Ein Sturm bricht los

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Teekesselchen2016
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Ein Sturm bricht los

Beitrag Mo., 11.07.2016, 08:51

Liebe Gemeinde,
mir geht es derzeit überhaupt nicht gut und ich habe niemanden, mit dem ich darüber reden kann.

Warum? Weil alle denken, mein Leben sei wunderbar. Ich habe einen tollen Job, eine tolle Beziehung, tolle Freunde und lebe ein schönes leben ohne Sorgen.

So die Außenwirkung. In meinem Inneren tobt aber schon lange ein gewaltiger Sturm. Und dieser Sturm bricht sich nach und nach Bahn nach draußen.

Derzeit schlage ich mich mit zwei Problemen herum. Doch ich denke, dass das eine Problem womöglich eine Folge aus dem ersten Problem ist…

Das erste Problem ist, dass das Gefühl habe, etwas läuft nicht rund in meinem Leben. Was genau es ist, weiß ich nicht. Aber ich habe die vage Vermutung, dass es einfach so ist, dass ich bei mir selbst nicht ankomme. Und ich steh mir selbst im Weg dabei. Warum? Weil ich mich selbst nicht annehmen kann. Und die Ursache liegt in meiner Vergangenheit. Ich habe seit vielen Jahre eine dunkle Stimme in mir, die mir laut und deutlich zu verstehen gibt, dass das, was ich erreicht habe, nichts Besonderes ist. Dass schon hunderte vor mir das alles geschafft haben. Dass es Leute gibt, die noch viel mehr können, noch viel mehr haben…

Diese Stimme hat einen besonders guten Nährboden, denn ich habe nie (mal abgesehen von meinen Eltern) soetwas wie eine Art Anerkennung erhalten. Und sei es, dass jemand zu mir sagt, er schätze meine Gegenwart oder dergleichen. Mit Freunden habe ich bisher immer nur die schlechtesten Erfahrungen gemacht, weshalb ich mir irgendwann soweit zurückzog, dass ich kaum noch jemanden an mich ranließ und mit den Menschen nur noch oberflächlich kommunizierte. Das gipfelte darin, dass ich meinem Freund vor den Kopf stieß, indem ich ihm indirekt vorwarf, seine lieben Worte seien nicht ehrlich gemeint. Das hat ihn damals tief getroffen.
Mittlerweile kann ich seine Worte und Komplimente annehmen, aber diese Stimme kommt immer wieder: „Er ist ja auch voreingenommen. Was soll er sonst auch anderes sagen?“ etc.

Da ich weiß bzw. glaube, dass ich, egal, was ich tue, diese Stimme nicht zum Schweigen bringe, giere ich nach Anerkennung und Bestätigung von außen. Doch die kommt leider nie oder nur zu selten.
Ich fühle mich wie eine Dauersuchende ohne Ziel und ohne einen richtigen Plan. Ich weiß nicht, wonach ich suche, und doch suche ich.

Und so langsam verliere ich meine Kraft. Ich bin erschöpft. Nicht unbedingt körperlich, aber doch psychisch. Sogar so erschöpft, dass mir die Dinge, die mir sonst Spaß machten, kaum noch etwas bedeuten. Ich möchte schlafen, doch ich kann nicht. Und das bringt mich zu meinem zweiten Problem.

Seit fast einem Jahr leide ich unter enormen Schlafstörungen. Ich schlafe kaum noch eine Nacht richtig durch oder schlafe einfach nicht ein, obwohl ich müde bin. Hin und wieder erschlägt es mich dann doch und ich schlafe mal eine Nacht durch, aber das kommt so selten vor. Vielleicht zwei-, dreimal im Monat. Ich schleppe mich durch die Tage, unkonzentriert, unmotiviert. Bin gereizt und raste schnell aus.

Was habe ich nicht schon alles probiert? Von Meditation und Entspannungsübungen über Ernährungsumstellung bis hin zu homöopathischen und pfanzlichen Mittelchen.
Es geht sogar so weit, dass ich abends manchmal Angst habe, ins Bett zu gehen.

Ich weiß nicht mehr, was ich noch tun kann und ich habe Angst, dass es schlimmer wird.

Ich bin bereits 2 Mal für jeweils 2 Wochen krankgeschrieben worden und muss mich auch zwischendurch immer mal für einen Tag krankmelden, weil ich einfach zu müde bin. So kann es einfach nicht weitergehen.

Aber ich weiß nicht, was ich noch tun soll? Eine Psychotherapie ist derzeit nicht drin, die nächsten Termine liegen bei Ostern 2017.

