Analytiker wechseln wegen neuem Job?

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Freistil
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Beitrag Do., 09.09.2010, 07:01

hungryheart hat geschrieben:
Freistil hat geschrieben: Ein Job ist ein Job ist ein Job. Und im günstigsten Fall erfüllt er mich einigermaßen. Was die Basis für mein Leben ist, das ist meine psychische Gesundheit. Wenn die nicht da ist, wird jeder Job mich trotzdem in der seelischen Dunkelheit belassen...
ich glaube, du erwartest dir zu viel von einer therapie.
es ist doch allermeistens nicht so, dass eine therapie psychische gesundheit (heilung) bewirken kann. sie kann uns helfen, mit problemen besser, weniger selbstschädigend umzugehen und manches zu verstehen. ein gesundmachender heilsbringer (noch dazu der alleinige oder einzig mögliche) ist auch die beste analyse oder therapie nicht.
Hallo Hungryheart,

hm, neee, ich glaube nicht, dass ich zuviel von meiner Therapie erwarte. Ich mache Therapie tatsächlich, um heiler zu werden, gesunder zu werden. Vor der Therapie hatte ich einen langwierigen totalen psychischen Zusammenbruch, aus dem ich nicht mehr alleine herausfand und der mich so unendlich quälte, dass ich ohne Hilfe in jedem Falle durch einen Selbstmord(versuch) entflohen wäre. Vor diesem radikalen Hintergrund, dass für mich ALLES auf der Kippe stand, ist die Therapie tatsächlich "zum Retter" geworden. Sie steht in meinem Leben dafür, dass es überhaupt weitergehen konnte. Damals hat mir mein Job nicht geholfen, sondern mich nur noch mehr Kraft, die ich nicht hatte, gekostet.

Die Therapie steht, weil sie mir damals "das Leben rettete", dafür, dass ich wieder leben kann, "gesund werden" kann. "Gesundheit" heißt dabei für mich nicht, GAR KEIN klitzekleines bisschen mehr von meiner Psyche geärgert zu werden, sondern dafür, dass mir die Hoffnung nicht flöten geht. "Gesund sein" heißt für mich "Hoffnung haben". Und dabei hilft mir (und ich spreche nicht für andere, sondern nur für mich persönlich) die Therapie, die therapeutische Beziehung und nicht mein Job, der austauschbar ist.
(das würde wohl auch kein seriöser therapeut behaupten)
Mein Therapeut sagt nicht, dass ich durch die Analyse gesund werden würde. Aber er sagt, dass es in Ordnung ist in meinem Falle, dass ich für eine gewisse Zeit, in der es nicht anders geht, "mein Leben" um die Analyse herum ausrichte.
Ich habe den nächsten Etappensieg vor Augen, nämlich dass ich dahin komme, dass der Sinn meines Lebens und der Grund meines Weiterlebens IN MIR SELBST liegt und nicht mehr nur in der Hoffnung auf "Heilwerden". Aber da bin ich noch nicht. Mein Kopf ist sehr schlau, der weiß, was richtig wäre, aber mein Herz ist trotzdem oft verzweifelt und dunkel. Und ich mache da eben die Erfahrung, dass mich die Analyse verändert, und das lasse ich so schnell nicht los.

Aber das ist eben meine ganz individuelle Therapiegeschichte, die für andere nicht passen würde. Weder in der Wortwahl, noch in ihrer Deutung.

Minimouse, alles Gute für deinen Weg!!!!
freistil
Wenn das Herz denken könnte, stünde es still. (Pessoa)

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hungryheart
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Beitrag Do., 09.09.2010, 08:49

