Hallo allerseits,
Ich schildere mal kurz meine Lage: Ich habe vor einem Jahr mein Studium abgeschlossen und hatte im während dieser Zeit als studentische Hilfskraft gearbeitet. Das Arbeitsklima dort war enorm schlecht, geprägt von Mobbing und immensem Konkurrenzdruck. Es wurde von verschiedenen Personen immer wieder versucht, andere als inkompetent hinzustellen, sie bei der Professorin schlechtzumachen, "Fallen" zu stellen (z.B. defekte Geräte unterzujubeln) und sie auch offen zu beschimpfen. In diesem Klima habe ich eine regelrechte "Uni-Phobie" entwickelt, konnte auch nach Ende dieses Beschäftigungsverhältnisses dort nicht mehr angstfrei hingehen und habe dann nach dem Abschluss alles darangesetzt, in eine andere Stadt zu kommen. Nun lebe ich in einem anderen Bundesland, habe dort eine gute Teilzeitstelle und an einer anderen Uni einen Betreuer für meine Dissertation gefunden. So weit, so gut. Doch meine inneren Ängste lassen mich nicht los, obwohl mir ja an dem neuen Ort niemand etwas Böses will. Und so fällt es mir nun sehr schwer, mich bei meinem Dissertationsvorhaben aufzuraffen und genug abzuliefern. Mein Betreuer wird langsam ungeduldig. Meistens sitze ich am Wochenende antriebslos da und versuche zwanghaft, mich abzulenken, so wie auch jetzt im Moment, wo ich lieber im Internet surfe... Ich glaube, ich habe unterschwellig enorme Angst vor dem ganzen "Konkurrenz-Hickhack", dem "Publish or Perish" und der "Reise nach Jerusalem" um die besten Plätze. Mein Unterbewusstsein denkt immer noch, dass es an der neuen Uni wahrscheinlich im Verborgenen genauso zugeht wie an der alten und tut alles, um mich von weiterem Kontakt mit einer Universität abzubringen. Mein "gesunder Menschenverstand" sagt mir, dass ich mich davon auf keinen Fall unterkriegen und mir meine Chancen nicht verbauen lassen darf. Schließlich bin ich dafür extra umgezogen und leide nun auch noch unter dem langsamen Zusammenbruch meines freundschaftlichen Umfeldes. Ich kapsele mich am Wochenende ab, da ich mich ja um das Schreiben der Arbeit kümmern muss/will, lenke mich dann aber krampfhaft den ganzen Tag über ab, tue also nichts "Produktives" und hasse mich am Ende des Tages dafür. Ich möchte mich gerne motivieren, weiß aber nicht, wie das gehen soll und wie ich gegen mein Unterbewusstsein "ankämpfen" kann.
Hat hier vielleicht jemand einen guten Rat für mich? Gibt es hier Leute, die ähnliches erlebt haben?
Uni-Angst: Keine Motivation bei der Dissertation!
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Liebe Aspera,
was ist denn mit dem Thema Deiner Diss.? Reizt es Dich nicht, das zu bearbeiten?
Ich weiß nicht, aus welcher 'Wissenschaftskultur' Du kommst, da sind diese Unterschiede ja z.T. erheblich: In manchen Disziplinen sucht man sich als PromovendIn das Thema leider nicht selbst aus, und vielfach dient eine Diss. dann als reiner Karrieremotor.
Sollte Dein Thema Dich persönlich doch interessieren, dann ließe sich vielleicht darüber eine Motivation auf/sbauen?
Vielleicht hülfe auch die Überlegung, dass Du mit einer Promotion beruflich ja nicht 'zwangsweise' an der Uni 'enden' musst (was ohnehin nur selten gelingt), dass also diese Phase eine vorübergehende sein könnte.
(Dass es auch außerhalb der Uni 'Haifischbecken' gibt, sei nur angemerkt; das weißt Du ja.)
Bietet Dein Betreuer ein Doktorandenkolloquium an? Dann würde ich an Deiner Stelle hingehen und mir mal anschauen, wie sie dort miteinander umgehen. (Ich wünsche Dir, dass Du eine positive Überraschung erlebst.)
Hast Du früher schon einmal bei größeren Forschungsarbeiten gravierendere Schreibprobleme gehabt? Dann steckt vielleicht mehr als 'nur' die unschönen Erfahrungen an Deiner alten Uni dahinter (die ich keineswegs kleinreden will).
Alles Gute!
Widow
was ist denn mit dem Thema Deiner Diss.? Reizt es Dich nicht, das zu bearbeiten?
Ich weiß nicht, aus welcher 'Wissenschaftskultur' Du kommst, da sind diese Unterschiede ja z.T. erheblich: In manchen Disziplinen sucht man sich als PromovendIn das Thema leider nicht selbst aus, und vielfach dient eine Diss. dann als reiner Karrieremotor.
