Empathielosigkeit und Hang zur Gewalt - Problem im Umgang mit anderen

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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Evocatio invisum
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Empathielosigkeit und Hang zur Gewalt - Problem im Umgang mit anderen

Beitrag Do., 23.02.2017, 21:52

Guten Tag,
ich wende mich an dieses Forum, um auf diskretem Wege Anregungen zu meiner Problematik zu erhalten.

Bereits seit meiner frühen Kindheit empfinde ich eine starke Andersartigkeit und innere Abgrenzung von meinen Mitmenschen, insbesondere zu Gleichaltrigen oder zu Zufallsbegegnungen im Austausch sowie in der Konfrontation.
Bislang ist es mir gelungen, meine Integrität zu wahren und mich in das Zusammenleben mit meinen Mitmenschen vollständig einzufügen. Mit steigendem Alter fällt es mir jedoch zunehmend schwerer, mich auf die Gefühle meiner Mitmenschen einzulassen und ihre Wertvorstellungen zu teilen - ich fühle mich in meinem Denken unangemessen, gerade ausgegrenzt.
In letzter Zeit passiert es häufiger, dass ich eine große Diskrepanz zwischen den Ansichten meiner Freunde und mir im täglichen Austausch über das Weltgeschehen feststelle; sie berichten mir mit großer Anteilnahme von Unfällen, von Straftaten gegenüber Kindern, von Unglücksfällen und Kriegen, wohingegen ich nicht in der Lage bin, mich auf die Betroffenheit einzulassen. Ich empfinde Fremden gegenüber kein Mitleid, tatsächlich empfinde ich häufig Genugtuung, wenn Menschen gestorben sind oder Kinder gequält wurden, es ist für mich realitätsnah, es erscheint mir gerechtfertigt. Für mich fallen die meisten Verbrechen und schlimmen Unfälle unter den Lauf der Dinge, bei anderen empfinde ich Freude oder Lust, ein Gefühl, das ich zum ersten Mal bereits vor der Pubertät spürte, als ich von einem grausamen Unfall erfuhr und statt betroffen zu sein, Freude und Belustigung empfand.
Mich hat mein Empfinden dahingehend nie belastet, allerdings ist es mir zunehmend unangenehm, wenn ich merke, wie mein Umfeld darauf reagiert. Ich möchte nicht, dass meine Bekannten und Freunde mich für ein "Monster" halten, ich habe Angst, verurteilt zu werden, wenn ich meine tatsächlichen Ansichten offenbare oder verschleiere.

Mir fällt eine besonders treffende Szene während einer Bahnfahrt ein, in der sich ein Kind, das nicht mehr im Verantwortungsbereich der Eltern war und von diesen keinerlei Anleitung erfuhr, im Zug austobte. Es sprang mit dreckigen Füßen auf die Sitze, spuckte sein Essen herum, schrie, versuchte, andere Fahrgäste in sein Spiel einzubinden. Während der Großteil der Fahrgäste sich über das Kind freute, störte ich mich mehr und mehr daran, ich empfand es als unhöflich, unkontrolliert, als eine Störung. Irgendwann nahm das Kind zu mir Kontakt auf und ich wies es darauf hin, nervig und unerzogen zu sein, woraufhin es schluchzte - anstatt betroffen zu sein, empfand ich Freude.
Normalerweise vermeide ich solche Situationen, weil ich weiß, dass sie gesellschaftlich verpönt sind, innerlich sehne ich mich allerdings danach, mich ausleben zu können und meine Sichtweisen teilen zu können, so angenommen zu werden, wie ich bin.

Es gibt lediglich eine Person, mit der ich meine Gedanken teile - diese ist ein guter, langjähriger Freund, wir haben uns einander allerdings erst nach einiger Zeit des Kennens offenbart und stehen seitdem in täglichem Kontakt - der einzige Kontakt, den ich als ehrlich und befriedigend empfinde. Diese Person teilt sowohl meine Gedanken bezüglich der meisten Menschen als auch einen Großteil meiner sexuellen Vorstellungen, die ich bislang niemand anderem mitgeteilt habe. Der einzige wesentlich Unterschied liegt darin, dass ich mich als weitestgehend heterosexuell und eher an Älteren interessiert wahrnehme, während jener Freund pädophil/pädosadistisch ist. Ich leide darunter, diese Freundschaft wie auch die meisten Inhalte meiner Gedanken verschleiern zu müssen, ebenso, wie ich es schade finde, mit den meisten meiner Freunde, für deren Ansichten ich größtes Verständnis habe, keine Kongruenz zu erreichen.

