Komplimente von Therapeuten

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

chaosfee
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Beitrag Fr., 08.11.2013, 22:29

Pantoffeltierchen hat geschrieben:Wie ein Papa, der sagt, "pass auf, dass der dich nicht ausnutzt"
leberblümchen hat geschrieben:Hört sich hier eher so an wie: "Passen Sie auf sich auf!"
Da habt ihr beiden wahrscheinlich recht. Ich habe auch versucht es so zu verstehen. Mit fällt jetzt auch ein, dass er in kritischen Lebenssituationen schon zuvor ein, zwei Mal zum Ende der Stunde so einen besorgten, fast väterlich-freundschaftlichen Zug angenommen hat, was eigentlich nicht zu seiner sonstigen emotionalen Neutralität passt.

Aber im Grunde haben mir diese eindringlichen Sätze immer gut getan. Und wenn ich ganz ehrlich bin, höre ich mit irgendeiner Faser meines Körpers natürlich jedes Kompliment gerne.

Leberblümchen, das mit dem attraktiv = Sex ist ein ziemlich interessanter Hinweis, der mich zum Nachdenken gebracht hat. Da ist sicher was dran, dass man so etwas falsch verknüpft, auch dort, wo es nicht angebracht ist. So eindeutige Komplimente für mein Äußeres versetzen mich auch bei anderen Männern in einen Alarmzustand.

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chaosfee
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Beitrag Fr., 08.11.2013, 22:35

Elena, ich denke, das Herauszuschneiden würde ich meinem Thera nicht zutrauen.

Wenn es mal passt, spreche ich es an, aber ich möchte das Thema eigentlich nicht größer machen, als es ist.

Übrigens: An das Mitlaufen des Bandes (keine Kamera) gewöhnt man sich, vor allem, wenn man zu ersten Mal den Vorteil dieser ganzen Aufzeichnung erfährt. Ich kann z.B. immer, wenn ich möchte, eine Stunde mit nach Hause bekommen. Praktisch vor allem wenn man hin und wieder mal dissoziiert...


Sudek
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Beitrag Sa., 09.11.2013, 06:11

(e) hat geschrieben:... und zwar immer sachlich begründet, sodass ich sie glauben kann ...
Und wenn DIR ein Kompliment rein emotional - vielleicht sogar "unsachlich" - gemacht wired, dann glaubst Du es nicht? Könnte ein rein emotionales Kompliment nicht deutlich ehrlicher sein?

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(e)
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Beitrag Sa., 09.11.2013, 08:02

Na ja, es kommt darauf an, ob es mir glaubhaft vorkommt. Ich tendiere schon eher dazu, es dann als reine therapeutische Tätschel-den-Patienten-Geste wahrzunehmen.
Lieben Gruß
elana

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LovisTochter
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Beitrag So., 10.11.2013, 05:29

Könnte es eventuell sein, dass hier zu viel auf die Goldwaage gelegt wird?

Werden Sätze oder Komplimente von Freunden auch so kritisch beobachtet?
Liebe Grüße,
LovisTochter
Wer nicht auf seine Weise denkt, denkt überhaupt nicht. (Oscar Wilde)


chaosfee
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Beitrag So., 10.11.2013, 13:58

LovisTochter, wenn du damit mich meinst: ich finde nicht, dass die Beziehung zu meinem Therapeuten mit der zu einer Freundin oder einem Freund vergleichbar ist, daher auch nicht die Aussage zu meiner Attraktivität. In einer Freundschaft stellt sich die Frage, ob eine Aussage zur Attraktivität dort etwas zu suchen hat, nicht.

chaosfee

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Brighty
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Beiträge: 92

