Richtiges Verhalten in Gruppentherapie

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Montana
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Beitrag Mo., 07.11.2022, 15:35

Sinarellas hat geschrieben: Mo., 07.11.2022, 13:05 Ich verstehe nicht ganz, wieso man nicht ein Bedürfnis aussprechen sollte und das Gegenüber kann entscheiden, wie es damit umgeht und am Ende findet man eine Lösung, wie auch immer diese aussieht.
Und genau das ist es doch, was man in einer Gruppe lernen soll und als Übungsfeld hat.
Im wahren Leben geht das doch überhaupt nicht. Zumindest nur äußerst selten. Ich habe mal im Krankenhaus eine neue Dame in meinem Zimmer gebeten, ihr Parfum abzuwaschen. Die kam total aufgetakelt zu einer geplanten Behandlung, sehr unnötig, und mir ging es schon ohne Stinkbombe im Zimmer bescheiden. Dafür hatte sie Verständnis, hatte halt vorher nicht nachgedacht.

Aber überall sonst kann man Rücksichtnahme völlig knicken. Das funktioniert weder im Büro noch in der Öffentlichkeit. Und genau da passiert es aber häufig, dass solche Probleme auftauchen.
Ich stelle mir gerade vor, wie ich im Bus allen zwanzig Mitfahrern die Bitte vortrage, sie möchten doch bitte ihre Musik leiser machen. Kann ich vergessen, für sowas wurden schon Leute angegriffen. Die merken noch nichtmal, dass sie einen Hörschaden haben und andere Leute ihr Zeug sehr viel lauter hören als sie selbst.

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LovisTochter
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Beitrag Mo., 07.11.2022, 20:17

Montana, gehts Dir nur darum: Dagegen!!! zu schreien?
Lies doch bitte den Post von Sinarellas ganz und pick da nicht einfach Dinge aus dem Zusammenhang nur um zum 1000x mal beweisen zu wollen, dass das alles gar nicht geht und vollkommen unmöglich etc. ist.
Da steht ganz klar:
Sinarellas hat geschrieben: Mo., 07.11.2022, 13:05 Klar hat er ein Recht auf sein Parfum, aber eine th. SHG ist etwas anderes als der Typ im Büro nebenan.

Ich verstehe nicht ganz, wieso man nicht ein Bedürfnis aussprechen sollte und das Gegenüber kann entscheiden, wie es damit umgeht und am Ende findet man eine Lösung, wie auch immer diese aussieht.
Und genau das ist es doch, was man in einer Gruppe lernen soll und als Übungsfeld hat.
:kopfschuettel:
Wer nicht auf seine Weise denkt, denkt überhaupt nicht. (Oscar Wilde)

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ENA
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Beitrag Mo., 07.11.2022, 20:52

Charlie Foxtrott hat geschrieben: Mo., 07.11.2022, 11:34 Andersrum triggert mich heftig ein Redeverbot, Geheimhaltung etc. Was mich bei diesen Angeboten stört ist die Suggestion, man bräuchte nur die richtige Körperhaltung, feste, laute Stimme, Nein sagen und alles wird gut. Macht Schuldgefühle.
Ich denke, genau das wäre dann ein Thema, über das man sprechen könnte und es gut sein könnte, zu klären. Wenn es im Gruppenkontext nicht geht, dann einzeln mit der Leitung. Es ist ja auch etwas Grundsätzliches, eine Regel, wenn das so zur Gruppe gehört. ...und entweder die Hinweise "nicht über Probleme reden" , "Redeverbote, Geheimhaltung",...werden unterschiedlich aufgefasst oder vielleicht passt diese Gruppe auch einfach nicht. Dann kann man weiter suchen, wenn man will.

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Seepferdchen_
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Beitrag Di., 08.11.2022, 20:40

Mir gefällt das Beispiel vom Parfummann bzgl Sozialverhalten. Er hat sein Parfum, seinen Körpergeruch, seinen Bart, was auch immer. Und er darf sich selber sein!

Die getriggerte Person darf hier ihr Sozialverhalten üben, nämlich erkennen, dass das ein Trigger ist aus der alten Zeit, der nichts mit dem Parfummann aus dem Hier und Jetzt zu tun hat und deshalb nicht mehr notwendig ist!

Und der Parfummann darf zB lernen, dass er im Hier und Jetzt - im Gegensatz zur Ursprungsfamilie - willkommen ist, wie er ist, mit Parfum, mit Bart, mit Stöckelschuhen, einfach so, wie er ist. ❤

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Seepferdchen_
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Beitrag Di., 08.11.2022, 20:47

Sinarellas hat geschrieben: Mo., 07.11.2022, 13:05 > .

Na aber moment mal, für die Auslöser ist der Täter verantwortlich und nicht der Betroffene selbst!?
Klar hat er ein Recht auf sein Parfum, aber eine th. SHG ist etwas anderes als der Typ im Büro nebenan.
Der Parfummann ist kein Täter. Der Täter ist eine Person aus der Vergangenheit. Wenn die getriggerte Person dem Parfummann die Tätermaske überstülpt, wird sie selbst zum Täter, indem sie den Parfummann für etwas Verantwortlich macht, für das er gar nichts kann.

