Psychotherapie heilt - Wunschdenken oder Realität?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

Jenny Doe
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Beitrag Di., 04.03.2014, 09:44

@ Broken Wing
Die Therapie ist bald vorüber. War eine nette Zeit. Verlängern will keiner von uns. Ich fang wieder eine an, wenn sich Frust angestaut hat
Ich sags ja, ... Therapie kann helfen, ... auch bei individuellen "Therapiezielen"

Ich finde es okay, wenn du sagst, dass es dir nicht hilft.
Mir helfen auch die komischen Darmtabletten nicht, obwohl sämtliche Patienten im Internet auf sie schwören. Ich gehe jetzt zum Aldi und kauf mir Traubensaft. Wirkt bei mir besser als die Medikamente, die sich in Studien als wirksam erwiesen haben.
Jeder Jeck ist halt anders, ... und das nicht nur im Karneval
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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leberblümchen
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Beitrag Di., 04.03.2014, 10:11

Eremit, ich glaube, das ist WIRKLICH so! Ich selbst schwanke auch immer zwischen "ist bestimmt nur psychisch" und "ich werde ganz sicherlich an Krankheit xy sterben" - und je nachdem, wie ich dann beim Arzt aufschlage, redet er mir auf jeden Fall das Gegenteil ein - funktioniert bei jedem Arzt, glaube ich. Ist mir aber noch nie so aufgefallen

Ich glaube, allerdings nicht, dass das am Narzissmus liegt, sondern vielleicht eher daran, dass sie auf keinen Fall etwas übersehen wollen, also aus rein fachlichen Gründen.

Meine neueste Taktik sorgt allerdings für Verwirrung, denn ich sage immer: "Ich bin bekennender Hypochonder, habe aber trotzdem folgendes medizinisches Problem..."; ich glaub, damit können viele Ärzte nicht umgehen, weil sie dann nicht wissen, auf welchen Zug sie aufspringen sollen.

Ist übrigens dasselbe Thema beim Therapeuten: Sagt ein Patient, dass er Angst vor dem Ende hat, bekommt er einen Tritt in den Hintern. Sagt er, dass er ja eigentlich fast geheilt ist und daher gehen kann, rollt man ihm einen roten Teppich aus.

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Broken Wing
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Beitrag Di., 04.03.2014, 11:27

@ JennyDoe: So kann man auch jede (Be)Handlung rechtfertigen. Schließlich hilft alles irgendwo.

@ Stern: Ich gehe doch nicht hin und sage, dass ich Frust ablassen will. Wer sagt, dass ich nicht motiviert bin? Das ist nur eine Masche derer, die eigentlich keine Therapie bräuchten, weil sie es offensichtlich auch ohne geschafft hätten.
Bitte nicht Ursache und Wirkung verwechseln. Ich bin erstmal Ahnungslos in Therapie gewesen und bin nach und nach zu der Überzeugung gelangt, nicht umgekehrt. Gspräche helfen, ja. Das kennt man von Freunden. Nur kann ich bei Freunden nicht verlangen, dass sie sich an bestimmten Zeiten um mich zu kümmern haben und ich ihre Leistung auch beurteile. Bei Therapeuten schon, und das Urteil ist halt relativ ernüchternd.

@ Viciente: Das kommt ganz auf die Definition von psychischer Erkrankung an. Tatsächlich wurde bei mir von vorübergehender Frustration bis Borderline ziemlich alles diagnostiziert.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]


Jenny Doe
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Beitrag Di., 04.03.2014, 11:52

@ Broken Wing
So kann man auch jede (Be)Handlung rechtfertigen. Schließlich hilft alles irgendwo.
Nicht böse sein! War nur ein kleiner Scherz von mir

