Lebenschaos und Begleiterscheinungen

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kissfromarose
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Lebenschaos und Begleiterscheinungen

Beitrag Do., 25.05.2017, 17:28

Hallo Forum,

ich stecke gerade in einer nahezu unerträglichen Situation. Fast alle Lebensbereichen sind große Herausforderungen für mich und ich fühle mich überfordert. Bin lustlos, innerlich zum Zerbersten unruhig; habe Gefühle der Hoffnungslosigkeit → Gedanke: Es wird sich nie etwas ändern :-(

Es ist so, dass meine Oma im Sterben liegt. Nach langem Leidensweg ist sie in ein Hospiz gekommen und kann nicht wirklich loslassen...sie kann nicht mehr sprechen, hat seit sehr langem nichts mehr gegessen. Meine Familie und ich dachten schon vor einer Woche, dass es so weit ist. Aber sie sieht immer gequälter aus und scheint irgendwie nicht loslassen zu können. Die Beziehung zwischen mir und meiner Oma war immer doppelbödig und wir haben uns nicht ausgesprochen. Zwar war ich einen ganzen Tag am Bett meiner Oma und ich habe ihr auch verziehen. Das kam sehr plötzlich als ich ihren Zustand gesehen habe, war mein Groll plötzlich verflogen und ich war sehr, sehr traurig. Ich denke viel an diese Geschichte, zumal das Versterben meiner Oma Familienthemen an die Oberfläche gebracht hat; Dinge, die zwischen mir und meinen Eltern passieren. Plötzlich ist mir bewusst, dass ich mit meinen Eltern reden muss. Eine Aufgabe, die mir nicht leicht fällt und bei der ich Angst habe, dass Dinge schief gehen oder ich mich nicht gut genug ausdrücke...

Dann habe ich diese Woche einen neuen Job angefangen. Ich betreue eine kranke Frau und kenne bereits aus Erfahrung, dass hier das Thema Abgrenzung wichtig ist. Weil sich privates und berufliches leicht vermischen und diese Dame redet bis der Arzt kommt, befürchte ich, dass ich das ein oder andere Mal sehr direkt werden muss und je nachdem wie narzisstisch sie ist, meinen Arbeitsplatz damit riskieren könnte. Grundsätzlich bin ich froh, dass ich wieder einen Job habe, aber auf der andren Seite merke ich, dass ich total angespannt bin und Angst vor gewissen Situationen habe, die eintreten könnten.

Nächster Punkt: Ich bin 25 und habe immer noch nicht angefangen, eine Ausbildung zu machen oder zu studieren. Ich bin vor einem Jahr in eine psychosomatische Klinik gegangen, um dieses Thema zu bearbeiten. Es ist dabei rausgekommen, dass ich ein Medizinstudium beginnen wollte. Ich habe für dieses Jahr auch eine Chance angenommen zu werden. Aber – wie ihr vielleicht erahnen könnt – meine Zweifel sind riesig. Ich höre/lese über 80 % Schlechtes über das Studium und den Beruf als Arzt oder Therapeut. Ich fange mich an zu fragen, ob es sich lohnt, mich so zu verheizen (Lernaufwand im Studium; Stress im Beruf). Ich begegne so vielen Leuten, die enttäuscht von Ärzten sind und auch ich habe eigens erleben dürfen, dass meine Therapeutin, die Therapie nicht mit mir verlängern wollte, weil sie oft ratlos bei mir war und es schwierig fand, mit mir zusammen zu arbeiten. Diese Zweifel machen mich wahnsinnig, da ich so gerne aufhören möchte, mir bezgl. Geld und Zukunftsperspektive Gedanken zu machen.

Dann kommt leider noch hinzu, dass ich kein gutes Geschick in der Auswahl von Männern erweise. Ich bin frustriert, weil ich bisher mit allen Männern an einen Punkt gekommen bin, wo wir nicht nur auf unüberwindbare Differenzen gestoßen sind, sondern wo ich mich mich in meinem Wesen als Frau oder Mensch erniedrigt gefühlt habe. Der letzte Versuch ist vor ein Paar Tagen gescheitert, was meinen Leidensdruck gerade erhöht, weil ich einen Menschen weniger habe, von dem ich mir Halt und Zuversicht erhofft habe.