Sollte Dein Thema Dich persönlich doch interessieren, dann ließe sich vielleicht darüber eine Motivation auf/sbauen?
Vielleicht hülfe auch die Überlegung, dass Du mit einer Promotion beruflich ja nicht 'zwangsweise' an der Uni 'enden' musst (was ohnehin nur selten gelingt), dass also diese Phase eine vorübergehende sein könnte.
(Dass es auch außerhalb der Uni 'Haifischbecken' gibt, sei nur angemerkt; das weißt Du ja.)
Bietet Dein Betreuer ein Doktorandenkolloquium an? Dann würde ich an Deiner Stelle hingehen und mir mal anschauen, wie sie dort miteinander umgehen. (Ich wünsche Dir, dass Du eine positive Überraschung erlebst.)
Hast Du früher schon einmal bei größeren Forschungsarbeiten gravierendere Schreibprobleme gehabt? Dann steckt vielleicht mehr als 'nur' die unschönen Erfahrungen an Deiner alten Uni dahinter (die ich keineswegs kleinreden will).
Alles Gute!
Widow
Liebe Widow,
vielen Dank für deine hilfreichen Überlegungen.
In das Doktorandenkolloquium gehe ich bereits und erlebe dort auch die von dir erwähnte positive Überraschung. Mein Verstand sagt mir, dass die alten Ängste hier völlig unbegründet sind, aber in meinem Inneren kommt das nicht so richtig an. Ich habe trotzdem noch jedes Mal Herzklopfen und Angstzustände, wenn ich da hingehe.
Das Thema meiner Arbeit ist schon interessant und ich konnte es mir auch selbst aussuchen. Aber offensichtlich ist es für mich nicht überwältigend interessant genug, sonst hätte ich ja die Motivationsprobleme nicht.
Im Studium hatte ich mit dem Abliefern von Arbeiten eigentlich keine Probleme, ebensowenig wie mit dem Studium an sich. Immerhin bin ich positiv aufgefallen und würde überhaupt erst deswegen angesprochen, doch den Job als Hilfskraft anzunehmen. Eine Ausnahme stellt allerdings die Abschlussarbeit dar. Dort hatte ich tatsächlich schon ähnliche Schwierigkeiten, habe mein Studium aber dennoch erfolgreich abgeschlossen. Damals war ich bereits der Auffassung, dass meine Ängste mich in diesem Punkt behindern und dass ein Uni-Wechsel hier etwas bringen könnte. Nun stelle ich fest, dass meine Blockaden tief in mir selbst sitzen und ich vor mir selbst nicht davonlaufen kann. Meine Krise bezieht sich übrigens nur auf diese Arbeit, bei meiner Teilzeitstelle bin ich hoch motiviert.
Das ich hinterher nicht zwangsweise an der Uni "ende" weiß ich, sonst wäre die Dissertation auch keine Option für mich.
vielen Dank für deine hilfreichen Überlegungen.
In das Doktorandenkolloquium gehe ich bereits und erlebe dort auch die von dir erwähnte positive Überraschung. Mein Verstand sagt mir, dass die alten Ängste hier völlig unbegründet sind, aber in meinem Inneren kommt das nicht so richtig an. Ich habe trotzdem noch jedes Mal Herzklopfen und Angstzustände, wenn ich da hingehe.
Das Thema meiner Arbeit ist schon interessant und ich konnte es mir auch selbst aussuchen. Aber offensichtlich ist es für mich nicht überwältigend interessant genug, sonst hätte ich ja die Motivationsprobleme nicht.
Im Studium hatte ich mit dem Abliefern von Arbeiten eigentlich keine Probleme, ebensowenig wie mit dem Studium an sich. Immerhin bin ich positiv aufgefallen und würde überhaupt erst deswegen angesprochen, doch den Job als Hilfskraft anzunehmen. Eine Ausnahme stellt allerdings die Abschlussarbeit dar. Dort hatte ich tatsächlich schon ähnliche Schwierigkeiten, habe mein Studium aber dennoch erfolgreich abgeschlossen. Damals war ich bereits der Auffassung, dass meine Ängste mich in diesem Punkt behindern und dass ein Uni-Wechsel hier etwas bringen könnte. Nun stelle ich fest, dass meine Blockaden tief in mir selbst sitzen und ich vor mir selbst nicht davonlaufen kann. Meine Krise bezieht sich übrigens nur auf diese Arbeit, bei meiner Teilzeitstelle bin ich hoch motiviert.
Das ich hinterher nicht zwangsweise an der Uni "ende" weiß ich, sonst wäre die Dissertation auch keine Option für mich.
Liebe Aspera,
das freut mich jetzt! Dass Du im Doktorandenkolloquium gute Erfahrungen machst bezüglich des gegenseitigen Umgangs miteinander (und mit Wissenschaft)! (Da gibt's ja leider auch solche und solche ...) Und ebenso, dass Dir das Thema als solches gefällt! (Und erst recht, dass das offenbar auch für Deine Stelle gilt, meinen Glückwunsch dazu übrigens.)
