Wenn in der Therapie alte Symptome wieder auftauchen

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IntoDust
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Wenn in der Therapie alte Symptome wieder auftauchen

Beitrag Sa., 30.06.2018, 18:20

Hallo,

ich mache seit ca 14 Monaten eine Traumatherapie und wir kommen gut voran. Allerdings merke ich seit einigen Wochen (es geht gerade um schwere Themen), dass ich zwar für die traumatischen Themen, wegen denen ich in die Behandlung gegangen bin, gute Bewältigungsstrategien an der Hand habe, dass aber dafür eine alte Symptomatik wieder aufploppt und stetig schlimmer wird. Es ist eine Essstörung, die ich seit meiner Kindheit hatte, die ich in den letzten 10 Jahren aber gut im Griff habe. Irgendwie kommt es mir so vor, als hätte ich gerade nicht genug Kraft, um das auch noch "in Schach" zu halten.
Ich habe mir gedacht, dass ich es jetzt einfach erstmal so sein lasse, wie es ist, um mich nicht noch zusätzlich unter Druck zu setzen, aber das führt gerade nur dazu, dass es eigentlich immer heftiger wird. Es ist, als würde ich über diesen Teil die Kontrolle verlieren, und das macht mir Angst.
Mein Therapeut weiß, dass es mal eine Essstörung gab, dass ich die aber im Griff habe - das zumindest war ja der Stand der Dinge bis vor einigen Wochen. Ich schäme mich unglaublich, dass ich es gerade nicht hinbekommen, aber langsam fällt es auf, dass etwas nicht stimmt (ich nehme massiv zu) und natürlich wird auch er das bemerken. Ich weiß nicht, ob ich es ansprechen soll, oder ob ich versuche, es selbst wieder in den Griff zu bekommen. Momentan scheitere ich damit sehr. Wir haben allerdings auch nur noch 15 Stunden, dann ist die bewilligte Zeit vorbei, und ich möchte diese Stunden eigentlich noch für die Arbeit an den Traumata nutzen. Ich gehe zwar davon aus, dass die Esstörung auch damit zusammenhängt, aber es bleibt einfach zu wenig Raum, um das Thema jetzt auch noch mit ins Boot zu holen, fürchte ich.
Was würdet ihr an meiner Stelle tun? Doch ansprechen? Eigene Strategien nutzen, die früher ja funktioniert haben, es aber gerade leider nicht mehr tun? Hoffen, dass es sich von selbst wieder legt, weil es nur eine belastende Phase ist? Ich bin etwas ratlos.

Danke und viele Grüße
Dust

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diesoderdas
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 19:38

Ich würde es ansprechen. Wenn du nicht möchtest, dass es groß zum Thema in der Therapie gemacht wird, kannst da das ja dazu sagen (und dein Therapeut wird das hoffentlich so akzeptieren).
Aber sagen würde ich es ihm dennoch - einfach damit er als dein Therapeut darüber Bescheid weiß.
Vielleicht bekommst du ja auch noch Stunden bewilligt? Sofern dir die Therapie gut tut und du das wollen würdest?


mio
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 20:27

Ich würde es auch ansprechen.

Ich denke dass Deine Vermutung dass Du das gerade aufgrund der Bearbeitung schwieriger Themen wieder mehr "brauchst" als zuvor absolut hinkommt, wie eine Art "Selbstmedikation" zur dringend nötigen Beruhigung.

Umso wichtiger finde ich es das anzusprechen weil es auch "zeigt" dass Du da noch keine anderen "stabilen Strategien" hast diesbezüglich und da könnte Dein Thera dann ein Auge mit Dir drauf haben, also auch auf die "Zusammenhänge" und auch darauf, dass Du da nicht zu sehr "belastet" wirst durch die Therapie bzw. halt vielleicht auch was "entgegengesetzten kannst" mit ihm zusammen.

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IntoDust
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Beitrag So., 01.07.2018, 13:59

Danke euch! Ihr habt recht - ich sollte es ansprechen. Beim Gedanken daran wird mir ein wenig übel. Es ist seltsam, ich vertraue dem Therapeuten sehr und ich kann mit ihm auch wirklich heftige traumatische Erlebnisse durcharbeiten und bewältigen. Ohne das Vertrauen würde so etwas ja gar nicht gehen. Aber diese Esstörung ist so schambesetzt bei mir, dass ich am liebsten schreiend weglaufen würde beim Gedanken, es anzusprechen. Und gerade das zeigt ja, dass ich es unbedingt thematisieren muss. Okay, ich denke drüber nach, wie ich das genau mache.
Weitere Stunden sind leider nicht möglich, wir sind in der zweiten Verlängerung. Soweit ich weiß, geht dann nichts mehr. Aber vielleicht stabiliert es sich ja bis dahin auch wieder - ich werde sehen, was ich tun kann.

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spirit-cologne
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Beitrag So., 01.07.2018, 16:34

Vielleicht hat das Wiederauftauchen der Essstörung ja auch was mit dem nahenden Ende der Therapie zu tun? Es passiert nicht selten, dass sich alte Symptome gegen Ende der Therapie nochmal melden und es dem Patienten noch mal schlechter geht. Das hat was mit der Angst zu tun, zukünftig auf sich allein gestellt zu sein. Der Körper oder die Psyche "produzieren" Symptome, um damit zu sagen: Sieh' mich, ich brauche dich, du kannst mich gerade jetzt nicht alleine lassen!" Und das passiert u.U. auch dann, wenn wir auf der bewussten Ebene das Gefühl haben, alleine ganz gut zurecht zu kommen. Das ist sozusagen, das kleine, verletzliche, hilflose Kind in uns, dass sich da nochmal bemerkbar macht. Das kannst du aber mit deinem Therapeuten gut besprechen, das wird nichts Neues für ihn sein und braucht dir nicht peinlich sein, weil es eine normale Reaktion ist, die ganz viele Patienten zeigen.
It is better to have tried in vain, than never tried at all...

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diesoderdas
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Beitrag So., 01.07.2018, 18:40

IntoDust hat geschrieben: So., 01.07.2018, 13:59 Aber diese Esstörung ist so schambesetzt bei mir, dass ich am liebsten schreiend weglaufen würde beim Gedanken, es anzusprechen. Und gerade das zeigt ja, dass ich es unbedingt thematisieren muss.
Essstörungen sind doch ein ganz alltägliches Thema für einen Therapeuten.
Wünsche dir Mut, es anzusprechen!

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IntoDust
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Beitrag So., 01.07.2018, 20:55

Oh, so hatte ich das noch gar nicht gesehen ... Ja, kann natürlich sein, dass sich da jetzt u.a. etwas wieder zeigt, weil ich mich eigentlich noch nicht bereit fühle, wieder komplett auf eigenen Beinen zu stehen. Puh, dann sollte ich das wirklich schleunigst zum Thema machen. Es wird ja nicht einfacher, wenn ich es ignoriere oder aufschiebe.

Hm, und ja, wahrscheinlich entlockt eine Essstörung einem Therapeuten wirklich nur ein müdes Lächeln, so alltäglich ist es. Ein guter Ansatz, es so zu sehen. Er wird schon nicht aus allen Wolken fallen. Ich habe nur irgendwie das Gefühl, ihn zu enttäuschen - aber auch das sollte ja thematisiert werden, es wird ja einen Grund haben, warum ich das so fühle und warum ich ihn nicht enttäuschen möchte.

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