Letzte Chance? Beziehung starten ohne verliebt zu sein?

Fragen und Tipps zum Thema "Wie finde ich eine Freundin?" bzw. "Wie finde ich einen Freund?"
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Glover
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Letzte Chance? Beziehung starten ohne verliebt zu sein?

Beitrag Sa., 26.09.2009, 10:34

Hallo liebe Leute,

mir gefallen die konstruktiven Beiträge hier im Ggs. zu anderen Boards gut, deswegen will ich hier auch mal mein Problem schildern. Die Story klingt traurig, mir geht´s aber gut, also keine Sorgen. Ich habe Hypno- und Verhaltenstherapien hinter mir, die mir halfen, aber das Kernproblem nicht gelöst haben. Einen guten Job hab ich auch .

Ich bin 39 und hab noch nie eine richtige Freundin im Sinne einer Beziehung gehabt. Die Gründe, die ich dafür sehe: Als ich zehn Jahre alt war, bekam mein Bruder (damals 25) eine schwere Psychose, die meine sehr konservativen Eltern leider nie haben behandeln lassen. Er wurde immer aggressiver, wobei ich nicht geschlagen wurde. Dennoch herrschte extremer Psychoterror, das ganze Haus musste funktionieren, wie er wollte. Mein Vater hatte solche Angst vor ihm, dass er im Haus den Kontakt abbrach, weil mein Bruder in seinem Zimmer lebte und nur nachts runterkam. Als ich zwölf wurde, verliebte ich mich dann erstmals, bis diese Frau unsere Schule irgendwann verließ. Dass ich eh keine Chance bei ihr hatte, war drittrangig. Ich erkläre mir es heute so, dass mein Gehirn einfach Glücksmomente brauchte, um das Leid zu Hause zu kompensieren. Um den Handlungsstrang zu verkürzen: Mein Bruder wurde erst vor gut zehn Jahren mit Polizei in einem Betreuungsverfahren von zu Hause weggebracht. Heute lebt er mit meiner Mutter (dement) und einer Haushaltshilfe im Hause und ist mit Medikamenten, die ihm täglich Pflegerinnen verabreichen, lieb und handzahm. Er wird aber nie mehr richtig gesund werden.

Ich bin erst mit 24 (!) ausgezogen. In diesen Jahren habe ich mich nacheinander in zwei bis drei Kolleginnen in der Ausbildung und meine Zivildienstlehrerin verliebt. Alles unglücklich, letzterer hab ich das endlich gebeichtet, so dass ab da zumindest klar war, in welchen Traumwelten ich lebte. Es ging aber auch jetzt immer noch so, dass ich mich widerwillig v.a. in Arbeitskolleginnen verliebte und zwar so stark, dass sich totale Kontaktängste, eine Art Sozialer Phobie gegenüber diesen Personen entwickelten. Einer Frau hab ich dieses Phobie-Problem geschildert, selbst dann ging die Angst hinterher nicht weg. Letztendlich wahrten die betroffenen Personen immer ein hohes Maß Distanz, es entwickelten sich keine platonischen Freundschaften. Andererseits kam ich als Single immer sehr gut klar, weil ich ja aus dieser Terror-Enge meines Elternhauses jetzt in die Freiheit entkommen war. Richtige Einsamkeit spüre ich bis heute nie, ich kann mich, heute jedenfalls, auch nicht über mangelnde soziale Kontakte beschweren.

Es gab lediglich einige Mini-Affären, die einzige halbwegs beziehungsähnliche Partnerschaft kam an Karneval zustande und ihr Verlauf macht das Dilemma noch mal richtig deutlich: Nachdem wir ein paar Tage knutschend zugebracht haben, packte mich ein großes schlechtes Gewissen, weil ich überhaupt nicht in diese Frau verknallt war, aber sie sich augenscheinlich mehr versprach. Ich hab ihr irgendwann mein ganzes Leben erzählt, interessanterweise kümmerte sie das weniger, als die Tatsache, dass ich eigentlich mit meinem Kopf mal wieder bei einer anderen Frau war. Irgendwie blieben wir aber doch einige Wochen in dieser seltsamen Konstellation zusammen als quasi unverbindliche Partnerschaft, die dann aber endgültig zusammenfiel, als sie sich dann wiederum in jmd anders verliebte. Erst und genau dann brachen bei mir urplötzlich starke Gefühle für sie auf, was aber zu spät war. Sie legte immer mehr Distanz zwischen uns, die Nähe war weg, ich wollte zumindest eine Art Freundschaft, sie wohl eher nicht, und nun ist sie ziemlich weg. Ich hätte anfangs nie gedacht, dass ich da viele Wochen stark leiden würde, obwohl ich laufend wusste, dass wir aufgrund unserer Charaktere wohl nur schwer dauerhaft zusammen funktioniert hätten.

Meine augenscheinliche Moral von der Geschichte: Ich vergesse die Frauen, in die ich verliebt bin, weil die dann eh nichts von mir wissen wollen und ich mich aufgrund meiner Ängste auch kaum normal verhalten kann. Besser: Ich gehe Beziehungen mit Frauen ein, in die ich nicht verliebt bin. Meinte mein Therapeut auch, experimentieren Sie doch mal mehr. Klingt krass, aber nach zwanzig Jahren ohne Freundin, irgendwie auch sinnig.

Okay, aber da ist ja immer auch die andere Person: Soll ich der offen sagen, Du, träumen tu ich oft immer von einer anderen, aber ich hoffe mal, dass ich auch für Dich irgendwann während der Beziehung tiefe Gefühle entwickele. Spätestens dann, wenn Du weg bist und davon genug hast, ist es soweit, dann find ich Dich echt super! Welche Frau will so etwas hören? Aber es wäre ehrlich und irgendwie mache ich mir immer noch Vorstellungen von ehrlicher Liebe. Ständig was vorzumachen, ich liebe Dich oder ähnliches zu hauchen, wenn es nicht so ist, ist gar nicht mein Ding.

Meine Frage an Euch: Hat jemand Lösungen erlebt, die einen Ausweg gebracht haben?

Vielen Dank für Feedback, Anregungen, Erfahrungen!

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candle
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Beitrag Sa., 26.09.2009, 10:49

Experimentieren könnte man auch, indem Du Dich verliebst. Selbst das scheint ja bei Dir nur auf Sparflamme möglich zu sein. Woran liegt es?

candle
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Glover
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Beitrag Sa., 26.09.2009, 19:00

Hallo Candle,

vielen Dank für Deine Antwort!

Ähm, so ganz glaube ich, hast Du meinen Text nicht gelesen oder ihn nicht verstanden. Verliebt bin ich oft, und zwar viel zu stark, und daher unglücklich. Von Sparflamme kann da keine Rede sein.... Ein bewusstes Verlieben, so die nehme ich jetzt und in die verliebe ich mich, gibt es m.M. nach nicht. Oder klappt das bei Dir?

Viele Grüße,
Glover

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candle
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Beitrag Sa., 26.09.2009, 19:04

Dann: Wieso verliebst Du Dich in Frauen, die Dich nicht wollen? Das merkst Du doch, dass sie Dich nicht wollen? Wie kannst Du Dich dann in sie verlieben? Oder ist es gerade deshalb? Hmmm, komisch, dass das in der Therapie nicht geklärt wurde.