Ich kann einfach nicht mehr… Wer hilft?

Teekesselchen2016

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candle.
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Beitrag Mo., 11.07.2016, 09:05

Hallo Teekesselchen!

Willkommen im Forum!

Ich kann jetzt nicht viel schreiben, aber ich denke, dass du nicht so lange auf einen Therapieplatz warten mußt.

Viele Grüße!
candle
Now I know how the bunny runs! Bild

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saffiatou
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Beitrag Mo., 11.07.2016, 10:45

Hallo Teekesselchen,

willkommen im Forum! Ich wünsche Dir einen guten Austausch!


Ich leide auch seit meine Depressionen deutlicher geworden sind unter extremen Schlafstörungen. Da ist eine "Dunkle Seite" (so nenne ich sie) die mich nicht schlafen läßt, die Angst vor dem Bett hat, die Gründe sind mir inzwischen bekannt.

Ja, es ist nicht einfach, einen Therapeuten zu finden, aber versuche noch mal zu suchen (eine vollständige Liste bekommst Du bei der Ärztkammer). Wenn Du niemanden findest, könntest Du auch zu einem Psychiater gehen, die bieten manchmal eine Therapie an, oder jedenfalls ärztliche Gespräche (einer Psychiaterin, kann ich sooft aufsuchen, wie ich Hilfe benötige und bekomme immmer 45 min lange Gesprächstermine). Ein Facharzt hilft Dir eventuell das richtige Medikament zu finden um Nachts jedenfalls etwas zur Ruhe zu kommen. Oder Du suchst Dir eine Beratungsstelle, die Dir helfen.

Alles Gute,
Saffia
never know better than the natives. Kofi Annan

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Teekesselchen2016
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Beitrag Di., 12.07.2016, 12:41

Hallo ihr zwei,

erstmal danke für eure Antworten...

@Candle: Doch leider müsste ich so lange warten. Ich wohne eher ländlich, da gibt es nicht so viele Therapeuten in der Umgebung. Selbst mein Arzt hat versucht, etwas zu deixeln, aber es geht nicht eher. Da ich leider nicht mobil bin (habe kein Auto) kann ich auch nicht wirklich weit fahren.

Wenn ich mal darüber nachdenke, habe ich auch seit fast 10 Jahren keinen richtigen Urlaub mehr gehabt. Immer mal 1-2 Wochen frei, ja, aber doch so richtig Urlaub nie. Selbst im Studium habe ich in den Semesterferien immer gejobbt und nebenbei noch Seminararbeiten geschrieben oder für Klausuren gelernt.
Eine richtige Erholung habe ich nie gehabt.

Ich sagte ja bereits, dass ich schonmal für jeweils 2 Wochen krankgeschrieben wurde. Allerdings haben mir die auch nicht wirklich wasgebracht. Die 1 Woche war ich meist so dermaßen aufgedreht, dass ich kaum zur Ruhe kam. In der 2 kam dann der Schlag, ich habe geschlafen, geschlafen, geschlafen (ja während dieser Zeit ging es dann mal). Eigentlich hätte ich gut noch 1-2 Wochen ranhängen müssen, um wieder einigermaßen auf die Beine zu kommen. Aber das wollte mein Arzt nicht. Er meinte, dann würde die Hürde, wieder zur Arbeit zu gehen, zu groß.
Aber ich spüre, ich hätte sie dringend nötig gehabt.

Ich sitze oft nachmittags auf Arbeit und könnte einfach nur heulen, weil mein ganzer Körper nach Erholung verlangt. Selbst das Schreiben dieser Zeilen jetzt ist für mich unglaublich anstrengend. Meine Hände schmerzen. Aber es ist kein richtiger Schmerz, mehr so unterschwellig. Meine Augen brennen, ich kann kaum aufrecht sitzen.

Gerade heute ist es einfach nur Hölle!

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Marzipanschnute
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Beitrag Di., 12.07.2016, 13:49

Teekesselchen2016 hat geschrieben: Warum? Weil alle denken, mein Leben sei wunderbar. Ich habe einen tollen Job, eine tolle Beziehung, tolle Freunde und lebe ein schönes leben ohne Sorgen.
Na ja, ohne Sorgen würde ich das jetzt nicht nennen... Sagst du ja auch selber, dass das nur die Außenwirkung ist. Warum kannst du dir keinen Urlaub auf der Arbeit nehmen? Es ist ganz verständlich, dass der Körper und die Seele sich dann irgendwann mit Gewalt ihre Auszeit nehmen.