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Montana
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Beitrag Di., 08.11.2022, 21:12

Seepferdchen_ hat geschrieben: Di., 08.11.2022, 20:40 Die getriggerte Person darf hier ihr Sozialverhalten üben, nämlich erkennen, dass das ein Trigger ist aus der alten Zeit, der nichts mit dem Parfummann aus dem Hier und Jetzt zu tun hat und deshalb nicht mehr notwendig ist!
Das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun. Man kann getriggert sein, ohne dass das im Sozialverhalten sichtbar wird. Und man kann getriggert sein, obwohl man weiß, dass die eigene Reaktion aufgrund eines Ereignisses in der Vergangenheit auftaucht. Das entzieht sich der Kontrolle und hört mit der Erkenntnis nicht auf. Was mir so als typische Reaktion einfällt sind z.B. Übelkeit und Brechreiz. Dazu kann dann noch die Angst kommen, dem armen Parfummann, der dafür ja gar nichts kann, vor die Füße zu kotzen. Das wäre unangenehm für alle Anwesenden. Mit Übung ist so einem Problem nicht beizukommen und es wird auch durch wiederholtes Aushalten meist nicht besser. Dazu gehört dann doch etwas mehr.

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Seepferdchen_
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Beitrag Di., 08.11.2022, 21:34

Montana hat geschrieben: Di., 08.11.2022, 21:12 [

auf. Was mir so als typische Reaktion einfällt sind z.B. Übelkeit und Brechreiz. Dazu kann dann noch die Angst kommen, dem armen Parfummann, der dafür ja gar nichts kann, vor die Füße zu kotzen. Das wäre unangenehm für alle Anwesenden. Mit Übung ist so einem Problem nicht beizukommen und es wird auch durch wiederholtes Aushalten meist nicht besser. Dazu gehört dann doch etwas mehr.
Wie willst du diesem Problem denn sonst beikommen, ausser durch Übung?
Also merken, ui, das ist ein Trigger, das hat nichts mit dem Hier und Jetzt zu tun, ich darf umschalten.

In meinen Augen ist die Gruppe ein ideales Übungsfeld dafür, weil da ist die Therapeutin noch dabei zur Unterstützung, die darauf aufmerksam machen kann, dass das ein Trigger ist, unterstützen kann bei Dissoziation, Angst, etc, idealerweise bevor man kotzt.

Ich wurde als Jugendliche mehrfach vergewaltigt, und mir hat genau dieses Üben geholfen. Trigger bemerken, erkennen, dass das Gefühl von damals
kommt und nichts mit dem Hier und Jetzt zu tun hat, erkennen, dass das Gegenüber NICHT der Täter von damals ist, dann so gut es geht wieder im Hier und Jetzt verankern um umzuschalten.

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Sydney-b
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Beitrag Di., 08.11.2022, 22:42

Um mal wieder zur Eingangsfrage zurückzukehren:

Charlie, wirst du deine Frage nun in der Gruppenstunde stellen?

Damit du, aber auch die anderen Teilnehmer genau wissen, wieviel man dort erzählen darf?

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Charlie Foxtrott
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Beitrag Mi., 09.11.2022, 11:54

Sydney-b hat geschrieben: Di., 08.11.2022, 22:42 Charlie, wirst du deine Frage nun in der Gruppenstunde stellen?

Damit du, aber auch die anderen Teilnehmer genau wissen, wieviel man dort erzählen darf?
Ja, werde ich. Aber ich glaube, wir haben uns mit dieser lebhaften Diskussion gerade die Antwort selbst gegeben. Wie wäre es nicht mit ja oder nein, sondern mit sowohl als auch, Ambivalenzen aushalten?
Schaut mal, was ich in der Literatur gefunden habe:
Bin ich Schuld an der Reaktion der anderen (wobei wir hier regelhaft erklären, dass jede noch so harmlose Äußerung zu solch einer Reaktion führen kann und deshalb nicht vermeidbar ist, ja nicht einmal vermieden werden sollte, da hierdurch die Möglichkeit entsteht, auf Trigger anders als bisher zu reagieren)? Sollte ich unter Umständen auch Schwierigkeiten aushalten und damit bewältigen lernen, die ich bisher gemieden habe? Auf diese Weise löst sich das beschriebene Dilemma auf und erweitert die Sichtweise auf bisher einseitig problematisierte Befindlichkeiten oder Symptome!...Ambivalenzen lassen sich nur auflösen, wenn man sie benennt und über sie redet. "Ich will Dir, meinem Mitpatienten, nicht wehtun, ich sehe die Siruation zwar anders, halte aber meine Sichtweise zurück, damit ich Dich nicht mit etwas verletze...Defensive, häufig krank machenden Verhaltensweisen sind die Folge. Traumatisierte Patientinnen können von solchen oder ähnlichen inneren Dialogen "ein Lied singen"...Darüber zu reden ist somit in doppelter Weise ein Musterwechsel..eine neue, dritte Lösung häufig im Sinne des Sowohl-als-auch wird sichtbar...Auch hier wird deutlich, dass eine solch Erfahrung nur in einer begleiteten Gruppe gemacht werden kann...
https://www.klett-cotta.de/buch/Psychot ... uppe/27059
(Firus et al.: Traumatherapie in der Gruppe)
Wow, mir fiel es wirklich wie Schuppen von den Augen. Exakt das lief in meiner alten Therapie schief. :!!: Herzlichen Dank für die fruchtbare Diskussion!!! :-D

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