Ich habe mich bereits in einer einjährigen Therapie gefunden, die mir jedoch keinerlei Mehrwert für meinen Alltag gebracht hat, da wir gemeinsam zu dem Schluss gekommen sind, dass meine Moralvorstellungen, Emotionen und mein Erleben der Umwelt maßgeblich von dem anderer divergieren und als "gestört" zu betrachten sind. Damit stimme ich überein, nichtsdestotrotz möchte ich meinen Alltag für mich und meine Mitmenschen erträglicher und vor allem offener gestalten können. Ich wünsche mir, so akzeptiert zu werden wie ich bin, ohne verurteilt zu werden.

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FirstLady
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Beitrag Fr., 24.02.2017, 11:08

Guten Morgen, Evocatio invisum,

ich habe Deinen Beitrag gestern Abend gründlich durchgelesen und werde Dir auch später antworten.

FL

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FirstLady
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Beitrag Fr., 24.02.2017, 19:42

.....................hatte einen langen Antwort geschrieben, und erst jetzt gelesen, daß der TE schon in einem Anderen Thread geantwortet hatte. Deswegen passte mein Beitag nicht mehr.

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Evocatio invisum
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Beitrag Fr., 24.02.2017, 20:04

FirstLady hat geschrieben:In diesen Zeilen habe ich mich 100% wiedergefunden. Bei mir gibt es dafür aber auch konkrete Gründe, da meine Kindheit tatsächlich sehr anders gelaufen ist, wie bei Anderen, die aus demselben Kulturkreis stammen. Wie war es denn bei Dir?
Meine Kindheit verlief gewöhnlich. Ich komme aus einer Familie, in der die Mutter Akademikerin ist, der Vater Arbeiter, ich habe zwei Schulwechsel hinter mir, einen auf ein anderes, besseres Gymnasium, einen auf ein Internat, auf dem ich das Abitur abgeschlossen habe. Ein paar meiner Freunde habe ich noch aus Schulzeiten, andere während des Studiums oder meiner Freizeitbeschäftigungen kennengelernt. Probleme damit, meine normalen Interessen (Literatur, Theater, Diskussionen, Spaziergänge mit dem Hund) mitzuteilen, habe ich keine. Ich bin kein geselliger Mensch, aber auch nicht einsam und wurde von anderen nicht in einem ungewöhnlich Maß ausgegrenzt. Ausgrenzung und Ablehnung erfolgte nur selten von meinem Bekanntenkreis, sondern in meiner Kindheit eher von Eltern, die nicht wollen, dass ein Kind mit meinen Ansichten mit ihren Kindern spielt. Ich habe mich damals schon gefreut, wenn es ein Unglück gab, ich habe Mitschüler gegeneinander aufgehetzt, Schlägereien provoziert, Dinge geäußert, die unangemessen sind. In meiner Jugend habe ich gelernt, mich anzupassen und Dinge mit Konfliktpotenzial für mich zu behalten. Es gab immer wieder Versuche, mich Freunden zu öffnen, aber da das nur auf starke Verunsicherung stieß, habe ich das als Scherz meinerseits abgetan und mich verstellt. Ab da war ich - bis jetzt - stets sozial integriert.
FirstLady hat geschrieben:Bis zu diesem Punkt klingt das Alles (zumindest) für mich ziemlich normal an. Bei mir hängt es eher daran, daß ich nur schwer meine Gefühle und Betroffenheit offen zeigen kann - vor allem vor anderen Menschen. Es ist mir auch schon passiert, daß ich einen Lachanfall bekommen habe, während mir jemand Details von einem Todesfall erzählt hatte. Es heißt aber keineswegs, daß ich keine Betroffenheit spüre.
Ich empfinde keine Betroffenheit. Ich empfinde Lust, Freude, Erheiterung. Andere freuen sich über, wenn ein Fußballspiel gewonnen wird, ich freue mich, wenn ein Flugzeug abstürzt. Das klingt makaber, ist allerdings bereits seit ich mich erinnern kann so.
