Prokrastination / Aufschieberitis

Alle Themen, die in keines der obigen Foren zum Thema "Psychische Leiden und Beschwerden" passen.
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Fify
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Beiträge: 391

Beitrag Fr., 02.01.2015, 17:09

Liebe Sarana,
ich finde nicht immer eine Belohnung. Das funktioniert nur manchmal, vor allem dann wenn ich auf etwas Anderes richtig Lust habe. Beispielsweise wenn ich ein Buch unbedingt lesen will, dann kann ich mich nachdem ich etwas erledigt habe, ein Kapitel lesen.
Wenn ich keine Belohnung finde, dann muss ich versuchen die anderen Tipps anzuwenden und wenn ich das nicht schaffe, dann schiebe und vermeide ich.
Aus einer negativen Spirale finde ich nur ein Stück heraus, wenn ich irgendwo her einen Funken Hoffnung spüre.
Grüßle
fify

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Maika
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weiblich/female, 43
Beiträge: 226

Beitrag Fr., 02.01.2015, 17:19

Marzipanschnute hat geschrieben:
Aber ich fühle mich echt als hätte mich jemand am Bett fest gebunden und kann einfach nicht aufstehen...

Und ich frage mich jetzt wie man etwas das einen so sehr blockiert wenigstens etwas zur Seite schieben kann. Es muss ja gemacht werden. Und ich bin ein großer Fan von "einfach machen" und nicht nachdenken, aber das funktioniert nur bedingt. Es ist echt wie ne Blockade, nein, eher wie Betonmauern um einen herum.
Meine Erfahrung ist, dass das Thema Prokrastination ein komplexes ist. Also dass "einfach machen" meist nicht funktioniert.
Ich habe mir oft selbst "Fallen" gestellt, indem ich mir zu viel vorgenommen habe. Also nicht alle unangenehmen Sachen auf einen Tag legen, sondern in kleine, schaffbare Häppchen einteilen. Wichtig finde ich auch, nett zu sich selbst zu sein, wenn man etwas geschafft hat, und eine Belohnung einplanen. Ob das nun eine gemütliche Tasse Kaffee, Blumengießen auf dem Balkon, ein Telefonat mit einer Freundin oder so ist.
Eine weitere für mich wirksame Technik ist, keinen unbewussten Selbstbetrug zu machen. Also wirklich nur genau das tun, was man sich vorgenommen hat, und nicht im Hinterstübchen schon zu denken "ach, das und das und das sollte ich doch auch noch schaffen". Bei einfachen Tätigkeiten wie Aufräumen hilft z.B., sich bestimmte Zeiträume zu setzen, etwa "15 min aufräumen", und die dann auch einzuhalten, also weder zu unter- noch zu überschreiten.

Den Hintergrund des Ganzen sehe ich (bei mir und generell) schon in Perfektionismus, aber daran zu arbeiten dauert halt lange. Deshalb bin ich ein großer Fan von kleinen, alltagstauglichen Strategien, um das Aufschieben zu bekämpfen.
An Unis gibt es in der Studentenberatung evtl. auch Seminare oder Gruppen zum Thema, im Studium schlägt das Problem ja noch mal ganz anders durch.

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CrazyCatLady
sporadischer Gast
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Beiträge: 21

Beitrag Fr., 02.01.2015, 18:08

Hm, mein Tatendrang wird oft geweckt, wenn ich bestimmte Lieder höre oder Filme/Dokus/Serien sehe. Beispiele kann ich leider keine benennen, da ich dies zugegebenermaßen noch nie bewusst eingesetzt habe, um Prokrastination zu bekämpfen. Aber eventuell kennt ihr auch das Gefühl, dass euch irgendwas mit Energie pusht und eventuell könnte es klappen, sich diese Sache zu vermerken und das nächste Mal gezielt zu nutzen, um sich zu aktivieren. Versucht McFit das nicht beispielsweise, indem sie in ihren Studios Videos von aktiven Sportlern zeigen, die einen mitreißen sollen?