Die wahre Liebe bleibt eben doch auf Sparflamme.

candle
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Glover
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Beitrag Sa., 26.09.2009, 19:38

Wie kannst Du Dich dann in sie verlieben? Mein Gott, dann gäbe es ja keine unglücklich verliebten Leute. Ich kann meine Liebesschaltkreise ja nicht vom Elektriker knüpfen lassen. Zur Frage, ob es ich nicht merke, klar merke ich das. Wie ich schrieb, ist es so, dass ich dann Angstphobien (Stottern, Atemprobleme, Begegnungsängste) ggü diesen Personen entwickele. Ich denke, wenn ich das nicht hätte, hätte ich schon deutlich höhere Chancen. Und dann ist es ja leider so, dass sich bei vielen Leuten, auch in vielen Partnerschaften, die Liebe des einen, unglücklicheren, noch um so mehr verstärkt, je weniger der andere ihn liebt. Da kommen dann Verlustängste mit ins Spiel. Die verstärkte Liebe ist dann sicher total paradox und überhaupt zielführend, aber sie ist eben leider real. Kennst du sowas nicht?

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Glover
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Beitrag Sa., 26.09.2009, 19:39

Korrektur: Ich wollte grad schreiben überhaupt nicht zielführend, und habe das "nicht" vergessen.

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candle
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Beitrag Sa., 26.09.2009, 19:47

Nein, das kenne ich leider nicht, ausser dass es Muster gibt, denen man folgt und sich in "falsche" Menschen verliebt.

Verlieben ist immer der Anfang, der meiner Meinung nach auch nicht wirklich sofort geschieht, erst wenn man einen Menschen so langsam kennenlernt. Paßt es weiterhin auf beiden Seiten, wird es denn Liebe.

Ich will auch nicht ausschließen, dass man jemanden lieben lernen kann. Aber da muß man auch die Chance bekommen. So bleibst Du nur immer auf einer Spielwiese wo nie etwas ernstes erwächst.

candle
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Marja
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Beitrag Sa., 26.09.2009, 21:29

@Glover

Was das Experimentieren anbelangt.
Ich würde mal sagen, in ganz jungen Jahren tun die Leute überhaupt nichts anderes, als herumzuprobieren.
Du holst hier sozusagen eine Lektion nach.
Beachte bloß auch eines, die Verletzungen die Du austeilst, fallen meistens direkt auf Dich zurück.


Lg heart

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Rezna
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Beitrag Sa., 26.09.2009, 22:50

Ich glaube, ich kann sehr gut verstehen, was du meinst - mir geht es auch so. ABER: aus der anderen Richtung... zum Teil. Ich verliebe mich nur einseitig. Mich liebt keiner. Ich übersehe dann auch, dass der andere mich nur akzeptiert weil er keine Gefühle entwickeln kann und "nur mal schaut wie es sich entwickelt". Erfahre ich dann von meinem Glück, nur so etwas wie ein soziales Experiment zu sein, bin ist zwar verletzt - aber - mehr traue ich mir scheinbar auch nicht zu. Lieber jemanden lieben der sich an einen allenfalls gewöhnt hat, als alleine bleiben weil man nicht der Typ ist in den sich Leute verlieben.

Ich frage mich derzeit sowieso, ob verliebtsein nicht total überbewertet wird, weil das einzige wozu sie gut ist, ist - nicht zu erkennen wen man vor sich hat. Man idealisiert das Gegenüber - je nach Selbstsicherheit fühlt man sich selber eher unwert, bibbert, macht sich zum Affen und geht vor lauter Mut über die eigenen Grenzen. Wozu? Um am Ende zu erkennen, daß man die andere Person nicht kennt, sondern nur die eigene Traumvorstellung.

Ich meine, ich kann deinen Ansatz (und den des Therapeuten) gut verstehen. Ich habe aber jetzt fast acht Jahre die andere Seite durch. Mein Ex hatte zwar keinen Therapeut der ihm geraten hat: drücks einfach durch, auch wenn du sie nicht liebst - experimentiere - man kann sich an alles gewöhnen und lange Liebe ist eh wie alte Gewohnheit.... Aber er hat nach dem Prinzip gelebt. Und ich habe es jetzt herausfinden dürfen. Und es macht mich kaputt. Wenn du also so experimentierst, dann stiel der guten Frau nicht mehr als ein Jahr. Sie wird zwar auch dann leiden, aber sich kann sich dann immerhin noch auf jemanden freuen der sie WIRKLICH WILL. Sie vergeudet nicht wertvolle Lebensjahre als soziales Experiment und wird irgendwann selber jemand, der sozial ins Klo greift, weil sie kaputt gegangen ist.
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
»Wir sind lieber die Bösen als die Dummen.« [Richard David Precht]

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Glover
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Beitrag So., 27.09.2009, 08:14

Hallo Arta,

danke für deine Antwort!
Nein, sei beruhigt, in Zeiträumen wie Jahren denke ich gar nicht. Meine Wunsch ist eher, dieser Frau dann relativ schnell zu sagen, wie ich mich fühle. Ansonsten fühle ich mich dann selber wohl dauernd wie ein schlechter Schauspieler. Ich schreib mal noch mehr zu Dir, muss jetzt aber nachher gleich wandern gehen....
lg

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Pitt
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Beitrag So., 27.09.2009, 09:56

Hi glover,
weisst Du, - wenn Du nicht verliebt bist, - warum Du nicht verliebt bist?
Lg
Pitt

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unterwegs
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Beitrag So., 27.09.2009, 10:37

Glover hat geschrieben:Es ging aber auch jetzt immer noch so, dass ich mich widerwillig v.a. in Arbeitskolleginnen verliebte und zwar so stark, dass sich totale Kontaktängste, eine Art Sozialer Phobie gegenüber diesen Personen entwickelten. Einer Frau hab ich dieses Phobie-Problem geschildert, selbst dann ging die Angst hinterher nicht weg. Letztendlich wahrten die betroffenen Personen immer ein hohes Maß Distanz, es entwickelten sich keine platonischen Freundschaften.
Glover, das tut mir leid. Genau das würde ich dir eigentlich mal wünschen.
Und ich verstehe es ehrlich gesagt nicht ganz. Das Verhalten der Frauen, meine ich. So allgemein zwar schon, aber:
wenn ich einen netten Mann in meinem Umfeld hätte, den ich zumindest platonisch mögen würde und der so offen und ehrlich zu mir wäre, dann wäre ich für eine platonische Freundschaft durchaus offen. Wir haben doch alle unsere Probleme. Und manche können wir nur durch konkrete Erfahrungen mit anderen überwinden. Dass du bereits therapeutische Hilfe dazu gesucht hast, spricht doch nur für dich.

Ich wünsche dir Mut, Freundschaft zu Frauen zu suchen.
Meine Meinung zur "Verheimlichungsfrage": sei ehrlich. Für mich wäre das das einzig Richtige.
Um selbst weiterzukommen und meinen Liebeskummer zu bekämpfen, würde ich immer noch nicht mit den Gefühlen anderer Leute experimentieren.

Alles Gute für dich!
unterwegs

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Honigkuchenpferd
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Beitrag So., 27.09.2009, 15:06

Lieber Glover!
Ich weiß ganz genau, was du meinst und der Therapeut sagte in meinem Fall, dass ich nur Männer anziehend finde, dich weder für eine Beziehung geeignet noch an mir interessiert sind, damit ich keine Beziehung eingehen muss.
Das kommt auch in deinem Beitrag heraus - du willst nicht unbedingt eine Beziehung haben, dann aber irgendwie schon und verfällst den Frauen, bei denen du weißt, du wirst nie ans Ziel kommen.
Wenn du für eine Frau, mit der du dir etwas anfängst, keine Gefühle hast, solltest du es ihr so ähnlich beibringen wie: machen wir uns eine schöne Zeit und sehen wir, wohin es uns bringt; ich mag dich, aber ich weiß nicht, ob ich mich in dich verlieben kann.
Einer Frau wie mir würde das zumindest helfen (denke ich).
Lg, das H.

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Glover
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Beitrag So., 27.09.2009, 20:17

Danke für Euer Feedback!

