Sind das Zwänge?

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Phobien, Zwängen, Panikattacken und verwandten Beschwerden.
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jumbo125
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Sind das Zwänge?

Beitrag Fr., 05.01.2018, 19:21

Sehr geehrte MitgliederInnen

Ich selbst leide schon seit meiner Jugend an Zwangsgedanken/Handlungen. Diese haben sich auf das berühren und zählen manifestiert. Seit ca. 2 Jahren bin ich in Behandlung. Lange hat es gedauert, bis ich diesen ersten Schritt gewagt habe. Lange sah ich meine Handlungen(vorallem zu Begin) großteils als sinnvoll und erst mit der Zeit, empfand ich gewisse Handlungen als "meinen Vogel". Lange Zeit hat es gedauert, bis ich aus eigener Überzeugung professionelle Hilfe aufgesucht habe.

Nun hat sich was in meinem Leben geändert.

Ich lernte meine Partnerin kennen und mit ihr ein paar Eigenheiten, welche mich doch an gewisse Zwangshandlungen erinnern.... aber ist es auch ein Zwang, oder unterstelle ich ihr etwas?

Bei Ihr handelt es sich um Reinlichkeit. Vorallem zu Hause.
Jedoch dürfen auch Taschen oder andere Gegenstände nicht mit dem Boden/Straße in Kontakt kommen, da dort Schmutz ist... Welcher in die Wohnung, ins Auto oder auf die Kleidung kommt, wenn man sie trägt oder abstellt.

Nach jedem verlassen der Wohnung muss man sich erneut waschen/duschen, wenn man diese wieder betritt. Auch wenn ich nur 5min unterwegs bin und mir ein paar Lebensmittel kaufe.

Es gibt eine strickte Trennung zwischen Kleidung zu hause und Kleidung drinnen. Berührt man gegenstände oder Kleidung von draußen, ist sofortiges Händewaschen angebracht, bevor man Sachen drinnen berührt.
Lebensmittel werden abgewaschen, bevor sie in den Kühlschrank kommen.

Socken müssen vor der Wohnungstür ausgezogen werden und man darf nicht die Wohnung betreten. Diese werden in den Schuh gelegt.

Sie differenziert zwischen Sauberkeit, Wohnungsschmutz, Straßenschmutz, Autoschmutz, Arbeitsschmutz... Ich verliere den Überblick...

sämtliche Gegenstände(bspw. Handy, Geldbörse, Schlüssel, Ladekabel, Briefe,) von draußen, müssen vor der Verwendung im Haus, abgewischt werden.

Wenn sie das Gefühl hat, das etwas nicht passt, merkt man es sofort. Sie spricht es zwar oft nicht an, aber sie wirkt gereizt, unhöflich, resch, barsch, teils aggressive Stimmlage. Sie löst regelrecht Schuldgefühle aus, obwohl ich meist nicht weiß, was ich falsch gemacht habe. sie meint dann: "es liegt nicht an mir..."

Sie verlangt nicht alles direkt von mir, jedoch möchte ich mit ihr Zusammenleben. D.h. jeder soll sich wohl fühlen. Ich will nicht leben, während Sie ständig sich nicht verstanden fühlt und unglücklich ist.

Ich habe aber auch bedenken, ob ich ihr "gerecht" werde, bzw. ob ich allem gerecht werden möchte...

es erinnert mich sehr oft an mich und mein früheres Leben. Spricht man hier von Zwängen????????

Vielen Dank
MFG
Jumbo125

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Sinarellas
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Beitrag Fr., 05.01.2018, 21:39

Jup das sind Zwänge. Und nun ?
..:..


sine.nomine
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Beitrag Sa., 06.01.2018, 22:11

Reinlichkeitszwänge gehören sicher zu den gängigsten Zwängen die es gibt. Es gibt auch Ordnungszwang, was vielleicht noch verbreiteter ist. Oder Sparzwang, dass man überall zu sparen versucht, ohne dass es soviel bringt wie man denkt.
Davon sind häufig nicht diagnostizierte Personen betroffen. Man nimmt es, wenn betroffen, nicht unbedingt als krankhaft wahr und häufig sind diese Dinge vererbt und angelernt. Z.bsp wenn Menschen von ihren Eltern ein schlechtes Gewissen gemacht wird, bzgl Sauberkeit, Sparen oder eben Ordnung halten. Krankhaft ist es aber nur, wenn es über das normal gängige Maß hinausgeht.