FirstLady hat geschrieben:Das hast Du hier vermutlich geschrieben, um eine Bestätigung zu bekommen, daß du zumindest psychopathische Anteile in deiner Persönlichkeit hast? Vielleicht waren es auch die Hauptgründe, warum Du eine Therapie angefangen hattest.(?)
Ich sehe keine psychopathischen Anteile in meiner Persönlichkeit. Ich empfinde mich als stark von der Norm abweichend und weiß, dass ich offenbar starke sadistische Neigungen habe, aber ich habe eine sehr gute Impulskontrolle, keine Wutausbrüche, kein übersteigertes Selbstwertgefühl oder eine innere Ablehnung, ich fühle mich nicht rastlos, ich bin nicht interessenlos.
FirstLady hat geschrieben:Ist es Dir wirklich unangenehm, oder könnte es auch sein, daß du die Reaktionen von deinem Umfeld auch insgeheim erwartest?
Natürlich erwarte ich sie, welcher normale Mensch reagiert auf so etwas schon verständnisvoll oder zustimmend? Dennoch sind mir die Reaktionen unangenehm, weil ich nicht wegen einer Empfindung, die ich schon immer habe, verurteilt werden möchte. Ich denke, jeder verspürt den Wunsch danach, gesehen und angenommen zu werden, vielleicht noch mehr den Wunsch nach Selbstverwirklichung, zu dem gehört, dass man seine Bedürfnisse nach außen tragen kann - egal, welcher Natur diese sind. Ich empfinde (emotional, begrenzt auch rational) meine Neigung oder andere Neigungen nicht als verurteilenswert, während andere völlig akzeptabel sein dürfen.
FirstLady hat geschrieben:Dein Freund ist also homosexuell? und bist Du zu schon zu alt für deinen Freund?
Nein, er ist nicht an Erwachsenen interessiert. Ich bin wiederum nicht an Kindern interessiert, jedenfalls nicht auf irgendeine erotische Art, meine erotische, zärtliche Zuneigung gilt intelligenten Erwachsenen, häufig ist diese heterosexuell motiviert. Ich stehe auch nicht auf meinen Freund.

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Beitrag Fr., 24.02.2017, 20:57

Mein Problem ist, dass ich mich in meinem Freundeskreis nicht immer verstellen will, dass ich nicht ständig den Deckel draufhalten möchte und mich in meinen Äußerungen mäßigen möchte, um keinen enormen Gegenwind heraufzubeschwören. Ich bin ein linksorientierter Mensch, ich habe meinen Konsum bei Nahrung und Kleidung stets im Auge, ich lege viel Wert auf Höflichkeit und gute Umgangsformen (und störe mich sehr an der Missachtung dieser), aber ich erfreue mich, was ich bislang unter Verschluss halte, in meiner Freizeit an Artikeln über echte Fälle von Misshandlung, Missbrauch, Folter, Krieg und Unfällen, interessiere mich für sexuell sadistische Inhalte und sehe daran emotional und in einigen Teilen rational nichts Verwerfliches - ich kann nicht angemessen und gleichzeitig ehrlich darauf reagieren, wenn meine Freunde dies bedauern, während ich mir wünsche, es gäbe mehr davon und ich könnte detaillierter teilhaben.
Kritik gern, Ablehnung und Verurteilung nicht - nur wer kann noch rational und offen reagieren, wenn er damit konfrontiert wird, dass ein guter Freund keine Bedenken hat, wenn Frauen und Kinder gefoltert werden, wenn Menschen sterben, wenn es Terror gibt; der Gewaltfantasien Menschen gegenüber hat, die ihn nerven und diese gern mitteilen würde, wo andere nur sagen "Kann der Idiot sich nicht mal wegsetzen"?
Einige Diskussionen sind bereits gescheitert und entweder in Vorwürfen oder in einer irrtierten, aber dennoch lockeren "Du meinst das eh nicht ernst"-Stimmung" auseinandergegangen..
Meine Freunde sind sehr nette, empathische und weltoffene Menschen, die meisten sind sozial engagiert, politisch interessiert, gebildet - ich schätze jeden Einzelnen von ihnen, doch fühle ich mir nur meinem besten Freund sehr nah und bedauere, mich ansonsten verstecken zu müssen. Mich interessiert, ob es einen Weg gibt, mich zu offenbaren, ohne völlige Ausgrenzung fürchten zu müssen..?

