Psychoanalyse bei Borderline

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Prot
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Psychoanalyse bei Borderline

Beitrag Mi., 03.07.2013, 16:09

Hallo Ihr Lieben,

ich habe hier noch keinen Thread speziell mit diesem Thema gefunden.

Zum Thema: Ich habe schon einige gescheiterte Therapien (VT und TFP) hinter mir.Ich stehe auf einer Warteliste für eine DBT, die wird aber frühestens Mitte 2014 beginnen. Nun habe ich die Möglichkeit, eine Psychoanalyse anzufangen. Im Netzt findet man zum Thema Psychoanalyse und Borderline sehr unterschiedliche Aussagen.

Daher meine Frage: Hat ein "Bordie" hier schon einmal eine Analyse gemacht? Hat es Euch etwas gebracht oder war das Ganze eher kontraproduktiv. Klar muss ich mir die Frage stellen, ob ich wirklich die Ursache meiner Probleme angehen will. Damit werde ich mich auch auseinander setzen müssen.

Der Therapeut ist mir erstmal nicht unsympatisch (hatte heute meine erste Probestunde). Nächste Woche gibt es dann eine 2. Probestunde.

Vielleicht könnt Ihr mir mit Euren Erfahrungen weiterhelfen.

LG Prot
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nexalotte
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Beitrag Mi., 03.07.2013, 18:58

Hallo Prot,

ich habe eine Borderlinestörung und bin in einer analytischen Therapie. Meine Erfahrung ist das mir diese Form der Therapie mehr und tiefgründiger hilft als jede andere- und ich hab schon so ziemlich jede andere ausprobieren dürfen. Es ist allerdings eine so individuelle Erfahrung das ich mir nicht sicher bin ob dir das hilft. Es steht und fällt alles mit der Person des Therapeuten. Und in wie weit er /sie in der Lage ist sich auf dich ein zu stellen, wie stark oder wie durchhaltefähig er/sie/und du bist.
Oftmals ist die Rede davon das man bei Patienten mit Borderlinestörung dieses oder jenes tun oder lassen soll als Therapeut... Meine Erfahrung ist das alles was passiert passieren darf - es muss nur ehrlich und offen kommuniziert und begleitet werden. Meine letzte Therapieerfahrung mit Einsatz von Berührung und phasenweiser Nähe ist gründlich gescheitert. Ich fühle mich mit meinen Problemen in einem klaren, zwar vordergründig distanzierterem- aber ganz ehrlichen, strukturiertem Setting sehr wohl. Analytiker sind so unterschiedlich wie Gestalttherapeuten, Verhaltenstherapeuten und was es da noch alles so gibt. DBT hab ich auch gemacht, hat mir nichts gebracht. Jetzt auf der Couch fühl ich mich das erste mal wirklich angenommen und sicher.

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Luxbordie
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Beitrag Mi., 03.07.2013, 19:17

Ich hatte mit einer Analyse angefangen. Hat mir gar nichts gebracht. Die Analytikerin war zu passiv.

Mein Thera mischt wohl verschiedene Therapiearten. Ehrlich gesagt weiss ich es nicht so genau. Ich denke VT ist auf jeden Fall mit dabei. Dazu noch DBT. So wie mein Thera die DBT bei mir umsetzt klappt das eigentlich ganz gut...
LG
Luxbordie
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Anne1997
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Beitrag Mi., 03.07.2013, 20:52

Liebe Prot,

die Antwort nach den Erfahrungen mit psychoanalytischer Borderline-Therapie wird wohl immer in alle möglichen Richtungen hinauslaufen und so vielseitig sein, wie es Klienten/Patienten und Therapeuten gibt.

Die Entscheidung triffst Du ganz alleine - ungeachtet sicher mancher wertvoller Erfahrungsberichte.
Prot hat geschrieben:Klar muss ich mir die Frage stellen, ob ich wirklich die Ursache meiner Probleme angehen will.
Das ist schon mal ein wichtiger Ansatz - ohne das funktioniert keine Therapie(form), eine psychodynamische Therapieform wohl noch weniger und es bedeutet oft harte(s), schmerzhafte(s) Arbeit / Erleben.