Freistil hat geschrieben:
hm, neee, ich glaube nicht, dass ich zuviel von meiner Therapie erwarte. Ich mache Therapie tatsächlich, um heiler zu werden, gesunder zu werden. Vor der Therapie hatte ich einen langwierigen totalen psychischen Zusammenbruch, aus dem ich nicht mehr alleine herausfand und der mich so unendlich quälte, dass ich ohne Hilfe in jedem Falle durch einen Selbstmord(versuch) entflohen wäre. Vor diesem radikalen Hintergrund, dass für mich ALLES auf der Kippe stand, ist die Therapie tatsächlich "zum Retter" geworden. Sie steht in meinem Leben dafür, dass es überhaupt weitergehen konnte. Damals hat mir mein Job nicht geholfen, sondern mich nur noch mehr Kraft, die ich nicht hatte, gekostet.Die Therapie steht, weil sie mir damals "das Leben rettete", dafür, dass ich wieder leben kann, "gesund werden" kann.
hi liebe freistil,
ich glaube, deine geschichte und die von dir beschriebenen motive sind bei uns anderen ganz ähnlich.
man geht ja nicht aus spaß oder langeweile in therapie.
Freistil hat geschrieben: Mein Therapeut sagt nicht, dass ich durch die Analyse gesund werden würde. Aber er sagt, dass es in Ordnung ist in meinem Falle, dass ich für eine gewisse Zeit, in der es nicht anders geht, "mein Leben" um die Analyse herum ausrichte.
ein leben um die therapie herum ausrichten klingt für mich nach einer großen abhängigkeitsgefahr.
allein der therapeut wird zum stabilisator, retter, wenn mal wieder zweifel, oder schlechte zeiten kommen. (und die kommen garantiert, vor allem, wenn man - im extremfall, den ich bei dir gar nicht annehme- im leben nicht viel anderes hat, als die analyse)

was, wenn jemand sich verliebt, die verliebtheit aber von der analyse ablenkt?
dann lieber single bleiben?
was, wenn der traumjob in der anderen stadt winkt?
absagen und in der stadt des thera hocken bleiben?
was, wenn treffen mit den freunden von der analyse ablenken?
was, wenn man scwanger ist, aber eine schwangerschaft verhindern würde, sich voll auf die analyse zu konzentrieren?
Freistil hat geschrieben:Ich habe den nächsten Etappensieg vor Augen, nämlich dass ich dahin komme, dass der Sinn meines Lebens und der Grund meines Weiterlebens IN MIR SELBST liegt und nicht mehr nur in der Hoffnung auf "Heilwerden".
das so zu sehen ist eine entscheidung oder eine erkenntnis.
inwiefern braucht es (noch) den therapeuten, wenn man schon festgestellt hat, dass es heilsam, befreiend und sinnvoll ist, das so zu sehen?
und falls es den thera noch braucht: wie lange?
woran würdest du merken, dass diese erkenntnis und die entscheidung jetzt tragen, so dass du den thera nicht mehr bräuchtest?

Freistil hat geschrieben:Aber da bin ich noch nicht. Mein Kopf ist sehr schlau, der weiß, was richtig wäre, aber mein Herz ist trotzdem oft verzweifelt und dunkel. Und ich mache da eben die Erfahrung, dass mich die Analyse verändert, und das lasse ich so schnell nicht los.
Aber das ist eben meine ganz individuelle Therapiegeschichte, die für andere nicht passen würde. Weder in der Wortwahl, noch in ihrer Deutung.
ja, so gigs mir auch. aber die lösung -genau auf diesem stand der dinge- war für mich nicht, mich noch enger an die thera zu binden, sondern mir meine stützpfeiler (beziehung, freunde, job, familie) zu festigen und mich zu trauen, selbst meine schritte zu gehen.

das mag für dich ganz individuell ganz anders sein.
ich kann mir das aber egrlich gesagt kaum vorstellen, weil du wohl der einzige mensch auf der welt wärst, für den die genannten stützpfeiler nicht die hauptstabilisatoren im leben sind.

ich wünsche dir, dass dich dein weg nicht in die abhängigkeit führt, aber die wichtigen stützpfeiler der therapie zuliebe zu "opfern" oder auch nur zurückzufahren.....
bei dem gedanken bekomme ich schon ein wenig bauchweh.


vielleicht sind deine fortschritte ja nicht deinem thera zuzuschreiben, sondern dir selbst
Nimm was du willst und zahl dafür.

