Was macht Thera mit Aufzeichnungen während der Stunde?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Benutzeravatar

caduta
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 54
Beiträge: 358

Beitrag Do., 13.01.2022, 13:12

Gespensterkind hat geschrieben: Do., 13.01.2022, 12:21 Ich hatte darüber nachgedacht, aber Sorge, dass mich ein Bericht ernüchtern würde und in mir etwas kaputt macht.
Aber vermutlich ist das gar nicht so.
Das ist ein spannender Aspekt, an den ich noch nicht gedacht hatte. Aber vielleicht wäre ein bisschen Ernüchterung gar nicht so schlecht bei mir :roll:

Ich könnte mir vorstellen, dass es mir noch einen anderen Blickwinkel auf mich und mein Erleben in der Therapie geben könnte. Sozusagen eine Art Realitätscheck. Ich bin mir an vielen Stellen in der Therapie nicht sicher gewesen, wie ich das was ich erlebt habe einordnen soll und habe dann die Neigung mich gerne irgendwo komplett in meinen Gedanken- und Interpretationsspiralen zu 'versteigen'.

Gleichzeitig könnte es aber tatsächlich etwas kaputt machen? Ich vertraue ihm aber eigentlich schon, dass er da nichts völlig Abstruses reingeschrieben hat. Auch im Gutachten hat er mich und meine Probleme ganz gut erfasst.

Werbung

Benutzeravatar

Winni
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 60
Beiträge: 129

Beitrag Do., 13.01.2022, 15:16

Hallo caduta,

ich hatte mir zum Therapieende lediglich den Bericht an den Gutachter geben lassen. Einfach um zu wissen, was "über mich" nach außen gegangen ist. Ich hatte kurz auch mit dem Gedanken gespielt, um komplette Akteneinsicht zu bitten, habe das dann aber wieder verworfen.

Mir war völlig bewußt, dass mein Therapeut die Stunden nicht so erlebt und bewertet hat wie ich. Er - als sachlicher Beobachter - kann nicht von der Gefühlsebene aus arbeiten. Seine Beschreibungen des therapeutischen Geschehens können nur auf Sachebene liegen. Und das wollte ich nicht lesen. Ich wollte nicht lesen, welche "Strategien" er eventuell angewandt hat, um xy zu provozieren...

Ich habe ihm einmal in einer verzweifelten Lage eine E-Mail geschrieben. Sozusagen eine Hand gesucht zum Festhalten. Und er hat ganz kurz darauf geantwortet. Inhaltlich völlig belanglos - aber für mich der Halt, den ich in diesem Moment gebraucht habe. In der Stunde darauf haben wir das besprochen, ich habe ihm gesagt, dass mir die Tatsache, dass er geantwortet hat, mich wieder geerdet hat. Und ich habe spaßeshalber gefragt: "Und, was schreiben Sie jetzt in meine Akte"?
Seine Antwort: "Die E-Mail hat der Patientin gut getan".

Für ihn war es ein sachlicher, kurz abzuhandelnder Vorgang. Für mich ein ganzes Universum.

Ich möchte mir meine therapeutischen Universen erhalten. Und den Zauber, der für mich damit verbunden ist. Deshalb würde ich in einer gut verlaufenden Therapie niemals die Notizen des Therapeuten lesen wollen :)
"An Ärger festhalten ist wie wenn Du an einem Stück
Kohle festhältst mit der Absicht, es nach jemandem zu werfen -
derjenige, der sich dabei verbrennt, bist Du selbst" (Buddha)

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag