Wechselnde Symptomatik - Bedürfnis nach Fürsorge

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Lucyunderpressure
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Wechselnde Symptomatik - Bedürfnis nach Fürsorge

Beitrag So., 09.02.2020, 17:00

Hallo ihr da draußen!
Ich hoffe, ich finde jemanden zum Austauschen, vielleicht jemanden, dems schon mal ging wie mir aktuell..

Kurzfassung:
Diagnosen: Depressionen, Essstörungen, selbstunsichere Persönlichkeitsakzentuierung, PTBS-Flashbacks, schizoaffektive Störung, evt. histrionisch veranlagt, Kaufsucht, ....

Ich bin 23 und lebe mal fröhlicher mal weniger. Ich habe eine tolle auf psychosomatik spezialisierte Hausärztin, bei der ich jede Woche bin, eine Therapeutin bei der ich regelmäßig bin.
Aktuell unterdrücke ich meinen Kaufzwang und es tun sich neue/alte Symptome deutlich auf. Ich sehne mich danach krank zu sein und ins KH oder auf die geschlossene Psychiatrie zu müssen. Ich glaube dahinter steht das große Bedürfnis: umsorgt zu werden, sich einzigartig zu fühlen, ....

Kennt das jemand oder kann mich jemand annähernd verstehn?
Alles Liebe
Lucy

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Philosophia
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Beitrag So., 09.02.2020, 17:07

Dann trägst du offenbar einen großen emotionalen Mangel in dir - wie viele. Wenn du dich dauernd in Kliniken einweisen lassen würdest, würde auch das dein emotionales Loch nicht stopfen und zudem noch das System ganz schön ausnutzen...hmmm, redest du mit deiner Therapeutin über diese Problematik?
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Lucyunderpressure
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Beitrag So., 09.02.2020, 17:15

Ich sehe das wie du. Noch so viele Klinikaufenthalte würden wohl wenig bis gar nichts bringen. Ich werde es bei meiner Therapeutin ansprechen. Noch bin ich nicht dazu gekommen, weil meine Sitzungen oft ausgefallen sind.
Weißt du etwas, das mir bis dahin weiterhelfen könnte?

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candle.
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Beitrag So., 09.02.2020, 17:58

Und wenn du mal intensiv Selbstfürsorge betreibst? Und damit meine ich nicht in die Klinik zu gehen, sondern Dinge zu tun, die dir Spaß machen und dich zufrieden stellen?

LG candle
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Kirchenmaus
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Beitrag So., 09.02.2020, 18:03

Lucyunderpressure hat geschrieben: So., 09.02.2020, 17:15 Ich sehe das wie du. Noch so viele Klinikaufenthalte würden wohl wenig bis gar nichts bringen. Ich werde es bei meiner Therapeutin ansprechen. Noch bin ich nicht dazu gekommen, weil meine Sitzungen oft ausgefallen sind.
Weißt du etwas, das mir bis dahin weiterhelfen könnte?
Du könntest dich extremst gut um dich selbst kümmern. Tee, Wärmflasche, Gute-Nacht-Geschichten … Vielleicht malen, was du dir wünschst …

In meiner Kindheit habe ich mir dauernd vorgestellt, krank zu sein. Da saß dann eine gute Mutter (nie meine eigene) an meinem Bett und hat mich versorgt.
Mittlerweile weiß ich, dass das eine große Anpassungsleistung war, um mit dem emotionalen Mangel zurechtzukommen.

Das war offensichtlich auch deine Strategie, um emotional zu überleben.

Du kannst stolz sein, dass du dir dessen bewusst bist. Je mehr du diese Bedürftigkeit akzeptierst, desto eher kann sich da etwas verändern.
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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Lucyunderpressure
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Beitrag So., 09.02.2020, 18:11

Danke für eure Antworten und die zusprechenden Worte.
Ich wünschte, es gebe einfach mal DIE Lösung und mit der wär alles abgehqkt. Aber nein, es ist alles chaotisch und verworren und hat immer wieder neue Überraschungen bereit...

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Candykills
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Beitrag So., 09.02.2020, 20:07

Pass auf, dass das nicht zur Sucht wird. Ich habe jemanden im weiteren Bekanntenkreis, die ständig und eigentlich seit 2-3 Jahren dauerhaft nur in der Klinik war. Richtiges Klinik-Hopping von einer in die nächste, wenn eine sie nicht mehr aufnahm.
Deswegen dringend ansprechen das Thema.
Es ist nicht verwerflich solche Bedürfnisse zu haben, es wird nur problematisch, wenn du ihnen nachgibst. Das muss halt bearbeitet werden und für sowas machst du ja auch Therapie.

Ich kenne es selbst, dass es mir nochmal deutlich schlechter wieder geht, wenn ich aus der Klinik komme. Weil dann fällt von jetzt auf gleich die ganze Versorgung weg. In der Klinik laufen lauter Papas und Mamas herum, die den ganzen Tag um einen herum sind, nicht viel von einem abverlangen (außer möglichst die Therapien zu besuchen - und wenn man das nicht tut, wird halt nur der Ausgang gestrichen), das Essen wird bereit gestellt. Die Wäsche wird von irgendwem anderen daheim gewaschen oder gar in der Klinik. Man hat unterm Strich keinerlei Selbstverantwortung mehr.

Ich weiß nicht, ob du (schon) in der Lage bist, dich wirklich gut um dich selbst zu kümmern oder ob du das erst durch die Therapie lernen musst.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Scars
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Beitrag So., 09.02.2020, 21:11

Vielleicht findest du ja auch jemanden, an dem du dich emotional etwas wärmen kannst. In unserem Alter hat man ja zumindest manchmal noch den Vorteil, dass die Älteren sich den Jüngeren etwas annehmen.
Remember to leave pawprints on hearts.

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Philosophia
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Beitrag So., 09.02.2020, 21:15

Es ist gut, dass du das über haupt weißt, Lucyunderpressure, denn nicht umsonst gibts das Münchhausensyndrom. Im Grunde leiden diese Menschen sicher an einem ganz ähnlichen Mangel. Ich denke, es ist gut, wenn du mit deiner Therapeutin sprichst. Du könntest ja jetzt schon mal aufschreiben, was dir dazu alles durch den Kopf schießt. Es ist wichtig sich das anzugucken, denn nur so kannst du innerlich frei werden und dich im Hier und Jetzt guten Kontakten zuwenden, die dann auch erfüllend sein können. Und ja, wie Scars sagt - auch andere können zu einem mal ein bissl mütterlich sein- nur eben nicht komplett Altes ausgleichen. Das kann keiner.
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Lucyunderpressure
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Beitrag Mo., 10.02.2020, 20:15

Ich weiß es ist ein heikles Thema und ich muss aufpassen. Ich bin nicht darauf aus von Klinik zu Klinik zu hüpfen und das System auszunutzen. In mir ist ein großer Anteil, der gesund ist, gesund sein will und mich positiv bestärkt.
Im Moment habe ich viele Selbstverletzungsgedanken. Ich habe mich heute zum ersten Mal mit Absicht geschnitten. Nicht wild, vielleicht etwas lächerlich... für mich bedeutet es was.
Ich habe das... (glaube ich) nicht getan, um wegen Selbstverletzung aufgenommen zu werden, sondern weil ich nicht weiter weiß.
Ich könnte jederzeit hinfahren und mich aufnehmen lassen, ohne mich vorher selbst zu verletzen.
Ach ich weiß auch nicht.

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Philosophia
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Beitrag Mo., 10.02.2020, 21:04

Aber es soll ja auch glaubwürdig sein, dass es dir schlecht geht? Vielleicht kannst du ja auch einfach deinen wahren Schmerz noch nicht formulieren.
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Beitrag Di., 11.02.2020, 00:21

Lucyunderpressure hat geschrieben: So., 09.02.2020, 17:00 : umsorgt zu werden, sich einzigartig zu fühlen, ....

Kennt das jemand oder kann mich jemand annähernd verstehn?
Ja.

Ich denke fast jeder Mensch hat dieses Bedürfnis. Im Grunde ist das ganz normal. Das ist auch nichts, was gar nicht da sein sollte.
Aber es kann eben extreme Ausmaße annehmen, zu extreme.

Es kommt eben darauf an, wie man damit umgeht mit dieser extrem schmerzhaften Sehnsucht. Wie du ja schon selbst gemerkt hast, sollte man nicht Klinikhopping betreiben, um damit umzugehen.

Einen Teil kann vielleicht durch andere Menschen kompensiert werden, einen Teil durch Selbstfürsorge, eine Teil durch Kunst, Musik oder whatever.
Es gibt immer Zeiten, da wird es sich krass in den Vordergrund drängen und treibt einen zu kranken, unsinnigen Dingen. Aber das Ziel ist, dass man eben die Wahl hat, welche Handlung man aus diesem Gefühl ganz genau werden lässt. Dass man viele Handlungsmöglichkeiten kennt und tatsächlich irgendwann wählen kann.

(Man muss sich nicht selbst verletzen, um ernst genommen zu werden. Du und deine Gefühle sind es auch so wert von dir und anderen ernst genommen zu werden. Auch wenn man es nach Außen nicht sieht. Es gibt dennoch Menschen, die dich und deine Not auch so sehen, ohne Selbstverletzung. )
"You cannot find peace by avoiding life."
Virginia Woolf

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FloBro
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Beitrag Mi., 12.02.2020, 22:37

Huhu Lucy,

ich bin seit 10 Jahren psychisch krank und habe ein Kernproblem, dass dieses "krank sein um umsorgt zu werden, einzigartig sein" auch hervorruft.

Früher hab ich mir regelrecht neue psychische Erkrankungen ausgesucht, irgendwann bin ich bei Borderline gelandet. Das konnte ich richtig gut "spielen". Ich manipulierte und wollte als total schlimm krank rüber kommen, damit man mir hilft! Anders konnt ich mich gar nicht ausdrücken. Die Therapiewelt wurde meine Heimat und Identität, mein Krankheitsgewinn enorm.

Hier die gute Nachricht: wenn du das ehrlich sagst, so wie du es hier geschrieben hast, stößt du genau so auf Gehör, wenn es eine gute Therapeutin/Klinik ist! Das ist genau so pathologisch. Einer Oberärztin hab ich gesagt, dass ich nur so viel konsumiert habe um möglichst krank auszusehen. Trotzdem bekam ich eine Rausgehsperre.

Bei meiner Therapeutin war ich komplett ehrlich, habe mein (oft auch unbewusstes) Spiel offen gelegt. Trotzdem behandelt sie mich. Trotzdem beantrage ich bald eine Behinderung. Es geht ja eben um das, was dahinter steckt. Und das ist nicht weniger schlimm als anderes.

Aber das war nicht ich. Es war dramatisch. Dringlich. Das war der Reiz.

Ich hatte Angst davor echt zu sein. Du vielleicht auch?

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Lucyunderpressure
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Beitrag Fr., 28.02.2020, 13:48

Hallo ihr lieben, jetzt hab ich mich länger nicht gemeldet.
Mir ging es zwischenzeitlich besser und ich konnte diesen Wunsch nach Krankheiten etwas zurückstellen.
Jetzt bin ich krank, grippaler Infekt, Entzündungswerte erhöht, leichte Blasenentzündung. Wir wissen nicht wo der erhöhte Entzündungswert wirklich herkommt, weil die Blasenentzündung dafür zu leicht, der grippale Infekt zu wenig ausprägt ist. (Hatte nur einen Abend Fieber und Gelenksschmerzen.)
Unter Antibiotikum wird es nun besser und ich bin richtig enttäuscht und hab deswegen geweint.. ich mein das Ernst.
Ich schäme mich so, so zu empfinden. Ich weiß nicht, was mein Problem ist... :kopfschuettel:

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nulla
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Beitrag Fr., 28.02.2020, 14:09

Lucyunderpressure hat geschrieben: Fr., 28.02.2020, 13:48 Unter Antibiotikum wird es nun besser und ich bin richtig enttäuscht und hab deswegen geweint..
Wow Lucyunderpressure, du bist aber unglaublich ehrlich! Ich kenne einige Leute, denen es m.M.n. ähnlich geht, die das aber nie zugeben würden, vielleicht nicht einmal vor sich selbst.

Eine gute Bekannte ist in jungen Jahren bei einer großen Familienfeier - mit einem anderen Familienmitglied im Mittelpunkt - bewusstlos zusammengebrochen. Vermutlich hat sie hyperventiliert oder so. Natürlich sind die Eltern besorgt von der Feier weg und zu ihr ins KH geeilt. Raus kam: keine körperliche Ursache. Sie trommelt übrigens heute, viele Jahre danach, noch immer alle möglichen Leute zusammen, wenn sie mal Durchfall hat o.ä.

Dass dir deine Probleme so bewusst sind, sollte dir Hoffnung machen, dass du irgendwann andere Wege finden wirst. Hast du denn in der Therapie daran gearbeitet, oder ist es quasi "von selbst" besser geworden?

LG nulla
"Wege entstehen dadurch, dass man sie geht."
(Kafka)

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