Ich kann dich durchaus verstehen. Kenne das Gefühl, dass Therapie nicht hilft und schadet selber. Nur habe ich, zum Glück, auch andere Erfahrungen gemacht. Ich würde heute in keiner Therapie mehr verweilen, die mir nicht hilft. Lieber nehme ich mir die Zeit und die Nerven, den für mich richtigen Therapeuten zu finden.
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sandrin
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Beitrag Di., 04.03.2014, 11:54

Ich muss Broken Wing in folgenden Bereichen leider Recht geben:

Oftmals "hilft" eine Therapie nur deshalb, weil sie eben eine Möglichkeit ist, sich auszusprechen. Es gibt doch viele, die ohne Therapie nicht leben können, weil sie sonst keinen Gesprächspartner haben. Das ist eine völlig verständliche Reaktion, jeder braucht doch einen Zuhörer. Ein menschliches Bedürfnis, nichts Verwerfliches. Nur glaube ich schon auch, dass das wenig mit "Heilen" zu tun hat. Aber immerhin - es entlastet.

Auch in Bezug auf die Definition psychischer Erkrankungen habe ich dieselben Erfahrungen gemacht. Wenn man zu fünf verschiedenen Therapeuten geht, wird man fünf verschiedene Diagnosen erhalten. Und auch bei mir war da von simpler Anpassungsstörung bis Persönlichkeitsstörung alles dabei. Ich zweifle die Objektivität, Reliabilität und Validität psychischer Diagnosen inzwischen massiv an und nehme diese auch nicht mehr für bare Münze.

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Broken Wing
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Beitrag Di., 04.03.2014, 13:50

@ Sandrin: Wieso nur 5? Mindestens. Kann ja sein, dass der Therapeut dich anfangs idealisierte und du ihn enttäuscht hast, durch deine Weigerung, mitzuarbeiten, sodass er die Diagnose Anpassungsstörung ändern musste auf eine Persönlichkeitsstörung, am besten auch noch noch eine nicht näher bezeichnete, oder wie das ding mit einer 9 am Ende heißt?
Spaß bei seite. Ich stimme dir in deinen Ansichten einfach nur zu. Dabei habe ich kein Problem damit, krank zu sein, selbst wenn dies Nachteile für mich hätte.
Ich will aber nicht, dass in Wirklichkeit Ahnungslose mir meine Welt erklären, auch dann nicht, wenn ich sie mir nicht erklären kann. Stimmt, Entlastung hat nicht mit viel mit Heilung zu tun, ebenso wenig mit Wahrheit, aber das ist ein anderes Thema. Finden wir uns einfach damit ab, wir haben noch keine Ahnung davon, wie der Mensch tickt und folglich ist jegliche Schlussfolgerung aus einer unbewiesenen, möglicherweise falschen Behauptung beliebig.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]


montagne
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Beitrag Di., 04.03.2014, 14:33

Ich habe das ehrlich gesagt nie so erlebt, dass mir in der Therapie suggeriert wurde, der andere könne mich heilen oder der andere könne oder wolle mir meine Welt oder die Welt erklären. Ich glaube auch, dass geht garnicht.
Eher nehme ich es als Unterstützung war, um meinen Weg gehen zu können, was sonst nicht in der Art möglich wäre, da das Setting ja schon spezielle Vorteile (sicher auch Nachteile) hat. Da ist jemand, der ist handlungsentlastet und hoffentlich ausgebildet genug, um sich dem zu stellen, was man mitbringt.

Auf die Art ist dann aber schon eine Veränderung möglich, die man als Heilung bezeichnen kann. Das nach größeren Verletzungen Narben zurück bleiben, ja gut.
amor fati


Eremit
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Beitrag Do., 06.03.2014, 06:28

leberblümchen hat geschrieben:Ich glaube, allerdings nicht, dass das am Narzissmus liegt, sondern vielleicht eher daran, dass sie auf keinen Fall etwas übersehen wollen, also aus rein fachlichen Gründen.
Habe ich schon überprüft. Gehe mal mit einem Beschwerdekomplex zum Arzt und zähle ALLE Ursachen auf, die Du dafür finden kannst. Dann hat der Arzt zwei Möglichkeiten:

1.) Er erklärt Dich zum Hypochonder und schickt Dich einfach wieder weg, auch, wenn Du z.B. blutende Ausschläge im Gesicht hast. Die Härte haben die meisten Ärzte, habe ich schon selbst erlebt.

