Zusammenbruch in Therapiestunde?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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pinguin
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Zusammenbruch in Therapiestunde?

Beitrag Di., 24.06.2008, 10:50

Hallo zusammen,

im Moment gehts mir echt schlecht. gestern abend hätte ich fast einen Zusammenbruch in der Therapiestunde gehabt. Auf einmal haben mich meine Gefühle so überwältigt, dass ich fast hemmungslos losgeweint habe. Ich habe zwar geweint, konnte mich aber grad noch so zusammenreissen. Auch weil mich mein schlechtes Gewissen gepackt hat, weil die Stunde schon fast um war, es die letzte Stunde am Tag war und mein Therapeut auch Anrecht auf einen Feierabend hat. War die STunde von 7 - 8 Uhr abends.

Dennoch hat die Stunde gestern bei mir einiges ausgelöst. Ich merke, wie sich in mir ganz viele Gefühle anstauen, an die ich alleine nicht rankomme.
Dazu gehören ganz viel Wut und Trauer, aber auch Einsamkeit, Verletzheit und Traurigkeit.
Mir fehlt der Mut, den nächsten nötigen Schritt alleine zu machen. auch weil ich große Angst davor habe, dass ich aus dem daraus resultierenden Zustand alleine nicht mehr rauskomme. Doch ich merke, wie ich diesen Schritt gehen muss, um endlich vorwärts zu kommen. Denn dann kann ich wieder bei mir sein. Ich kann mir aber vorstellen, im geschützten Raum der Therapie, diesen Sprung zu wagen und diese Grenze zu überschreiten.

Darf ich es drauf ankommen lassen? Einen zusammenbruch in der Stunde in Kauf nehmen, damit ich weiter komme? Wie soll ich ihm das erklären? Ich habe eine Riesenangst, dass ich das beim nächsten Mal nicht mehr aufhalten kann.... darf ich ihn um eine Randstunden / Doppelstunde bitten? Ich befürchte, dass ich mit Blick auf die Uhr und die Angst, nicht aufgefangen zu werden, mich wieder nur zusammenreisse und wieder nicht den nächsten entscheidenden Schritt mache.

Außerdem plagt mich Angst vor Zurückweisung, nicht so sein zu dürfen, unsichtbare Grenzen zwischen mir und Therapeut zu übrschreiten und damit das wirklich gute Arbeitsverhältnis zu zerstören. ich habe mich bis jetzt immer wohl und aufgehoben gefühlt, aber jetzt wo es ans eingemachte geht, bekomme ich muffensausen. Wir arbeiten seit mehr als 1 jahr zusammen...

Was denkt ihr? habt ihr etwas ähnliches erlebt? habt ihr Ratschläge, Meinungen, Tipps?

Vielen Dank fürs zulesen!

pinguin
Für den, der keinen Hafen hat, weht der Wind immer aus der falschen Richtung.
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Julia
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Beitrag Di., 24.06.2008, 12:51

Hallo Pinguin,

es tut mir leid dass es dir so schlecht geht. Ich habe keinen Ratschlag für dich, aber ich denke, ich verstehe dich ganz gut. Es geht mir ähnlich. Einerseits Hoffnung, dass es endlich herausbricht, andererseits habe ich Angst davor und verdränge und verdränge und verdränge. Ich setze diesbezügl. meine Hoffnungen auf die stat. Therapie. Aber bei dir ist es ja leider noch ein Weilchen hin.

Sorry, ich weiß auch nicht!

Dennoch alles Liebe,

Julia

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Zwiebel
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Beitrag Di., 24.06.2008, 15:47

Hallo Pinguin,

du kannst deinen Thera anrufen und ihm schildern wie es dir geht. Ev. gibt er dir eine Sonderstunde - wann hättest du die nächste reguläre?

Der geschützte Raum in der Stunde ist der richtige Ort um alles rauszulassen, auch wenn man "zusammenbricht". Du bist nicht allein! Sich dem Psychologen gegenüber nicht zusammenreißen müssen ist eines der Dinge die wesentlich zur Therapie gehören mir aber - wie dir - nicht leicht fallen. Wenn ich mich nicht wie sonst perfekt kontrolliere merke ich wie gut das tut. Die Kontrolle funktioniert bei mir oft unbewusst, ich muss willentlich versuchen sie abzubauen. Geht dir das auch so?