Beitrag So., 10.11.2013, 16:35

Kann sein, dass das nicht so ganz hierher passt, und ich will auch wirklich niemanden schocken oder das, was schon geschrieben wurde, in ein anderes Licht tauchen.
Ich weiss nur gerade nicht, ob es hier erwünscht ist, seine Sachen möglichst in bestehenden Therads unterzubringen, oder lieber ein neues Thema anzufangen.
Zu "Missbrauch" in der Therapie oder "Grenzenlose Therapeutin" paßt es jedenfalls nicht, und bei mir ist es eh meistens so, dass ich froh bin, wenn ich mich bisschen verstecken kann, kindisch, ich weiss.
Meine Thera hat mir auch immer Komplimente gemacht, und ich verstehe jetzt, nachdem ich das hier gelesen habe, besser, wieso. Auch wenn diese meist auf Klamotten oder Frisur bezogen waren, hatte das auf jeden Fall therapeutischen Zweck.
Ich habe die einfach angenommen, bis ich an einem Abend gemerkt habe, dass sie mich unentwegt ansah, sich dabei in den Haaren rumfummelte. Ich meine, ein bisschen Körpersprache kann ich auch, und was sie dabei sagte, war relativ sinnfrei. Es war wirklich nur an einem Abend so, aber dannach war die Beziehung kaputt. Sie wurde hart, ich kam nicht von ihr los. Habe sich versucht, es anzusprechen, mehrmals, das ging bei ihr immer schon nach dem 1. Satz in Richtung "krank", da gab's kein Reden.
Was ich von ihr gelernt habe, brauche ich dringend, und es kommt mir auch jetzt wieder vor wie ein Verrat, wenn ich darüber schreibe. Habe mit meinem Erzeuger ähnliches hinter mir, was das Ganze natürlich noch schwieriger macht.
Ich bin immer noch leicht zwiegespalten, die Therapie i n h a l t e kann ich jetzt annehmen, und i r g e n d w i e auch die Tatsache, dass es mir geholfen hat bei ihr, auch noch in den 3 Jahren dannach. Aber ich bin sehr misstrauisch bis aggressiv geworden, lege sogar gegenüber Familienmitgliedern oft völlig fehlplatziert die Haltung: "Leckt mich doch am A..." an den Tag. Ich habe das Gefühl, das ich die Therapie mit meinem eigenen Wert "bezahlt" habe.
Das macht sich versteckt bemerkbar, ich habe Probleme mit der Körperpflege bekommen und noch viel mehr als vorher mit Leuten, mit denen man nicht privat zu tun hat, fühle mich da schnell verarscht (was ja leider auch oft passiert, bzw passiert es seitdem andauernd :o ).
Ich kenne auch das Gegenteil zum Misstrauen: blindes, blödes Vertrauen, das ist etwas richtig durcheinandergeraten bei mir.
Ich denke, ein guter Therapeut ist absolut transzendent in sowas, ich meine, selbst wenn etwas zum therapeutischen Nutzen gesagt wird, und man findet es heraus, ist das doch nicht schlimm. Man sollte immer nachfragen können, soviel Offenheit braucht es, finde ich. Sonst macht man sich einen Kopf, wo es doch um viel Wichtigeres geht.
LG

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LovisTochter
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Beiträge: 769

Beitrag Di., 12.11.2013, 01:10

Nein chaosfee, ich bezog mich nicht nur auf Dich. Mir fiel nur auf, dass Dinge interpretiert und hinterfragt werden, die man bei anderen Menschen, z.B. Freunden eventuell einfach annehmen kann. Bei den Therapeuten wird immer hineingelegt, dass die Aussage einen tieferen Grund haben muss. Warum? Dürfen nicht auch Therapeuten einfach mal etwas an-, bzw. bemerken? Muss immer alles einen tieferen Hintergrund haben? Warum ist so wenig "normales" Gespräch mit einem Therpeuten möglich?
Zum Einstieg in die Stunde betreiben wir immer kurz Smalltalk. Auch ich wurde schon auf mein äusseres angesprochen, aber ich unterstelle da eigentlich nichts. Deshalb fiel es mir einfach auf, dass alles bewertet, analysiert und interpretiert werden muss. Nichts kann einfach mal sein. Das finde ich sehr schade!
Wer nicht auf seine Weise denkt, denkt überhaupt nicht. (Oscar Wilde)

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(e)
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Beitrag Di., 12.11.2013, 04:50

Also mein Therapeut weiß vom Äußeren her alle meine Makel, auch die versteckten, denn er ist Arzt und ich konnte deshalb gut darüber reden. Das ist sehr befreiend für mich. Er übertreibt es nicht mit den Komplimenten, nur regt er sich auf, wenn meine Mutter z. B. sagt, ich sei zu dick, was aber zutrifft, was er auch weiß. Wir reden ja auch über meine Diät. Ich kann mit ihm ganz normal über das Äußere reden wie über das Seelische, und zwar auf medizinische und psychische Weise, nicht sexualisiert. Über Beziehung und Sexualität rede ich mit ihm sachlich und verstandesmäßig, sodass sich da auch nichts erotisieren lässt.

