Wann beginnt man, sich zu verabschieden?

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lamedia
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Beitrag Sa., 03.03.2012, 20:15

Hi Susanna85,

ich hätte da mal ein paar Rückfragen. Du schreibst:
Und jetzt, in der letzten Std. hab ich irgendwann rausgehört, dass er die Therapie beenden will und das dies meine letzte Sitzung bei ihm wäre. Ich hätte nie gedacht, dass er so plötzlich ein Ende setzt und war total am Boden.
Du hast das "irgendwie rausgehört?" Was bedeutet das? Hat er gesagt, er will die Therapie beenden und das sei die letzte Stunde? Mich wundert, dass Du es "irgendwie rausgehört haben willst, das hört sich so nach (Über?)Interpretation an.
Oder habt ihr faktisch keinen weiteren Termin mehr ausgemacht und euch am Ende der Sitzung offiziell voneinander verabschiedet?

Ich hatte auch mal einen Therapeuten, der die Therapie seinerseits beendet hatte -und es kam auch sehr abrupt und hat eine Stunde gedauert. Aber da war auch klar ausgesprochen, dass es keine weiteren Stunden mehr gibt.

Wie auch immer, eine blöde Situation. Vor allem wäre gut, wenn er Dir wenigstens Kollegen nennen könnte. Wenn er schon in Supervision war, wäre es doch das mindeste, Dich da auch sensibel zu behandeln...

LG,
lamedia

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Susanna85
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Beitrag Sa., 03.03.2012, 20:58

Hallo heissundkalt,

ja, für meinen Therapeuten war die Sache klar. Und ich hab ihn auch darum gebeten noch eine weitere Std. dranzuhängen um den Abschied zu verarbeiten und dann langsam ausschleichen zu lassen. Er meinte draufhin nur, dass mir das nicht gut tun würde und dass es eine unklare Situation (?) wäre, nicht nur für mich sondern auch für ihn...
Ich hab ihm dann am nächsten Tag eine mail geschrieben, und er hat mir daraufhin geantwortet, dass ich noch eine letzte Abschlussstunde bekommen könnte. Einerseits gut, und andererseits schlecht weil ich mich jetzt wieder unter Druck gesetzt fühle, alles in einer Std. unterbringen zu müssen.

Hmm...also die Abhängigkeit wurde immer mehr zum zentralen Thema, ich kam mit meinen ursprünglichen Problemen nicht mehr weiter, weil er so wichtig für mich wurde. Und jetzt kann ich mir kaum vorstellen, dass es ohne ihn noch einen Sinn hat...

Hallo lamedia,
lamedia hat geschrieben: Du hast das "irgendwie rausgehört?" Was bedeutet das? Hat er gesagt, er will die Therapie beenden und das sei die letzte Stunde? Mich wundert, dass Du es "irgendwie rausgehört haben willst, das hört sich so nach (Über?)Interpretation an.
Er hatte während der Std. die Bemerkung gemacht, wie es mir denn jetzt wohl gehen möge, wo es doch die letzte Std ist. Und ich dachte mir in dem Moment nur "Waaaas? Höre ich richtig?"
Auf meine Bitte, die Therapie langsam auslaufen zu lassen, meinte er, dass mir das nicht guttun würde.
Er hat mir dann auch noch eine Therapeutenliste mitgegeben, aber ich finds einfach daneben, ich sollte doch mit ihm den Abschied bearbeiten und nicht mit irgendeiner anderen fremden Person.

lamedia hat geschrieben: Ich hatte auch mal einen Therapeuten, der die Therapie seinerseits beendet hatte -und es kam auch sehr abrupt und hat eine Stunde gedauert. Aber da war auch klar ausgesprochen, dass es keine weiteren Stunden mehr gibt.
Und wie bist du damals damit klargekommen?