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stern
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Beitrag Do., 09.09.2010, 08:54

Freistil hat geschrieben:Und dabei hilft mir (und ich spreche ... nur für mich persönlich) die Therapie, die therapeutische Beziehung und nicht mein Job, der austauschbar ist.
Ok, ich kann gut annehmen, dass das für dich persönlich gilt. Und es ist auch gut, dass du das für dich persönlich so klar hast, wie du deine Priorotäten setzen möchtest . und dein Weg bestätigt dir das vermutlich auch. Dennoch möchte ich nochmals hinzufügen, dass es die Lösung, die für alle gleich gut ist vermutlich kaum gibt. sondern, so hart das auch klingen mag, grds. beides austauschbar ist. Was individuell annehmbarer ist, hängt vielleicht auch etwas von der momentanen Situation ab:

- Den einen macht vielleicht der Job krank (z.B. miserable Arbeitsbedingungen oder individuelle Überforderung, weil die Anforderungen höher sind als die momentane Leistungsfähigkeit z.B. wg. unzureichender Arbeitsfähigkeit.
- Den nächsten destabilisiert vielleicht massiv die Tatsache, keinen Job zu haben, und den Druckmitteln durch Hartz4 ausgesetzt zu sein. Und allein therapeutische Gespräche ändern an der Realsituation nichts, wenn das ein wesentlicher Faktor ist, der die psych. Stabilität beeinträchtigt. Und sowas gibt's leider auch zur genüge. denn klar kann eine unzufriedenstellende soz. Situation auf Dauer am Selbstwertgefühl nagen oder krank machen, vgl. hungryheart oder Münchnerkindl. Oder jemand klammert sich an die Therapie, die zwangsweise irgendwann zu ende geht... und muss dann feststellen, das die soziale Situation unverändert und individuell untragbar geblieben ist... so dass zu wünschen ist, dass die therapie soviel stabilität brachte, das nun ohne weitere therapeutische Unterstützung zu schultern. Kann klappen, kann aber auch massiv destabilisieren, wenn man dann doch noch nicht soweit ist, vgl. oben... weiß niemand im vorraus.
- Der nächste will den Therapeuten wegen neuer Jobaussichten wechseln, um anschließend festzustellen, dass er dem Arbeitsleben doch noch nicht so gewachsen ist. Aber ein Job ist notfalls wieder kündbar, und neue Heilbehandlungen (und das ist eine therapie, sofern die KK die kosten übernimmt) werden vermutlich auch am jetzigen Wohnort angeboten... und vielleicht tut sich eine neue Option auf, die man bisher nicht im Blickfeld hatte.
- Dem nächsten gibt vielleicht ein guter Job einen Zuwachs an psych. Stabilität und sehr viel Erfüllung, die über die reine Sicherung der Existenzgrundlage hinaus geht (ja, auch das gibt es). und never ever würde er diesen Job hinter einer Therapie anstellen, insbes. dann nicht, wenn die Chancen auch noch gut sind, länger bleiben zu können als +/- ein paar Therapiejahre. Grds. austauschbar wäre natürlich auch dieser Job... aber individuell beurteilt eben nicht.
- Und grds. ausstauschbar ist natürlich auch ein Therapeut (subjektiv kann diese Option evtl. nicht in Frage kommen), wobei das naturgemäß nicht so leicht ist wie der Ausstausch eines Hemdbügels, insbes. wenn auch noch Ängste oder Abhängigkeiten mitschwingen, wie ich das teils bei mimi wahrnehme. Aber es gibt doch nicht nur einen einzigen Therapeuten auf dieser Welt, der passt, und sonst niemand. Ich meine, ich habe (aus ganz anderen Hintergründen heraus) auch schon mehrere Theras "kennengelernt" (amb. wie stationär). Und klar können Schwierigkeiten zu Tage kommen wie (Verlassenheits)ängste, Abhängigkeiten, man stellt sich auf jemand "Neuen" ein und muss manches vielleicht doppelt erzählen bis man wieder im eigentlichen Prozess drin ist, neuer Vertrauens- bzw. Beziehungsaufbau nötig etc. (und es gibt nicht nur einen Menschen/Thera zu dem man eine beziehung aufbauen kann). Für mich persönlich gilt aber, dass sich der Aufwand in Grenzen gehalten hat. Denn ich habe es nie so wahrgenommen als müsste ich nun ganz von vorne anfangen, vielmehr konnte ich jeweils auf manches aufbauen, was sich schon besserte. Gleichzeitig kann ein Wechsel auch eine Chance sein wie: Neue Inputs, Schwerpunktsetzung, Blick aus einer etwas anderen Perspektive heraus, der eine Therapeut findet vielleicht in Schwierigkeit xy einen besseren Zugang zu mir als in Punkt yz, neue Erfahrungen an denen man wachsen kann etc.
- Der eine wächst an neuen Herausforderungen bzw. neuen, besseren soz. Bed. und entwickelt sich (auch in psych. Hinsicht) weiter, der nächste zerbricht daran, weil er sich kaum auf Neues einstellen kann
- der nächste ist vielleicht momentan so am boden, dass defacto momentan keine andere Option da ist, als sich erstmal durch eine Therapie zu stabilisieren... kennen wohl viele.
- Vielleicht gibt es trotz schlechterer Aussichten trotzdem die Möglichkeit für mimimouse den Jobeinstieg in den Wunschjob parallel zur jetzigen Therapie zu schaffen
- Etc. sprich man könnte viele Szenarien kreieren, die für den einen stimmiger als für den anderen sind. niemand kann hellsehen, was kommt. Wichtig ist IMO nicht aus den Augen zu verlieren, dass etwas, was nachteilig anmutet auch viele Chancen birgen kann.
Zuletzt geändert von stern am Do., 09.09.2010, 09:00, insgesamt 2-mal geändert.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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montagne
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Beitrag Do., 09.09.2010, 08:56

