shadoww: Sollte ich mich entscheiden, Therapeutin zu werden, empfinde ich es als einen guten Weg, die Thematik offen von Beginn an zu kommunizieren und dem Patienten die Entscheidung zu lassen, ob er mit mir zusammenarbeiten möchte oder nicht. (...) Es wird Patienten geben, die mich damit als Therapeutin ablehnen werden, so wie es auch hier im Forum geschehen ist.
Wenn es genügend Therapieplätze geben würde, so dass Patienten frei zwischen Therapeuten entscheiden könnten, würde ich Dir zustimmen.
Doch ich stelle mir gerade einen Patienten mit einer schweren Depression vor, kurz vorm Selbstmord, der einen Therapeuten mit einem freien Therapieplatz ablehnen muss, weil dieser ihn - aufgrund seiner Ansicht, in der Psychotherapie eigene Ideologien ausleben zu dürfen - , zu sehr triggert.
Ich selber habe, aufgrund einer Jahrzehnte langen nicht erkannten neurologischen Erkrankung, Erfahrung mit 16 Psychotherapeuten machen müssen. Die größten Konflikte mit Psychotherapeuten entstanden dadurch, dass auf dem, wo "Verhaltenstherapie" drauf stand, überwiegend Ideologien drin waren. Dasselbe gilt für die Psychoanalyse. Das waren z.B. Psychotherapeuten, die glaubten ihren Patienten helfen zu können, wenn sie über ihre eigene Traumatisierungen berichten. Oder Psychotherapeuten, die eine Angstkonfrontation außerhalb der psychotherapeutischen Praxis aufgrund eigener ideologischer Ansichten ablehnten. Ich könnte mit Beispielen unendlich fortfahren.
Für einen Patienten bedeutet das, so lange von Psychotherapeut zu Psychotherapeut laufen zu müssen, bis man einen gefunden hat, dessen subjektive Ansichten mit den eigenen übereinstimmen. Der Deckel also auf den Topf passt. Bei dem es "passt". Der Therapeut einen also nicht mit eigenen Traumatisierungen triggert, der Therapeut also bereit ist einen Patienten mit seiner Angst zu konfrontieren, anstatt nur über diese zu reden, ...
Was mich an deiner Einstellung stört ist, dass Du nicht bereit bist auf einen hilfebedürftigen Patienten zuzugehen, sondern sagst, "der kann ja gehen, wenn ihm meine subjektiven Ansichten nicht passen".
Was mich an deiner Einstellung stört ist, dass du nicht bereit bist dich Patienten anzupassen. Wie du selber schreibst gibt es Patienten, die das okay finden und Patienten, die sagen "es triggert mich", "Es ..."
Du würdest also einen Patienten mit einer schweren Depression lieber wieder nach Hause gehen lassen anstatt zu sagen "Bei diesem Patienten ziehe ich dann halt ein langärmiges Shirt an"?
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.