Tränen-reich
[nicht mehr wegzudenken]
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weiblich/female, 44
Beiträge: 3420

Beitrag Fr., 02.01.2015, 18:25

Nun, ich nenne das Aufschieben/Vermeiden eher als der altbekannte innere Schweinehund. Meiner hatte ne ziemlich große Klappe... Doch im Grunde ist er nicht immer schlecht, der müsste nur mal ein bissel "dressiert" werden.

Strategien, in dem auch sehr amüsanten Buch, habe ich hier gefunden und fand es gar nicht schlecht. Ich kann es weiterempfehlen:

http://www.amazon.de/Das-G%C3%BCnter-Pr ... 3869361697

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Fundevogel
[nicht mehr wegzudenken]
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weiblich/female, 50
Beiträge: 1299

Beitrag Fr., 02.01.2015, 22:25

Zu all dem interessanten Gesagten möchte ich gerne einen weiteren Aspekt einbringen:

Depression bzw. Erschöpfung(-sdepression) kann auch eine mögliche (Mit-)Ursache für Aufschieben und Vermeidung sein. Kann auch als agitierte Depression auftreten.

Die Unterscheidung von Depression, Perfektionismus und innerem Schweinehund ist jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung...

Meiner Erfahrung nach haben allerdings manchmal auch gerade Menschen mit einem ohnehin sehr hohen Aktivitätslevel mit Aufschieben Probleme (ich spreche natürlich auch von mir selbst) und wäre es bei dem Thema wichtig, die Aufmerksamkeit auf die andere Seite zu richten: Ausreichend Ruhe und Erholung zu haben, auch mal Fünfe grade sein lassen, Nichts tun, faul sein, Seele baumeln lassen.

Ich glaube, dass das manchmal sehr viel schwieriger ist, mal nett zu sich selber zu sein als sich ständig über alle Grenzen hinweg zu Aktivität zu prügeln. Wäre aber wichtig, denn à la longue geht's nicht ohne Energie tanken, sonst geht Maschine kaputt und Körper sagt: Mag nicht mehr, kann nicht mehr.

Maikas Tipps möchte ich mich anschließen (sehr klug auch die Selbstbetrugsstrategien erkannt!), zum Beispiel das mit dem 15 Minuten aufräumen, nicht weniger, vor allem aber auch nicht mehr, finde ich hilfreich, vor allem in Hinblick auf Langfristigkeit.
Fundevogel

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Bärchenfrau
neu an Bo(a)rd!
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Beiträge: 4

Beitrag Fr., 06.03.2015, 23:28

Es gibt da einen super Tipp, nennt sich "Prokrastinieren für Fortgeschrittene".

Das funktioniert so: wenn man eigentlich unbedingt den Lebenslauf schreiben müsste und es geht gar nicht, geht einfach nicht - dann nutzt man die Gelegenheit um Geschirr abzuspülen (Beispiel). Denn das ist in diesem Moment eine super Ausrede um den Lebeslauf nicht schreiben zu müssen. (Somit ist zwar der Lebenslauf nicht geschrieben, aber das Geschirr ist gespült. Die Aufgaben sammeln sich nicht an).
Wenn das Geschirr fertig ist und man will immer noch nicht den Lebenslauf schreiben, dann geht man eine Runde joggen. Das wollte man schon immer machen und hat es nie geschafft, aber nun ist es viiiieeel besser als den Lebenslauf zu schreiben.
Wenn man nach Hause gekommen ist und noch immer will man auf gar keinen Fall den Lebeslauf schreiben, dann geht man schön früh ins Bett um mal richtig viel Schlaf zu bekommen.

Mit dieser Vorgehensweise macht man sozusagen die dritt- und viertschlimmsten Dinge, die einem in diesem Augenblick nicht mehr schwerfallen weil sie als Ausrede dienen, die allerschlimmste Aufgabe nicht machen zu müssen.

