Was braucht's für eine Änderung?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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candle.
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Beitrag Mi., 08.06.2016, 13:58

stern hat geschrieben: Wenn man selbst zahlt, ist man sich vielleicht bewusster, dass manche Ressourcen begrenzt sind (hier Geld... außer man unendlich davon viel)... und da man auch einen Verzicht verbucht, wiegt dass dann evtl. doch etwas anders, wenn nicht einmal etwas drumherum kommt.
Naja, aber schau mal wann man zum Selbstzahler wird? Jetzt mal unabhängig davon, dass es in Österreich anders läuft.

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ziegenkind
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Beitrag Mi., 08.06.2016, 13:59

schrill: geiseln, manipulieren, labern, die einen wollen Effizienz, die anderen haben Werte ... doch, finde ich schrill, voll von binären oppositionen und präsuppositionen.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.


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isabe
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Beitrag Mi., 08.06.2016, 14:16

stern:
Über dieses Problem denke ich auch oft nach: dass für jeden Wunsch, für jeden Plan und für jede angestrebte Veränderung immer weniger Zeit bleibt. Heute schon weniger als gestern. Nur habe ich mich, vielleicht ironischerweise, dann bewusst entschieden, mich NICHT davon irritieren zu lassen, was aber auch mit meinen persönlichen Erfahrungen zu tun hat. Ich hatte früher nie die Ruhe bekommen, die ich gerne gehabt hätte und wohl auch gebraucht hätte. Jetzt nehme ich sie mir. Das bezieht sich ja nicht nur auf eine Psychotherapie, sondern auf alles, was man tut.

Ich hatte mal einen Job, den ich so anfing, dass ich dachte, ich müsste besonders schnell lernen und besonders viel am Arbeitstag schaffen, was auch mit meiner Unsicherheit zusammenhing über meinen "Wert" als Arbeitskraft. Glücklicherweise war das Erste, was ich dort überhaupt gelernt habe: "Fangen Sie hier gar nicht erst an, alles schaffen zu wollen und sich zu stressen. Da kommen Sie sonst nie raus". Das hat mir geholfen, zu meinem eigenen Tempo zu stehen, das meinem Wesen entspricht. Es mag sein, dass andere Menschen schneller laufen, schneller lernen, schneller ihre Therapie beendet haben, aber mir ist wichtiger, mein Tempo zu finden. Schließlich weiß niemand, wie viel Lebenszeit ihm bleibt. Man kann heute sterben oder in fünf Jahren oder in fünfzig Jahren. Da macht die Frage, ob man nun drei Jahre Therapie hatte oder sechs Jahre, keinen großen Unterschied. Vor allem nicht, wenn man diese Zeit für sich gewinnbringend nutzt, und sei es nur in kleinen Schritten.


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isabe
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Beitrag Mi., 08.06.2016, 14:47

Tristezza:
Die Beispiele, die der Therapeut nennt, sind genau das, worauf ich hinauswollte (ohne es zu wissen). Ich vermute, es gibt bestimmte Erfahrungen, bestimmte Momente in der Begegnung mit dem Therapeuten, die so vieles auslösen, auch wenn der Moment selbst relativ klein ist oder zu sein scheint.

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Alyssa
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Beitrag Mi., 08.06.2016, 17:37

ziegenkind hat geschrieben:schrill: geiseln, manipulieren, labern, die einen wollen Effizienz, die anderen haben Werte ... doch, finde ich schrill, voll von binären oppositionen und präsuppositionen.
Wie im realen Leben eben

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stern
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Beitrag Mo., 13.06.2016, 07:00

??? Effizienz schließt Werte doch nicht unbedingt aus. Und ja, Psychotherapie ist begrenzt.... und daher finde ich es vernünftig, wenn man Begrenzungen verschiedener Art auch im Blick halt... ein seriöser Therapeut macht das sehr vermutlich auch und suggeriert nicht Grenzenlosigkeit. Effizienz bezieht sich übrigens nicht nur auf Zeitfragen, am Rande bemerkt.
Zuletzt geändert von stern am Mo., 13.06.2016, 07:11, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße
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stern
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Beitrag Mo., 13.06.2016, 07:10

Wandelröschen hat geschrieben:Es mag sein, aber es kann auch genau das Gegenteil vorliegen: Vielleicht ist ja gerade derjenige, der weiß, ich habe nur das Kassenkontingent zur Verfügung, eher bereit, die Beine in die Hand zu nehmen und forciert an sich und seine Probleme zu arbeiten (ja, Therapie ist Arbeit), die zur Verfügung stehenden Stunden effektiv zu nutzen.
Kann sein. In jedem Fall sehe ich es so, dass Mitarbeit wichtig ist - wenn sich etwas ändern soll. Reines rezeptives Konsumieren (z.B. eines Beziehungsangebotes) dürfte nicht sehr effizient sein, vermutlich noch nicht einmal effektiv.
Liebe Grüße
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isabe
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Beitrag Mo., 13.06.2016, 07:16

