Supervision für Klienten

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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tipsy
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Beitrag So., 22.12.2019, 18:44

candle. hat geschrieben: So., 22.12.2019, 18:39 Bei mir ging es mal einfach nur um Lebensqualität- MEINE Lebensqualität.

candle
Da hast du so Recht! Und genau die ist geldwert, wenn man so will.
candle. hat geschrieben: So., 22.12.2019, 18:39 So in etwa gibt es das auch.

candle
Wo und wie gibt es das? Sich real im Gespräch zu treffen aber nicht, oder? Nur schriftlich?

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Anna-Luisa
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Beitrag So., 22.12.2019, 19:10

tipsy hat geschrieben: So., 22.12.2019, 18:26 Ich habe mir den Thread von Anfang an durchgelesen und da wurde schon erwähnt, dass "der Therapeut oder Therapeutin vor einer Beschwerdestelle seine Hände in Unschuld wäscht", der Patient also nichts davon hat außer Stress und den Verlust seines Datenschutzes.
von Patienten.
Dann wurde nicht erwähnt, dass auch schon Psychotherapeuten ihre Approbation verloren haben und auch zu Bewährungs- bzw. Gefängnisstrafen verurteilt wurden?

"Seinen Datenschutz" kann man nicht verlieren.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)


Coriolan
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Beitrag So., 22.12.2019, 19:29

Inwiefern fühlst du dich verschaukelt in deiner Therapie?
Die jüngere Generation von Therapeuten geht ja schon so weit, dass sie einem in der ersten/zweiten Stunde ins Gesicht sagen, dass es für sie persönlich passen/harmonieren muss, damit sie mit einem arbeiten wollen,[...]
Nicht nur die jüngere Generation von Therapeuten sieht das halt nunmal so, dass die Chemie von beiden Seiten halbwegs stimmen muss, um erfolgreich miteinander zu arbeiten. Auch wenn's "nur" eine therapeutische (Arbeits-)Beziehung ist.
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tipsy
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Beitrag So., 22.12.2019, 19:51

Coriolan hat geschrieben: So., 22.12.2019, 19:29 Inwiefern fühlst du dich verschaukelt in deiner Therapie?
Therapie hatte bei mir den Effekt eines Ablenkungsmanövers, wirklich Strategien und Hilfe zur Bewältigung meiner Probleme oder zur Entwicklung gab es nicht.

Zusätzlich wurde mir eine Zugewandtheit vorgespielt, die es so nicht gab und in einer Dienstleistungsbeziehung nicht geben kann.

Wenn ich Therapeut Y meine Geschichte und Anliegen in Version A erzähle, denkt er, Denken, Fühlen und Handeln in Version B muss richtig sein, also das Gegenteil von dem was ich mache, fühle, denke, sonst hätte ich ja kein Problem.
Dann gehe ich, weil Therapeut Y mich nicht sympathisch fand zu Therapeut X.
Mittlerweile überzeugt, dass meine Probleme sich im Bereich der Version B statt A befinden, erkläre ich mein Anliegen in Form Version B, habe ja dazu gelernt.
Nun denkt sich Therapeut X, mein Problem läge im Bereich B, weil sonst würde es mir ja gut gehen. Und was macht er? Er erzählt mir von Version A als "Lösung und Erklärungsmodell".

Irgendwann ist Therapie dann selbst das Problem im Leben, das man hat.

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spirit-cologne
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Beitrag So., 22.12.2019, 20:07

O.k.Tipsy, dann ist es genau so, wie ich dachte, du hast eine schlechte Erfahrung gemacht (was mir sehr leid für dich tut)
und verallgemeinerst jetzt daraus auf alle Therapien bzw. Therapeuten. Dass das keine besonders stichhaltige Argumentation ist, sollte auch dir klar sein.

Zur therapeutischen Beziehung: Da ist es so, dass diese ganz objektiv-wissenschaftlich in einer Vielzahl von Psychotherapie-Wirkungsstudien als einer der wichtigsten Wirkfaktoren nachgewiesen wurde. Wobei es bei der Frage, ob ein Therapeut mit dir arbeiten kann und will, nicht darum geht, ob er auf privater Ebene dich so sympathisch findet, dass er mit dir befreundet sein wollen würde. Es geht lediglich darum, ob er das Gefühl hat, einen Zugang zu dir, deiner Denkweise und deiner Gefühlswelt zu haben und im Gegenzug mit seinen Interventionen bei dir durchzukommen. Wenn das nicht klappt, hat es einfach keinen Sinn, Therapie zu machen, das wäre dann hochgradig unprofessionell, wenn er dich trotzdem nehmen würde.