@Heart: Lektionen nachholen mag sein, aber mit fast 40 erhält vieles viel mehr Gewicht als mit 20. Und das Dinge auf mich zurückfallen können, ist schon richtig. Ich hab mir nach meiner Karnevalsaffäre ja auch gedacht, geschieht mir recht, wenn ich da leide. Das Verhalten der anderen Person lasse ich jetzt mal ganz außen vor. Dennoch war es eine wichtige Erfahrung. Wenn es nicht passiert wäre, wüsste ich weniger.

@Arta: Interessante Gedanken, aber eine Sache solltest auf keinen Fall tun: Denken, dass du nicht der Typ wärst, in den man sich verliebt. Meiner Erfahrung nach hängt, dass nie von der Person ab, in die sich verliebt wird, sondern passiert einzig nur im Gehirn der Person, die sich verliebt.

Und wichtig: Keiner liebt mich, diese Gedanken senden Signale aus, die dir selber überhaupt nicht gut tun. Was ich nicht nur, aber auch in der Hypnose gelernt habe, ist die Macht der Bilder und Vorstellungen: Wenn ich bspw. auf Partys gehe, denke ich mir immer eine Person aus, die ich sein möchte. Sei es ein Schauspieler, irgendein Mensch, den du super findest. Auf diese Weise bin ich einen Riesenschritt vorwärts gekommen, auch meine Scheißangst vor bestimmten Frauen zu verlieren, weil ich enorm viel selbstbewusster aufgetreteten bin. Völlig unabhängig davon, wie ich aussehe oder was ich für andere darstelle. Diese Art von Schauspielerei finde ich vollkommen legitim. Probier´s mal aus.

Du sagst, verliebt sein ist überbewertet. Da denke ich ewig drüber nach. Vielleicht kennst du Armin Müller-Stahl, einen Schauspieler den ich ziemlich klug und gut finde. Er ist ziemlich lange mit seiner Frau zusammen, führt sehr lange eine gute Partnerschaft, aber sagt ziemlich offen, nein, wir sind nicht ineinander verliebt, aber es ist angenehm zusammen zu leben. Und er gibt zu, dass er sich innerhalb weniger Minuten in eine Frau, die er kaum kennt, sich verlieben kann. Auch eine Philosophie.

Klar idealisiert man das Gegenüber, ich habe meine Karnevalsbekanntschaft sogar hinterher idealisiert und mir suesse Gedanken gemacht, obwohl ich wusste, dass sie nicht der Mensch ist, den ich suche. Das Dopamin oder was auch immer stellt das in deinem Kopf halt an. Das ist ja mein Problem, das Dopamin mit meinen Meinungen in Gleichklang bringen.

Übrigens: Wenn du mit deinem Partner fast acht Jahre zusammen gelebt hast, glaube ich nicht, dass er noch experimentiert hat. Er wollte sicher mit dir zusammen sein, sonst wäre er es nicht gewesen. Ob das Liebe war, sei dahingestellt...Verzeih ihm, sonst frisst dich das innerlich auf, ich denke, irgendwie konnte er dann wohl nicht anders.

@Pitt: Ich bin doch oft verliebt, nur immer in die falschen. Warum: Weil ich glaube, dass mein Gehirn in der Zeit meiner bitteren Jugend von der Realität unabhängige Hormonausstöße gebildet hat, die mir damals geholfen haben, jetzt aber nicht mehr.

@unterwegs: Ich habe platonische Freundschaften zu Frauen, in die bin ich aber alle nie verliebt gewesen. Und mein Null-Beziehungsproblem habe ich bisher nur mit meiner Karnevalsaffäre thematisiert, da Sex hier der Türöffner war, mit den anderen habe ich mich bisher nicht getraut oder wollte es nicht oder wir sind nicht soo eng. Bei einigen denke ich auch, dass durchaus mehr von mir wollen, aber wie beschrieben, ich will das dann nicht so, weil ich mir vielleicht Sex, aber keine dauernde Beziehung vorstellen kann. Also, lass ich es gleich bleiben.

