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Sa., 28.02.2015, 23:52
Hab jetzt noch ein bisschen Zeit gebraucht, unsere letzte Stunde noch ein wenig nachwirken lassen.
Sie war einfach schöööön, nah, berührend, tiefgängig, …
Sie war etwas, an die wir gerne zurückdenken …
Sie war eine Stunde zum Genießen …
Ich glaub, ich hab schon erzählt, dass ich inzwischen mit beiden Beinen fest im Leben stehe, für mich meine Therapie seit letzten Herbst eigentlich beendet ist. So haben wir dann schon bis Ende November einige Stunden zum Reflektieren genutzt, auch er hat meine diversen Fragen beantwortet und teilweise – so seh ich es inzwischen – ganz gewaltig die „Hosen runter gelassen“. So war Reflexion in dieser letzten Stunde nicht notwendig (eine hätte mir ja eh nicht gereicht).
Thema Wiedersehen:
Das wird bestimmt der Fall werden. Denn schon in der Anfangszeit, bevor ich das Thema ansprach, gab es eine Situation, wo er mir etwas ausleihen wollte, ich könne es ihm ja bei Gelegenheit vorbei bringen. Und kurz vor Schluss sprach er mich wieder darauf an und wollte es mir gerne schon mal mitgeben (wer will denn da einen wiedersehen?). Klar, sagte er auch, dass ich mich jederzeit mal melden dürfe, denke dass das jeder Thera seinen Patienten sagt. Aber wie er es sagte, und was er noch so als Zusatz brachte, ist schon klar, dass er das auch genau so meint.
Anfang der Woche hab ich in angerufen, nicht direkt am Telefon gehabt, so also nur auf denn AB gesprochen und einen Wunsch (betreff des äußeren Rahmens) geäußert. Er hatte ihn nicht nur einfach erfühlt, sondern sogar „übererfühlt“.
Etwas aus meinem Besitzt habe ich ihm überlassen: die Lebenskarten, die ich mir in der Anfangszeit meiner Therapie bei ihm mal gekauft hatte, nachdem mir eine Freundin davon erzählt hatte. Ich dachte mir, dass er damit vielleicht mit anderen Patienten arbeiten kann, er ließ sich erzählen, wie ich damit gearbeitet hatte. Es gab mit diesen Karten jetzt aber noch eine Besonderheit in dieser Stunde. Ich hatte sie ja schon lange nicht mehr in Benutzung und sah sie mir zu Hause so zwei Tage vor der letzten Stunde an. Dann gab es da eine Karte, bei der überlegte ich, ob ich die für mich behalten solle, zögerte lange, tat sie dann aber doch zurück in die Schachtel. Er sah jetzt alle Karten durch und dann nahm er aus den großen Stapel genau diese Karte heraus, gab sie mir und sagte: „die behalten sie aber“. Ja, ich habe sie behalten.
Den Kleinen hat er aus einem neuen Bilderbuch vorgelesen, mit dem Pubertierenden „Scheiß gelabert“, jeder wurde nochmal gesehen und ernst genommen, konnte sich verabschieden.
Ein materielles Geschenk habe ich ihm nicht gemacht. Aber ihn trotzdem etwas geschenkt mit vielen Wünschen für ihn. Während ich es ihm darbrachte und ihn dabei von der Seite ansah, merkte ich, dass er feuchte Augen bekam. Er sagte dann hinterher, dass ihn das sehr nahe gegangen sei und er so etwas Schönes noch nie geschenkt bekommen habe. (da hab ich dann ja ins Schwarze getroffen).
Kurz vor Schluss äußerte ich dann denn Wunsch, dass ich ihn jetzt aber mal gerne in den Arm nehmen wolle. Er guckte mich nur mit seinen großen, warmen Augen an und sagte, dass er das auch gerne wolle. Naja, so standen wir halt auf und nahmen uns in den Arm und es war schön und passend. Und als wir danach noch so dicht gegenüber standen, mogelten sich da doch zwei Tränchen aus meinen Augen. Das ist ja ok.
Dann gab es noch etwas organisatorischen zu klären. Inzwischen war der nächste Patient gekommen – überzogen hatten wir schon – und er bot mir an, in seinem Wartezimmer noch eine kleine Geschichte zu lesen, die er für mich ausgesucht hatte. Er gab mir das Buch und ich las sie dann noch, ließ noch ein bisschen die Stunde auf mich wirken, nahm noch mal alle Farben, Gerüche, Geräusche intensiv wahr, ehe ich dann ging.
Traurigkeit, Wehmut? Nein, das hat sich nicht bei mir breit gemacht, es ist ein schönes Gefühl in mir, so eines, dass ich auch einer Freundin von mir gegenüber empfinde, die ich (räumlich bedingt) höchsten einmal im Jahr sehe.
Das war jetzt ein kleiner Einblick in meine letzte Stunde.
Mich würde schon auch noch interessieren, wie bei euch so die letzte Stunde war. Ja, ich weiß, viele sind ja noch mittendrin, aber vielleicht gibt´s ja doch den ein oder anderen, der was schreiben mag, würde mich freuen.
Gruß
Wandelröschen
Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.