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candle.
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Beitrag Fr., 24.02.2017, 21:03

Hallo!

Also für mich paßt da irgendwie was nicht zusammen. Du leidest, wenn man dich nicht annimmt und du leidest nicht, wenn was weiß ich was gequält wird?

VG candle
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Beitrag Fr., 24.02.2017, 21:14

Hallo Candle,

weswegen passt das für dich nicht zusammen? Ich leide natürlich, wenn mich etwas unmittelbar negativ betrifft, mich hindert, mir schadet, mich einengt oder mich anders belastet - mit anderen, mit Fremden empfinde ich kein generelles Mitgefühl, ich empfinde Abneigung den meisten Fremden gegenüber, deswegen ist mir ihr Schicksal meist egal oder es freut mich.

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candle.
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Beitrag Fr., 24.02.2017, 21:57

Naja, du wolltest uns doch erklären, dass du sowas ähnliches wie ein Soziopath bist oder täusche ich mich?

Warum ist die Therapie gescheitert?

candle
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Beitrag Fr., 24.02.2017, 22:13

Ich habe weiter oben schon darauf geantwortet, dass ich keine psychopathischen (und soziopathischen) Tendenzen bei mir sehe - ebenso wie mein Therapeut, das war kurzzeitig Gegenstand der Gespräche. Nur, weil ich seit ich mich erinnern kann andere emotionale Reaktionen auf solche Themen habe, habe ich keine dissoziale Persönlichkeitsstörung und will das auch auch niemandem "erklären" - also ja, du täuschst dich.

Weil sich an meinen Empfindungen nichts ändert, dafür keine Ursache (und damit keine Behandlung) gefunden werden konnte und mir mein Therapeut nicht weiterhelfen konnte, wie ich mein Problem, zu Freunden ehrlich zu sein, aber sie nicht zu verschrecken, lösen kann - sein Ansatz war, eben nicht offen zu sein und mich stattdessen mit ihm auszutauschen und mir näherzubringen, wie die Dinge, die ich gutheiße, für die Betroffenen sind.
Tatsächlich weiß ich - wie jeder intelligente Mensch - dass das für die Betroffenen schlimm ist, aber es stört mich nicht, es löst in mir kein Mitleid aus, sondern nur Egalität oder Belustigung. Schon immer. Ich kann das nicht ändern, deswegen würde ich gern so angenommen werden wie ich bin und einen Weg finden, das in meinen Alltag zu integrieren. Ich denke, dass die meisten Probleme von "Menschen wie mir" daraus resultieren, dass sie immer wieder auf Ablehnung stoßen und ausgegrenzt werden, dann suchen sie sich - wie jeder Mensch, weil jedem ein Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit, nach Identifikation und Selbstverwirklichung / "Glück" innewohnt - Gleichgesinnte, schotten sich ab, werden extremer und werden, je nach Charakter, vielleicht irgendwann Täter. Das finde ich sehr, sehr bedauerlich. Ich möchte kein Teil einer Randgruppe sein, sondern ein (meinetwegen krudes) Mitglied der Gesellschaft, akezeptiert mit seinen Ecken und Kanten.