Im Kolloquium gibt es doch bestimmt Leute, mit denen Du etwas weniger, und solche, mit denen Du richtig viel anfangen kannst - wäre es denkbar, dass Du zu letzteren näheren Kontakt aufnimmst und ein sozusagen 'niedrigschwelliges' Arbeitsbündnis knüpfst: Einen jour fixe pro Woche zum Austausch - auch und gerade über sekundäre Arbeitsschwierigkeiten, also solche, die nicht im Thema begründet sind, sondern Motivationsprobleme, Prokrastinierungstendenzen, gar Schreibblockaden (ich weiß nicht, wie oft das Koll. tagt, häufig sind das ja nur ein oder zwei Termine im Monat, und dann kommt ja meist die ganze Truppe, da lässt sich über so etwas nicht so gut reden)?
Dann: Kannst Du Dir vorstellen, über Deine Motivationsschwierigkeiten mit dem Betreuer zu sprechen (das ist ja eine Vertrauens- und Selbstvertrauensfrage)? Vielleicht könnte er Dir ein wenig helfen (da gäbe z.B. die Möglichkeit, dass er jetzt ein wenig die Zügel anzieht und Ihr Euch darauf einigt, dass Du eine Zeit lang in kürzeren Abschnitten kleinteilige Arbeitsproben ablieferst und ein Feedback dazu bekommst).
Vielleicht solltest Du Dir auch noch ein wenig mehr Eingewöhnungszeit geben (Du bist ja noch nicht lange am neuen Hochschulort)?
Und schließlich: Wenn 'alles nichts hilft', gibt es immer noch die Möglichkeit, den psychologischen Dienst der Uni aufzusuchen, die sind fit, wenn es um Motivationsprobleme beim wissenschaftlichen Arbeiten geht, und können Dich ggf. auch weitervermitteln.
Einen lieben Gruß
Widow
PS: Ich finde das übrigens ziemlich beeindruckend, dass Du Dir für Deine Dissertation einen völlig neuen, fremden Betreuer gesucht hast und in eine andere Stadt gezogen bist! Da stecken power und Lust hinter, trotz aller Angst.
das freut mich jetzt! Dass Du im Doktorandenkolloquium gute Erfahrungen machst bezüglich des gegenseitigen Umgangs miteinander (und mit Wissenschaft)! (Da gibt's ja leider auch solche und solche ...) Und ebenso, dass Dir das Thema als solches gefällt! (Und erst recht, dass das offenbar auch für Deine Stelle gilt, meinen Glückwunsch dazu übrigens.)
Im Kolloquium gibt es doch bestimmt Leute, mit denen Du etwas weniger, und solche, mit denen Du richtig viel anfangen kannst - wäre es denkbar, dass Du zu letzteren näheren Kontakt aufnimmst und ein sozusagen 'niedrigschwelliges' Arbeitsbündnis knüpfst: Einen jour fixe pro Woche zum Austausch - auch und gerade über sekundäre Arbeitsschwierigkeiten, also solche, die nicht im Thema begründet sind, sondern Motivationsprobleme, Prokrastinierungstendenzen, gar Schreibblockaden (ich weiß nicht, wie oft das Koll. tagt, häufig sind das ja nur ein oder zwei Termine im Monat, und dann kommt ja meist die ganze Truppe, da lässt sich über so etwas nicht so gut reden)?
Dann: Kannst Du Dir vorstellen, über Deine Motivationsschwierigkeiten mit dem Betreuer zu sprechen (das ist ja eine Vertrauens- und Selbstvertrauensfrage)? Vielleicht könnte er Dir ein wenig helfen (da gäbe z.B. die Möglichkeit, dass er jetzt ein wenig die Zügel anzieht und Ihr Euch darauf einigt, dass Du eine Zeit lang in kürzeren Abschnitten kleinteilige Arbeitsproben ablieferst und ein Feedback dazu bekommst).
Vielleicht solltest Du Dir auch noch ein wenig mehr Eingewöhnungszeit geben (Du bist ja noch nicht lange am neuen Hochschulort)?
Und schließlich: Wenn 'alles nichts hilft', gibt es immer noch die Möglichkeit, den psychologischen Dienst der Uni aufzusuchen, die sind fit, wenn es um Motivationsprobleme beim wissenschaftlichen Arbeiten geht, und können Dich ggf. auch weitervermitteln.
Einen lieben Gruß
Widow
PS: Ich finde das übrigens ziemlich beeindruckend, dass Du Dir für Deine Dissertation einen völlig neuen, fremden Betreuer gesucht hast und in eine andere Stadt gezogen bist! Da stecken power und Lust hinter, trotz aller Angst.
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