2.) Er kontert mit einer haarsträubenden Diagnose. Sowas in der Schwere wie: Dein kleiner sowie der Ring-Finger sind vollkommen taub und gelähmt. Seine Diagnose: Haarspliss.

Die Diagnose muß schnell gehen und immer möglichst vorangehenden Diagnosen anderer Ärzte widersprechen. So genau ist kein Arzt, daß er WIRKLICH auch nur 10% der möglichen Ursachen durchgeht. Sowas wie Dr. House ist reinste Fiktion.
leberblümchen hat geschrieben:Meine neueste Taktik sorgt allerdings für Verwirrung, denn ich sage immer: "Ich bin bekennender Hypochonder, habe aber trotzdem folgendes medizinisches Problem..."; ich glaub, damit können viele Ärzte nicht umgehen, weil sie dann nicht wissen, auf welchen Zug sie aufspringen sollen.
Hm. Das muß ich auch mal probieren. Gute Idee!
leberblümchen hat geschrieben:Ist übrigens dasselbe Thema beim Therapeuten: Sagt ein Patient, dass er Angst vor dem Ende hat, bekommt er einen Tritt in den Hintern. Sagt er, dass er ja eigentlich fast geheilt ist und daher gehen kann, rollt man ihm einen roten Teppich aus.
Richtig. Auch bei Therapeuten funktioniert das genauso gut. Hauptsache, die meisten haben etwas "umzudrehen". Dann sind sie ganz glücklich. Deswegen bringt bei mir keine Therapie etwas, weil es mir so überaus leicht fällt, sie an der Nase herumzuführen. Ich kann kein Vertrauen in die Fähigkeiten eines Therapeuten haben, wenn ich ihn beliebig manipulieren kann - noch schlimmer - ihn manipulieren MUSS, damit er mich erkennt, durch Doppel- oder Dreifach-Spiele. Ich will ja eins mit mir werden und mich nicht weiter aufspalten...

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weisserAdler
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Beitrag Do., 06.03.2014, 07:16

"...dem Titel dieses Thread´s anhängend":
Man wird erfahrener, wieder um etwas reicher,
und in wie fern es einem hilft oder "von etwas heilt" wird wohl erst der weitere Lauf des Lebens zeigen.

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Tristezza
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Beitrag Do., 06.03.2014, 09:42

Eremit hat geschrieben:Ich kann kein Vertrauen in die Fähigkeiten eines Therapeuten haben, wenn ich ihn beliebig manipulieren kann - noch schlimmer - ihn manipulieren MUSS, damit er mich erkennt, durch Doppel- oder Dreifach-Spiele.
Eine interessante Einstellung, die man auch als Übertragung oder als verzerrte Kognition interpretieren und entsprechend in einer Psychoanalyse oder Kognitiven Verhaltenstherapie bearbeiten könnte ...


winston73
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Beitrag Di., 24.06.2014, 02:04

sandrin hat geschrieben: Auch in Bezug auf die Definition psychischer Erkrankungen habe ich dieselben Erfahrungen gemacht. Wenn man zu fünf verschiedenen Therapeuten geht, wird man fünf verschiedene Diagnosen erhalten. Und auch bei mir war da von simpler Anpassungsstörung bis Persönlichkeitsstörung alles dabei. Ich zweifle die Objektivität, Reliabilität und Validität psychischer Diagnosen inzwischen massiv an und nehme diese auch nicht mehr für bare Münze.
Das kann ich aus meiner naturwissenschaftlichen Sicht auch nur jedem raten.
Die Objektivität muß man nicht nur anzweifeln, die ist schlichtweg nicht vorhanden, weil sie nicht vorhanden sein kann. Vielmehr ist es die Privatmeinung einer Person über eine andere. Mit objektivierbarer Wissenschaft hat das gar nichts zu tun.
Insofern muß ich auch hinterfragen - wenn hier jemand sagt, daß ihm PT geholfen hat - wie ist objektivierbar, daß es die PT war, die geholfen hat ? Studien gibt es auch über die vermeintliche Wirksamkeit von Homöopathie.