Aus eigener Erfahrung sage ich, ist aber wirklich auch nur meine ganz persönliche Erfahrung. Hängt sicher auch mit der Persönlichkeit zusammen.

Ohne annehmbaren Job, arbeitslos, da kann die beste Therapie einem kein wirklich gutes, gesundes Selbstwertgefühl und Lebensfreude vermitteln. Meine Therapeutin sagte das ähnlich. Es ist essentiell für die seelische Gesundheiteines jungen Menschen, der sich ja eigentlich noch entwickeln will, dass, wie hh es nennt die Basics stimmen. Körperliche Gesundheit, Sozialkontakte, Arbeit. Ohne dies wird es nicht unmöglich, aber extrem schwer psychisch zu gesunden. Ohne Essen und Trinken, Bewegung geht der Körper ein. Ohne Bestätigung, Selbstwirksamkeitserfahrung, Liebe geht die Seele ein.
Ich kam lange auf keinen grünen Zweig mit meiner Grundstimmung, durch miese Jobs und Arbeitslosigkeit. Zum Glück war es keine lange Phase, aber immerhin. Als ich wieder was zu tun bekam, was mich erfüllte, ging es ganz einfach. Das war dann keine therapeutische Arbeit mehr, sondern kam einfach so als Resultat. Therapeutische Arbeit war aber durchaus, einzusehen mich beruflich nochmal neu zu orientieren. Etwas zu tun, was ich eigentlich wollte, wozu ich aber lange den Mut nicht fand. Thema: Was wenns schief geht? Irgendwann machte es wirklich klick und ich begriff: Ja es kann schief gehen, aber eben nur KANN, nicht muss. Aber wnen ich so weiter mache, wie bis dato, geht es auf jeden Fall schief. Also habe ich gewagt und gewonnen. Und auch jetzt in einer sehr sehr langen Therapiepause hält die solide Stimmung stabil an.

Ich glaube auch nicht, das eine Therapeutin einfach so ersetzbar ist. Aber Fakt ist eben, zumindest einen Therapieplatz bekommt man doch deutlich leichter als ein akzeptables Jobangebot!!! Und auch wenn iese Job nicht fürs Leben ist, so bietet er einen guten Einstieg. Ich höre durch meine eigene Tätigkeit viel von Langzeitarbeitslosen. Immer wieder geht es darum erstmal einen Einstief zu finden. Viele, die etwas fanden, dort eine Weile bestanden bekamen nach Ablauf der Stelle eine bessere oder konnten sich auf etwas besseres wegewerben.
amor fati

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minimouse
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Beitrag Fr., 10.09.2010, 10:33

stern hat geschrieben:
Jedenfalls hatte ich Angst, die könnten mich nehmen, statt mich zu freuen, was kein gutes Zeichen ist.
Weil du dich dann mit der Trennung vom Thera auseinandersetzen müsste... bzw. mit sonstigen Verlusterlebnissen, evtl. auch Abhängigkeiten ("muttergefühlen")? Wenn ja, dann pass' auch auf, dass die Nichtentscheidung für einen Job evtl. auch ausserhalb deines bisherigen Wohnortes nicht mehr oder weniger unbewusst auch dem dienen soll potentielle Trennungssituationen zu vermeiden. Sobald solche Einflussfaktoren wirken, würde das IMO ebenfalls einer wirklich freien Entscheidung entgegenstehen...
hmm ... was bedeutet eigentlich IMO??

