Bin ich einer Therapie überhaupt wert?

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FritziFritz
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Bin ich einer Therapie überhaupt wert?

Beitrag Sa., 21.02.2015, 23:56

Hallo zusammen,

ich schreibe heute das erste mal in diesem Forum und möchte deshalb kurz versuchen darzustellen, was so in mir vorgeht.

Ich habe in den letzten 5 Jahren 3 Fehlgeburten erleben müssen, die letzte davon im Herbst letzten Jahres. Zu diesem Zeitpunkt war ich mit eineiigen Zwillingen schwanger.
Ich habe noch keine Kinder und bin mittlerweile 40 Jahre alt.
Die Schwangerschaften sind, bis auf die erste, durch künstliche Befruchtungen entstanden.
Nach jeder Fehlgeburt, die alle während der ersten 12 Wochen passierten, fiel ich in ein furchtbar tiefes Loch.

Hinzu kam, dass ich in den letzten Jahren zunehmend unter physischen Problemen leide, wie Migräne, häufige Kopfschmerzen, massive Schlafprobleme, Rückenschmerzen, Magen-Darm-Problemen, Tinnitus und einem häufig auftretendem Globusgefühl im Hals.
Schon im letzten Jahr empfahl mir mein Hausarzt, mich an einen Psychologen zu wenden, oder wenigstens mit ihm zu reden. Er führte die ganzen Probleme auch auf meinen Vater zurück, der, seit ich Teenager bin, Alkoholiker ist.
Ich muss dazu sagen, dass er uns nie misshandelt hat. Aber nichts desto trotz ist ein Zusammenleben mit solch einem Menschen kein Zuckerschlecken.

Nachdem nun die letzte Schwangerschaft wieder in einer Fehlgeburt endete, habe ich versucht einen Therapeuten zu finden. Und zu meinem Glück bekam ich sofort einen Platz bei einer Verhaltenstherapeutin.
Gerne hätte ich eine gefunden, die sich speziell mit den Themen Fehlgeburt und Kinderwunsch auskennt, aber, wenn man gerade in so einem Loch steckt, ist man ja froh, wenn man nicht zu hören bekommt, man sollte sich noch einmal in 3-6 Monaten melden.

Nun sind seit dem einige Wochen vergangen und ich frage mich immer mehr, ob ich überhaupt diesen Platz verdient habe.
Ich kann wirklich nicht behaupten, dass es mir gut geht, ganz im Gegenteil, aber wenn ich so mitbekomme, was andere so erlebt haben, dann komme ich mir so schäbig vor.
Und auch so als Vollversager.

Auch in der Therapie geht es mir nicht anders. Ich schaffe es nicht, mich mal richtig zu öffnen. Ich schäme mich eigentlich nur dafür, dass ich nichts wirklich auf die Reihe bekomme. Weder beruflich, noch bekomme ich eine Familie hin.

Nach den ersten Sitzungen stellte die Therapeutin die Diagnose 'Anpassungsstörung'. Meist lese ich dazu, dass man mit einer Kurzzeittherapie gute Erfolge erzielt.
Ich habe nun schon 10 Stunden hinter mir, und ehrlich gesagt, sehe ich kaum einen Vortschritt. Ich grübel immer noch so viel und fühle mich meist niedergeschlagen, traurig, müde und als Versager. Gut geht es mir eigentlich nur, wenn ich nachmittags arbeiten gehe, oder abends mit meinem Mann zu Hause bin. D.h. wenn ich abgelenkt bin geht es.
Aber selbst wenn ich mich mal ganz gut fühle, warte ich nur darauf, dass wieder etwas passiert, dass ich mich schlecht fühle.
Ich habe jetzt schon Angst, weil ich schon fast die Hälfte meiner Therapiestunden um habe, und bei einer Anpassungsstörung wohl kaum noch welche genehmigt werden.
Bzw. ich glaube ja irgendwie auch, dass ich gar keinen Therapie Platz verdient habe. Nur so, wie es zur Zeit läuft, so kann es nicht mehr ewig weiter gehen. Diese besonders dunklen Tage machen mir wirklich Angst.

