Hallo Joa,
ich finde den Thread wichtig und auch richtig.
Auch zur Aufklährung, bzw. zum Hinterfragen dieser Gefühle und um zu verhindern, daß jemand dadurch in sein/ihr Unglück rennt.
Zuallererst denke ich jedoch, daß diese Gefühle, sowohl bei weiblichen als auch bei männlichen Patienten aufkommen können. Man hört, bzw. liest dies zwar vermehrt bei weiblichen Patinten, dies wird aber wohl mehrere Gründe haben, wie z.B. das mehr Frauen eine Psychotherapie aufsuchen als Männer und Frauen sich auch eher anderen Menschen mitteilen.
In einer Psychotherapie bekommt man ggf. die Aufmerksamkeit, die "Zuwendung", die Sicherheit und damit auch die Geborgenheit, die man in seinem Zuhause in der eigenen Kindheit durch die Mutter und/oder den Vater schmerzlich vermisst hat. Das dies dann Gefühle, bzw. Phantasien auslöst und damit die Wunschvorstellung den Therapeuten oder die Therapeutin als Elternersatz zu empfinden, ist meiner Meinung nach vollkommen nachvollziehbar.
Auch ich bin davon betroffen und hätte gerne so einen Vater gehabt, wie mein Therapeut einer zu sein scheint.
Aber auch mir ist ganz klar, daß dies nie sein wird. Erstens bin ich schon lange erwachsen und zweitens ist er nunmal nicht mein Vater. Auch lässt sich das Vergangene nicht nachholen, so traurig dies auch ist.
Ich würde auch niemals meinem Therapeuten diese Gefühle und Wunschphantasie mitteilen. Da dies ganz sicher die therapeutische Beziehung verändern würde. Ich kann mir gut vorstellen, wenn er dies wüsste, daß es ihn u.U. verunsichern würde und er dann ggf. noch vorsichtiger würde, diese Emotionen nicht weiter zu nähren. Im schlimmsten Fall würde er vielleicht auch die Therapie beenden.
Da schweige ich lieber und genieße still dieses Geborgenheitsgefühl.
Therapeuten, oder auch Therapeutinnen können meiner Meinung nach aber auch Vater- oder Muttergefühle (Beschützergefühle) gegenüber manchen Patieten entwickeln, vorausgesetzt eine gewisse Sympathie zwischen Beiden und ggf. ein entsprechender Altersunterschied ist vorhanden.
Gerade dann ist es aber immens wichtig, daß die Grenzen nicht verwischen, sowohl die Grenzen des Patienten, aber auch die Grenzen des Therapeuten.
Das der Patient ggf. schon erwachsen ist, ist meiner Meinung nach nicht generell ein Hindernis.
Psychisch gesunde und liebevolle Eltern, haben auch so lange sie leben immer das Bedürfnis ihr "Kind" vor Elend beschützen zu wollen, egal ob die Kinder schon erwachsen sind.
Gegen Gefühle oder Wünsche kann man nichts machen, sie entstehen einfach.
Aber wie man damit umgeht, ist sehr entscheidend.
Ich gehe ja auch nicht einfach hin, wenn ein atraktiver Mann vor mir hergeht und fasse ihn an seinen knackigen Po, nur weil er mir gefällt. Da würde jeder sofort schreien, das ist Grenzüberschreitend.
Und ja, natürlich wäre dies Grenzüberschreitend.
Ich finde es aber ebenfalls Grenzüberschreitend, wenn Patienten egal ob weiblich oder männlich, dem Therapeuten oder der Therapeutin, ihre Gefühle oder Wünsche ihm oder ihr gegenüber regelrecht aufzwängen und das ggf. auch noch so massiv wie in einem anderen Thread zu lesen war.
Das dies die therapeutische Beziehung wie auch immer zerstört, dürfte jedem klar sein.
Im besten Fall wird die Therapie dann durch die Therapeutin, oder den Theraputen beendet, bzw. abgebrochen, bevor schlimmeres passiert. Therapeuten sind schließlich auch nur Menschen.
Im umgekehrten Fall würden wir Patienten ja auch die Flucht ergreifen, wenn Therapeuten uns deren Gefühle oder Wünsche ungewollt und so massiv aufzwängen wollten.
Es hilft vielleicht des öfteren mal den eigenen Blickwinkel zu ändern und sich mal in die Position seines Gegenübers hineinzuversetzen, vollkommen unabhängig in welcher Art Beziehung (Therapie, Freundschaft, Eltern-Kind-Beziehung, oder Partnerschaft).
Ich denke auch, daß problembehaftete und ausgeprägt hilfsbedürftige Menschen eher unatraktiv wirken im Bezug auf Freundschaften oder gar Partnerschaften, da sie auch eine nicht unerhebliche Zusatzbelastung bedeuten.
Sie lösen meines Ehrachtens am ehesten einen Beschützerinstinkt beim Gegenüber aus, sofern vorhanden.
Aber auch hier überlegt sich jeder, ober er diese Zusatzbelastung auf sich nehmen möchte.
L.G. Tobe