Private Begegnung mit Therapeutin

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Winni
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Beitrag Di., 03.10.2023, 18:24

Mein ehemaliger Analytiker und ich wohnen nicht im selben Ort. Trotzdem haben wir uns einmal - noch zu Therapiezeiten - bei einem Konzert getroffen.

Es war ein nicht allzu großer, gut überschaubarer Veranstaltungsraum. Mein Mann und ich saßen schon, als kurz vor Beginn mein Thera und seine Frau einige Reihen vor uns ihre Plätze einnahmen.

Er saß direkt in meinem Blickfeld, und ich fühlte mich wie eine Voyeurin, ihn ohne sein Wissen beobachten zu können. Ich konzentrierte mich auf das Konzert, musterte aber doch auch seinen Hinterkopf. Ein ungewohnter Anblick, der mir Bauchschmerzen verursachte. Was sollte ich machen? Vor der Pause heimlich verschwinden, bevor er mich bemerkte? Was sollte ich meinem Mann sagen?

Ich entschloss mich zu bleiben. In der Pause holte ich mir etwas zu trinken, Thera auch. Unsere Blicke trafen sich. Wir nickten uns kurz zu - und gut war. Er sah auch meinen Sitzplatz. Falls es ihn störte, ließ er es sich nicht anmerken.

In der nächsten Stunde sprachen wir es an. Er sagte: „ein schönes Konzert“. Und machte mir klar, dass er oft Patienten begegnet. Er würde seinen Beruf verfehlt haben, wenn ihm diese Begegnungen unangenehm wären, erklärte er. Und dass es ihm auch keine Probleme macht, wenn ihm die Klienten sozusagen im Nacken sitzen 😉.

Dass es MIR aber etwas ausmacht, ihm so unverhofft auf ungewohntem Terrain zu begegnen, besprachen wir auch. Er sagte, er würde mich nur grüßen, wenn ich das auch wolle. Wir vereinbarten, dass er meinen Gruß abwarten würde. Er würde nicht handausstreckend auf mich zugerannt kommen :-P . Damit konnte ich dann gut leben.
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chrysokoll
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Beitrag Di., 03.10.2023, 18:33

klar treffen Therapeuten ihre Patienten und müssen im Prinzip jederzeit damit rechnen.
Die Wahrscheinlichkeit ist sicher höher wenn beide in einer Kleinstadt wohnen oder im selben Stadtviertel. Oder wenn es Gemeinsamkeiten gibt bei Interessen, Hobbys, Beruf, Sport oder so.

Ich habe mal den früheren Analytiker auch im Supermarkt getroffen. Die Frau nörgelte, die Kinder nervten, er pflaumte die Kinder an. Ganz normaler Familieneinkauf, aber mein Bild vom "großartigen" Analytiker mit der tollen, immer harmonischen Familie bekam doch ein paar Risse.

Richtig unerträglich fände ich eine Begegnung in der Sauna, oder im Swinger-Club (gut, da gehe ich nicht hin, das passiert also nicht) oder auf einer sehr kleinen privaten Party. Da würde ich dann gehen, notfalls mit der Ausrede von Übelkeit oder Kopfweh oder so

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Lawendelblüte
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Beitrag Di., 03.10.2023, 18:39

haha, ich glaube nicht, dass Therapeuten in einen Swingerclub gehen würden. Auch nicht in die übernächste Stadt, da das ja alle denken, dann trifft man dort seinen Thera, seinen Postboten, die Bäckereiverkäuferin usw.
Hab mir da schon mal die Frage gestellt, dass Theras das schon etwas eingeschränkt sind. Also in die Sauna gehen ist ja wirklich nichts schlimmes, wäre aber sehr komisch. Oder ich denke da auch an einen Campingurlaub, vlt. sogar noch FKK-das geht dann alles nicht?

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chrysokoll
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Beitrag Di., 03.10.2023, 18:47

also ich glaube dass man in so einem Beruf einfach ein paar Entscheidungen treffen muss. Also was man so tut.
Und ja, man kann auch tausend Kilometer von daheim auf genau dem einsamen Strand nackt einen Bekannten treffen oder so.

Ich hab früher mal in einer Kleinstadt gewohnt, da gab es nur ein einziges Fitness-Studio mit einem schönen, großen Wellness- und Saunabereich. Da ging jeder, der Bürgermeister, der Zahnarzt, der Firmenchef, die Putzfrau... alle.
Keine Ahnung ob da auch Therapeuten hingingen, und für mich ist es auch nochmal ein Unterschied ob ich meinen Zahnarzt in der Sauna treffe oder den Therapeuten.
Aber merkwürdig war es schon teilweise

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NeueWege
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Beiträge: 65

Beitrag Di., 03.10.2023, 19:13

Hmm, also ich denke nicht, dass sich Therapeuten da einschränken. Wie schon oben geschrieben, wenn es sie so sehr stört, hätten sie den Beruf verfehlt. Dann könnten sie ja gar nirgends mehr hingehen. Fitnessstudio, Schwimmbad, Club, Saufen auf dem Volksfest. Überall könnten sie potentiell gesehen werden. Mit ihren Familien und Freunden.