Entschuldigt mein wirres Geschreibsel, aber mich treiben da so einige Gedanken um und ich musste das einfach mal raus lassen.

Danke fürs Zuhören,

FritziFritz

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SüdlichderNordsee
Helferlein
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Beiträge: 56

Beitrag So., 22.02.2015, 07:59

Hallo,

dass du dir die Frage stellst, ob du einer Therapie wert bist ist wohlmöglich Ausdruck deines Problems.

Und die Antwort einer außen stehenden Person lautet: Ja, natürlich bist du dessen wert, darfst dir helfen lassen.

Versuche dich deiner Therapeutin zu öffnen, vielleicht magst du ihr sagen (oder hast es schon), was du hier geschrieben hast.
Lernen sich helfen zu lassen, das ist enorm anstrengend aber in meinen Augen auch enorm wichtig, lohnenswert - und im Ergebnis das Leben bereicherd

Ich bin extrem dankbar, dass ich diese Chance hatte.

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Schneerose
[nicht mehr wegzudenken]
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Beiträge: 1134

Beitrag So., 22.02.2015, 11:57

Hallo FritziFritz,

ich kannte auch jahrelang das Thema unerfüllter Kinderwunsch...später hat es dann doch noch spontan geklappt obwohl uns die Ärzte das Gegenteil sagten.
DIE NATUR MACHT WAS SIE WILL...

ich betete damals zum lieben Gott (ich glaube an eine universelle Kraft),
ich möchte ein Kind und wenn es behindert ist nehme ich es auch...
ich war einen Monat später schwanger, mit meiner geistig schwer behinderten Tochter...

was ich dir sagen will,
ALLES auf diesem wundervollen Planeten hat seine GRÖSSERE ORDNUNG, alles passt zusammen wie ein Puzzlespiel...
und was ich auch gelernt habe all die Jahre,
mit einem
traumatisierten Körper, von dem man selber - wie ich keine Ahnung hatte,
da perfekt verdrängt,
ist durch die veränderte DNA öfter das Grundpflaster gelegt,
für behinderten Nachwuchs...
sei es Karma oder sonst was,
alles passt zusammen,
nur
lass dir den Raum und die Zeit,
dir durch Hilfe auf den Weg zu helfen FÜR EIN GLÜCKLICHES KIND
wenn du durch den Wind bist, wird es auch dein Kind sein,
und du schlitterst in ein neues Chaos...

deine biologische Uhr läuft, das ist mir klar,
aber vielleicht kann dann auch, falls kein eigenes Kind mehr kommt,
und nach der durchgangenen Trauer
für dich auch eine Option sein
einem anderen Kind ein zu Hause zu geben,
oder dein Weg wird ein ganz ein anderer...

und
wenn du Therapie willst
JA SICHER hast du sie verdient,

Gestalttherapie sagt, z.B. Therapie sei nicht nur für "kranke" gedacht,
sondern auch "für gesunde" ist es als Persönlichkeitsentwicklung hilfreich...
wenn du dir schon der Therapie nicht wert bist,
dann für deinen "Nachwuchs" der sich sicher einer gesunden Mutter freut!

alles Liebe
"Der Einzige, der sich wirklich vernünftig benimmt ist mein Schneider, er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich sieht" :->

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Bramaria
sporadischer Gast
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Beiträge: 28

Beitrag So., 22.02.2015, 21:34

Liebe FritziFritz

ich bin ganz sicher der Gedanke ob du es wert bist, ist ein sicherer Hinweis, dass du dringend etwas tun solltest.
Ich möchte nicht herum spekulieren, aber womöglich denkst du, du bist es nicht wert ein Kind zu bekommen, hast Schuldgefühle.
Es war ähnlich bei mir. Irgenwann sagte jemand "Du bist es wert, dass dir vergeben wird, es ist dir vergeben" ich war mir gar keiner Schuld bewußt, aber plötzlich kam alles hoch ich habe geweint und gemerkt, wie groß meine Schuldgefühle gewesen sind und noch sind und wie sehr ich darunter schon so viele Jahre leide.
Das Gefühl, dass du einer Therapie wert bist, wird sich vielleicht nach und nach einstellen.

"Auch in der Therapie geht es mir nicht anders. Ich schaffe es nicht, mich mal richtig zu öffnen. Ich schäme mich eigentlich nur dafür, dass ich nichts wirklich auf die Reihe bekomme. Weder beruflich, noch bekomme ich eine Familie hin. "

So ging es mir auch. Ich habe dann irgendwann beschlossen einfach alles zu sagen. Mein Vater war auch Alkoholiker, bzw ist es. Ich glaube da erlernt man auch schnell sich sehr zurück zu halten, denn alles was man sagt kann eine Katastrophe herauf beschwören. so war es jedenfalls bei uns. Ein flasches Wort und der Streit war da. Meine Mutter hat dann natürlich für uns Partei ergriffen, mein Vater hat mir ihr lautstark herumgestritten (meine Mutter war auch nicht leise) und man hat als Kind dann das Schuldgefühl.

Ich wünsche dir, dass du es noch schaffst dich zu öffnen, oder vielleicht im Anschluss an die VT dir nochmal eine Gesprächstherapie suchst, da geht es etwas "tiefer" an die Wurzlen.

Alles liebe und Gute! Brami

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Bramaria
sporadischer Gast
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Beiträge: 28

Beitrag So., 22.02.2015, 21:35

Ja und wer weiß, vielleicht passiert das mit den Kindern im Moment, weil du einfach erst deine Probleme lösen sollst, vielleicht möchte das Schicksal es so. Für das Kind wäre es sicher gut, aber ich möchte nicht herzlos klingen. Denke da nur ähnlich wie Scheerose, das alles irgendwo einen Grund hat, den wir nicht immer gleich erkennen.

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Alienia
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Beiträge: 241

Beitrag Mo., 23.02.2015, 21:10

Also: 1. Anpassungsstörung war auch meine erste Diagnose und jetzt haben ich 10 andere Diagnosen dazubekommen. Anpassungsstörung kriegt man häufig als erste Diagnose. Ich würde das auch nicht zu ernst nehmen. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass das in andere Diagnosen umgewandelt wird.
FritziFritz hat geschrieben:Ich schäme mich eigentlich nur dafür, dass ich nichts wirklich auf die Reihe bekomme. Weder beruflich, noch bekomme ich eine Familie hin.
Es gibt sooo viele Menschen, die einen klein machen, die einen einreden wollen, dass man nichts auf die Reihe kriegt oder so etwas.
Und wenn man es selbst nicht schafft, sich einen Wert zuzuschreiben, wird man irgendwann untergehen.
FritziFritz hat geschrieben:Bzw. ich glaube ja irgendwie auch, dass ich gar keinen Therapie Platz verdient habe
Also haben alle Menschen die beruflich nicht vorankommen und keine Familie gegründet haben usw. )Also die all' die Dinge, die du da an dir siehst, besitzen), keinen Anspruch auf Therapie?
Und wenn eine gute Freundin von dir keinen Job hat, Fehlgeburten hatte, einfach nicht gut mit ihrem Leben zurecht kommt, vielleicht auch etwas Pech hatte, hat die dann auch kein Anspruch auf Therapie und ist nichts wert?
Na, danke. In solch einer Welt, wie du sie da haben willst, will ich nicht leben.

Für mich ist jeder Mensch wertvoll. Dafür muss er nichts besonderes geleistet haben.
Oder meinst du man teilt Menschen einfach in Sieger und Verlierer ein und die Verlierer schickt man dann zum Verhungern auf eine einsame Insel? Damit sie endlich weg sind?

Ist nicht jeder Mensch wertvoll und wer Hilfe möchte, sollte sie auch bekommen und hat sie auch verdient, einfach weil er Mensch ist? Wäre es nicht viel schöner in einer solchen Welt zu leben?

Und wenn du jetzt sagt: ja, das gilt natürlich nur für mich, bei den anderen sehe ich das natürlich anders.
Warum behandelst du dich dann so unglaublich viel schlechter als andere?
Sollte man nicht immer bei sich selbst anfangen, sich selbst so behandeln, wie man gern behandelt werden möchte?

Ich finde, letztendlich hat man nur einen wirklich wichtigen Freund: Sich selbst. Und entweder man mach sich das Leben zu Hölle oder eben nicht.
Und ja, man hat die Wahl. Aber Wählen und Verantwortung tragen ist anstrengender, als einfach mit sich geschehen lassen.
Es riecht nach Heldentaten und Kerosin
Bären erwürgen, Metall verbiegen
Mehr Kerben im Colt, genug Risse im Riemen
Flanke, Dropkick, aufgestiegen.

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Thread-EröffnerIn
FritziFritz
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 09:44

Ich danke euch, für eure Antworten, die mich doch teilweise sehr zum nachdenken gebracht haben.

Danke!

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HappyGoLucky
Helferlein
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Beiträge: 50

Beitrag So., 26.04.2015, 02:44

Hallo,

jeder Mensch ist es wert, dass ihm geholfen wird! Ich denke dein Selbtbewusstsein ist grade ziemlich niedrig und die Fehlgeburten machen es erst recht schlimm ( bzw sind der Auslöser dafür ). Es gibt ja sicherlich auch einen Grund dafür, dass es per künstlicher Befruchtung geschehen ist ( Hormonstörung ? ) Da kannst du gar nichts machen und es ist NICHT deine Schuld, dass du 3 Fehlgeburten hattest. Das ist vermutlich Offtopic, aber wusstest du, dass Amanda Tapping ( Seriendarstellerin u.a. Stargate ) 2 Fehlgeburten vor der Geburt ihrer Tochter hatte und 6 danach? ( Hab die Zahl nochmal schnell gegoogelt Quelle hier: http://www.westender.com/news/amanda-ta ... e-1.883172 ) Das kann den besten passieren. Mach dich nicht fertig deswegen! Ich weis, dass ist immer leichter gesagt als getan. Wenn es so einfach wäre, wären wir alle glückliche Menschen und dieses Forum würde nicht existieren.

Und ich find es gut, wenn du dir Hilfe suchst. Vielleicht hat es jetzt noch nicht geholfen, aber es geht einem ja auch nicht einfach so mal spontan schlecht und es geht dir ja schon länger nicht gut, da braucht das Heilen auch seine Zeit. Und vielleicht müssen du und deine Therapeutin auch erst einen Weg finden, der dir hilft. Ihr müsst euch ja auch erstmal aneinander gewöhnen. 10 Stunden sind nicht viel Zeit. Mach dir auch deswegen keine Gedanken und setz dich nicht so unter Druck Ergebnisse erzielen zu müssen. Gut Ding will Weile haben.

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simplicite
Helferlein
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weiblich/female, 23
Beiträge: 32

Beitrag Di., 19.05.2015, 12:14

Liebe Fritzi

Du bist es alle male wert eine Therapie anzutreten. Ich habe weniger schlimmes erlebt als du und bin schon fast 12 Monate in wöchendlicher therapeutischer Behandlung.

Ich denke, es trifft bei dir alles auf einen schlag, dein Vater als Alkoholiker, die Fehlgeburten und die daraus resultierenden Krankheiten. Deine Psyche bestimmt deinen Körper und ganz klar macht die sich gerade bemerkbar.

Und zu deiner Diagnose:
Da deine Therapeutin eine Diagnose stellen muss um von der Krankekasse abgerechnet zu werden, wird meißtens diese als erstbefund gemneldet. Diese beträgt 25 Stunden. Meißtens folgt daraf nach bedarf eine Langzeittherapie, mit neuer Diagnose.

Und zu dem, dass du Probleme hast dich zu öffnen:
Mach dir keinen Druck. Die Therapeutin steht dir neutral gegenüber. Sie ist ein weißes Blatt, was du beschreiben kannst wie du willst. Sie wird nicht über die Urteilen, denn es ist Ihr Job Menschen zu helfen, egal welche Probleme sie haben. Du brauchst dich auch nicht zu schämen, denn deine Probleme sind reale Probleme und diese gilt es zu lösen.

Die Therapie kann dir langfristig nur helfen, wenn du dich auf sie ein lässt.
Geduld ist eine Jägertugend

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