Körper hat Angst, Kopf schläft fast ein

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Sprachlos.
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Körper hat Angst, Kopf schläft fast ein

Beitrag Mo., 19.10.2015, 08:04

Hallo,
ich weiß nicht so recht, ob mein Thread in diesem Bereich richtig ist, aber da dieses Phänomen auftritt, wenn ich Angst habe, setze ich ihn in diesen Bereich.

Wenn später am Tag ein Ereignis kommt, vor dem ich Angst habe und die Angst so groß ist, dass ich sie schon morgens beim Aufwachen spüre und sie mich den ganzen Tag auch körperlich begleitet, passiert das oft, worum es mir in diesem Thread geht. Mein Körper hat Angst, alles ist kribbelig, das Herz kräftiger am arbeiten, aber mein Kopf schläft fast ein. Ich werde ganz 'müde', kann kaum wach bleiben. Ich kenne das schon viele Jahre und es verwundert mich jedes mal. Wie kann das sein? Zum einschlafen muss doch auch der Körper entspannt sein. Ist er dann aber nicht. Ich spüre die Angst ganz deutlich. Und gleichzeitig bin ich halb weggetreten und kann kaum wach bleiben. Das passiert in halb entspannten Momenten. Wenn ich an einem Angsttag fernsehe, warte, lese...
Kennt ihr das von euch selber auch? Ist das eine Art Dissoziation? Das würde es mir am ehesten erklären, dass zwei so unterschiedliche Zustände (Angst und einschlafen) gleichzeitig auftreten. Dass dieses über Stunden Angst haben zu viel ist und mein Kopf sich abschaltet. Dieses einschlafen (ich schlafe nie wirklich ein, bin immer nur kurz davor) kenne ich auch nur so, wenn ich Angst habe. Ansonsten habe ich keine Probleme, tagsüber wach zu bleiben.
Also: kennt ihr das von euch auch? Wie würdet ihr das erklären, dass ich bei Angst oft müde werde?

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Candykills
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Beitrag Mo., 19.10.2015, 10:30

Hallo

Könnt mir auch vorstellen, dass das so Art dissoziative Anteile sind, die du aber voll mitbekommst.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)


Igelkind
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Beitrag Mo., 19.10.2015, 15:39

Hallo sprachlos,

Wenn ich zu Hause solche Angstzustände habe, die lange andauern, dann wird mir der Körper müde, erschöpft, aber ich kann dann weder still sitzen noch die Augen schliessen, sondern muss immer herum laufen. Erst wenn die Angst weg ist, kann ich schlafen.

Von der Therapie her kenne ich aber vielleicht etwas ähnliches wie du, da ich oft lange anstrengende Sitzungen mit viel Angst im Körper hatte, wo ich dann plötzlich "müde im Kopf" wurde.
Es fühlte sich an, als würde mir jemand im Kopf den Stecker ziehen oder das Licht abdimmen, ich konnte dann aber auch die Muskeln nicht mehr gut kontrollieren und wurde manchmal ohnmächtig, manchmal schlief ich 2 - 3 Minuten, manchmal war es einfach im Kopf nur eine Zeit lang dunkel.
Ich fühlte mich dann plötzlich von stark erregt zu sehr müde, aber das ist ja bei dir nicht so?
Also was ich als plötzlicher Wechsel erlebe, hast du irgendwie gleichzeitig... spannend (unangenehm natürlich.)

Ich erkläre mir das so, dass das Hirn überlastet ist und eine Pause braucht.
Ich fühlte mich nach den Dunkelheiten im Kopf jeweils wieder fiter, besonders wenn mein Therapeut mich kurz auf einem Kissen schlafen liess.
Ich weiss nicht, wie sich bei dir die Angst äussert, aber da sind ja die Muskeln sehr angespannt und die Sinne hoch sensibel eingestellt, was meiner Meinung nach viel Energie verbraucht.

Ich weiss nicht, ob ich dir weiter helfen konnte, ich kann dir nur von meinem Erleben erzählen.
Aus mir werde ich leider auch nur selten schlau

Alles Gute Igelkind


mio
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Beitrag Mo., 19.10.2015, 16:06

Hallo Sprachlos,
Sprachlos. hat geschrieben: Wie würdet ihr das erklären, dass ich bei Angst oft müde werde?
ich würde das auch als eine Art Dissoziation einschätzen. So, als ob Dein Körper Dir was signalisiert, was Dein "Kopf" automatisch mit "Aussteigen/Dissoziieren (=müde werden)" beantwortet. Also so eine Art "Reiz-Reaktionsmuster".

