dialektische behaviorale Therapie?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Antworten
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Opalo
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
weiblich/female, 17
Beiträge: 3

dialektische behaviorale Therapie?

Beitrag Fr., 07.03.2008, 23:50

Hallo
Ich hätte die Möglichkeit eine dialektische behaviorale Therapie zu machen. Also frage ich hier einfach mal... hat jemand diese therapie schon gemacht oder sonstwie Erfahrungen damit? Oder weiß jemand etwas darüber? Würde mich über jeden Beitrag dazu freuen.

Werbung

Benutzeravatar

Taffi
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 32
Beiträge: 484

Beitrag Sa., 08.03.2008, 00:06

Hallo Opalo,

ich bin im Rahmen eines Klinikaufenthaltes mit der DBT in Berührung gekommen. Marsha Linehan hat diese Methode für Borderliner entwickelt, aber inzwischen wird sie auch bei anderen Diagnosen erfolgreich angewandt.

Soweit ich weiß, unterscheidet sich die Anwendung des Konzepts etwas danach, ob die Therapie in einer Gruppe oder als Einzeltherapie stattfindet. Ich kenn's nur aus der Gruppentherapie... Was wird/könnte es bei dir sein?

Das Internet bietet eine Fülle von Informationen zum Konzept; google doch einfach mal Von wem hast du denn die Möglichkeit/das Angebot bekommen? Bestimmt kannst du auch denjenigen, der es dir unterbreitet hat, eingehend befragen. Nur Mut.

Mir (als nicht BL-er) hat die Methode als ein Baustein meiner Therapie in der Klinik sehr geholfen. Und auch meine damaligen MitpatientInnen haben nach eigener Aussage enorm davon profitiert.
`
Alles Gute,
Taffi
Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will.

"Erfahrungen sind Maßarbeit. Sie passen nur dem, der sie macht." Carlo Levi

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Opalo
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
weiblich/female, 17
Beiträge: 3

Beitrag Sa., 08.03.2008, 16:53

Danke für die Antwort <3

Ich habe mich schon informiert, aber mich interessien die Erfahrungen damit.

Ich war vor 2 Wochen oder so als Notfall für 24 Stunden in der Jugendpsychatrie. Der Oberarzt dort hat mir (nach weiteren Gesprächen) den Vorschlag mit der Therapie gemacht. Für mich wäre es auch eine Gruppentherapie.

Ist es sinnvoll zusätzlich eine Psychotherapie zu machen?
Und kann man den Therapeuten nach einer Diagnose fragen? Ich weiß nämlich nicht, ob ich Borderliner bin, befürchte es aber.

Benutzeravatar

Taffi
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 32
Beiträge: 484

Beitrag So., 09.03.2008, 15:40

Hey Opalo,

klar, ich kann dir von meinen Erfahrungen berichten. Das mache ich auch gleich. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass andere Therapeuten die DBT anders gestalten als es meiner getan hat. Also versteife dich nicht zu sehr auf meinen Bericht, ja?

Wir haben immer wieder neue Arbeitsblätter bekommen; die Linehan hat ein Übungsmanual erstellt, und wir haben eben Kopien davon bekommen. Hab mir mal gerade meinen Ordner geholt... Also gebe ich dir jetzt mal ein konkretes Beispiel:

Ein Arbeitsblatt bezieht sich (wie viele andere Arbeitsblätter auch) auf den Themenbereich "Zwischenmenschliche Fähigkeiten". Hier geht es gerade darum, dass man beim Fragen/Bitten und Neinsagen verschiedene Intensitätsstufen wählen kann. Eine hohe Intensität wählt man vorzugsweise, wenn man eine Situation unbedingt verändern will, eine geringe Intensität ist angesagt, wenn man die Situation so akzeptiert oder akzeptieren kann, wie sie eben ist. Dazwischen gibt es Abstufungen:
  • Fragen
    Intensitätsgrad 6: bestimmt fragen, drauf bestehen
    Intensitätsgrad 5: bestimmt fragen, nicht nachgeben
    Intensitätsgrad 4: bestimmt fragen, ein Nein hinnehmen
    Intensitätsgrad 3: versuchsweise fragen, ein Nein hinnehmen
    Intensitätsgrad 2: direkt andeuten, ein Nein hinnehmen
    Intensitätsgrad 1: indirekt andeuten, ein Nein hinnehmen
    Intensitätsgrad 0: nicht fragen, nicht andeuten
  • Nein sagen
    Intensitätsgrad 6: bestimmt ablehnen, auf keinen Fall nachgeben
    Intensitätsgrad 5: bestimmt ablehnen, nicht nachgeben
    Intensitätsgrad 4: bestimmt ablehnen, aber nochmals prüfen
    Intensitätsgrad 3: Ablehnung ausdrücken
    Intensitätsgrad 2: Ablehnung ausdrücken, aber ja sagen
    Intensitätsgrad 1: Zögern ausdrücken, ja sagen
    Intensitätsgrad 0: tun was andere wollen, ohne gefragt zu werden
Außerdem stehen auf dem Arbeitsblatt Faktoren, nach denen man die Intensität sinnvollerweise wählt:
  • Wie wichtig ist das Ziel?
    Ist die Beziehung unsicher?
    Steht die Selbstachtung auf dem Spiel? - Die Intensität sollte den eigenen Werten angemessen sein