Ja, es waren auf jeden Fall Trennungsängste. Aber warum meinst du, dass man nicht auf die hören sollte? Ist denn nur eine rationale Entscheidung die richtige? Daran hab ich eben auch Zweifel. Früher hätte ich mich wahrscheinlich dazu gezwungen, den Ort zu wechseln, wenn ich den Job kriege würde, heute will ich mehr auf meine Gefühle achten, oder sie sind mir einfach zu stark, zu bewusst geworden. Auf der anderen Seite, natürlich ist es auch frustrierend, keine Arbeit zu haben und sich den Tag selbst zu strukturieren. Das hat mich auch schon ziemlich runtergezogen. Wenn die Arbeit ok ist, kann sie einem viel Halt geben, das glaube ich auch. Aber die Angst war eben stärker. Gleichzeitig finde ich es schon schade, weil die Stelle an sich schon hätte passen können. Aber die Angst war eben stärker.

Jetzt fühle ich mich wieder ein bisschen stabiler, vielleicht weil ich mit einer Absage rechne, aber auch, weil ich mich jetzt drauf einstelle, noch ein Jahr Analyse zu machen, also mich auch langsam mit dem Abschied anzufreunden, der dann kommen wird ... und es so lange noch bewusst "zu genießen", die jetzige Analyse machen zu können. "Genießen" eben, weil es da die Vertrautheit gibt, auch wenn es gleichzeitig anstrengend ist. Seltsamerweise habe ich jetzt fast schon gedacht, na, wenn es jetzt doch klappen sollte, mach ich das doch. Vielleicht, weil die Gefahr jetzt eigentlich gebannt ist?!

Wenn ich aber immer lese, was ihr alles so als Halt im Leben anführt, dann muss ich sagen, kein Wunder, dass ich mich so haltlos fühle oder so sehr an der Analytikerin hänge. Aber sie nannte auch als Ziel, dass man Halt in sich selber findet, indem man sich kennen lernt und versteht und dann weiß, was man will. Job, Freunde, Familie, genug Geld kann einem Halt geben, aber sollte man nicht auch ohne oder mit nur wenig davon zuversichtlich sein können? Rein theoretisch gefragt, praktisch weiß ich, dass das schwer ist und eigentlich auch schwer zu trennen, denn wer würde sagen, dass er das alles freiwillig NICHT haben will. Vielleicht ist es gut zu wissen, wo die eigenen Schwerpunkte liegen, woran man vor allem arbeiten möchte. Davon abgesehen frage ich mich schon, warum ich nicht versucht habe, den Job unbedingt zu kriegen, denn dann hätte ich ja immer noch absagen können, jedenfalls haben mir das manche im Nachhinein gesagt. ich dagegen hatte Angst, dass ich den Job dann machen muss, rational weiß ich, dass ich auch hätte absagen können, aber gefühlsmäßig wollte ich, glaub ich, eher sie dazu bringen, mich nicht zu nehmen, nicht eindeutig, aber ein bisschen ... ziemlich ärgerlich, weil ich mir damit die Möglichkeit nehme, selbst zu entscheiden und es den anderen überlasse oder ihnen nahe lege, mich doch nicht zu nehmen. Aber das ist vielleicht die Angst vor Entscheidungen und vor den Konsequenzen, vor denen ich mich damit indirekt zu drücken versuche. Obwohl ich damit ja auch was beeinflusst habe. Vielleicht geht es auch um das Gefühl, nicht nein sagen zu können.