Aus diesem Grund macht auch Mediation o.ä. zwischen Therapeut und Patient nicht allzu viel Sinn. Wenn es zwischen beiden auf der Verständigungsebene nicht klappt - warum auch immer - ist eine Mediation eigentlich Zeitverschwendung, dann sollte man lieber die Konsequenzen ziehen und den Therapeuten wechseln. Man hat ja schließlich die freie Arzt- und Therapeutenwahl und ist nicht an einen bestimmten Therapeuten gebunden, mit dem man dann unbedingt zurecht kommen muss.

Was anderes ist es, wenn ein Therapeut schwere Behandlungsfehler macht, dann sollte das geklärt werden. Dazu gibt es aber wie bereits geschrieben wurde, Beschwerdestellen, an die man sich wenden kann. Ziel ist da aber eher die Wahrung der Patientenrechte und nicht irgendwie mit dem Therapeuten besser ins Gespräch zu kommen, denn das für die Therapie notwendige Vertrauen des Patienten dürfte an diesem Punkt schon längst abhanden gekommen sein.

Woran genau jetzt deine Therapie gescheitert ist bzw. warum dein Therapeut/deine Therapeutin sich so verhalten hat, wie er/sie es getan hat, dass wird sich sicherlich durch solche verallgemeinernden Diskussionen nicht klären lassen. Wahrscheinlich würdest du besser damit fahren, wenn du dir das nochmal gezielt mit jemand genau anschauen würdest, statt dich hier stellvertretend an einer ganzen Berufsgruppe abzuarbeiten. Tatsächlich lehnen Therapeuten nämlich aus persönlichen Gründen nur sehr selten Patienten ab. Meistens ist der Grund für eine Ablehnung entweder, dass keine behandlungsbedürftige Erkrankung vorliegt, dass das jeweilige Therapieverfahren nicht zur Erkrankung passt, dass der Therapeut auf eine bestimmte Erkrankung nicht spezialisiert ist oder dass fehlende Therapie- oder Veränderungsmotivation des Patienten vermutet wird.

Edit: letzte Beiträge noch nicht gelesen.
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tipsy
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Beitrag So., 22.12.2019, 20:22

Ich bin schon so viele Jahre auf der Suche, ich gebs (leider) auf. Schade für mich, mein Umfeld und die verlorene Zeit, Geld, Mühe, Nerven.

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Beitrag So., 22.12.2019, 20:27

