Gefühl der hellen/dunklen Seite in mir

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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Chancen
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Beitrag So., 07.06.2015, 09:55

Teil 2

Ich habe mich als Kind nie irgendwie ängstlich, allein gelassen, beeinflusst oder gar traumatisiert gefühlt. Ich war stets ein glückliches und frohes Kind. Ich hatte nie das Gefühl, daß mit mir irgendetwas nicht stinmmt. sprich, ich habe mich auch immer wohl gefühlt.
Ein Kind, das seine Mutter weinen, leiden sieht und mitkriegt, dass sie geschlagen wird und sich nicht helfen kann (und ein Kind, das einen Hass gegen ihren Peiniger entwickelt muss das mitgekriegt haben) - so ein Kind muss sich irgendwie ängstlich gefühlt haben und hilflos.
Es hat ja nicht wissen können, ob der Gewalttäter seine Mutter umbringt oder ob sich die Mutter selbst umbringt und somit wäre es alleine gewesen, bzw. hätte seine Mutter verloren. Und wenn das nicht Angst und Sorge hervorruft...

Frag mal deinen Vater als Erziehungswissenschaftler, der müsste das wissen.

Und frag deine Mutter, wie das damals war mit diesem A-Freund.
Frag nach, warum sie sich nicht trennen konnte und frag nach, wie ihr als Kinder mit der Situation umgegangen seid.

Ich kenne einige Geschichten (leider) bei denen ein Kind voll verdrängt hat, dass es selbst auch geschlagen oder sogar vergewaltigt wurde. Die Kinder wissen zwar noch vom Leid, dass ihre Mütter oder Geschwister erfahren haben, aber ihr eigenes Leid können sie nicht erinnern.

Ich denke an eine bestimmte Frau, deren Schwester vom Stiefvater vergewaltigt wurde. Sie selbst war immer der Meinung, bloß die Schwester sei vergewaltigt worden. Auf Nachfragen hin hat man ihr bestätigt, dass sie selbst ebenfalls missbraucht wurde. Sie hatte jedoch keine Erinnerung daran.

Aber zurück zu dir:

Dass sich bei dir das Interesse und die Leidenschaft für psychisch instabile Frauen gebildet hat, ist mit Sicherheit kein Zufall.

Diese Frauen haben dich nicht traumatisiert, sondern re-traumatisiert.
Ich möchte allerdings betonen, daß ich kein Helfer-Syndrom habe. Solche Leute zeichnen sich ja dadurch aus, daß sie sich erst dann gut fühlen, bzw gut fühlen können, wenn sie jemand anderem ihre Hilfe aufgedrängt haben bzw die Anerkennung, den Dank usw erfahren haben. So bin ich nicht.
Aber wie war das mit deiner Ex-Freundin? Wolltest du nicht für sie da sein und ihr ALLES geben, damit sie dich endlich anerkennt, dir dankt und dich liebt und dir Zuneigung schenkt?
Hast du nicht bemerkt, dass sie psychische Probleme hat, wolltest aber alles dafür tun, dass es ihr besser geht.

Alles Festklammern an einen Menschen, den man sich freiwillig aussucht, dem es nicht gut geht und dem man beistehen will um dann am Ende was dafür zu bekommen (sei es Liebe, Zuneigung, Anerkennung, Dankbarkeit, Wertschätzung), sodass man sich selbst dabei verliert und vernachlässigt und nur noch der Andere zählt...
Bei fremden Menschen, oder Menschen, zu denen ich eine oberflächliche Beziehung habe, wie Klassenkameraden, Arbeitskollegen, Nachbarn etc, regt sich einfach nichts.
Sie können weinen und es passiert nichts in mir. Im Gegenteil, es gefällt mir sogar und ich sehe gerne zu.
Ich denke, dass das auch ein Zeichen ist, dass du das gesehene Leid abgespalten hast und dich irgendwie emotional gerettet hast, als Kind. Und jetzt findest du solche Szenen auf irgendwie kranke weise "gut".
Das ist auch ein ziemlich klassisches Phänomen, von Kindern, die Schreckliches sehen mussten.
Mir fällt auf, daß ich mich im Moment wahrscheinlich garnicht trauen würde zu fragen, warum sich meine Eltern haben scheiden lassen. Ich hätte Angst, die ganze Zeit belogen worden zu sein, bzw ich hätte Angst hinter die Fassade schauen zu müssen und meine Mutter bzw Vater (je nachdem, wer "verantwortlich" war) mit anderen Augen sehen zu müssen.
Ich denke, dass es deine Vergangenheit erhellen könnte, dennoch nachzufragen.

Vielleicht war deine Mutter auch schon "schwierig" mit deinem Vater. Und dein Vater (mit gesundem Selbstwert) hat das nicht mehr ausgehalten und hat sich von ihr getrennt, so wie es eben normal ist, wenn man ein gesundes Selbstwertgefühl hat und mit einer Person zusammen ist, die destruktiv handelt.

