Hab' ich ein Recht auf Psychotherapie?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Saiwolo
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Hab' ich ein Recht auf Psychotherapie?

Beitrag Do., 23.09.2010, 10:08

Hi!
Ich bin seit einigen Wochen in einer Therapie. Die mir eigentlich sehr gut tut, habe ich das Gefühl. Ich WILL das auch machen, hätte mich nie zu diesem Schritt entschlossen, wenn es mir nicht nötig erschienen wäre. Ich hatte die letzten 2 Jahre Probleme mit mir, der Welt und überhaupt, die so stark geworden sind, dass ich einfach nicht mehr so weiterleben wollte.
Das Hauptproblem scheint mir zu sein, dass ich mir unglaublich schwer tue, mir das Recht auf die Therapie zuzugestehen. Ich komme mir oft so lächerlich vor, dass ich das in Anspruch nehme. Eigentlich bin ich zur Therapie wegen meiner "Depressionen" nun reden wir aber über das (lt. dem Forum hier ein Dauerbrenner:) "innere Kind" und meine Kindheit und es scheint dass mein Therapeut der Meinung ist, dass dies das Problem ist. Mir ist von der Logik her alles klar, bewusst, dass die Kindheit einen großen Einfluss hat. Nur auf meine kann ich das nicht umlegen. Ich denke mir ständig, dass 1. viele Menschen (wenn nicht alle) ein paar Probleme in ihrer Kindheit hatten und 2. dass es so unglaublich viele Menschen gibt, die sehr viel schlimmere Probleme haben und 3. dass nicht jeder deswegen gleich zum Psychotherapeuten rennt.
Ich wurde nicht geschlagen, nicht mißbraucht... meine Eltern haben nur sehr viel gestritten, sehr heftig, zum Teil auch mit körperlichem Einsatz, meine Mutter hat zeitweise sehr viel getrunken, Tabletten genommen und hat ziemliche psychische Probleme. Ich habe das alles sehr intensiv miterlebt, da sie das nicht fernhalten konnte/wollte. Nun deswegen aber eine Therapie notwendig zu haben, scheint mir vollkommen deplaziert. Mein Therapeut meint, ich würde mich mit aller Kraft dagegen wehren, dass anzuerkennen, Scham und Schuld, etc.
Ich würde jetzt gern mal von Euch hören, wie ihr das seht. Keine Ahnung, ob das jetzt eine vollkommen idiotische Frage ist für Euch - ich KANN DINGE NICHT EINSCHÄTZEN! (was mich noch mal dem Wahnsinn verfallen lassen wird).
Danke,
Saiwolo

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Empty-Soul
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Beitrag Do., 23.09.2010, 10:12

Warum sollte man jemandem, der Hilfe BRAUCHT, das Recht verwehren, geholfen zu bekommen?
Du brauchst Hilfe, andere wollen helfen.
Genieß doch einfach deine Therapie und mach dir darüber keinen Kopf.
Wenn du nicht gehst wenn du willst, bist du schon weg, bevor du endlich gegangen bist!

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comus
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Beitrag Do., 23.09.2010, 10:28

@Saiwolo: Ein Grossteil derer Menschen, die eine Psychotherapie beginnen, stellen sich genau diese Frage, die du dir stellst. Und auch genau diese Frage, lässt Menschen oft jahrelang zögern eine Therapie zu beginnen, erst wenn der Leidensdruck gross genug ist, wird aus einem "Nein", ein zaghaftes "Vielleicht" und dann dauert es wieder lange bis der erste Schritt Richtung Veränderung gesetzt wird.
Alles was ich hier schreibe, entspricht meiner persönlichen Erfahrung und dem was ich von vielen anderen Menschen hörte.
Und auch ohne geschlagen und missbraucht zu werden, kann eine Kinderseele tief verletzt werden, leiden an der Gleichgültigkeit, leiden am nicht gesehen werden, leiden daran eine Rolle übernehmen zu müssen, die dem Alter nicht entspricht usw.
Ich bin mir sicher, dein Gefühl berechtigt zu sein, wird sich mit dem Dauer der Therapie positiv verändern. Sieh es so, du machst nun etwas, das dein Wohlbefinden steigert und stabilisiert. Du gönnst dir also was gutes, so wie sich jeder Mensch selbst gutes tun soll um gesund zu bleiben.