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stern
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Beitrag Fr., 10.09.2010, 11:34

minimouse hat geschrieben:hmm ... was bedeutet eigentlich IMO??
dass ich zu faul war "In My Opinion" zu tippen bzw. meiner Meinung nach, sorry.
Ja, es waren auf jeden Fall Trennungsängste. Aber warum meinst du, dass man nicht auf die hören sollte?
So (dass man gar nicht darauf hören sollte) meine ich auch gar nicht. Puh, wie formuliere ich es: Sondern dass man vielleicht auch etwas darauf achten kann, wie stark sind diese Ängste, und wie sehr sind sie mithin geeignet, dass das andere, vielleicht auch gute Handlungsalternativen, die grds. da wären, dadurch sehr schnell aus dem Blickfeld geraten. Dass Ängste das Handeln beeinflussen, dazu sind meiner Erfahrung nach Ängste grds. schon in der Lage. Und ich erkenne für mich, dass übersteuerte Gefühle (wie Ängste) nicht unbedingt immer der beste Wegweiser für mich sind. Und wichtig finde ich letztlich eine Entscheidung, die man vertreten kann, die man wirklich will (und eine Entscheidung, die vorwiegend aus Angst heraus getroffen wird, so dass man sich nicht mehr so sehr mit der Angst auseinandersetzen muss, ist eventuell nicht mehr die freieste, sondern in dem Fall dann eher eine angstgesteuerte). ob die Entscheidung dann mehr rational oder emotional getroffen wird, ist sekundär. Und in dem Sinne frage dich selbst:
Wenn die Arbeit ok ist, kann sie einem viel Halt geben, das glaube ich auch. Aber die Angst war eben stärker. Gleichzeitig finde ich es schon schade, weil die Stelle an sich schon hätte passen können. Aber die Angst war eben stärker.
Wie sehr wärst du in der Lage, gegen die Angst anzukommen, dass grds. eine andere Handlungsalternative in Frage käme (ob du das dann auch machst, iss was anderes... nur wie sehr ist die andere Möglichkeit wie Jobsuche mit Therawechsel von vorneherein wegen der Angst faktisch unmöglich... da würde es dann kritisch werden... aber das Ausmaß deiner Ängste kenne ich natürlich nicht, ich wollte nur etwas dafür sensibilisieren). Wenn man etwas nicht macht, weil man nicht will ist das meiner Meinung nach schon was anderes als etwas nicht zu machen, weil man Angst hat. Mit einer angstgesteuerten Entscheidung (wie Job gar nicht erst kriegen) kann man dann auch unzufrieden sein. Anders als wenn du ein erhaltenes Jobangebot dann bewusst ablehnen würdest. Daher wäre es dann evtl. sinnvoll, erstmal die Ängste anzusehen, die andere Handlungsmöglichkeiten konterkarieren. Und btw.: Ganz vom Tisch kriegste die Ängste eh nicht... denn jede Therapie geht zwangsweise irgendwann zu Ende, so dass eine Auseinandersetzung damit schon sinnvoll sein kann.
Aber sie nannte auch als Ziel, dass man Halt in sich selber findet, indem man sich kennen lernt und versteht und dann weiß, was man will. Job, Freunde, Familie, genug Geld kann einem Halt geben, aber sollte man nicht auch ohne oder mit nur wenig davon zuversichtlich sein können?
Ich denke schon - wie auch einige geschrieben haben - dass es destabilisieren kann, wenn die basics/soziale situation nicht passt (wenig(er) bzw. keine Freunde/Famile, kein Job, keine solide finanzielle Basis, keine Selbstwerwirklichung etc.). Nicht dass es unmöglich wäre, aber ich glaube es bedarf dann schon buddhamäßiger Fähigkeiten, in sich ruhen zu können, wenn man lernen will, mit einer unzufriedenstellenden Situation zufrieden zu sein. Manche schaffen es dennoch zufrieden zu leben, wenn tragende Säulen weggebrochen sind, vielleicht auch durch eine optimistische Grundhaltung... manche werden aber auch depressiv davon. Nee, nicht immer ist der einzige Weg eine Einstellungsänderung (lerne mit weniger zufrieden sein, und dem was du hast, und lerne dich und deine Bedürfnisse selbst kennen und verstehen, dann ist auch alles gut - überspitzt formuliert), sondern manchmal kann man (zusätzlich=das eine schließt das andere ja nicht aus) auch die Situation an sich ändern/zufriedenstellender zu machen. Klappt nicht immer, aber manchmal kann es gehen.
Liebe Grüße
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