Analyse Mann oder Frau

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Analyse Mann oder Frau

Beitrag Di., 10.03.2015, 09:35

Hallo liebe Forumsmitglieder,

ich will demnächst eine Analyse machen. Nun weiß ich aber nicht, ob ich zu einer Frau oder einem Mann gehen soll.
Zuletzt hatte ich schon eine Probesitzung bei einem Mann, aber ich fühlte mich nicht so gut aufgehoben. Generell habe ich zu Männern kein gutes Verhältnis und ich glaube, das ist keine gute Voraussetzung, um Analyse bei einem Mann zu machen, denn man sollte sich ja schon gut aufgehoben fühlen. Wenn ich aber zu einer Frau gehe, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass ich mich schnell in sie verliebe. Und wie soll man so eine unerwiderte Liebe in einer Analyse aushalten, wenn man die Therpeutin oft sieht und sie nicht haben kann? Nun weiß ich nicht, was ich tun kann....

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leberblümchen
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Beitrag Di., 10.03.2015, 10:19

Die grundsätzlich wichtigen Gedanken hast du dir ja schon gemacht: Bei mir ist es ähnlich, nur andersherum: Ich habe starke Abneigungen gegen Frauen und entwickle eher schnell starke Gefühle für Männer - normalerweise. Ich mache gerade meine 2. Analyse, und auch wenn ich mich nicht sexuell in die Therapeuten verliebe, habe ich starke Phantasien diesbezüglich, sodass ich schon befürchtet habe, ich müsste tatsächlich mal zu einer Frau gehen - bis ich dann bemerkt habe, dass ich privat auch für eine Frau ähnliche Gefühle entwickelt habe, was mich beruhigt hat: festzustellen, dass das nicht definitiv und ausschließlich an das Geschlecht gebunden ist, sich zu verlieben, erotische Phantasien zu entwickeln.

Was ich sagen will: Vielleicht wirst du in deiner Analyse feststellen, dass du etwas fühlst, was du nie für möglich gehalten hättest: Zum Beispiel kann man auch eine Mutterübertragung auf Männer bekommen; ich hab mich danach gesehnt, am 'Busen' meines Therapeuten zu kuscheln. Ich glaube, das ist das Wesentliche einer Analyse: dass Gefühle und Sehnsüchte hochkommen, die in dir sind - und das muss sich nicht nach dem Geschlecht des Therapeuten richten.

Andererseits: Wenn du schon vorher eine Aversion gegen Männer hast, könnte es schwierig werden, das nötige Vertrauen in den Analytiker zu entwickeln. Da müsstest du abwägen, denn die negative Übertragung an sich ist ja auch wichtig; du könntest mit ihm dann gerade deine Schwierigkeiten mit Männern reflektieren - aber in welchem Maße dir das möglich ist, wirst du selbst am besten wissen. Nicht so günstig klingt es meiner Meinung nach, wenn du nur zu einem Mann gehst, um dich nicht in die Frau zu verlieben - besser wäre es, wenn du irgendwas Positives am Mann als Therapeuten sehen könntest, vielleicht. Wenn das nicht so ist, würde ich vielleicht doch eher zu einer Frau gehen und mit ihr dann das Verliebtsein 'durchmachen' - damit können Therapeuten in der Regel umgehen, und du wärest nicht die erste und letzte Patientin, der das passiert. Auch da müsstest du wieder wissen, wie du mit einem Verliebtsein umgehen kannst: Kann ja sein, dass du mit den Grenzen gut umgehen kannst.

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luftikus
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Beitrag Di., 10.03.2015, 10:29

Ich glaube, da kann dir niemand eine objektive Antwort geben, weil das von der jeweiligen individualistischen Einstellung und den jeweiligen Bedürfnissen abhängt.
Ich persönlich muss zugeben, dass ich mit Frauen eher schlechte Erfahrungen gemacht habe (im psychotherapeutischen und psychiatrischen Kontext). Seitdem ich mal in einer Krisensituation von einer Psychiaterin total heruntergeputzt wurde (nach dem Motto "Stellen Sie sich nicht so an!"), kommt eine Frau für mich persönlich nicht mehr in Frage.

Aber das ist meine ganz persönliche Wahrnehmung.

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mitwacherin
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Beitrag Mi., 11.03.2015, 06:42

Danke für die Beiträge. Was ich aber auch noch nicht verstanden habe: soll es so sein, dass sich der Patient bei der Analyse in den Therapeuten verliebt oder nicht? Ich frage, weil ich von Therapeuten in Bezug auf Analyse 2 konträre Standpunkte dazu gehört habe.