LG, comus

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chandelle
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Beitrag Do., 23.09.2010, 10:33

Hallo Saiwolo!

Ich habe mir diese Frage auch oft gestellt und tue es noch. Ja und manchmal spüre ich dann auch so eine leichte Wut, dass ich Psychotherapeuten in Anspruch nehmen muß für Dinge, die mir von Menschen angetan wurden. Es kommt irgendwo der Sozialstaat nun für meine Probleme auf.

Das was Du als Kind erleben mußtest, klingt aus meiner Sicht schon hart.

Ich würde auch versuchen, die Therapie zu akzeptieren und zu genießen und vorwärts zu schauen was es Dir an Erfolgen bringt. Das gehört wohl auch dazu.

Viele Grüße!
chandelle

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Justus
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Beitrag Do., 23.09.2010, 10:52

@ Saiwolo

Du solltest dir unbedingt klar machen, dass diese Gesellschaft aus überwiegend traumatisierten Menschen besteht, die durch psychopathische Strukturen gequält werden bzw. andere quälen!

Lies dir bitte folgende PDF durch:

Schock und Betrugstrauma - Depression als Sozialkontrolle
http://moltaweto.files.wordpress.com/20 ... trauma.pdf

Gibt es eine globale Psychopathie (Pathokratie), die die Zivilisation und damit unser System steuert und kontrolliert?
http://quantumfuture.net/gn/zeichen/psy ... path1.html

Liebe Grüße,
Justus

++++++++++++++++++++++

Mach eine Therapie, damit du lernst deine Psyche zu schützen!
Liebe Saiwolo, indem du dich selbst heilst, leistest du einen großen Beitrag für die Menschheit!

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Saiwolo
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Beitrag Do., 23.09.2010, 11:04

Danke für Eure Antworten, es ist zumindest gut, zu sehen, dass dies auch für andere Menschen ein Thema ist.
Vielleicht geht dieses Gefühl ja weg, und ich fühl' mich irgendwann nicht mehr wie ein heuchlerischer Jammerlappen

LG,
Saiwolo

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stern
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Beitrag Do., 23.09.2010, 11:11

Ich kann mich da z.B. comus nur anschließen. und btw.:
hätte mich nie zu diesem Schritt entschlossen, wenn es mir nicht nötig erschienen wäre. Ich hatte die letzten 2 Jahre Probleme mit mir, der Welt und überhaupt, die so stark geworden sind, dass ich einfach nicht mehr so weiterleben wollte.
Wenn dir das jemand erzählen würde, nehmen wir an, ein guter Freund: Würdest du dann auch denken oder gar sagen: Also nee, ein Recht auf PT hast du nicht, so schlecht geht es dir doch nicht ? Wohl eher nicht, oder?