Und der vorletzte Punkt ist der, dass ich mich absolut unwohl in meiner Wohnung fühle. Mein Mitbewohner löst die Wohnung zum 1.7 auf. Was zum einen gut ist, weil ich nicht gerne mit ihm zusammengewohnt habe und ich die Wohnung sogar übernehmen kann. Jedoch frage ich mich, wie ich es schaffen soll, jemanden für diese WG zu begeistern, wenn ich mich selber nicht so wirklich wohlfühle. Leider ist es so, dass ich vielleicht in 5 Monaten die Stadt wegen eines Studienplatzes verlassen muss von daher lohnt es sich nicht, jetzt alle Wände zu streichen, neue Möbel zu kaufen usw. Es wirkt alles Übergangsweise, so provisorisch und unpersönlich, nicht wirklich gemütlich. Obwohl ich gerne mit jemandem zusammen wohnen würde, der Lust an Gemütlichkeit und Heimeligkeit hat.

Ich fühle mich oft nicht so wirklich erwachsen, sondern eingeengt vom Leben. Habe das Gefühl, dass ich so vieles vom Leben verpasse und dass es so kurz ist. Zum Glück habe ich einen guten Freund, der auch wirklich immer zuhört und hilft. Leider ist diese Unstetigkeit Nährboden für eine Essstörung – ich lebe manchmal nur von Schokolade u.ä. Habe schon überlegt, ob ich mich beim sozialpsychiatrischen Dienst melde, weil sich in meinem Körper manchmal alles verkrampft und ich einfach wünschte, dass alles vorbei ist. Zumal ich jetzt auch keine therapeutische Unterstützung mehr habe, obwohl diese echt wünschenswert wäre.

Es tat echt gut, das alles mal aufzuschreiben. Würde mich dennoch über Kommentare freuen, falls jemand eine Meinung zu meinem Beitrag hat ;-)

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Waldschratin
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Beitrag Do., 25.05.2017, 17:47

Wenn ich dich so lese, dann "höre" ich eher, dass du dir nen "Idealzustand" wünschen würdest, um dich wohlfühlen zu können. So ein "Erst wenn..., dann..."
Gleichzeitig gepaart mit dem Wunsch, dass doch bitte jemand anders den aktiven Teil und gleich noch die Verantwortung dafür übernehmen möchte.

Nun bist du erst 25, da "darf" man sich sowas gut und gerne noch wünschen. Nur wird diese "Schere" der inneren Unruhe mit gleichzeitiger Blockiertheit mit fortschreitender Zeit nur noch mehr aufgehen, wenn du dich nicht langsam dran machst, da mal selber aktiv zu werden.
Klar macht man sowas nicht von ungefähr, von daher könnte es dir schon viel bringen, da mal genauer hinzugucken, was für unerfüllte Bedürfnisse nebst Verletzungen etc. du so mit dir herumschleppst.
Andererseits erinnerst du mich grade an ne Freundin von mir, die seit vielen Jahren analysiert und analysiert, aber leider nie den Schritt zum aktiven Umsetzen ihrer Erkenntnisse gewagt hat bisher.
Sie ist ähnlich unzufrieden und "steckengeblieben" , wie du hier für mich klingst.

Ich lese ja auch hier bei dir, dass du schon deine "Baustellen" erkennst. Nur dich jetzt nicht traust, auch die Verantwortung dafür zu übernehmen. Und das meine ich unabhängig davon, wer letztlich für diese "Baustellen" in dir verursachend war. Das ist wichtig zu erkennen und zu verstehen, aber auch da braucht man dann den Schritt zum eigenen, "aktiven" Umgang damit, um wirklich was in Bewegung zu bringen.

Ich bin gleich an deinem ersten Satz hängengeblieben : Du empfindest deine Situation als "unerträglich".
Sieh doch mal die "andere Seite" : Du hast nen Job, hast ne Wohnung, hast Aussicht auf ein Studium, bist jung genug, das Ruder noch rumzureissen, hast ne Therapie gehabt - so mancher wäre froh und dankbar, solche "Umstände" überhaupt erst mal in solcher "Fülle" zur Verfügung zu haben!

Die Situation mit deiner Oma ist natürlich sehr belastend, grade für so nen jungen Menschen wie dich. Aber auch da lese ich dich recht reflektiert und "blickend", was grade passiert und warum es passiert und was es jetzt alles bräuchte.

Was also blockiert dich so und hält dich ab zu handeln? Das wäre für mich in deiner Lage die derzeit zentrale Frage.

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Krümmelmonster
Forums-Gruftie
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Beiträge: 569

Beitrag Do., 25.05.2017, 17:58

Hallo kissfromarose,
wegen deiner Oma was du getan hast fande ich mutig. Das es Dir in Moment nicht gut geht, ist ganz klar.
Vielleicht schaust du was dir gut tut. Bischen deine Ansprüche die du von dir verlangt runter schrauben könntest und vielleicht dich auch Krank schreiben lassen.
Wegen deiner Esstörung: Könntest Du dich auch an eine "Beratungsstelle für Eßstörungen" wenden.
Wenn du diesen Begriff googelst, könntest du schauen, ob es in deiner Stadt so etwas gibt.
Alles Gute und viel Kraft wünsche ich Dir

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Thread-EröffnerIn
kissfromarose
Helferlein
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Beiträge: 32

Beitrag Do., 25.05.2017, 19:12

Vielen Dank Waldschratin und Krümmelmonster für eure Antworten!!

Ja, :-( Hohe Ansprüche sind definitiv mein Problem. Ich glaube, dass ich in meinem Leben noch oft in dieses Fettnäpfchen treten werde und die Egozentrik darin übersehe. Andererseits möchte ich nicht hart zu mir selber sein; denn ich habe mit diesem Eintrag im Forum beabsichtigt, mich "zuzumuten". Ich wollte nicht, dass irgendwer Verantwortung für meine Probleme an meiner Stelle trägt. Außerdem glaube ich, dass ich dabei bin, Antworten zu finden und herumexperimentiere. Aber dazu gehört für mich, über meine Ängste, Zweifel und Gefühle zu sprechen oder zu schreiben. Ich bin froh, dass es solche Möglichkeiten im Internet heutzutage gibt. Ein Ort, wo man auch mal schwach, unzufrieden und ängstlich sein darf. Ich erlaube mir hier mal zu jammern und mal keine Lösungen oder Gelassenheit zu haben. Das tut gut, auch zu diesem Teil in mir zu stehen. Und manchmal da braucht es auch jemanden, der mich auf die hohen Ansprüche hinweist, weil ich sie in meiner Blindheit übersehe. Aber diese Möglichkeit gibt es nur, wenn ich mich öffne und zumute.

@Krümmelmonster: Vielen Dank für die Idee mit der Beratungstelle. Vielleicht treffe ich da Menschen, die ähnliche Probleme haben wie ich und mit denen ich sprechen kann. Allein das wäre schon eine Erleichterung!

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Waldschratin
[nicht mehr wegzudenken]
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weiblich/female, 80
Beiträge: 4199

Beitrag Do., 25.05.2017, 19:28

Och, als "Zumutung" hab ich dich jetzt gar nicht weiter empfunden! :hugs:
Und als "jammerig" auch nicht.
Und mit "aktiven Umgang" mein ich auch gar nicht dieses berühmte "sich zusammenreissen und gut funktionieren", sondern eher Richtung "Entscheidungen treffen und sich auseinandersetzen", also auch mit dem Ergebnis, dass man mal alle Fünfe grade sein lassen kann und eben NICHT erst zufrieden ist, wenn Idealzustand erreicht ist.

Hast du`s schon mal mit Achtsamkeit versucht oder Meditation, oder etwas in die Richtung "buddhistische Gelassenheit" oder so? Die Dinge mal "unbewertet" so sein und annehmen lernen, wie sie grade sind. Egal, wie ungünstig etc. sie grade sein mögen. Ich bin da schon ne Weile drin unterwegs und das hat mich sehr "entkrampft" mit der Zeit. Ich gehöre jetzt auch nicht grade zu den Unberührbaren und hab selber gern Idealzustände, und grade da haben mich solche Übungen und Praktiken gut unterstützt.

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Kirchenmaus
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Beitrag Fr., 26.05.2017, 15:28

ERgänzend zu den guten Ideen, die die anderen schon hatten:

Ich würde eine Prioritätenliste machen.
Was ist dringend, was kann warten, was muss warten?

Zunächst würde ich meine Energie in die Oma investieren. Trauern kann sehr anstrengend sein.
Ich habe meinem Vater, bevor er gestorben ist, im Hospiz noch einen Brief vorgelesen. Er war zwar nicht mehr ansprechbar, aber es war mir wichtig, dass ich ihm noch alles sagen konnte. Das hat mir sehr gut getan.

Vielleicht kannst du dann jeden Tag etwas von der Liste abarbeiten.
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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