tipsy hat geschrieben: So., 22.12.2019, 19:51
Therapie hatte bei mir den Effekt eines Ablenkungsmanövers, wirklich Strategien und Hilfe zur Bewältigung meiner Probleme oder zur Entwicklung gab es nicht.
Da weiß ich nicht, was da deine Erwartungen an Therapie sind. Aufgabe der Therapeuten ist eigentlich nicht, dir irgendwelche konkreten Strategien oder Lösungswege aufzuzeigen. Die würden auch gar nicht funktionieren, weil es deren Lösungen wären und nicht deine und daher auch gar nicht zu dir passen würden. Daher liegt die Aufgabe der Therapeuten auch eher im "geleiteten Entdecken" deiner eigenen Probleme und die Begleitung und Unterstützung dabei, dass du selbst deine eigenen Lösungen entwickelst.
tipsy hat geschrieben: So., 22.12.2019, 19:51 Zusätzlich wurde mir eine Zugewandtheit vorgespielt, die es so nicht gab und in einer Dienstleistungsbeziehung nicht geben kann.
Zum Thema "Echtheit" von therapeutischer Beziehung gibt es hier eine ganze Reihen von Threads, in denen das schon ausgiebig diskutiert wurde. Deshalb will ich hier nur kurz darauf eingehen: Nur weil man für seine Arbeitszeit bezahlt wird, heißt das nicht, dass deshalb Zugewandtheit gespielt ist. Auch wenn ich etwas aus Überzeugung und mit ganzem Herzen tue, muss ich trotzdem von etwas Leben können. Ich hab's in einem anderen Thread schon mal geschrieben: Nur weil ein Maler seine Kunst verkauft, statt sie zu verschenken oder ein Leistungssportler Profi wird oder einen Sponsor hat, heißt das nicht, dass sie das, was sie tun nicht lieben oder es "nicht echt" sei. Genauso wenig bedeutet die Tatsache, dass ein Therapeut Geld für seine Arbeit bekommt, nicht, dass seine Zuwendung und sein Interesse am Patienten "nicht echt" sind und er nur des Geldes wegen etwas vorspielt. In einer guten Therapie findet echte menschliche Begegnung statt, wenn auch in zeitlich und thematisch limitierter Form.
tipsy hat geschrieben: So., 22.12.2019, 19:51 Wenn ich Therapeut Y meine Geschichte und Anliegen in Version A erzähle, denkt er, Denken, Fühlen und Handeln in Version B muss richtig sein, also das Gegenteil von dem was ich mache, fühle, denke, sonst hätte ich ja kein Problem.
Dann gehe ich, weil Therapeut Y mich nicht sympathisch fand zu Therapeut X.
Mittlerweile überzeugt, dass meine Probleme sich im Bereich der Version B statt A befinden, erkläre ich mein Anliegen in Form Version B, habe ja dazu gelernt.
Nun denkt sich Therapeut X, mein Problem läge im Bereich B, weil sonst würde es mir ja gut gehen. Und was macht er? Er erzählt mir von Version A als "Lösung und Erklärungsmodell".
Ist mir jetzt zu abstrakt, da müsstest du schon ein konkretes Beispiel benennen, damit ich dazu etwas schreiben könnte. Hört sich aber irgendwie so an, als hätte das was mit dem zu tun, was ich im 1. Absatz geschrieben habe: Es geht darum, deinen eigenen Weg zu finden und nicht den von Therapeut X,Y oder Z.
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tipsy
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Beitrag So., 22.12.2019, 20:46

spirit-cologne hat geschrieben: So., 22.12.2019, 20:27 Aufgabe der Therapeuten ist eigentlich nicht, dir irgendwelche konkreten Strategien oder Lösungswege aufzuzeigen.
...
Es geht darum, deinen eigenen Weg zu finden und nicht den von Therapeut X,Y oder Z.
Ja stimmt. Deshalb gehe ich von Denken, Fühlen, Handeln aus und nicht von konkreten Anleitungen. Aber selbst im Bereich Erklärungsmodell und neue Sichtweise haben sich Therapeuten bzw. das Fachwissen Psychotherapie gegenüber mir und meinen Problemen, ohne es natürlich zu wissen, immer wieder gegenseitig widersprochen.

Bsp. ich sage, mein Problem ist mein Ehrgeiz, Lösung sei weniger anspruchsvoll sein. Bin ich dann anspruchsloser, sei die Lösung mehr Ehrgeiz. Oder die Ursache liegt in meiner Kindheit, nein ich solle nicht andere verantwortlich machen. Sage ich, meine Kindheit war bestimmt nicht so ausschlaggebend, heißt es von jemand anderem: genau deshalb, weil Sie das nicht wahrhaben wollen, ist es wahrscheinlich die Ursache.
spirit-cologne hat geschrieben: So., 22.12.2019, 20:27 In einer guten Therapie findet echte menschliche Begegnung statt, wenn auch in zeitlich und thematisch limitierter Form.
Wenn Probleme in der Kommunikation oder Beziehung auftauchen, ist die Grenze viel schneller erreicht als in einer echten, gewachsenen Beziehung, in der man weiterhin verbunden bleibt und die Dissonanzen beiderseits zu klären und auszuhalten versucht, anstatt dass man den Kontakt ganz beendet. Als Patient zeigt man sich in einer so ungeschminkten, unperfekten Form, dass eigentlich nur echte Liebe das auffängt.