Ich denke, du müsstest nun sowieso anfangen, deine Mutter (in der Kindheit) mit anderen Augen zu sehen. Als nämlich zumindest teilweise psychisch instabile Frau, die es zugelassen hat, dass man ihr Leid und Gewalt angetan hat.

Ich würde auch sie um einige Antworten bitten und genau nachfragen, wie es damals war.

Ich denke, die Chance ist groß, dass du Zugang zu deinen Gefühlen finden kannst und dein eigenes destruktives Muster (Vorliebe für kranke Frauen) durchbrechen. Ansonsten sieht's für deine Beziehungs-Zukunft auch düster aus, weil du dein Leid reinszenierst, bis du Zugang zu deinem erlebten Leid findest und es somit anerkennen und ablegen kannst.

Als Lektüretipp gebe ich dir mit: Alice Miller - Drama des begabten Kindes

Chancen

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voodoochild
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Beitrag So., 07.06.2015, 10:49

Hallo Chancen!

So wie es aussieht liegt der Grundstein für meinen jetzigen Zustand wohl in der Kindheit, oder?
Die Voraussetzungen um so zu werden, wie ich jetzt bin, waren im Prinzip seit der Kindheit und den Erlebnissen da aber die 2 Ex-Freundinnen haben diesen Zustand in mir dann wohl erst ausgelöst.

Ich kann mich an keine Gewalt gegen mich oder meinen Bruder erinnern, so fest ich drüber nachdenke, mir fällt dazu nichts ein.

Das mit dem Helfer-Syndrom trifft vielleicht auf die Situation mit Frauen zu, außerhalb davon bin ich aber nicht so.
Dieses Phänomen, mich aufopfern zu müssen und meine ganze körperliche und mentale Energie irgendwo reinstecken zu müssen ist nur bei den beiden Ex-Freundinnen so gewesen, niemals sonst anderswo.

Denkst du, ich sollte mal mit einem Psychiater reden?

Gruß

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Chancen
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Beitrag So., 07.06.2015, 11:15

Hey Voodoochild!

Der Grundstein dafür, dass du man sich zu psychisch labilen Frauen hingezogen fühlst und durch die Trennung von einer solchen so dermaßen schwer erschüttert wird, liegt definitiv an einem mangelndem aufrichtigem Selbstwertgefühl.

Und der Grundstein für ein mangelndes aufrichtiges Selbstwertgefühl liegt immer irgendwo in der Kindheit begraben.

Dabei muss ich allerdings sagen, dass die allerwenigsten Menschen über ein so aufrichtig gutes Selbstwertgefühl verfügen, weil fast jeder Mensch, den ich bisher kennengelernt habe, Selbstwertprobleme hat, die er irgendwie wegzudrängen oder zu kompensieren versucht.

Fast jeder von uns hat in der Kindheit Erlebnisse gehabt, die man lieber verdrängen will. Der eine wurde eingeschüchtert, der andere geschlagen, der andere vernachlässigt, der eine mit Druck und "Liebe" überhäuft, der andere missverstanden, der andere emotional als Partnerersatz missbraucht, der andere einfach nicht gesehen.

Was die meisten von uns eint, ist die Bagetellisierung unseres Leidenserfahrungen in der Kindheit. "Das kann doch nicht so schlimm gewesen sein. Ich war doch ein glückliches Kind", ist ein Satz, den ich schon 1000x gehört habe und der sich als ultimative Verdrängung erweist, wenn man genau nachforscht.

Die Konfrontation mit dem eigenen Leiden, die Anerkennung des Leidens und das Wahrnehmen hilft uns, damit klarzukommen und es als Erlebnis ins Leben zu integrieren und dann besser mit sich zurechtzukommen.

Mehr dazu in dem von mir empfohlenen Buch "Drama des begabten Kindes".
Auch alle Bücher von Arno Gruen sind sehr hilfreich, um diesen Mechanismus zu verstehen.

Ich habe bisher erst sehr wenig Menschen getroffen, die aus ihrem Elternhaus ein wirklich gutes Fundament mitbekommen haben, und die sich zu einem freien, glücklichen Menschen entwickeln konnten. Diese Menschen zeichnen sich durch ihre liebevolle und herzliche Art aus, sie haben keine Angst und keine Destruktivität an sich. Sie stellen sich ihren Problemen und verzweifeln nicht daran. Sie sind nicht anfällig für Depression oder Machtspielchen oder destruktive Verstrickungen, sondern suchen für sich und ihre Lieben das Gute im Leben.

Wie gesagt, ich habe erst wenige solche Menschen treffen können. Aber immerhin einige. Und genug, um den Unterschied deutlich wahrnehmen zu können.

So wie dir geht es also den allermeisten Menschen, auch wenn sich die Auswirkungen immer anders zeigen.
Auch deine Ex-Freundin wird Erfahrungen gemacht haben, in der Kindheit, die sie so labil werden haben lassen. Genauso wie deine Mutter, die wohl irgendwo schlimme Erfahrungen machen musste, damit sie sowas mit sich machen ließ und sich an einer Stelle sogar mal das Leben zu nehmen drohte.

