem was wird umzugehen. Und man ist dann auch wirklich versucht, alles aus seinem eigenen Blickwinkel heraus (was wird mit mir und meiner Therapie?? Warum lässt sie mich im Stich?) zu betrachten. Und Mitgefühl für die Therapeutin und ihre Situation gar nicht aufkommen zu lassen bzw. auszublenden. Weil es doch um mich geht usw...

Von daher finde ich gut, dass du dir Hilfe und Unterstützung suchst, um mit der Situation besser klar zu kommen. Und für Dich einen Umgang damit zu finden.

Shit happens und Unfälle gehören leider in diese Kategorie - aber es ist mir damals trotzdem schwer gefallen, das nicht persönlich zu nehmen. Mit mehr Abstand kann ich sagen, dass sich trotzdem alles "gut" entwickelt hat, vielleicht nicht so wie gewünscht, aber das Gesamtergebnis hat für mich deutlich ein Pluszeichen vorne stehen. Ich habe vor allem viel über mich und meine (oft widersprüchlichen) Gefühle gelernt, dass beides seine Berechtigung hat und auch beides nebeneinander existieren kann: Die Angst und die Unsicherheit auf der einen Seite, das Verletzsein des 'inneren Kindes' weil es im Stich gelassen wurde. Und andererseits auch Mitgefühl für die Therapeutin und die beschissene Situation in der sie gelandet ist. Und auch das (erwachsene) Verständnis, dass sie sich dann zunächst ausschließlich um sich selbst kümmern muss...

Ich denke, deine Therapeutin wird sich bei dir melden, sobald sie kann. Bis dahin ist es glaube ich sinnvoll, ihr den Raum und die Zeit geben die sie braucht um wieder auf die Beine zu kommen.

Liebe Grüße,
Lisbeth
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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mondlicht
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Beitrag So., 31.07.2016, 10:27

Hallo Kometenstern,

ich verstehe Deine Unruhe. Vielleicht gelingt es Dir, es auch so zu sehen: Unfälle sind recht häufig, aber mehrheitlich ohne tötliche Folgen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Deine Therapeutin nicht wieder arbeiten kann. Und wäre sie wirklich verunglückt, hättest Du das schon mitbekommen, denke ich. Wahrscheinlich hat sie einen verstauchten Fuß oder so. Ich würde versuchen, mir diese Worst-Case-Szenarien zu verbieten, wenn sie auftauchen. Und bald wirst Du sicher von ihr hören. Von weiteren Kontaktversuchen würde ich absehen. Die SMS mit Besserungswünschen finde ich ok.
Lieben Gruß!

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BluePoint
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Beitrag Fr., 05.08.2016, 21:34

Oje, das sind wirklich alles blöde Zufälle.

Ich würde sie auch nicht weiter "nerven".

Vielleicht gibt es ein Tonband oder eine Sekräterin, die Auskunft geben kann? Wie hast du sie gefunden? Evtl. ist sie bei einem "Verein" (Therapeutenverein...gibt es sowas überhaupt?) oder sonst eine Stelle die mehr über ihren Zustand weiß.

Wünsche dir alles Gute!

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Lockenkopf
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Beitrag Fr., 05.08.2016, 21:56

Wie wäre es denn ganz altmodisch einen Brief zu schrieben (und auf dem Postweg zu versenden) in dem Du mitteilst vom Unfall gehört zu haben und Gute Besserung wünschst. Und du bittest deine Therapeutin, sich bei dir zu melden sobald sie glaubt absehen zu können, ab wann sie dir weitere Sitzungen anbieten kann.
Liebe Grüße
Lockenkopf

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