Zeigst du wie es dir geht wird die Stunde auch nicht pünktlich enden wenn es dir nicht (halbwegs) gut geht. Was bei dir gerade passiert ist ein riesen Schritt nach vorne, so unangenehm es sich anfühlt.

Liebe Grüße

Zwiebel



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Stöpsel
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Beitrag Di., 24.06.2008, 20:00

Hallo pinguin,

für mich hört sich das so an, als würdest Du Deine Möglichkeiten und Grenzen (zu was bin ich imstande, zu was nicht) und die Notwendigkeiten ziemlich gut einschätzen.
Hm, warum sollst Du denn nicht diesen Schritt IN der Therapie machen, wenn Du denkst, daß er notwendig ist und Du es alleine nicht packst? Therapie ist doch dafür da, einen dort zu unterstützen, wo man alleine nicht klarkommt. Und: Du FRAGST ja erstmal, ob das geht mit einer Doppelstunde, hast die Belange des Therapeuten auch im Blick, warum soll er Dir das übelnehmen? Allein eine Frage, wo ihr Euch bisher so gut verstanden habt?
Ich würde ihm das so sagen, wie Du es hier auch getan hast. Dann kann er ja mit Dir zusammen überlegen, wie er Dich am besten unterstützen kann, vielleicht findet er andere Formen der Unterstützung ja sinnvoller als eine Doppelstunde oder vielleicht findet er es auch zu früh für diesen Schritt, was auch immer.

Viele Grüße

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pinguin
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Beitrag Di., 24.06.2008, 22:19

Hallo zusammen,

vielen Dank für eure Antworten. Ich habe jetzt all meinen Mut zusammengenommen und ihm eine Mail geschrieben. Ich kann manchmal die Dinge besser aufschreiben, als sagen. Und ihn anzurufen, dazu fehlt mir der Mut. Ich glaube ich wäre dann am Telefon schon zusammengeklappt.

Wir haben schon ein paar mal zwischen den Stunden per email kontakt gehabt, das funktioniert ganz gut.
Die nächste reguläre Stunde ist nächste Woche freitag... hoffentlich halt ich das so lange aus... und hoffentlich komm ich dann auch noch da dran und es ist nicht alles weg.... Ich habedas Gefühl ich bin grad an einem wichtigen Punkt....

Ich werde jetzt versuchen, ein bisschenn zu schlafen.. ich bin totmüde, nachdem ich letzte nacht auch so gut wie nicht geschlafen habe.

Gute Nacht!
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pinguin
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Beitrag Sa., 28.06.2008, 20:17

es gibt es neues.. leider auch nicht so gute NEuigkeiten...

nachdem ich ihm eine Mail geschickt habe, habe ich nun am kommenden Montag eine Extrastunde, die am Rand liegt. Nervös bin ich...

Aber ich habe (mal wieder) eine neue Baustelle... Es nimmt kein Ende...Am Donnerstag ist mein Opa gestorben und am Mittwoch ist die Beerdigung. Das an sich wär nicht so schlimm, weil er war lange sehr schwer krank und für ihn ist es eine Erlösung. ich hatte vor 4 Wochen auch noch die Gelegenheit, mich zu verabschieden, als er wirklich noch ganz klar war. Aber: ich werde dort wieder meiner Mutter begegnen (es ist ihr Vater). Meiner Mutter, die mich wie das letzte STück Dreck behandelt, mich emotional hat verkümmern lassen, die mich verantwortlich für Ihr "verpfuschtes" Leben macht, weil ich unehelich geboren wurde als sie 19 war und mein Erzeuger sie sitzengelassen hat. Meiner Mutter, die der Hauptgrund meiner Depressionen, Ängste, Sebstzweifel und Selbsthass ist. Ich weiss nicht, wie ich das aushalten soll.

Wenn ich nur daran denke, dass sie da ist, wird mir schlecht, ich bekomme Herzrasen, feuchte Hände.
Mein Thera weiss, dass mein Opa gestorben ist.

Ich kann nicht mehr... immer wenn ich denke ich mache Fortschritte, kommt irgendwas und zieht mir den Boden unter den Füssen weg... Ich hatte mich bereits ganz gut von ihr gelöst (auch weil ich 400 km weit weg wohne), dachte ich zumindest, und jetzt geht alles wieder von vorne los. sie hat mich immer noch fest im Griff... und schafft es in Sekundebruchteilen, mir ein schlechtes Gewissen zu machen...was für eine schlechte Tochter ich doch sei.. etc pp...
Wie kann ich mich schützen?