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jumbo125
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Beitrag Mo., 08.01.2018, 00:01

Danke für eure Antwort.

Ähnliche Gedanken hatte ich auch. Aber wo liegt die Grenze?

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sine.nomine
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Beitrag Mo., 08.01.2018, 00:13

Da war einmal eine Reportage bei Stern TV über Zwänge. Die Betroffene hatte einen Reinlichkeitszwang, der etwa 4 h pro Tag in Anspruch nahm. Das heißt, die musste sich mehrmals die Hände waschen aus Zwang, traute sich nicht Türschnallen anzugreifen(ihre Haustür mussten andere für sie öffnen) und ihre Wohnung musste stets picobello sein. Da ist die Grenze sicher überschritten, es kommt wohl auf die zeitliche Inanspruchnahme und Reduktion der eigenen Handlungsfähigkeit durch Zwänge an. Zudem leidet da die Lebensqualität darunter, wie man sich beim Lesen denken kann. Ab einem gewissen Grad wirkt es sich auf die Arbeitsfähigkeit einer Person aus. Es kommt auf die Ausprägung darauf an.

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Kaonashi
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Beitrag Mo., 08.01.2018, 07:41

Ein Kriterium ist doch auch, dass man einen Zwang nicht einfach unterlassen kann. Ich denke, schon ab dem Zeitpunkt, wo man nicht mehr einfach sagen kann "heute mach ich es mal anders", ohne dass es erheblich Unbehagen bereitet, ab da ist es schon ein Zwang.

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Pianolullaby
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Beitrag Mo., 08.01.2018, 15:00

ich würde Kaonashi's Definition auf jeden Fall unterschreiben, genau da würde auch für mich die Grenze liegen.
Zwänge können aber auch über Jahre "versteckt" sein. Ich habe Zwänge, aber nicht immer, sondern immer Phasenweise. Manchmal über Jahre nicht, und dann kommt es wieder.
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sine.nomine
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Beitrag Mo., 08.01.2018, 19:29

Ich habe jumbo125's Frage so verstanden, dass sie wissen wollte, wie sehr sich Zwänge auswirken müssen, um als Zwänge zu gelten. Also damit sie krankhaft sind und diagnostiziert werden können.
Dass man einen Zwang nicht einfach unterlassen kann, damit es ein Zwang ist ist meiner Meinung nach logisch. Das setze ich voraus, sonst braucht man ja das Wort Zwang erst gar nicht erwähnen.

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Pianolullaby
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Beitrag Mo., 08.01.2018, 21:16

eben, deshalb ist dies auch die Definition welche für eine Diagnose ungefähr gilt.
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sine.nomine
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Beitrag Mo., 08.01.2018, 21:25

Pianolullaby hat geschrieben: Mo., 08.01.2018, 21:16 eben, deshalb ist dies auch die Definition welche für eine Diagnose ungefähr gilt.
Du und ich haben jumbo's Frage unterschiedlich verstanden. Jumbo125 hat sich aber noch nicht dazu geäußert, wie sie es meinte. Scheinbar war sie mit meiner Antwort zufrieden, keine Ahnung ob andere Antworten noch für sie zählen.

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Pianolullaby
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Beitrag Di., 09.01.2018, 00:18

oooh dann scheint ja jede weitere Antwort überflüssig zu sein, gut, hau schon wieder ab :verziehmich:
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jumbo125
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Beitrag Mi., 10.01.2018, 00:00

Keine Antwort ist überflüssig!
Ich lese alle. Muss jedoch gestehen, auch bereits mit Fach Experten darüber gesprochen zu haben....