Ich denke mir das so: Eine Mutter sagt ihrem Kind doch auch nicht permanent: "Ich bin aber nur bis zum 18. Geburtstag für dich da". Wobei es weniger um die Worte geht, denn die sind ja zweifellos vom Grundsatz her richtig, sondern um die "hintere" Botschaft, die das Begrenzende (unnötigerweise) betont. Das hat immer was von einem "ja, aber..." - wobei das "aber" zur eigentlichen Botschaft wird und das "ja" nur dazu dient, das "aber" nicht zu schlimm zu machen. Ein Patient, der von seinen Eltern zu wenig Halt bekommen hat, wird sich nun leider unter Umständen auf dieses "aber" stürzen müssen, weil genau DAS der wunde Punkt in seiner Entwicklung ist.

Und dann kann es passieren, dass Therapeut und Patient um diese Sätze streiten, obwohl sie inhaltlich ("die Therapie IST begrenzt") gar nicht voneinander abweichen. Der hyperempfindliche Patient wird dieser an sich simplen Tatsache aufgrund seiner eigenen Geschichte eine Bedeutung geben. Und so, so denke ich mir das, kan die ursprüngliche Verletzung nicht wirklich überwunden werden.


ziegenkind
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Beitrag Mo., 13.06.2016, 07:43

meine therapeutin hat solche begrenzungssätze nie gesprochen. vielleicht wäre auch darüber nachzudenken, wie bedrängend und übergriffig ein patient, eine patientin ist, damit sie gesprochen werden müssen. natürlich kann es auch immer therapeuten geben, die sich zum falschen zeitpunkt und auf die falsche art abgrenzen.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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stern
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Beitrag Mo., 13.06.2016, 07:53

Es ist ja auch nicht nötig, das permanent zu betonen... schon gar nicht, wenn Konsens darüber besteht, dass eine Psychotherapie keine grenzenlose Angelegenheit ist.

Und mal abgesehen, dass eine PT auch keine Eltern-Kind-Beziehung ist: Eltern setzen auch Grenzen (und müssen das in aller Regel auch)... und können sich nicht grenzenlos kümmern. Wie gesagt: Das ist praktisch schon gar nicht durchführbar... würde man das jedoch versuchen, so käme das wohl unguter Verwöhnung gleich.

Nun, mit wunden Punkten ist man gut in einer Therapie aufgehoben... kann man dann ja bearbeiten... das bedeutet aber nicht, dass erlittene Mängel dadurch wett gemacht werden, indem man so tut als gäbe es keine Begrenzungen. Ich glaube tatsächlich, dass ein Therapeut, der unrealistische Illusionen aufbaut, kein guter Therapeut ist... und von der Nichtexistenz von Begrenzungen auszugehen, wäre eine Illusion. Wenn stillschweigender Konsens besteht, mag manches entbehrlich sein... aber wenn sich ein Patient Illusionen hingibt (oder sich in falscher Sicherheit wiegt, weil der Therapeut signalisiert, dass man ja unendlich Zeit hat, z.B.), fände ich das irgendwie unfair... denn dann ist eine Enttäuschung zwangsläufig.
Liebe Grüße
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ziegenkind
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Beitrag Mo., 13.06.2016, 07:56

in einer therapie geht es ja auch darum zu lernen. und zu lernen wäre vielleicht auch, dass grenzüberschreitung und übergriffigkeit von dem gegenüber nicht hingenommen werden, auch dann nicht, wenn sie folge dessen sind, dass man in seiner kindheit selber so etwas erlebt hat.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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Beitrag Mo., 13.06.2016, 09:48

isabe hat geschrieben:Und dann kann es passieren, dass Therapeut und Patient um diese Sätze streiten, obwohl sie inhaltlich ("die Therapie IST begrenzt") gar nicht voneinander abweichen. Der hyperempfindliche Patient wird dieser an sich simplen Tatsache aufgrund seiner eigenen Geschichte eine Bedeutung geben. Und so, so denke ich mir das, kan die ursprüngliche Verletzung nicht wirklich überwunden werden.
Ist das nicht der therapeutische Normalfall, dass man auf die wunden Punkte in der eigenen Geschichte empfindlich reagiert? Die Frage ist wohl eher, wie bearbeitet man das. Wenn die Therapie daran scheitert (und das tun Therapien vermutlich vornehmlich an den eigenen sensiblen Themen), so halte ich es in der Tat für unwahrscheinlich, das zu überwinden. Aber ansonsten... ich denke, hier hat jeder seine hyperempfindlichen Punkte. Und ich glaube auch nicht, dass Therapie den Anspruch hat, diese absolut zu vermeiden. Ein Therapeut kann damit therapeutische wertvoll umgehen oder weniger therapeutisch wertvoll. Auf Patientenseite wohl das gleiche: konstruktiv oder destruktiv. Untherapeutisches Therapeuten-Verhalten kann ebenso wie destruktives Patientenverhalten eine Änderung verunmöglichen.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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