Irgendwann hat man dann eine neue Aufgabe, die man so gaaaar nicht machen will. Z.B man müsste eigentlich zum Zahnarzt. In diesem Augenblick schreibt man dann den Lebenslauf, was man jetzt gern tut, denn es ist eine Ausrede um nicht zum Zahnarzt zu gehen

Bei mir klappt das Prokrastinieren für Fortgeschrittene ab und zu. Das macht dann wirklich Spass und man kann über sich selbst lachen.

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Fify
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weiblich/female, 30
Beiträge: 391

Beitrag Fr., 06.03.2015, 23:36

Was mir gerade hilft, ist sich über die Folgen des Aufschiebens bewusst zu machen. Das ist nicht einfach, da ich öfters versuche negative Gedanken und Gefühle zu verdrängen.

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Dengue
Helferlein
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Beiträge: 64

Beitrag Fr., 08.05.2015, 14:28

Hallo ihr lieben Aufschieber,

spannend zu sehen, wie viele es richtig ernsthaft betrifft. Ich höre ja oft davon, wie viele das Phänomen kennen, habe aber nie erfahren können, wie schlimm es tatsächlich ist.
Ich habe mir damit mein Leben gegen die Wand gefahren. Ich dachte (übrigens auch), dass ich ein Studium schon hinkriege, obwohl ich nicht mal mehr für die Schule genug Motivation aufbrachte und mir alle und alles einfach nur den Buckel runterrutschen konnten - ich wollte einfach nur meine Ruhe haben.

So langsam fange ich an zu verstehen, wie problematisch meine Verhaltensweisen für mich sind. Ich plane gerade die nächsten Schritte für eine Ausbildung und werde immer wieder damit konfrontiert, dass ich dann ein anderes Maß an Eigenverantwortung, Fleiß und Disziplin brauche. All das ist bei mir nämlich so gut wie gar nicht vorhanden.
Meine Therapeutin meint zu mir, dass ich typisch kindlich reagiere und meinem erwachsenen Teil verweigere, aktiv zu werden.
Ich brauche die sofortige Bedürfnisbefriedigung. Eine Aufgabe, die erst spät ihre Zufriedenheit in mir erfüllt, schmeiße ich schnell in die Ecke oder mache sie erst gar nicht.
Ich habe die Fähigkeit an einer Sache dran zu bleiben - aber nur, wenn ich dabei unter existenzbedrohten Angstgefühlen leide. Und das möchte ich lieber nicht noch mal haben.
Es geht also darum, herauszufinden, wie ich dieses Potenzial aktivieren kann. Ironischerweise lese ich mir all die Tipps hier durch und denke mir "Puuh, wie anstrengend. Da muss ich so bewusst denken und bewusst tun." Das ängstigt mich irgendwie, denn ich habe schon die Erfahrung gemacht, dass mir dieses große Selbstbewusstsein Stress und Spannung verursacht hat.

Meine Therapeutin hat mir mal den Tipp gegeben, mir für den nächsten Tag auf einem Blatt zu notieren, was ich machen will.
Insgesamt fünf Dinge sollten darauf stehen (am ANfang erstmal nur drei, dann wird gesteigert), zwei Drittel sollen dabei eine Aufgabe darstellen, die ich ungern mache, die aber erledigt werden muss (etwa: den blöden Antrag ausfüllen und wegschicken, einen Anruf bei einer Institution tätigen oder einfach nur staubsaugen) und ein Drittel aus für mich angenehmen Tätigkeiten (auf dem Balkon in der Sonne hocken, mir einen schönen Film anschauen, usw.). Mehr auf keinen Fall! Und: Habe ich einer der Aufgaben nicht an diesem Tag erledigt, muss ich sie mir auf die Liste für den folgenden Tag schreiben. Sollte ich also zu viel aufschieben, hätte ich die Konsequenz, irgendwann vor einem riesigen Berg voller unerledigter Aufgaben zu stehen, die meine Lust sie zu erledigen, nur noch weiter sinken lassen.

Es ist eine ziemlich simple Methode mit klaren Folgen. Ich kann es für mich gut überblicken, vielleicht könnte es auch für euch hilfreich sein.