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Ayla
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Beitrag Fr., 24.02.2017, 22:29

Evocatio invisum hat geschrieben:Ich habe mich bereits in einer einjährigen Therapie gefunden, die mir jedoch keinerlei Mehrwert für meinen Alltag gebracht hat, da wir gemeinsam zu dem Schluss gekommen sind, dass meine Moralvorstellungen, Emotionen und mein Erleben der Umwelt maßgeblich von dem anderer divergieren und als "gestört" zu betrachten sind. Damit stimme ich überein, nichtsdestotrotz möchte ich meinen Alltag für mich und meine Mitmenschen erträglicher und vor allem offener gestalten können. Ich wünsche mir, so akzeptiert zu werden wie ich bin, ohne verurteilt zu werden.
Deinen Wunsch kann ich nachvollziehen, nichtsdestotrotz ist er in deinem Fall utopisch und das weißt du.


Auf der Beziehungsebene könnte ich mir aber vorstellen, dass du eine Sub findest, bei der du im Alltag dann auch den Ton angeben kannst. Die Frage die sich da stellt, bist du ein Dom?
Möchtegerndoms die wild durch die Gegend springen und BDSM mit hirnlos verprügeln und co verwechseln sind wohl eher nicht gefragt.

Ich kenne mich nur am Rande mit dem Thema aus, ist nicht meines. Hast du dich in der Richtung denn schon mal informiert'?
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Beitrag Fr., 24.02.2017, 22:37

Hallo Ayla,

leider finde ich BDSM sehr banal und kann damit absolut nichts anfangen. Ich finde Menschen, die sich mir unterwerfen, abstoßend. Menschen, die mir nahestehen, möchte ich in jeder Hinsicht auf Augenhöhe behandeln, Menschen, die ich verabscheue, nicht in einer für sie angenehmen Weise degradieren - ich möchte, dass sie leiden, dass es ihnen effektiv und langfristig schlecht geht. Das ist in einer guten Dom-Sub-Beziehung unangebracht, deshalb schließe ich das für mich völlig aus.
Sexuell attraktiv sind für mich sowohl Szenen, in denen Menschen, die ich körperlich attraktiv finde, die mich aber ansonsten nicht interessieren, gequält werden, davon abgesehen stehe ich beim tatsächlichen Akt auf kluge, reife, gefestigte Menschen. Ich konsumiere nur Gewaltpornos (und finde sie selten erregend, weil sie zu langweilig sind oder zu gestellt wirken), habe in der Realität allerdings ein ganz gewöhnliches Sexleben. Austausch über diese Fantasien gibt es jedoch mit meinen Sexpartnern nicht, nur mit besagtem besten Freund tausche ich oft erotische Fantasien in alle Richtungen aus und bin auch für seine offen, obwohl ich mich primär für Erwachsene interessiere. Das gibt mir mehr als Gerede über Kuschelsex oder BDSM-Fantasien (nicht, dass ich was gegen BDSM habe, es sagt mir nur nicht zu, vielleicht, weil es einerseits gestellt und andererseits einvernehmlich ist).

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candle.
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Beitrag Fr., 24.02.2017, 22:50

Evocatio invisum hat geschrieben:- also ja, du täuschst dich.
Nein, ich habe mich in meiner Annahme nicht getäuscht, aber in deinen Erklärungen soweit nicht.

Und was steht nun für eine Diagnose im Raum?
Tatsächlich weiß ich - wie jeder intelligente Mensch - dass das für die Betroffenen schlimm ist, aber es stört mich nicht, es löst in mir kein Mitleid aus, sondern nur Egalität oder Belustigung. Schon immer.
Nun meine ich, dass das nicht so das Problem ist, weil du ja eigentlich was anderes willst.
Mir fällt nur auf: Da bist du wahnsinnig einseitig. Es gibt doch noch mehr, was nicht mit so düsteren Ansichten zu tun hat. So könnte man dich sicher leichter annehmen, wenn da mehr wäre als das.

Wenn du die eine Seite in dir nicht ändern kannst, vielleicht kannst du eine andere zusätzlich aufbauen?

candle
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Ayla
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Beitrag Fr., 24.02.2017, 22:58

Für mich ist es alles andere als banal und die Unterwerfung - die Hingabe bedeutet Vertrauen.
Also du bist kein Dom.