Ich treffe sehr oft Schülerinnen von mir (Alter so 3-50 Jahre) und ggf. deren Eltern. Obwohl kleinere Großstadt. Gerade auch, als mein Sohn noch kleiner war, mit Kind ist man doch oft an den gleichen Stellen. Auch im Schwimmbad aber das stört mich wirklich nicht, wenn die mich im Bikini sehen. Hätte jetzt auch weder ein Problem damit, meine Therapeutin im Bikini zu sehen noch dass sie mich im Bikini sieht. Nackt wäre mir ehrlich gesagt auch egal, dem messe ich nicht so viel Bedeutung bei. Ist vielleicht auch was Kulturelles. Würde unabhängig vom Bekleidungszustand kurz grüßen und dann halt eher Abstand halten, weil ich es so privat komisch fände mit ihr.

So ne Swinger-Party oder Ähnliches ist ja unabhängig vom Beruf immer ein kleines Risiko. Da stehen Therapeuten doch noch recht gut da, wenn denen ein Patient vor Schreck wegläuft, dann finden sie ja schnell neue. Überleg mal, man trifft auf nen wichtigen Kunden oder Verwandte oder Schüler(volljährige)/Studenten/Dozenten oder den Nachbarn, dem man nicht mal einfach so aus dem Weg gehen kann. Immerhin ist der jeweils andere ja auch da und findet das anscheinend gut… aber ansonsten ist es bei dieser Art der Veranstaltung ja immer ein bisschen riskant.

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Montana
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Beitrag Di., 03.10.2023, 19:46

chrysokoll hat geschrieben: Di., 03.10.2023, 18:33 Die Wahrscheinlichkeit ist sicher höher wenn beide in einer Kleinstadt wohnen oder im selben Stadtviertel.
Vor allem sind es von Therapeutenseite sehr viel mehr Möglichkeiten einer Begegnung, weil er viele Patienten hat, während ein Patient ja in der Regel genau einen Therapeuten hat. Zählt man ehemalige mit, dann wird es sogar noch deutlicher, denn ein Therapeut "sammelt" ja viele im Laufe der Zeit.

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Leyndin
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Beiträge: 294

Beitrag Di., 03.10.2023, 20:48

Ich treffe auch relativ oft auf Klient*innen und deren Familien. Im Zweifel und Prosopagnosie sei dank erkennen sie mich weit bevor ich sie erkenne. Erst recht an ungewöhnlicheren Orten wo man nicht in der Arbeitskleidung herumläuft und auch sonstwie etwas anderes tut. Ich weiss, dass die Situationen entstehen können und trotzdem ist es jedes Mal ein kleiner Schreckmoment für mich, vorallem wenn quer durch einen Laden ‚Hallo Frau xy‘ krakeelt wird. An den meisten Orten kennen mehr Menschen mich, als umgekehrt. Das ist mir oft viel unangenehmer, als die Vorstellung meine Therapeutin zu treffen. Bei ihr wüsste ich wenigstens, dass sie mir wohlgesonnen ist, mich nicht verurteilt und auch nicht aufgrund äusserer Merkmale als kognitiv beeinträchtigt einstuft.

In Bezug aufs zufällige Erkennen für mich mit der Therapeutin insofern weniger ein Problem, als dass ich glaube, dass ich sie vermutlich kaum erkennen würde, würde sie mir in sehr anderer Kleidung und Kontext gegenüberstehen. Sie müsste schon anfangen mich anzusprechen.

Wir haben das Thema zufällige Begegnungen auch besprochen, da A. berufliche Schnittmengen bestehen können, und B. die Stadt nicht all zu gross ist. Sie hat mich schon gesehen, sich da entschlossen mich nicht anzusprechen weil ich wohl in einem ziemlichen Reizüberflutungstunnel steckte (drum hab ich sie auch absolut nicht wahrgenommen) und mich in der Stunde gefragt, wie ich es gerne möchte.

Ich schränke mich aber absolut nicht ein, wohin ich gehe ab der Massgabe, dass Klient*innen mich sehen könnten. Da wo ich hingehe, möchte oder muss ich hin und dazu stehe ich auch voll dahinter.
Und meine Therapeutin ist auch bloss ein Mensch, der auch sein Leben hat und haben soll.

Die Zeiten wo zu Stellenbeschreibungen Dinge gehörten wie ‚der Dorflehrer hat sich nicht im Gasthaus aufzuhaten‘ sind ja glücklicherweise vorbei.

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Montana
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Beitrag Di., 03.10.2023, 21:00

Leyndin hat geschrieben: Di., 03.10.2023, 20:48 Die Zeiten wo zu Stellenbeschreibungen Dinge gehörten wie ‚der Dorflehrer hat sich nicht im Gasthaus aufzuhaten‘ sind ja glücklicherweise vorbei.
:lol: Ich bin für die Wiedereinführung. Als ich kurz vor dem Abi in einem Restaurant gekellnert habe, hatte ich mal eine Jagdgesellschaft zu bedienen. Der Ober-Jäger von denen, der am längsten blieb und am meisten gebechert hat, war ein ehemaliger Physik-Lehrer von mir. Und das ließ er auch alle anderen Anwesenden wissen. Von mir aus hätte das nicht sein müssen. Aber zum Nachdenken war er zu betrunken.

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