Es würde mich aber schon auch befremden, wenn er mich auf einmal wiederholt auf meine Attraktivität ansprechen würde. Es wäre jedoch erwartbar, wenn ich mich öfter selbst als unattraktiv bezeichnen würde, ist aber nicht so. Ich habe keine Komplexe, ich sehe mich nur sachlich, das Schöne und auch das weniger Schöne, und nehme das als Gesamtpaket an. Das habe ich mit ihm auch besprochen, auch was ich persönlich als schön empfinde bei mir und einem Gegenüber, wie sehr das bei mir auch noch von den durchscheinenden inneren Werten abhängt. Als ich ihm erzählte, dass ich als Jugendliche sehr stark unter meiner damaligen Akne litt und ich mich deshalb im Vergleich zu damals geradezu schön empfinde, sagte er, dass die Akne wirklich sehr gut verheilt sei, was ich erleichtert bejahte. Ja, eben! Das war ein Kompliment an mein Äußeres, er fand mein Gesicht in Ordnung, die Haut gut verheilt, mein Makel von damals war nicht mehr erkennbar für ihn. Er wirkte erstaunt, dass so wenig zurückblieb und er es nicht von selbst erkannte.
Lieben Gruß
elana

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leberblümchen
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Beitrag Di., 12.11.2013, 08:39

LovisTochter, ich sehe das komplett anders. Ein Therapeut ist eben kein Friseur, kein Kumpel und keine beste Freundin. Da hat zunächst mal grundsätzlich alles eine Bedeutung, ob das das Zuspätkommen des Patienten ist; die Art, wie beide einander begrüßen und verabschieden; die Gespräche, die scheinbar nichts mit der Therapie zu tun haben usw. Ich sehe das als sehr große Chance, wirklich etwas über sich selbst zu erfahren.


chaosfee
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Beitrag Di., 12.11.2013, 11:08

Liebe LovisTochter,

ich seh das so: Natürlich muss man nicht jedes Wort hinterfragen. Allerdings ist mein Therapeut dafür ausgebildet und wird dafür bezahlt, dass er meine Krankheit behandelt, das ist schon mal ein essenzieller Unterschied zu anderen Menschen und Freunden. Daher unterstelle ich ihm tendenziell mehr, dass ein vermeintlich dahin gesagter Satz eine wichtige Information für mich enthält. Auf dieser Ebene arbeitet man doch in der Therapie. Der Therapeut hinterfragt auch vieles, was der Patient vermeintlich dahin sagt. Mehr noch: Es geht zumindest in der Analytischen Therapie genau darum: Dinge zu hinterfragen.

Natürlich muss so ein Satz keinen tieferen Hintergrund haben. Aber jeder Mensch - Freund, Kollege, Therapeut - hat doch eine Motivation für seine Aussage. Ein Freund möchte dir mit dem Kompliment eine Freude machen, ein Kollege für gute Stimmung im Team sorgen, und der Therapeut... bei einer potenziell sexuellen Anspielung, die bei Freunden und Kollegen durchaus im Rahmen des Möglichen läge, für einen Therapeuten aber strikt verboten wäre, finde ich ein Hinterfragen durchaus angebracht.

Für dich war es vielleicht in der jeweiligen Situation unbedeutend, wenn du auf dein Äußeres angesprochen wurdest. Andere hören so etwas vielleicht nicht oft, da bekommt eine solche Aussage schon mehr Gewicht. Und ich bin eben generell vorsichtig, weil ich meine Wirkung auf ältere Männer des Öfteren erfahren habe.

Das heißt alles nicht, dass der Therapeut keine Komplimente verteilen soll, aber genauso wie er in der therapeutischen Arbeit wie z. B. bei Deutungen seine Worte mit Bedacht wählt, unterstelle ich ihm das eben auch bei Komplimenten. Unsere Kommunikation ist nun einmal durch ihre Bestimmung und die entsprechende Rollenverteilung Klient-Therapeut geprägt, das hört vor einem Kompliment nicht auf.

Liebe Grüße
chaosfee

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