Ich wollte auch noch zu einem anderen Punkt etwas sagen - nämlich zum Thema Diagnostik Mediziner/Psychotherapeut:
Der größte Fehler, der meiner Meinung nach heute passiert ist, daß alles, was medizinisch nicht diagnostizierbar/meßbar/feststellbar ist, automatisch mit einer psychischen Ursache begründet wird. Auch das ist wissenschaftlich nicht korrekt. Denn nur, weil etwas nicht körperlich nicht diagnostizierbar ist, heißt das eben noch lange nicht, daß es keine körperliche Ursache geben kann und noch weniger, daß es mit Sicherheit eine psychische Ursache hat.
Da braucht man sich doch nur die Geschichte ansehen. Früher konnte man einige Dinge auch nicht diagnostizieren bzw. ursächlich begründen - aber nur deshalb, weil man eben noch nichts darüber wußte. Heute tut man aber so, als wüßte man, daß es in jedem Fall ein psychisches Problem sein muß, wenn eben nichts körperliches gefunden wird. Und in Wahrheit weiß es aber genau niemand - vielmehr hat es sich etabliert, weil diese Ansicht möglichst oft so verbreitet wurde.
Und einmal beim Psychotherapeuten angekommen, kommen dort die Leute nicht mehr so schnell weg. Weil bei der Vielzahl an "Diagnose"-Möglichkeiten ist für jeden etwas dabei. Daß dann ein PT auf die Idee kommt, daß ein Problem körperlicher Natur sein könnte, ist glaube ich eher eine Illusion.

Und die Mediziner machen es kaum besser: Die fahren nämlich schon alleine aus Zeitgründen das 0815-Programm mit dem vorrangigen Ziel, daß jeder wieder möglichst schnell aus der Praxis verschwindet. Und sind teilweise auch betriebsblind.
Ich habe im Bekanntenkreis einen Fall, wo eine Frau mit immer wieder auftretenden Hautauschlag schon mit sämtlichen Salben und Pulvern eingedeckt wurde. Die allesamt nicht helfen oder eben nur symptomatisch. Auf die Idee, daß es sich um eine Nebenwirkung der schon zuvor vorhandenen Medikamente handeln könnte, kam noch keiner, obwohl es bei dieser Art von Medikamenten durchaus vorkommen kann. Den Rat einen PT aufzusuchen gab es allerdings schon. Der hat nämlich den unschätzbaren Vorteil, daß der Patient mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht wieder dort auftaucht, um dem Arzt zu schildern, daß auch Medikament XY nicht geholfen hat.
Und bei den Medizinern wird auch allerhand esoterischer oder sogenannter ganzheitlicher Unsinn angeboten. Dafür gibt es zwar nicht den geringsten Wirkungsnachweis, aber es füllt die Kasse und eignet sich wunderbar für Kandidaten, wo man ohnehin nichts objektivieren kann.

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Tupsy71
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Beitrag Mi., 25.06.2014, 08:48

mh, also meine Thera sagt mir immer, dass sie mich auf meinem Weg sozusagen begleitet und mir zur Seite steht-sozusagen-, also ich meine das ist für mich schon irgendwie hilfreich-denk-

Weiß nciht ob Therapie jetzt als Heilmittel betrachtet werden kann, doch als Stütze um den Weg zu finden und zu gehen, schon.

Nur mal so ein GEdanke
Tupsy

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