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leberblümchen
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Beitrag Mi., 11.03.2015, 08:44

Aaaaaaaaaaaaalso: Es sollte so sein, dass sich Gefühle einstellen, denn es geht um Gefühle. Ohne diese Gefühle kann eine Analyse nicht wirklich funktionieren, denn es handelt sich nicht um einen intellektuellen Austausch oder über eine Wissensvermittlung - sonst könnte man ja ein Buch lesen. Es geht dabei um alle möglichen Arten von Gefühlen: schöne und weniger schöne. Verliebtsein ist EIN Gefühl, das sich einstellen kann. Es ist zwar irgendwie ein Rätsel, WARUM diese Übertragung sich einstellt, aber es lässt sich halt gut damit arbeiten - vorausgesetzt, die Gefühle sind nicht so stark, dass der Patient in ihnen absäuft. Konkret: Wenn sich der Patient verliebt und dabei immer auch einen Schritt zur Seite - sozusagen aus diesem Gefühl heraus - treten kann, um darüber zu sprechen und immer mehr oder weniger fröhlich weiter assoziieren kann, dann ist das eher förderlich. Wenn der Patient aber nichts anderes mehr im Kopf hat als die Frage: "Was ziehe ich heute an und wie kriege ich sie / ihn am besten rum?" oder: "Ich halte das nicht mehr aus, den Th. ständig zu sehen", dann ist es ja nicht mehr möglich, damit zu arbeiten.

Manchmal - hab ich mir sagen lassen - passiert das tatsächlich, und dann wäre es besser, die Therapie zu beenden. Nun verliebt man sich aber - auch bei großer Bedürftigkeit - nicht in jeden Menschen. Es wäre sicher ideal, einen Therapeuten zu finden, den man sehr sympathisch findet, dem man rasch vertrauen kann, den man für kompetent hält - und in den man sich trotzdem nicht ernsthaft verliebt. Ob man so was schon in den Vorgesprächen feststellen kann, weiß ich nicht - dazu war ich zu selten in meinem Leben verliebt...

So eine therapeutische Beziehung ist ja nicht NUR ein Übertragungsgeschehen. Es kann sein, dass sich - bei einem der beiden oder bei beiden - tatsächlich 'normale' Gefühle einstellen, warum auch immer. Das kann sehr verwirrend sein, aber diese Eventualitäten kannst du ja nicht im Voraus 'planen' oder verhindern. Aber SOLCHE Gefühle sind eher nicht erwünscht.


Eremit
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Beitrag Mi., 11.03.2015, 17:13

mitwacherin hat geschrieben:Generell habe ich zu Männern kein gutes Verhältnis und ich glaube, das ist keine gute Voraussetzung, um Analyse bei einem Mann zu machen, denn man sollte sich ja schon gut aufgehoben fühlen.
So ist es, das hast Du richtig erkannt. Insofern bist Du auf jeden Fall besser bei Frauen aufgehoben, auch, wenn die Gefahr besteht, Dich in diese zu verlieben.
luftikus hat geschrieben:Ich glaube, da kann dir niemand eine objektive Antwort geben, weil das von der jeweiligen individualistischen Einstellung und den jeweiligen Bedürfnissen abhängt.
Ich behaupte wiederum, dass das sehr wohl möglich ist. Das obenstehende Zitat ist ein Beweis dafür. Es kommt eben immer auf das jeweilige Individuum an.
luftikus hat geschrieben:[…] Seitdem ich mal in einer Krisensituation von einer Psychiaterin total heruntergeputzt wurde (nach dem Motto "Stellen Sie sich nicht so an!"), kommt eine Frau für mich persönlich nicht mehr in Frage.
Ich musste ähnliche Erfahrungen machen, wobei in meinem Fall auch noch sexuelle Belästigung durch Psychopathologinnen hinzukam. Insofern kommen auch für mich nur noch Männer infrage.
leberblümchen hat geschrieben:Es kann sein, dass sich - bei einem der beiden oder bei beiden - tatsächlich 'normale' Gefühle einstellen, warum auch immer. Das kann sehr verwirrend sein, aber diese Eventualitäten kannst du ja nicht im Voraus 'planen' oder verhindern.
Kommt immer auf den jeweiligen Patienten an. Ich habe gelernt, die Gefühle quasi "zuhause zu lassen", das klappt für mich ganz gut.

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Thread-EröffnerIn
mitwacherin
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Beitrag Mo., 16.03.2015, 18:09

Und ich hätte noch eine Frage: Mir hat mal eine Therapeutin gesagt, dass es bei einer Analyse dazu kommen kann, dass es dem Patienten schlechter geht als vorher. Wie kann das passieren bzw. was kann da schiefgehen? Was genau vollzieht sich da?


pandas
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Beitrag Mo., 16.03.2015, 18:43

Nun ja, in der Regel treten die Bilder der Belastungen aus der Kindheit und Jugend nach dem Auszug in den folgenden Jahrzehnten zumindest etwas zurück, auch wenn sie weiter schwer belasten und destruieren.
Jedoch werden sie in einer Analyse auf jeden Fall präsenter und noch präziser in ihrer Bildhaftigkeit, aber aufgelöst wird die Schwere der Belastung desöfteren dadurch gerade nicht.
Es kann passieren, dass man folglich noch viel mehr an die belastenden Geschichten denkt und so noch weniger im Bezug zum Jetzt steht.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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peppermint patty
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Beitrag Sa., 21.03.2015, 23:02

...und zudem, dass es sein kann dass auch eine Analytikerin eine falsche Diagnose stellt und insofern falsch behandelt.

...oder auch, dass sie meint dieses und jenes müsste helfen und dies absolut aufZWINGt was aber absolut kontraproduktiv ist und die Problematik weiter verschärft. Soweit, dass daraus eine jahrelange Arbeitsunfähigkeit resultiert - wo es vorher eine Arbeitsfähigkeit gab.

Beides ist mir geschehen!

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