Ich selbst kenne das zwar so nicht, kenne es aber zB. dass ich anfangs in der Thera immer dann, wenn das Gespräch auf bestimmte, zu "kritische" Themen kam nicht mehr denken konnte. Es war dann tatsächlich unmöglich für mich einen klaren Gedanken zu fassen, das hatte auch was von automatisch "wegtreten müssen". Durchbrechen konnte ich es indem ich herausgefunden habe was dafür ursächlich verantwortlich war. Bei mir war es ein innerer Anteil, der diese Aufgabe hatte und dem ich klarmachen konnte, dass er heute auch was "anderes" tun darf, als das wofür er "existiert".

Stören Dich diese Zustände denn? Ich könnte mir vorstellen, dass das auch entlastend wirkt. Oder stört Dich vor allem, dass Du keinen Einfluss darauf hast und es als widersprüchlich erlebst?

Lieben Gruss,

mio

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Sprachlos.
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Beitrag Mo., 19.10.2015, 20:03

Vielen Dank für eure Antworten.
Igelkind hat geschrieben:Wenn ich zu Hause solche Angstzustände habe, die lange andauern, dann wird mir der Körper müde, erschöpft, aber ich kann dann weder still sitzen noch die Augen schliessen, sondern muss immer herum laufen. Erst wenn die Angst weg ist, kann ich schlafen.
Hm. Ne, körperlich erschöpft ist das nicht. Das ist dann eher nach dem Ereignis. Dann bin ich platt. Aber vorher bin ich innerlich kribbelig, aber gleichzeitig total ruhig. Kein hibbelig rumlaufen. Ich bin eher extremst in mich zurückgezogen. Mache immer weniger. Atme ruhig. Manchmal dachte ich, ich bin zu entspannt für die Angst, die ich ja doch gleichzeitig auch habe und bin sauerstoffmäßig einfach unterversorgt, weil ich so ruhig werde, so sehr ruhig atme, und deshalb bin ich so weg. Klingt seltsam, was ich schreibe.
Igelkind hat geschrieben:Ich weiss nicht, wie sich bei dir die Angst äussert, aber da sind ja die Muskeln sehr angespannt und die Sinne hoch sensibel eingestellt, was meiner Meinung nach viel Energie verbraucht.

Ich weiss nicht, ob ich dir weiter helfen konnte, ich kann dir nur von meinem Erleben erzählen.
Aus mir werde ich leider auch nur selten schlau

Alles Gute Igelkind
Meine Angst ist je nach Situation sehr unterschiedlich. Angespannte Muskeln kenne ich auch. Aber in der Situation, die ich jetzt bei mir meine (die Stunden vor der eigentlichen Angstsituation. Wartezeit), bin ich äußerlich sehr entspannt. Da sitzt die Angst nur im Bauch. Ganz kribbelig/ unangenehm über Stunden. Und mein Herz arbeitet fühlbarer. Mehr ist da nicht. Nur halt die Müdigkeit.


Igelkind
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Beitrag Mo., 19.10.2015, 20:42

Hallo sprachlos,

Also so wie du das beschreibst, empfinde ich es auch wie ein Dissoziieren, wie es mio beschrieben hat.
Bei mir ist es mehr ein Überflutet werden mit Angst, und dann bei totaler Überlastung ein kippen und "abschalten" in eine Art Halbschlaf oder Ohnmacht.
Aber bei dir scheint wirklich beides gleichzeitig statt zu finden, was danach aussieht, als würdest du dich so vor dieser Angst schützen können, indem du dich so von der Angst und den damit unangenehmen Gefühlen distanzieren kannst.
Es kommt mir noch "gelähmt vor Angst" in den Sinn.

Ich kenne so etwas (weil du schreibst "vor dem Ereignis") vor Auftritten in Konzerten. Also als Reaktion auf "Lampenfieber".
In den Stunden und Minuten davor geht es mir genau so wie von dir beschrieben:
Herzklopfen, Magen klemmt, (schwitzige Hände oder kalte), aber ich atme sehr ruhig und bin fast etwas apathisch.
Aus Erfahrung weiss ich, dass ich dann mehr "bei mir bin", sobald ich auf die Bühne trete, aber davor kann ich mir dann manchmal gar nicht vorstellen, wie das gehen soll, so träge fühle ich mich dann.

LG Igelkind

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Beitrag Mo., 19.10.2015, 21:04

mio hat geschrieben: Ich selbst kenne das zwar so nicht, kenne es aber zB. dass ich anfangs in der Thera immer dann, wenn das Gespräch auf bestimmte, zu "kritische" Themen kam nicht mehr denken konnte. Es war dann tatsächlich unmöglich für mich einen klaren Gedanken zu fassen, das hatte auch was von automatisch "wegtreten müssen". Durchbrechen konnte ich es indem ich herausgefunden habe was dafür ursächlich verantwortlich war. Bei mir war es ein innerer Anteil, der diese Aufgabe hatte und dem ich klarmachen konnte, dass er heute auch was "anderes" tun darf, als das wofür er "existiert". o
Oh ja, das kenne ich leider auch. Wobei bei mir das Thema gar nicht besonders kritisch sein muss. Das geht ganz schnell, dass mich eine Frage stresst und bei mir gar nichts mehr geht. Ich kann nicht mehr denken, ich kann mich nicht richtig erinnern, ich kann nichts mehr in mir sortieren, ich habe einfach keine Antwort. Nur Stressgedanken. Der Rest ist blockiert. Und ich sage gar nichts mehr. Verstumme. Ätzend. Das geht ganz schnell. Es muss nur etwas persönlicher werden oder um Gefühle gehen oder um etwas peinliches oder wenn ich nicht schon vorher genau weiß, worauf sie hinaus möchte. Meiner ersten Thera habe ich ein Jahr lang für jede Stunde eine Mail geschrieben. Sie hat dann in der Stunde geredet und ich nur zugehört. Bei meiner jetzigen Thera habe ich Mailverbot. Ich rede jetzt deutlich mehr, aber ich bin ganz schnell an dem Punkt, den du oben beschreibst.
Mit Anteilen kenne ich mich nicht aus. Hat das, was du meinst, jeder oder geht das in Richtung multipel?
mio hat geschrieben: Stören Dich diese Zustände denn? Ich könnte mir vorstellen, dass das auch entlastend wirkt. Oder stört Dich vor allem, dass Du keinen Einfluss darauf hast und es als widersprüchlich erlebst?

Lieben Gruss,

mio
Hm. Mich stört die Angst. Die hätte ich gerne weg. Das wegtreten ist nur seltsam. Und vor allem fand ich das immer so unverständlich und seltsam. Das passt für mich nicht zusammen. Einfluss hätte ich schon. Ich könnte ja aufstehen, mich bewegen. Sobald ich etwas mache oder mit jemandem in Kontakt bin, ist das weg.

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Beitrag Mo., 19.10.2015, 21:20

Igelkind hat geschrieben:Es kommt mir noch "gelähmt vor Angst" in den Sinn.

Ich kenne so etwas (weil du schreibst "vor dem Ereignis") vor Auftritten in Konzerten. Also als Reaktion auf "Lampenfieber".
In den Stunden und Minuten davor geht es mir genau so wie von dir beschrieben:
Herzklopfen, Magen klemmt, (schwitzige Hände oder kalte), aber ich atme sehr ruhig und bin fast etwas apathisch.
Aus Erfahrung weiss ich, dass ich dann mehr "bei mir bin", sobald ich auf die Bühne trete, aber davor kann ich mir dann manchmal gar nicht vorstellen, wie das gehen soll, so träge fühle ich mich dann.