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spirit-cologne
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Beitrag So., 22.12.2019, 21:19

tipsy hat geschrieben: So., 22.12.2019, 20:46
Bsp. ich sage, mein Problem ist mein Ehrgeiz, Lösung sei weniger anspruchsvoll sein. Bin ich dann anspruchsloser, sei die Lösung mehr Ehrgeiz. Oder die Ursache liegt in meiner Kindheit, nein ich solle nicht andere verantwortlich machen. Sage ich, meine Kindheit war bestimmt nicht so ausschlaggebend, heißt es von jemand anderem: genau deshalb, weil Sie das nicht wahrhaben wollen, ist es wahrscheinlich die Ursache
O.k., genau das meine ich, der Therapeut kann dir nicht sagen, in welchem Umfang dein Ehrgeiz gut oder schlecht für dich ist. Ehrgeiz hat wie die meisten Dinge im Leben positive und negative Konsequenzen, also Nutzen und Kosten. Aufgabe einer Therapie wäre es dann, mit dir gemeinsam zu schauen, wofür der Ehrgeiz gut ist und wo er dich behindert. Ob er eine Funktion bei der Bewältigung oder Verdrängung anderer Themen/Probleme hat. Und dann zu schauen, welcher Nutzen für dich mehr oder weniger wichtig ist und welche Bedeutung die damit verbundenen Kosten (z.B. dauerndes Angespanntsein, wenig Entspannung und Genuss von Freizeit) für dein Leben haben. Eine für alle Menschen "richtige" Dosis an Ehrgeiz gibt es eben nicht. Du musst für dich heraus finden, was für dich passend ist und wo du hinter stehen kannst. Dabei soll der Therapeut dich unterstützen und dir nicht seine persönliches Maß an "richtigem" Ehrgeiz aufdrücken. Wenn du deine ganz persönliche innere Haltung gefunden hast, dann kannst du deinen Frieden damit schließen und dann ist dir auch egal was irgendein anderer Therapeut dazu sagt.
tipsy hat geschrieben: So., 22.12.2019, 20:46 Wenn Probleme in der Kommunikation oder Beziehung auftauchen, ist die Grenze viel schneller erreicht als in einer echten, gewachsenen Beziehung, in der man weiterhin verbunden bleibt und die Dissonanzen beiderseits zu klären und auszuhalten versucht, anstatt dass man den Kontakt ganz beendet. Als Patient zeigt man sich in einer so ungeschminkten, unperfekten Form, dass eigentlich nur echte Liebe das auffängt.
Das sehe ich anders. Ich denke, dass gerade in der zeitlichen Begrenztheit eine Chance liegt. Für eine begrenzte Stunde in der Woche gelingt es dem Therapeuten (sofern er seinen Beruf beherrscht), sich ganz auf dich einzulassen und seine eigenen Interessen und Bedürfnisse zurückzustellen. Die Zeit zwischen den Stunden kann er dann wieder dazu nutzen, sich um seine eigenen Bedürfnisse zu kümmern, um dann in der nächsten Stunde wieder ganz für dich da sein zu können. Das ist ja genau der Grund, warum man zum Therapeuten geht und nicht mit dem Partner/der Mutter/ der besten Freundin o.ä. redet. Weil diese Menschen alle in einer dauerhaften Beziehung zu dir stehen und deshalb auch eigene Bedürfnisse an dich haben, die ihnen dabei im Weg stehen, sich ganz auf deine Sicht einzulassen. Das ist beim Therapeuten anders. Der hat - abgesehen von seiner Bezahlung - keine eigenen persönlichen Bindungen oder Bedürfnisse an dich, die ihn bei der Arbeit behindern würden und die dafür sorgen, dass er auch bei Konflikten oder Missverständnissen nicht direkt enttäuscht von dir ist, weil er ja wie gesagt gar nichts von dir erwartet. Außerdem steht er außerhalb deines sozialen Bezugsrahmens, wodurch er mehr Abstand hat und von außen auf dein Beziehungssystem schauen und "blinde Flecken" besser entdecken kann. Jemand der ein Teil deines Beziehungssystems ist, hat dagegen einen ähnlichen Werte- und Bezugsrahmen, sozusagen "dieselbe Brille auf" wie du. Ungeschminktheit und Unperfektheit ist übrigens etwas, was nicht alle Menschen abschreckend finden, manche wissen das sogar ausdrücklich zu schätzen.
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Coriolan
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Beitrag So., 22.12.2019, 21:21

Was genau empfindest du denn in deiner Therapie als Fehlverhalten des Therapeuten?

"Gescheiterte" Therapien sind unschön - aber nicht immer steckt dahinter ja gleich ein Fehlverhalten des Therapeuten.

Hat dein Therapeut den Kontakt beendet und ihr konntet das (was auch immer) nicht klären?