Weißt du etwas über die Kindheit deiner Mutter. Wie ist das Verhältnis zu ihren Eltern?


Du fragst, ob du mit einem Psychiater sprechen sollst.

Psychiater wohl eher nicht. Psychiater sind Mediziner. Die können Medikamente verschreiben, machen aber in der Regel keine Psychotherapie (mit Gesprächen). Natürlich gibt es Psychiater, die auch Psychotherapeuten sind. Aber in der Regel geht man zum Psychiater, wenn man Medikamente nehmen will.

Und das brauchst du, denke ich, nicht.

Wenn du magst, kannst du dir einen Psychotherapeuten suchen (hat eine Psychotherapieausbildung und hat in der Regel Psychologie studiert, darf keine Medikamente verschreiben), und mit ihm mal ein bisschen auf Nachforschung gehen. Besonders auch, um deine Ex-Freundin loslassen zu können (endgültig) und dich freizumachen für neue, gute Beziehungen, vielleicht mit einer liebevollen Frau, die auch tatsächlich Liebe zu geben hat.

Das wäre sicher eine gute Möglichkeit, dir etwas Gutes zu tun.

Falls dir das aber zu krass ist, dann empfehle ich dir, mal in die von mir vorgeschlagenen Bücher reinzulesen und ein bisschen nachzufragen, bei deinen Eltern.

Da kann sich schon so einiges lösen, wenn du dir klar machst, was da schief gelaufen ist.

Mit therapeutischer Unterstützung ist das natürlich alles einfacher und man bleibt fokussiert dabei. Außerdem hat man Leitung, Halt und eine Art Freundschaftsbeziehung, die einen einfach dabei unterstützt.

Wichtig ist, dass dir der Therapeut/die Therapeutin sympathisch ist und du ein gutes Gefühl hast.

Du solltest dich nicht unter Druck gesetzt fühlen oder unverstanden etc. Sondern es ist absolut das Allerwichtigste, dass die Sympathie und das Vertrauen stimmt.

Ansonsten unbedingt einen anderen Therapeuten suchen. Solange, bis es passt.
Da kann man schon mal mehrere ausprobieren, bis es passt.

Chancen

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voodoochild
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Beitrag So., 07.06.2015, 14:49

Hallo Chancen!

Dann danke für die vielen Ratschläge! Ich werde dann eventuell einen Therapeuten aufsuchen.

Was würdest du jetzt summa sumarum vermuten? Daß ich ein Kindheitstrauma hatte und sich mein Verhalten davon ableitet?

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Chancen
Forums-Gruftie
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Beiträge: 674

Beitrag So., 07.06.2015, 15:30

Hallo!

Also summa sumarum würde ich nicht sagen, dass du ein einziges Kindheitstrauma erlebt hast, das nun all deine Probleme erklärt, sondern vielmehr dass du unter den damaligen schwierigen Bedingungen (Mutter, A-Freund) in deiner Kindheit nicht das große Glück hattest, ein gesundes wirkliches Selbst aufbauen zu können. Sowas merkt man die längste Zeit nicht (Selbstschutz) es holt einen dann jedoch ein und führt im Erwachsenenleben zu Problemen, die ihren Anfang meist mit einer Situation nehmen, die das in einem berührt, was einst so verletzt wurde.

Die allermeisten hier im Forum haben das durch, und auch die allermeisten Menschen in der Welt da draußen. Die wenigsten Menschen möchten sich allerdings damit auseinandersetzen und deshalb laufen auch soviele draußen rum, die lieber weiterhin depressiv oder gewalttätig sind, ohne zu wissen warum, oder die sich in destruktive Beziehungen stürzen, in denen sie immer wieder verletzt werden, oder sie sich selbst verletzen, Drogen nehmen, arbeits- oder spielsüchtig bleiben, anstatt ihre eigene Kindheitsgeschichte aufzuarbeiten und sich den Gefühlen zu stellen, die sie ihr ganzes Leben lang weggespalten oder "vergessen" haben.

Chancen

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voodoochild
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Beiträge: 10

Beitrag So., 07.06.2015, 19:33

Hallo Chancen!

Ich werde die nächste Zeit einfach mal tief in mich gehen und versuchen meine Vergangenheit so ein bißchen durchzuarbeiten.

Zu einem Psychotherapeuten kann ich ja immernoch gehen, wenn es alles nix hilft.

Danke für die ganzen Tipps und Ratschläge!

Gruß

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Sarana
[nicht mehr wegzudenken]
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Beiträge: 1017

Beitrag Mi., 09.09.2015, 14:35

Hallo voodoochild,

wenn ich mich mal so einklinken darf und du überhaupt noch da bist: Mich würd interessieren, wie deine Lage inzwischen ist? Hast du inzwischen etwas an deinen Gefühlen ändern können, beziehungsweise diese zumindest stückweise wiedergefunden?

Lieben Gruß,
Sarana
"Not doing life today. Love to. But can't."
Hoffentlich: "I think I'm at a stage of my life where I subconsciously purposefully f.uck everything up just to see if I can find a way out of it."
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