Findest du keine Gleichgesinnten im Internet?
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Beitrag Fr., 24.02.2017, 23:01

Gar keine. Es ging in der Therapie nicht um eine Diagnose, sondern darum, einen Lebensweg zu finden bzw. abzuklären, ob es eine "Ursache" für mein Empfinden gibt, beispielsweise ein Trauma. Als das ausgeschlossen wurde, haben wir nur darüber gesprochen, inwieweit ich mich von anderen unterscheide, wie ich daran arbeiten kann, meine Freundschaften zu erhalten, ob ich ein Fremdgefährdungspotenzial aufweise.. eine Diagnose war nie wichtig.

Natürlich gibt es mehr als das. Kultur, Literatur, Politik, wissenschaftliche Themen, Alltag. Ich bin ein vielseitiger Mensch, ein Mensch, der von anderen, wenn er nicht gerade schmunzeln muss und sich auf die Lippe beißt, wenn es um Missbrauch geht, als sehr offen, freundlich, weltgewandt und zuvorkommend wahrgenommen wird.
Aber ich fühle mich ungesehen. Ich möchte, so wie Freunde mir ehrlich sagen, wenn sie etwas in der Politik nervt oder sie bestimmte Aspekte des Genderings überflüssig finden, ansprechen können, dass ich mich freue, dass endlich ein paar Menschen gestorben sind. Das klingt natürlich schockierend, aber es ist mein Empfinden. So bin ich.

Ich freue mich, wenn ich endlich mal offen mit meinem besten Freund reden kann, weil er versteht, was in mir vorgeht und mich nicht ablehnt. Es ist schön, Gefühle und Fantasien zu teilen, dennoch fände ich es nicht gut, wenn ich mich nur noch mit anderen Gestörten unterhalte, weil dadurch die Hemmschwelle sinkt und moralische Grenzen aufweichen und in Betracht ziehe, dann doch irgendwann mal "etwas" zu tun.
Ich schätze es sehr, über meine "Andersartigkeit" reden zu können, aber ich will dennoch weiterhin Teil einer gesunden Gesellschaft sein und nicht nur, weil ich bin, wie ich bin, abgeschoben werden.

Das ist womöglich wie vor 30, 40 Jahren bei einem Homosexuellen.. er ist kultiviert, charmant, liebevoll, witzig, sympathisch und wird dafür sehr gemocht, aber seine Homosexualität und damit einen großen Teil von sich muss er verstecken, weil dieser geächtet wird. Das will ich nicht. Ich will, dass meine Ader akzeptiert wird. Nicht gemocht, aber auch nicht gehasst. Ich finde, das verdienen alle, auch mein sadistischer, an Kindern interessierter Freund. Das sucht man sich nicht aus, aber man kann dennoch ein schätzenswerter Mensch sein. Mit allem, was einen ausgemacht.

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Beitrag Fr., 24.02.2017, 23:05

Ayla hat geschrieben:Für mich ist es alles andere als banal und die Unterwerfung - die Hingabe bedeutet Vertrauen.
Also du bist kein Dom.

Findest du keine Gleichgesinnten im Internet?
Ich glaube dir, dass das für dich nicht banal ist. Meine Empfindung gilt nicht stellvertretend für alle anderen. Für andere kann das sehr erfüllend sein, nur für mich ist es das nicht.

Sicher, nur welches Risiko birgt es, wenn ich mich immer mehr auf diese Welt einlasse, meine moralischen Grenzen aufweichen lasse, wenn ich mich immer mehr damit identifiziere, immer mehr Gewalt konsumiere? Natürlich sehne ich mich _auch_ danach, Gleichgesinnte zu treffen, aber das birgt das Risiko, sich abzuschotten und diese Gewalt zu kultivieren. Ich bin bereits innerlich sehr extrem, was meine Vorstellungen angeht. Ich denke, ich brauche keine Anstachelung, ich möchte lieber als Teil meines Umfeldes akzeptiert werden, auch, wenn ich sehr darin aufgehe, detailliert über eine Fantasien, das, was mich erfreut und erregt, schreiben zu können, Videos zu sehen..

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