Und dass Therapeuten vor Beschwerdestellen nicht gleich "mea culpa" rufen, sondern auch versuchen, sich zu rechtfertigen und ihre Sicht darzulegen, finde ich recht logisch.

Und dass - je nach Ausbildung/Therapierichtung/Persönlichkeit des Therapeuten und Zeitgeist deine Aussagen von jedem ein Stück weit anders gewertet werden und man sich auch gegenseitig widerspricht, finde ich relativ normal. Es gibt ja auch nicht nur DIE eine (richtige) Vorgehensweise und ebenfalls auch mehrere Erklärungsmodelle.

Es tut mir Leid für dich, wenn deine Therapie für dich nicht hilfreich war.

Deinen letzten Satz mit der "echten Liebe" verstehe ich (auch) nicht.
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stern
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Beitrag Mo., 23.12.2019, 08:35

Klar gibt's auch in der Psychotherapie Behandlungsfehler, aber die sind viel, viel schwieriger zu erkennen (und nachzuweisen) als in der Somatik. Woran will man die auch festmachen?
Behandlungsfehler sind nichts subjektives, sondern werden objektiv (und damit einigermaßen klar) an einer Abweichung von (einzuhaltenden) Standards festgemacht. Sowohl in der Somatik als auch in der PT. Als (fachliche oder ethische) Standards kann verschiedenes in Betracht kommen (d.h. insbes. nicht nur gesetzliche Grundlagen, weil ja manchmal geglaubt wird, nur Gesetze müssen eingehalten werden und ansonsten sei es nicht "verboten").

Selbst wenn ein Therapeut oder Supervisor nicht weiß, was sich in einer Vortherapie genau abspielte, sollte er mindestens die relevaten Standards kennen (so wie ein Orthopäde eben auch einschätzen können sollte, wie Kreuzbandrisse zu behandeln sind, selbst wenn er einen konkreten Riss xy nicht selbst operierte).

Sehr schwer nachweisbar ist idR eher die Kausalität (Ursächlichkeit eines Fehlers für einen Schaden). Aber das ist eigentlich "nur" für den Klagefall relevant (woran idR eh ein Anwalt beteiligt sein wird). So könnte PT xy uU sagen: Symptom yz ist nicht aufgrund eines Fehlers entstanden, sondern ist Symptom einer schon seit langem diagnostizierten Störung. Keine Kausalität. Erst bei schweren Behandlungsfehlern gilt eine Beweislastumkehr, dh der Arzt muss etwas nachweisen. Daher druckfrisch:

"Grüne wollen Beweiserleichte­rungen und Härtefallfonds bei Behandlungsfehlern"

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... ngsfehlern
Zuletzt geändert von stern am Mo., 23.12.2019, 09:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag Mo., 23.12.2019, 09:02

tipsy hat geschrieben: So., 22.12.2019, 20:46
Bsp. ich sage, mein Problem ist mein Ehrgeiz, Lösung sei weniger anspruchsvoll sein. Bin ich dann anspruchsloser, sei die Lösung mehr Ehrgeiz. Oder die Ursache liegt in meiner Kindheit, nein ich solle nicht andere verantwortlich machen. Sage ich, meine Kindheit war bestimmt nicht so ausschlaggebend, heißt es von jemand anderem: genau deshalb, weil Sie das nicht wahrhaben wollen, ist es wahrscheinlich die Ursache.
In der Form würde ich sagen, hier bohrt jemand dünne Bretter, um nicht zu sagen: Das ist Küchentischpsychologie (wozu man keinen Therapeuten bräuchte). In einem ersten Schritt würde ich das wohl ansprechen. Erklärungsmodelle und Therapiewege sind idR auch etwas vom Verfahren abhängig. Nicht immer liegt es am Patienten, wenn der Patient angebotene Ratschläge nicht nutzen kann... sondern vielleicht glaubte der Therapeut superdolle Empfehlungen gegeben zu haben, hat aber in Wirklichkeit ein zu erreichenden Ziel lediglich als Ratschlag getarnt, z.B. Seien sie weniger ehrgeizig, handeln sie eigenverantwortlich, essen sie mehr (bei Magersucht), usw.