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Miss_Understood
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Beiträge: 3550

Beitrag Fr., 08.05.2015, 22:37

lDengue: das ist ja mal eine super Idee ... ich folge dem thread mal ...
leider auch eine Prokrastiniererin galore ... und ich gaube, es ist bei mir eine Mischung aus Perfektionismus und dem in der website beschriebenen generalistischen Genialen - ich interessiere mich tatsächlich einfach für zuviel - und müsste 150 Jahre alt werden ... hm ... und fange unglaublich gerne Sachen an ... um dann, das mit dem Weitermachen ... noch üben zu wollen. *hust
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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Francesca
Helferlein
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weiblich/female, 45
Beiträge: 60

Beitrag Mi., 13.05.2015, 14:22

Ich wollte meinen Beitrag ändern, habe ihn dann doppelt gepostet und nun diesen Post wieder gelöscht. --- Deshalb nun dieser "Irrlicht"-Post.
Zuletzt geändert von Francesca am Mi., 13.05.2015, 14:26, insgesamt 4-mal geändert.

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Francesca
Helferlein
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weiblich/female, 45
Beiträge: 60

Beitrag Mi., 13.05.2015, 14:24

Ich bin neu hier im Forum und hänge mich nun einfach an diesen bestehenden Thread an, der meine THEMATIK am stärksten ausdrückt.
Bei mir macht sich die Prokastrination nun immer stärker bei der Führung des Haushalts (besonders Benützung der Gemeinschaftswaschküche) bemerkbar. Ich kann mich aber auch nicht aufraffen, mir eine eigene kleine Waschmaschine anzuschaffen, weil ich sowieso eigentlich kaum Platz habe für eine "vernünftige" Waschmaschine in meiner kleinen Wohnung.
Kochen muss ich als Single eigentlich gar nicht, aber nicht einmal das Füllen des Kühlschranks vor einem Sonn- bzw. Feiertag "gelingt" mir mehr.
Vorige Woche hatte ich aber auch in einem extrem wichtigen Bereich (Dokumente für ein Bewerberportal) eine ultimative Grenzerfahrung: Ich war total anti-hysterisch als ich merkte, dass ich nicht alle Dokumente bei mir zu Hause griffbereit hatte, sondern auf anderen Wegen "Nachforschungen" anstellen musste.
Auf mich treffen aber ansonsten kaum Merkmale einer Depression zu. Eine Antriebsschwäche ist es aber trotzdem. Kann mir hier jemand einen Tipp geben, wie ich meine Wäsche wieder in Ordnung kriegen kann. Ich schaffe es v.a. nicht, Kleidung, die ich schon länger nicht mehr tragen will/kann, einfach in einen Sack zu stopfen und abzugeben. (Sollte man aber wohl auch eher in einen Altkleider-Container werfen, oder?)
Für heute habe ich mir vorgenommen, eine Waschmaschine zu machen.


LynnCard
Forums-Gruftie
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weiblich/female, 47
Beiträge: 529

Beitrag Do., 21.05.2015, 16:13

Ich habe für mich festgestellt, dass die Prokrastination bei mir unmittelbares Angstsymptom ist. Wenn ich das auslösende Angstgefühl abbauen kann (worin ich noch nicht so gut bin), verringert sich auch die Prokrastination sowie die anderen Angstsymptome wie z. B. Unkonzentriertheit, Beklemmungsgefühle, Atembeschwerden, Bauchschmerzen, Reizdarm, Rückenschmerzen etc. Das hängt bei mir alles zusammen, denn dann verspanne ich mich und agiere meine verdrängte Angst über den Körper aus, was mich auch in der Leistung blockiert. Aber jetzt merke ich sofort, wenn die Angst sich im Körper breitmacht.
LG Lynn

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Kecksdose
sporadischer Gast
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weiblich/female, 35
Beiträge: 13

Beitrag Do., 14.01.2016, 20:15

Eine Frage! Ich habe soeben dieses Buch bei Amazon entdeckt. Kennt das jemand, hat es gelesen oder kann es empfehlen?

"Mein Leben mit der Prokrastination: Eine autobiographische Analyse"

Wäre nicht schlecht eure Meinung zu hören.

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