Ich fürchte, dass ich jetzt an meine Gefühle von letzter Woche nicht mehr rankomme... oder es kommt der absolute Supergau...
ich habe eine Heidenangst...und ich fühle mich hilflos.. irgendwas passiert mit mir und ich habe keinen EInfluss darauf...

Schlafen kann ich nur mit Schlaftabletten, heute bin ich gar nicht aufgestanden...morgen bin ich zum Glück verabredet, so dass ich aufstehen muss...

Danke fürs zulesen!
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Julia
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Beitrag So., 29.06.2008, 10:28

Liebe Pinguin,

es tut mir leid, dass es dir so schlecht geht. Sag mal, willst du denn zur Beerdigung? Ich meine, eine Idee könnte doch sein, einfach nicht hinzugehen. Wenn es für dich ok ist, allein Abschied zu nehmen und es niemanden gibt, dem du beistehen möchtest, wäre das soch eine mögliche Lösung der Konfrontation mit deiner Mutter aus dem Weg zu gehen.

Liebe Grüße,
Julia

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münchnerkindl
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Beitrag So., 29.06.2008, 11:07

Ich glaub ich würde die Beerdigung auch sausen lassen. Daß Du persönlich von ihm Abschied genommen hast ist doch viel wichtiger als zuzuschauen wie ein toter Körper der ja ausser der äusseren Form nix mehr von der Person hat in ein Grab abgelassen wird und sich die Rede eines Priesters anzuhören.

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pinguin
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Beitrag Do., 03.07.2008, 14:42

Vielen lieben Dank für eure Worte.

ich bin gestern abend spät wieder gekommen und ich bin froh, dass ich gefahren bin. Die Zeremonie war sehr schön, und es war gut Abschied nehmen zu können.

Allerdings war die Konfrontation mit meiner Mutter alles andere als angenehm und natürlich hat sie es mal wieder geschafft, das schlechte gewissen in mir zu aktivieren. Als sie es dann so richtig auf die Spitze getrieben hat ("Natürlich muss Iris immer was besonderes sein, sie hat sich ja schon immer für was besseres gehalten" -> ich habe einen Abschiedsbrief ins Grab geworfen, so wie bei meinem Vater und bei meiner Oma) hat meine Tante sie so richtig angeschnauzt: Sie solle sich jetzt mal zusammenreissen, jeder hätte seine Art zu trauern, und sie möge doch bitte so tolerant sein, dass für Ihre kinder so zuzulassen.

Danach war sie so baff, dass sie erstmal gar nichts mehr gesagt hat. Leider hat sich dass dann so entwickelt, dass sie danach auch nicht mehr mit mir gesprochen hat. Stattdessen hat sie sich bei anderen ausgeheult, wie schlecht es ihr doch geht, und was für eine schlimme Tochter ich sei. Ich würde mich nicht kümmern, etc pp.

Sie hat sich auch nicht verabschiedet, als ich zum bahnhof musste. Wir sind also wortlos auseinander. Gestern abend war ich total kaputt, aber heute geht es erstaunlicherweise ganz gut. Ich habe noch zwei Tage frei und am Montag gehe ich wieder arbeiten. Am Wochenende gehe ich mit meinen Segelkids ins Piratencamp.
Es fühlt sich ein bisschen so an wie Abschied für immer. Meine Schwester meinte dann auch, als sie mich am Bahnhof absetzte: Du kommst jetzt erstmal so schnell nicht wieder oder? Und wenn ich ehrlich sein soll: nein, wenn es sich nicht vermeiden lässt.

ich fühl mich ein bisschen befreit, obwohl die anderen Baustellen auch noch zu bearbeiten sind.
Nächste Woche Freitag habe ich ein Vorgespräch in einer psychosomatischen Klinik für eine stationäre Therapie.

Meine Doppelstunde am Montag war zwar gut, hat mich aber in bezug auf meine unterdrückten Gefühle nicht weitergebracht, weil ich da nicht dran gekommen bin und wir fast ausschliesslich über die Beerdigung gesprochen haben.

Danke für eure zusprechenden Worte, ihr wisst gar nicht, wie gut das tut!

LG
iris
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bluna
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Beitrag Mo., 22.03.2010, 20:41

Hallo ! Ich habe zwar jetzt einen alten thread rausgegraben, aber mich würde gern mal interessieren wie es Pinguin momentan geht.
Wie bist Du in der Therapie vorangkommen?
Liebe Grüße
Bluna

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