Dass einige Frauen Distanz suchen, wenn der andere tieferer Gefühle / Ängste ggü einem hegt, kommt mir zwar ungerecht, aber ziemlich verständlich vor.

Ehrlich will ich ja sein, fühle ich mich viel besser. Manchmal denke ich aber, dass einige Frauen, dass gar nicht so hören wollen, was der andere ehrlich denkt oder fühlt. Und experimentieren will ich mit meinen Gefühlen, nicht mit denen von anderen. Aber du kannst es oft nicht vermeiden, jmd weh zu tun. Leider.

@honigkuchenpferd:
Dass ich unbewusst gar keine Beziehung will, haben wir in der Therapie auch thematisiert. Keine Ahnung, ist ja unbewusst. Bewusst will ich mit denen, in die ich verliebt auf jeden Fall eine Beziehung. Davon träum ich dann doch dauernd. Ziemlich suess und tief. So dass die andere denkt, was isn mit dem los? Deine letzten paar Sätze unterstreiche ich voll und ganz, würde ich derzeit auch so machen...

Eine Sache, dir mir echt weh tut, und die ich kaum ändern kann, ist: Wenn ich mit anderen unterwegs bin, und die über ihre Partnerschaften reden, kann ich einfach nicht mitreden. Das schafft irgendwie ja auch Distanz. Im Büro, bei Freunden, überall. Ehrlichkeit hat da Grenzen, ich kann mich ja auch nicht rundherum outen...

speak to you soon

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Rezna
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Beitrag So., 27.09.2009, 21:48

Hi, mittlerweile denke ich auch, daß es nicht "nur" ein Experiment war. Er ist eben ein Typ für den diese Art des Miteinanders das maximal Mögliche ist. Was für viele Menschen absurd, seltsam, krank wirkt (vermutlich ja auch ist) ist für ihn eben normal und eben alles was er geben kann. Ob ich selber damit klar komme, ist eine andere Sache. Auf jeden Fall wurde mir klar: Man darf nicht einen Maßstab für alle Menschen ansetzen. Wer sagt, dass meine Gefühle tatsächlich ehrlicher sind, nur weil sie intensiver sind, ein Streben, Sehnen und Ziehen viel deutlicher äußern, mich aber auch Anfällig machen, die Richtung zu wechseln oder aus Verletztheit heraus alles um zukehren? Steht es mir zu, zu urteilen wie intensiv ein anderer fühlt, nur weil seine emotionale Sprache nicht dieselbe ist wie meine?

Verliebtheit betrachte ich aber mittlerweile auch als eine art Flucht vor Grausamkeit. Das klingt zunächst komisch, aber ich habe mich oft verliebt, ohne je darauf hoffen zu können, dass diese Gefühle erwidert werden. Mein Wunsch, sich zu verlieben ist meist am stärksten, wenn die Umstände am schrecklichsten sind. In meiner Jugend hat mir Verliebtheit sehr geholfen, es war etwas Abstraktes, starke Emotionen aber immer ohne dass es Konsequenzen hatte. Natürlich hätte ich mir alles gewünscht, hat sich aber nie ergeben. Verliebtheit, um mit Ablehnung umzugehen, um Einsamkeit zu ertragen... die rosarote Brille um die Realität nicht sehen, ertragen zu müssen. Ich habe mich noch nie in Menschen verliebt, NACHDEM ich sie kennen gelernt habe. Vielleicht ist es da nicht nötig. Vielleicht hilft es nur über Angst hinweg. Ohne Verliebtheit würden wir vielleicht viele Schritte nicht setzen, weniger Mut haben... wenn wir diesen Mut aber haben, Menschen auch so begegnen können, auch so kennen lernen, vielleicht ist Verliebtheit dann einfach nicht nötig. Und jede längere Beziehung verliert die Verliebtheit sowieso - es ist also ohnedies nur ein temporärer Zustand, mit oder ohne Erfolg.

hmmm...
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