Wenn ein Therapie trotz Klärungsversuch nachhaltig nicht hilft, kann es ratsam sein zu wechseln (also man muss nicht zwingend herausfinden, woran das genau liegt... ist vllt. auch gar nicht möglich). Wenn jemand sehr oft wechselt, ist hier vielleicht mal genauer hinzusehen...
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Beitrag Mo., 23.12.2019, 09:13

Ich habe nicht behauptet, dass Behandlungsfehler subjektiv sind, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass es in der Psychiatrie/Psychotherapie noch viel schwieriger ist, diese zu erkennen und nachzuweisen, als in der Somatik. :roll:

Vielleicht mag Tipsy ja beantworten, warum sie denkt, dass Behandlungsfehler in ihrer Therapie/ihren Therapien (?) stattfanden.
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Beitrag Mo., 23.12.2019, 09:33

Klarstellung: Du hattest gefragt, woran man Behandlungsfehler auch festmachen will:
Klar gibt's auch in der Psychotherapie Behandlungsfehler, aber die sind viel, viel schwieriger zu erkennen (und nachzuweisen) als in der Somatik. Woran will man die auch festmachen?
Darauf hatte ich sinngem. geantwortet, dass das glasklar ist: An diversen Standards bzw. an der Abweichung davon (also an nichts subjektivem, sondern nur an objektiven Grundlagen sind diese festzumachen). :!!: :roll:

Der Nachweis des Fehlers ist in der PT aus meiner Sicht somit nicht automatisch schwerer als in der Somatik (da Fehler objektiv festzustellen sind). Aber in beiden Fällen ist der Nachweis der Kausalität idR sehr schwer.
Zuletzt geändert von stern am Mo., 23.12.2019, 10:09, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag Mo., 23.12.2019, 10:09

tipsy hat geschrieben: So., 22.12.2019, 20:46
Wenn Probleme in der Kommunikation oder Beziehung auftauchen, ist die Grenze viel schneller erreicht als in einer echten, gewachsenen Beziehung, in der man weiterhin verbunden bleibt und die Dissonanzen beiderseits zu klären und auszuhalten versucht, anstatt dass man den Kontakt ganz beendet. Als Patient zeigt man sich in einer so ungeschminkten, unperfekten Form, dass eigentlich nur echte Liebe das auffängt.
Ich weiß nicht, inwieweit es Sinn macht, gewachsene Beziehungen mit therapeutischen zu vergleichen. Weil in der therapeutischen Beziehung genau manches aufgehoben sein muss, das im RL Gültigkeit hätte, damit Therapie funktioniert. Ein Therapeut wird immer eine therapeutische Beziehung anbieten müssen (diese ist von vornherein auf Zeit angelegt). Und in dem Sinne:

Es gibt (hoffentlich viele) Therapeuten, die eine recht stabile therapeutische Beziehung anbieten können, in der versucht wird, Dissonanzen zu klären. Es gibt aber auch Therapeuten, die engere Grenzen haben (oder oder oder)... und evtl. tatsächlich beenden. Also ich bin niemand, der auf Verklärung steht. An der Stelle kann es dann schwer werden, wenn ein Therapeut (aus welchen Gründen auch immer) kein stabiles Beziehungsangebot (mehr) anbieten kann. (Hier kann VIELLEICHT in letzter Instanz noch eine Supervison des Therapeuten etwas richten, wenn es eine solche gibt. Nicht jeder Abbruch ist therapeutisch... aber andererseits ist an Therapien nicht auf Biegen und Brechen festzuhalten. Könnte in der Supervision des Therapeuten sicherlich näher beleuchtet werden.) Auch gibt es Patienten (die z.B. störungsbedingt) zu schnellen Beziehungsabbrüchen neigen... hier kann bzw. wird der Therapeut, der einen passenden Rahmen anbieten, den Patienten im Normalfall nicht aufhalten.

Je besser man sich selbst durchschaut, was man bräuchte und wie man tickt, desto besser. Dann am besten gleich in Probesitzungen ansprechen. Dann kann ein Therapeut im Optimalfall frühzeitig schauen, ob er sich dem gewachsen fühlt (meinetwegen wenn best. Borderline-Muster berichtet werden, der Therapeut hier aber persönliche Grenzen befürchtet). Also allgemein ist das kaum zu beantworten. Denn ein anderer Therapeut hat evtl. andere Grenzen. Passungsfragen wäre auch nicht das gleiche wie eine fehlerhafte Behandlung... kommt halt darauf an, was genau Sache ist, wenn ein Therapeut den Impuls verspürt zu beenden (und dies auch tut).
Liebe Grüße
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