LG Igelkind
Ja, gelähmt vor Angst passt auch auf mich. Wobei ich da eher an Situationen mit anderen denke. Wo ich halt ganz schnell erschreckt, überfordert, blockiert, gelähmt bin.
Und nochmal ja, diese Müdigkeit ist bei mir auch vor Konzerten. In der Wartezeit am Tag. Kurz vor dem Konzert ist die Müdigkeit weg, aber ich bin sehr in mich zurückgezogen und kann andere Menschen nicht gut ertragen und möchte nicht angesprochen werden.
Aber das mit der Müdigkeit ist auch bei anderen angstmachenden Situationen, auf die ich warten muss.


mio
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Beitrag Mo., 19.10.2015, 21:32

Hallo Sprachlos,
Sprachlos. hat geschrieben: Mit Anteilen kenne ich mich nicht aus. Hat das, was du meinst, jeder oder geht das in Richtung multipel?


bei mir geht es in Richtung multipel, aber ich denke, dass es im Prinzip einfach ein Abwehrgeschehen ist, dass nicht zwingend für DIS spricht. Die Frage ist halt, wie Du es für Dich selbst "auflösen" kannst, also wie die Herangehensweise am Besten funktioniert. Da kann ich halt leider nur von mir sprechen, denke aber grundsätzlich, dass es wichtig ist herauszufinden, warum das passiert bzw. welche "Schutzfunktion" da drin steckt.
Sprachlos. hat geschrieben: Hm. Mich stört die Angst. Die hätte ich gerne weg. Das wegtreten ist nur seltsam. Und vor allem fand ich das immer so unverständlich und seltsam. Das passt für mich nicht zusammen. Einfluss hätte ich schon. Ich könnte ja aufstehen, mich bewegen. Sobald ich etwas mache oder mit jemandem in Kontakt bin, ist das weg.


Ich sag's mal so, wie ich es für mich selbst mal irgendwann aufgeschrieben habe:

"Bei mir ist das auch eine Reise Richtung Angst. Und eine Reise ins eigene “Böse”.
Richtung “Angst” zu reisen ist etwas, das manchem ersteinmal widersinnig erscheinen mag.
Der Dumme denkt: Angst? Schnell weg hier… Und wird ewig rennen.
Der Weise indes sagt: Oh, Angst! Dir gehe ich jetzt ‘mal nach! Und kommt irgendwann an sein Ziel: Zu sich selbst."

Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass die Angst Dich stört. Ging mir lange ganz genauso und es war ein mühsamer Prozess die Angst zu akzeptieren. Neben der Erkenntnis, dass mich ein "vor meiner Angst weglaufen" nicht weiterbringt war eine zweite Erkenntnis für mich wichtig: Ich interpretiere die Angst nur. Meint, ich nehme ein bestimmtes körperliches Geschehen war und denke: ANGST! Ich könnte aber genauso gut denken: VERLIEBT! AUFGEREGT! ERWARTUNGSFROH! Nur: Das tue ich nicht.

Lieben Gruss,

mio


Igelkind
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Beitrag Mo., 19.10.2015, 22:35

mio hat geschrieben: Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass die Angst Dich stört. Ging mir lange ganz genauso und es war ein mühsamer Prozess die Angst zu akzeptieren. Neben der Erkenntnis, dass mich ein "vor meiner Angst weglaufen" nicht weiterbringt war eine zweite Erkenntnis für mich wichtig: Ich interpretiere die Angst nur. Meint, ich nehme ein bestimmtes körperliches Geschehen war und denke: ANGST! Ich könnte aber genauso gut denken: VERLIEBT! AUFGEREGT! ERWARTUNGSFROH! Nur: Das tue ich nicht.
Lustig, jetzt wo ich das lese kommt mir die Anfangszeit in der Therapie in den Sinn. Ich hatte damals genau das, was du, sprachlos, beschreibst, aber ich konnte die körperlichen Symptome lange nicht als "Angst" deuten, weil ich mich im Kopf ja eher "müde" fühlte und vernebelt, oder verdunkelt, als ängstlich.
Ich hatte dann auch so ein Brennen auf der Haut an den Armen gespürt.
Ich konnte dem Therapeuten nur meine körperlichen Symptome beschreiben, aber nicht, was es für ein Gefühl ist.

Das ist dann ja schon mal gut, wenn man weiss, dass es Angst ist.
Und ich sehe es wie mio, als einen Wegweiser hin zum Problem, wo ich ja eigentlich hin will, um mich endlich besser zu verstehen und mir helfen zu können. Und gleichzeitig will ich eigentlich nicht da hin, die Angst warnt mich ja davor, dort ist was Gefährliches: Augen zu, Ohren zu... manchmal habe ich mich versteckt im Zimmer des Therapeuten, weil ich es nicht mehr ausgehalten hab.

Reden hilft.

LG Igelkind

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