LG,
Susanna

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lamedia
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Beitrag Sa., 03.03.2012, 23:52

Hi Susanna85

Du fragst:
Und wie bist du damals damit klargekommen?
Ehrlich gesagt, nicht so gut... Ich hab zwar irgendwie seine Gründe verstanden, aber von meiner Seite aus hätte ich ihm mehr zugetraut (er fühlte sich fachlich nicht kompetent und hatte meinen Fall falsch eingeschätzt, meinte er... Hat er auch. Aber ich hatte gehofft, dass er "lernt").. Ich glaube, dass er auch ein ziemlich schlechtes Gewissen hatte deswegen. Jedenfalls bin ich damals eh schon in einer Krise gewesen und es wurde nicht gerade besser dadurch....

Wie viele Stunden hattest Du denn bei ihm insgesamt?

Ich kann gut nachvollziehen, dass es jetzt blöd für Dich ist. Aber versuch mal an die Zeit in ein paar Jahren zu denken. Vielleicht hast Du Dich dann seelisch viel weiterentwickelt, bist reifer geworden und kannst vielleicht zurückblickend irgendwie sagen, dass es besser so gewesen ist. Vielleicht ist es gut, Deine Tendenz zur Abhängigkeit mit jemand zu bearbeiten, der mehr außen steht und Dich dadurch auch mehr stärken kann.

LG,
lamedia

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heissundkalt
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Beitrag So., 04.03.2012, 10:31

Hallo!

Also ich kann durchaus verstehen, dass ein Therapeut eine Abhängigkeit nicht fördern bzw verhindern will. Aber sollte einem als Patienten dann nicht ein klarer Rahmen genannt werden - also: Noch 5 Sunden, oder 10, aber irgendeine klare Ansage...

Mich wundert es wirklich, dass diese plötzlichen Therapieabbrüche anscheinend öfter statt finden.

Bei mir, auch wenn die Grundsituation etwas anders war (obwohl auch bei mir eine recht starke Abhängigkeit besteht), war ich im Endeffekt sehr zufrieden mit der Reaktion meiner Therapeutin. Ich wurde innerhalb der Therapie magersüchtig. (Ich hatte mich vorher geritzt, es war also, und das sah ich auch selbst ganz klar, nichts weiter als eine Symptomverschiebung).

Nachdem es immer mal hin und her her ging und wir innerhalb eines dreivierteljahres öfter darüber redeten, und ich freiweillig auch ab und zu zum Arzt ging um micht wiegen zu lassen, begannen sie Stunden auszulaufen. Sie meinte, auch meine Bitte hin, ich würde gerne verlängern, ein Gutachter würde, wenn sie ihm ehrlich meine Sympome beschreiben würde, einer Verlängerung nicht zustimmen. Auch würden ihr Kollegen vielleicht raten mich in eine Klinik zu geben. Ich sollte ein Normalgewicht (BMI 20) erreichen, erst dann würde sie den Antrag stellen. Das alles sagte sie etwa 15 STunden vor der letzten Stunde. Als ich dann bei fast 20 war (19,9). Reichte sie den Antrag ein.
Vielleicht passiert das, was sicher wir beide irgendwie erwarten, nämlich, dass ich dann doch wieder abehme, aber irgendwie sind wir beide aufeinander zugegangen.

Und selbst wenn sie nicht verlängert hätte... ich wäre zumindest darauf vorbereitet gewesen, weil ich genug Zeit hatte.

Ich kann wirklich nicht nachvollziehen, warum so ein abrupter Abbruch überhaupt erlaubt ist. Ich finde, da müsste es klare Regelungen geben.