Da ich selbst unter zwangen leide, möchte ich dies keinen unterstellen....

Vieles wirkt auch logisch, wenn sie es erklärt, dennoch ist vieles sehr übertrieben.

Schwierig ist es, zu wissen, wann etwas mehr als die Norm ist.

Wenn man Gefühlsverändert wirkt, nur weil etwas nicht so ist, wie man es sich vorstellt, sagt das auch schon einiges sus, denn dann sieht mein gegenüber, dass meine zwangsgedanken deutlich wichtiger sind, als er....

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Blume1973
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Beitrag Mi., 10.01.2018, 09:33

Wenn man Gefühlsverändert wirkt, nur weil etwas nicht so ist, wie man es sich vorstellt, sagt das auch schon einiges sus, denn dann sieht mein gegenüber, dass meine zwangsgedanken deutlich wichtiger sind, als er....
Ich war auch ein paar Jahre von Zwängen betroffen, aber anderer Art. Es waren Zwangsgedanken. Ich habe meine Art zu der Zeit sehr verändert, weil ich den ganzen Tag mit den Zwangsgedanken beschäftigt war.

Ich war kaum fähig etwas anderes zu tun, als meine ZG aufzuschreiben und immer und immer wieder im Kreis zu denken.

Jetzt zum Punkt. Die ZG waren mir nicht „wichtiger“ als mein Partner, sondern ich hatte keine Zeit für meinen Partner, weil mich der Zwang so stark im Griff hatte. Es ging nicht anders, als ihn zu vernachlässigen.

Und zu deinem beschriebenen Fall. Ich finde schon, dass sich deine Freundin behandeln lassen sollte. Denn nicht nur, dass es ihr selbst zu schaffen macht, dies ständig durchzuführen, zieht sie auch dich da mit hinein und aus Liebe zu ihr spielst du das Spielchen mit.

Stell dir vor, ihr bekämt mal ein Kind. Soll das Kind dann mit diesen Zwängen der Mutter aufwachsen?

Ich persönlich könnte diese übertriebene Sauberkeit, die nicht mehr der „Norm“ entsprechen, jedenfalls nicht aushalten.

Schönen Gruß
Blume
Die einzigen wirklichen Feinde des Menschen, sind seine negativen Gedanken.

Albert Einstein

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lisbeth
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Beitrag Mi., 10.01.2018, 16:01

jumbo125 hat geschrieben: Mi., 10.01.2018, 00:00 Vieles wirkt auch logisch, wenn sie es erklärt, dennoch ist vieles sehr übertrieben.

Schwierig ist es, zu wissen, wann etwas mehr als die Norm ist.
Ich bin zwar nicht von Zwängen betroffen, würde aber aus dem Bauch heraus sagen: In dem Moment, wo es anfängt, den Alltag einzuschränken und wo "Unbeteiligte" (nämlich du) mit einbezogen werden bzw. gezwungen werden mitzumachen. Denn du hast nur die Wahl, dich ihren Ritualen zu unterziehen, da gibt es keine Alternative, wenn du nicht andauernd Konflikte haben willst.

Wenn du das jetzt mal weiterdenkst: Ich weiß nicht ob ihr Kinder haben wollt, aber stell dir mal ihre Hygieneansprüche und -Anforderungen mit zwei oder noch mehr kleinen Kindern vor. Dann fliegt das ihr bzw. euch wirklich um die Ohren. Sinnvoller und besser wäre es, schon jetzt etwas zu unternehmen.

Stört es dich denn nicht, dass du dich andauernd waschen/duschen/Kleidung wechseln musst, wenn du bei ihr bist? Ich bin an sich ein sehr umgänglicher Mensch und auch sehr anpassungsfähig. Aber da wäre das Limit bei mir ganz schnell erreicht...
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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Kimba&Blacky
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Beitrag Do., 11.01.2018, 14:36

Es gibt auch noch die zwanghafte (anankastische) Persönlichkeitsstörung. Ist manchmal nicht leicht zu unterscheiden.

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