Hat vielleicht damit zu tun, dass es dir selbst schwer fällt, wirklich einzugestehen/anzunehmen oä, dass es dir mies geht... und stattdessen deine Schwierigkeiten als banal entwertest? Wobei es für den Umgang mit eigenen Schwierigkeiten in der Tat eine Rolle spielen kann (aber nicht muss), welche Erfahrungen man (insbes. als Kind) machte, wie mit Schwierigkeiten umgegangen wurde (z.B eher fürsorglich kümmernd, eher auf sich gestellt, "stell dich nicht so an", "reiß dich zusammen, iss doch nix", vernachlässigend, etc.).. aber will nicht spekulieren, sondern nur nochmals bestätigen: Das kennen einige, was dann in der Tat dazu führen kann, dass man erst dann Hilfe sucht, wenn's schon brennt. Und dazu:
nun reden wir aber über das (lt. dem Forum hier ein Dauerbrenner:) "innere Kind" und meine Kindheit und es scheint dass mein Therapeut der Meinung ist, dass dies das Problem ist.
Wichtig finde ich, dass du dir nix einreden lässt, was für dich nicht stimmig ist. Vielleicht kannst du es aber dennoch als vorläufige Hypothese sehen (und Hypothesen lassen sich notfalls auch schnell wieder verwerfen), dass vielleicht manche Grundstöcke für Depressionen durch frühere Erfahrungen/verinnerlichte Einstellungen gelegt worden sein könnten. Denn dass das grds. prägen kann, siehst du ja auch. Und ach, selbst in der Klinik sagte ich meinem stat. Thera bei Besprechung des Anamnesbogens (in dem, glaube ich, nichts ausgelassen wurde, was man alles erfragen kann), der verdächtig viel in "früherem" "herumstocherte" (für meinen damaligen Geschmack zu viel), sinngem. und leicht aufgebracht: Ja, manches war nicht schön, ABER DESWEGEN BIN ICH DOCH NICHT HIER, sondern wegen einer Depression (glaubte sogar fast, der hätte irgendwelche Bögen/Patientenunterlagen verwechselt, im ernst). Mittlerweile sehe ich das anders (und bin eher irritiert wie ich manches "ausblenden" konnte, aber sei's drum). Wichtig ist, das muss aus einem selbst heraus kommen, einimpfen würde eh nix bringen. Und wenn sich nix zeigt, umso besser... dann ist dann thera vielleicht auf dem Holzweg. Aber vielleicht zeigt sich auch mit der Zeit, dass sich manches in den Vordergrund drängt, das sich nicht mehr länger ignorieren/banalisieren lässt? Gebe der neuen Sichtweise (oder meinetwegen Hypothese) daher vielleicht auch etwas Geduld, um diese zu prüfen. Nicht mehr, und nicht weniger, vielleicht muss das auch dein Thera erst tun, weil er dich noch nicht so gut kennt.

Und Stichwort inneres Kind: Ach, sicher lassen sich dazu auch manche uralt-Beiträge rausfischen, wie stark meine Abwehrhaltung auch dazu war... mittlerweile erlebe ich diesen Zugang als sehr hilfreich. Und ich hab mir dazu mal, ich meine, nur den wikibeitrag reingezogen. Das wird ja bei vielem angewendet, und man muss es ja nicht so sehen, dass damit besiegelt wird "ja, natürlich lag's an der Kindheit"... sondern die Arbeit damit kann z.B. schlichtweg gut sein, um sich zu beruhigen oä - ohne ursächliche Zusammenhänge herstellen zu wollen. Wenn sich nach dem Ausprobieren herausstellt, dass es doch nix für dich ist, sollte sich hoffentlich was anderes finden lassen. Und last but not least: Unterschiedliche Therapeuten behandeln mitunter auch durch unterschiedliche Zugänge, und basteln evtl. auch unterschiedliche Erklärungen zusammen, so dass es auch ratsam sein kann, zu schauen, wie ein Thera an was rangehen will, und danach bereits die Thera-Suche mitauszurichten.

Ups, die letzten Beiträge habe ich noch nicht gelesen, sende aber schon mal ab.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
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Saiwolo
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Beitrag Do., 23.09.2010, 16:15

@stern: Danke für Deine Antwort. Und ja, "stell' Dich nicht so an..." war durchaus ein Motto in meiner Kindheit . Vielleicht ist es auch das, was mir genau Angst macht, dass das Problem eigentlich ein ganz anderes ist, als ich dachte.
Ich werde mir einfach mal anhören was mein Therapeut zu sagen hat und mir etwas Zeit geben (versuchen).

Danke für Eure Antworten.
Herzliche Grüße,
Saiwolo

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