Die Fragen, Deine Bedenken und Deine Unsicherheit würde ich vor allem auch Deinem Therapeuten gegenüber in diesen Probestunden äußern, mitteilen.
Du bist erfahren im Bereich Therapie:
  • Wie viel Struktur, Halt und Kontrolle brauchst Du für Dich in der Therapie, was wäre vom Bauchgeühl ausgehend ein "No Go"?
  • Wie wichtig ist Dir der Beziehungsaspekt zum Therapeuten? Brauchst Du ihn als Gegenüber, der mitstrukturiert, präsent und sichtbar ist (mit allen Graden an
    "Struktur") oder kannst Du lassen, kannst freier reden, auch evtl. im Liegen (trotz aller möglichen Hindernisse, Widerstände, aufkommenden Ängste ...)?
  • Welche weiteren Befürchtungen und Ängste hast Du persönlich oder kommen auf, wenn Du in Dich hineinhörst?
Innerhalb der PA gibt es auch verschiedene Strömungen und Möglichkeiten mit Borderline zu arbeiten.
Mir persönlich gefällt hier zum Teil die "Übertragungs-fokussierte Psychotherapie" (TFP; Transference-Focused-Psychotherapy) nach Kernberg und Nachfolgern,
eine eigenständige Therapieform (innerhalb und außerhalb einer PA) bzw. auch die Strukturbezogene Psychotherapie (hier findest Du einen ganz guten Artikel unter "Strukturniveau" bei Wikipedia).
Auch sie gibt es mittlerweile in unterschiedlichen Anwendungsformen.

Vielleicht können Dir ja diese Links weiterhelfen, wobei ich es für wichtiger hielte, vor allem auf Dich zu hören, nachzuspüren: Es gibt auch einige ganz gute Borderline-Foren im Internet, die Dir evtl. noch konkreter weiterhelfen können ...[/size]

In jedem Falle wünsche ich Dir alles Gute für die kommenden Probestunden.
Es sind Deine Stunden, Du solltest alle Deine Fragen und Befürchtungen formulieren dürfen (können),
nicht immer einfach ....

Abendlichen Gruß,
Anne
Zuletzt geändert von Anne1997 am Mi., 03.07.2013, 21:21, insgesamt 4-mal geändert.

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chaosfee
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Beitrag Mi., 03.07.2013, 21:04

Ich mache eine Analytische Therapie, aber keine klassische Analyse. Für mich ist es das beste, was mir passieren konnte, was sicher zum Großteil am Therapeuten liegt.

Ich habe auch verschiedene Formen ausprobiert und bin gescheitert. Ich würde zukünftig vor allem auf eines achten: dass der Therapeut seinen Schwerpunkt auf Borderline hat, denn ich habe festgestellt, dass viele Therapeuten sich überhaupt nicht damit auskennen und hanebüchene Vorurteile haben bzw. irgendwann feststellen, dass sie sich übernommen haben.

Das zweite, was ich wichtig finde, ist die Therapierichtung. Da gibt es ja zig verschiedene Schulen, Formen, Ausprägungen, im Grunde kann Analyse vieles heißen und wird die klassische Analyse ja nur noch sehr selten durchgeführt. Ich mache z.B. eine Übertragungsfokussierte Therapie (TFP) nach Kernberg, das ist ein Verfahren, das speziell für Borderline entwickelt wurde. Das solltest du den Tehrapeuten eh fragen, denn irgendein Konzept muss er ja haben, und dann kann er dir erklären, warum er denkt, dass das für dich passend ist.

Würde der Therapeut dich denn übenehmen? Kennt er deine Diagnose?

LG Chaosfee


ballpoint
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Beitrag Do., 04.07.2013, 16:41

Die Borderline-Wissenschaft steht ja leider noch in den Kinderschuhen. Hinzu kommt dass Borderliner sich nicht so schnell als therapiebedürftig sehen wie sonstwer und weniger brav die Therapietermine einhalten. Es gibt also wenig belegte Daten. Ich lese momentan eine ziemlich begeisterte Studie über analytische Therapie für Borderliner: ein Prof der Uni von Aarhus namens Carsten René Jørgensen hat 7 Jahre lang die Resultate solcher Behandlung gesammelt und bewertet. Leider wurde sie noch nicht übersetzt, aber hier und da findet man im web englische Rezensionen. Psychoanalyse, sowohl gruppenweise als individuell, soll sich wider Erwarten bestens eignen für die Behandlung der BPS. Man muss allerdings dazu sagen, dass das Therapieziel vor allem neue Arbeitsbereitschaft und neue Arbeitsfreude bei den Klientinnen war. Ob das nun der Gipfel des Glücks ist? Vielleicht. Ich finde das Buch verdient aber schon einen Preis für das wunderschöne layout, das die magische borderline Gefühlswelt so respektvoll darstellt.

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caute

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Prot
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Beitrag Do., 04.07.2013, 22:16

So, da bin ich wieder. Vielen lieben Dank für Eure Erfahrungen. Ich weiß, dass jeder Klient (was für ein passendes Wort Anne) anders tickt. Ihr habt mir aber schon ein paar Denkanstöße gegeben. Da ich mit der Zitierfunktion auf Kriegsfuß stehe, antworte ich mal in einem Rutsch.

Zunächst einmal will ich loswerden, dass ich bei der ersten Probesitzung nicht wusste, dass der Therapeut nur analytisch arbeitet. Ich bin davon ausgegangen, dass ich bei ihm auch eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie machen kann. So war ich dann überrascht und auch ziemlich unvorbereitet. Zum Beispiel kannte ich die übertragungsfokussierte Therapie bisher nicht, werde mich nunmehr etwas näher mit beschäftigen.

Ich denke, dass ich kein Problem mit einem distanzierten Setting haben werde. Und so wie Du nexalotte es auch schreibst, ein ehrliches Zusammenarbeiten und Zuverlässigkeit sind für mich Grundlage für ein Vertrauensverhältnis. Zu viel Fürsorge, zu viel Mitgefühl, zu viel Halt stoßen mich im Moment eher ab.

Kommen wir zum Problem mit der Couch. DAS ist derzeit für mich überhaupt nicht vorstellbar. Eine Sache, die ich nächste Woche klären muss. Ich meine, mich aber zu erinnern, dass es hierzu einen ziemlich ausführlichen Thread gibt, vielleicht lese ich mich da mal rein.

Der Therapeut kennt im Groben meine Therapie-Vorgeschichten und auch die Diagnose BPS und ist erstmal offensichtlich nicht abgeschreckt . Er macht einen ziemlich entspannten, ruhigen Eindruck. Selbst wenn er, so wie Du es erlebt hast Luxbordie, eher passiv wäre, würde mich dass nicht stören.

Danke auch für Deinen Buchtipp ballpoint. Englische Rezensionen könnten schwierig werden. Dazu brauch' ich dann wirklich mal eine ruhige Stunde.

Fazit: Ich warte nächste Stunde ab, werde meine Fragen stellen und dann weitersehen.

LG Prot
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Atara
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Beitrag Sa., 06.07.2013, 10:37

wegen der couch. ich bin auch in einer analyse seit 2,5 jahren.
im ersten jahre haben wir es mit der couch versucht (4 monate), das ging erstmal in die hose.
danach machten wir im sitzen weiter bis ende des jahres.
im nächsten jahr versuchten wir es wieder mit der couch,
seitdem liege ich.
soll heißen, nicht jeder ist dazu in der lage sich liegend, hinter einem der analytiker,
auszuliefern.
aber wenn das vertrauen dann mal aufgebaut ist, kann das funktionieren.
"Wenn ihrs nicht fühlt, ihr werdets nicht erjagen"

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