Ist es denn das Leben dass du dir gewünscht hast? Bist du gerne mit den Leuten zusammen die dich umgeben? Macht dein Job dich glücklich? Liebst du deinen Partner?
Und hast du Ziele auf die du hinarbeiten kannst? Gibt es etwas, das du gerne noch erreichen würdest, beruflich, privat?
Und diese "Stimme": Was kannst du ihr entgegen setzen? Was sind zum Beispiel drei Dinge die du an dir magst? Was hat dich heute zum Lächeln gebracht? Was ist dir heute gut gelungen? (das dürfen ganz klitzekleine Dinge sein, und du musst das auch auf gar keine Fall hier beantworten, mehr so als Denkanstoß)

Du klingst einfach wahnsinnig erschöpft. Kannst du deinem Arzt vielleicht noch mal die Situation erklären? Die Müdigkeit, die Schwere, diese unterschwelligen Schmerzen? Oder einen anderen Arzt aufsuchen? Gibt es vielleicht eine (psychosomatische) Klinik die du aufsuchen könntest? Ich hab damals auf der Therapiestation der Psychiatrie ziemlich schnell ein Bett angeboten bekommen, weil es mir echt nicht gut ging und ich auf dem Zahnfleisch unterwegs war. Manchmal ist abschalten, raus aus dem Alltag, weg von all den Dingen die einen glücklich machen müssten, einen aber so unglücklich machen, gar nicht so schlecht. Sonst vielleicht schauen wo du dir kleine Ruheinseln schaffen kannst. Kleine Pause, feste Rituale, die dir gut tun. Ich mache zum Beispiel abends meist noch einen Spaziergang um den Block um runter zu kommen und hab eine feste Routine vor dem zu Bett gehen, wenn ich das alles "hinter" mir habe, kann ich besser abschalten, weil ich weiß, dass für den nächsten Tag alles fertig ist und der Tag jetzt rum und alles gut ist.

Ansonsten: reden. Mit Freunden, Partner, Familie, hier im Forum, mit der Telefonseelsorgen, whatever. Nicht alleine damit bleiben.
“Das Schöne an der Zeit ist, das sie ohne Hilfestellung vergeht und sich nicht an dem stört, was in ihr geschieht.” Juli Zeh

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Teekesselchen2016
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Beitrag Di., 12.07.2016, 14:04

Hallo Marzipanschnute,

vielen Dank für deinen Text...

Also, natürlich kann ich Urlaub nehmen auf Arbeit, so ist es ja nicht, aber oft nehme ich den Urlaub nicht, um mich zu erholen, sondern um von einer Familienangelegenheit zur nächsten zu hetzen. Weihnachten, Ostern, Geburtstage. Da sind immer locker 2-3 Tage, wenn nicht mehr mal eben weg. Und Urlaub bei der Familie kann man nun bei Gott keinen Urlaub nennen.
Ich habe immer das Gefühl, ich nehme meinen Urlaub für andere, nie für mich selbst.

In meiner Beziehung ist tatsächlich alles bestens. Und da bin ich auch sehr dankbar für. Ich wüsste nicht, was ich machen sollte, wenn die nicht wirklich gut laufen würde.

Im Job, tja... soweit ist es alles ganz okay hier. Ich habe einige sehr nette Kollegen, andere sind aber eher zum entwöhnen. Vor allem eine Kollegin kann ich auf den Tod nicht ausstehen, obwohl sie mir nie was getan hat. Ihre pure Existenz reicht schon und ich bekomme schlechte Laune. Leider muss ich mit ihr einmal im Monat zusammenarbeiten und ich bekomme schon jedesmal Herzklopfen und schlechte Laune, wenn ich im Kalender den Termin erblicke.

Ob es das Leben ist, dass ich mir erhofft habe? Ich weiß es nicht. ich habe nie wirklich einen Plan gehabt, wie mein Leben aussehen sollte. Meine Ziele waren immer eher auf kurze Sicht angestrebt: Abi, Bachelor, Master, Job finden.
Was ich im Job gerne noch erreichen möchte, ist eine höhere Position. Ich würde gern Abteilungs- oder Teamleiterin werden. Aber da wird sich in naher Zukunft von Seiten meines AG nichts tun und zum anderen weiß ich nicht, ob ich das psychisch im Moment könnte.

Ich werde auf jeden Fall nochmal zu einem anderen Arzt gehen. Vielleicht kann der mir ja helfen.

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