Liebe Grüße! h&k
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Sausewind
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Beitrag So., 04.03.2012, 14:31

heissundkalt hat geschrieben:. Sie meinte, auch meine Bitte hin, ich würde gerne verlängern, ein Gutachter würde, wenn sie ihm ehrlich meine Sympome beschreiben würde, einer Verlängerung nicht zustimmen. Auch würden ihr Kollegen vielleicht raten mich in eine Klinik zu geben.
Hallo heissundkalt,
das hat jetzt vielleicht nicht so viel mit dem Thema zu tun, aber ich finde das total gut und sinnvoll, dass deine Therapeutin das so gemacht hat.
Dann wird nämlich der Patient (du) auch wirklich angehalten, etwas zu tun, zu schauen, dass es vorwärtsgeht. Ein Patient soll ja keine Therapie bekommen, wenn sich wirklich gar keine Veränderungen zeigen ins Positive hin. Da kann ich dann das Gutachtersystem schon verstehen, auch wenn ich es sonst für merkwürdig halte, aber ich finde, das zwingt Patient und Gutachter schon auch, hinzuschauen, was sind unsere Ziele, und erreichen wir die auch?

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heissundkalt
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Beitrag So., 04.03.2012, 22:40

...sehe ich auch so.

Und wie gesagt.. in jedem Fall verstehe ich nicht wie es möglich sein kann,dass so ein abruptes Ende möglich sein kann, wie hier von lamedia u Susanna beschrieben wird.

Existiert da wirklich keine Regel?
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schmetterling.1983
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Beitrag So., 04.03.2012, 22:56

Schau mal, das habe ich vor einer Weile auf der Suche nach Antowrten gefunden, vielleicht hilft es dir:
http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=b ... mA&cad=rja
LG
Schön ist eigentlich alles, wenn man es mit Liebe betrachtet.
Christian Morgenstern

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heissundkalt
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Beitrag Mo., 05.03.2012, 12:48

Super... danke, da werde ich mal stöbern...
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Susanna85
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Beitrag Di., 06.03.2012, 16:25

Hallo lamedia,
lamedia hat geschrieben: Ehrlich gesagt, nicht so gut... Ich hab zwar irgendwie seine Gründe verstanden, aber von meiner Seite aus hätte ich ihm mehr zugetraut (er fühlte sich fachlich nicht kompetent und hatte meinen Fall falsch eingeschätzt, meinte er... Hat er auch. Aber ich hatte gehofft, dass er "lernt").. Ich glaube, dass er auch ein ziemlich schlechtes Gewissen hatte deswegen. Jedenfalls bin ich damals eh schon in einer Krise gewesen und es wurde nicht gerade besser dadurch....
Das klingt ja auch heftig. Gut finde ich, dass du seine Gründe nachvollziehen konntest bzw. dass er sie dir gennant hat. Mein Thera lässt mich da im Zweifel zurück.
Konntest du dich denn zumindest halbwegs gut verabschieden?
lamedia hat geschrieben:Wie viele Stunden hattest Du denn bei ihm insgesamt?
Genau weiß ichs gar nicht. Habe irgendwann aufgehört zu zählen...aber es waren schon so an die 70 - 80 Std.

Und ja, du hast sicher Recht damit, dass ich es in ein paar Jahren ganz anders sehen werde.
Aber der Schmerz ist halt jetzt da. Und wird noch länger anhalten. Und dazu die tausenenden quälenden Fragen nach dem Warum.
Er hatte mir ja einen Termin per mail vorgeschlagen, aber da dieser genau in meiner Arbeitszeit fällt, konnte ich ihn nicht annehmen. Auf meine Bitte hin, mir einen anderen Termin zu geben, schrieb er nur, dass er nur noch diesen Termin frei hätte. Ich hätte nie gedacht, dass er so gemein und unfair zu mir sein könnte...

@heissundkalt

Ich finde auch, dass deine Therapeutin da richtig reagiert hat. Und es war ja auch zielführend (du hast dadurch wieder zugenommen).
Die Stunden langsam auslaufen zu lassen finde ich auch viel verantwortungsvoller dem Klienten gegenüber als so ein plötzliches Ende.

Danke für den Link! Werde da auch mal ein wenig rumstöbern...

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