    Kann die Person mir geben, was ich will?
    Kann ich der Person geben, was sie will?

    Ist jetzt der richtige Zeitpunkt zum Fragen? Ist die Person in der richtigen Stimmung, um sich mir aufmerksam zuzuwenden?
    Ist jetzt ein ungünstiger Zeitpunkt, nein zu sagen? Sollte ich die Antwort eine Weile aufschieben?

    Bin ich mir klar darüber, was ich will, d.h. worum ich konkret bitten will?
    Ist mir die Bitte der anderen Person klar, d.h. weiß ich, zu was ich zustimmen werde?
In den DBT-Stunden sind wir diese Arbeitsblätter erst einmal durchgegangen und haben manchmal erst noch Verständnisfragen geklärt. Meistens haben wir anschließend Rollenspiele gemacht... am Beispiel der Intensität des Fragens und Neinsagens haben wir alle Stufen durchgespielt. Klingt jetzt einfacher, als es manchmal oder für manche war - besonders das Neinsagen.

Geübt haben wir das aber auch über diese Therapiestunden hinaus: jeder in seinem privaten Umfeld, für sich allein und/oder wir untereinander. Ab sofort hat z.B. beim Frühstück niemand mehr auf verstohlene Blicke zur Butter reagiert, sondern höchstens gesagt: "Versuch's wenigstens mit Stufe 2 und deute direkt an, was du willst!"

Die Stunden waren für mich manchmal etwas langweilig, manchmal sehr aufregend, manchmal anstrengend, manchmal zum Schreien lustig, und manchmal war mir zum Heulen zumute... Wir Patienten haben miteinander diskutiert, gestritten, gelacht, geübt und geschwiegen. Aber Angst hatten wir nie, fällt mir gerade auf. Das war bei anderen Therapieformen oft anders.
Opalo hat geschrieben:Ist es sinnvoll zusätzlich eine Psychotherapie zu machen?
Kommt wohl drauf an... Wenn ich jetzt mal beim Beispiel des Fragens und Neinsagens bleibe: Da hatte ich genau wie manch anderer nach der DBT erhöhten Gesprächsbedarf mit meiner Therapeutin, weil das viel in mir ausgelöst und bewegt hat. Dafür war in der DBT-Stunde nicht genug Raum und Zeit.
Du könntest den Oberarzt ja mal fragen, ob du über die DBT hinaus noch therapeutisch betreut wirst bzw. ob er das sinnvoll findet.
Und kann man den Therapeuten nach einer Diagnose fragen?
Natürlich!
Die Frage ist, ob der Therapeut dir diese Frage schon sicher beantworten kann. Und wenn er es kann, ist es möglich, dass er erst einmal mit dir darüber spricht, warum du sie wissen möchtest. Aber wenn es eine Diagnose gibt, wird aus ihr eigentlich kein Geheimnis gemacht.
Allerdings können sich auch Therapeuten schon mal irren. Bei mir gab's immer wieder neue Verdachtsdiagnosen, und die wenigsten davon haben sich nach umfangreichen diagnostischen Verfahren als gesichert bestätigt.
Und wie gesagt: Die DBT eignet sich nicht nur für Borderliner.

Liebe Grüße,
Taffi
Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will.

"Erfahrungen sind Maßarbeit. Sie passen nur dem, der sie macht." Carlo Levi

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Opalo
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
weiblich/female, 17
Beiträge: 3

Beitrag Di., 11.03.2008, 00:34

vielen Dank für deine Hilfe!
Ich fange noch diese Woche mit der DBT an und eine Einzeltherapie kann ich auch machen <3

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag