Negative Gedanken - Depressionen - vererbbar ?

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Raphaela
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Negative Gedanken - Depressionen - vererbbar ?

Beitrag Mi., 09.10.2013, 09:58

Mein Vater, der schon vor vielen Jahren verstarb, hatte die Eigenschaft, immer schwarz zu sehen, die meisten Dinge negativ zu bewerten und selbst wenn sie sich als positiv rausstellten, konnte er sie nicht ohne ein "ja, aber….." im Raum stehen lassen. Er fühlte sich stets vom Leben benachteiligt. Man muss dazu sagen, dass er den Zweiten Weltkrieg als Soldat und Kriegsgefangener in Russland durchgemacht hat, er hat grauenhafte Dinge erlebt und seine Brüder sind aus dem Krieg nicht mehr nach Hause gekehrt. Das mag vieles an seiner Sichtweise erklären.

Ich selber halte mich für einen eher positiv denkenden Menschen, so manche Nackenschläge im Leben haben mich letztendlich nicht umgeworfen, sondern ich habe mich immer wieder aufgerappelt, das Beste aus der Situation gemacht und irgendwie immer "an das Gute geglaubt".

Trotzdem hängt diese Art meines Vaters wie ein Schleier über mir… immer wieder machen sich negative Gedanken und Ängste in mir bemerkbar, immer wieder fühle ich mich schwach, unfähig, unentschlossen, zögerlich, und ich führe quasi Tag für Tag einen Kampf mit mir selber. Als ob ich jeden Tag versuche, einen reißenden Strom zu durchschwimmen. Ich schaffe es bildlich gesehen auch, jedes Mal ans andere Ufer zu kommen, aber jeden Tag aufs Neue bin ich durch diesen Kampf total erschöpft.

Mein Leben als solches ist nicht schlecht - ich bin gesund, habe einen guten Job, mein finanzielles Auskommen, familiäre Verpflichtungen liegen hinter mir, ich habe gute Freunde und jede Menge Freizeit, kurz gesagt, es geht mir gut. WARUM aber machen sich trotzdem Tag für Tag diese undefinierbaren Ängste und Zweifel in mir breit? Ich bin mir dessen bewusst, dass es mir gut geht und ich bin auch dankbar dafür (dem Schicksal, dem Himmel… wem auch immer). Wieso kann ich trotzdem nicht einfach unbeschwert leben, ohne dass sich negative Grübeleien in meinem Kopf breit machen? Am schlimmsten ist es frühmorgens beim Aufwachen. Da legen sich diese dunklen Gefühle wie Blei in meine Magengrube, ich habe Angst vor dem bevorstehenden Tag. Erst später, wenn ich das Haus verlasse und in meinen Alltag starte, spüre ich, dass ich wieder Kraft und Mut schöpfe.

Niemand würde mir anmerken, dass ich zuweilen in diese dunklen Löcher falle, ich wirke auf andere positiv, fröhlich und aufgeschlossen, und zu dieser Zeit fühle ich mich dann ja auch so.

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Henrike76
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Beitrag Mi., 09.10.2013, 11:28

Hallo Raphaela,

ja das kann eine Grund-Basis sein für Depressionen die Dir in die Wege gelegt wurde.
Genauso sind schwarzmalerische (kranke?) Bezugspersonen in Kindheit/ Jugend kontraproduktiv.

Entscheidend ist was man aus dem Müll macht. Da scheint Dir schon so einiges gelungen zu sein.
Also Dir ist mehr gelungen als manch anderem (meine meinung).

Es könnte auch sein dass die weggefallenen Pflichten (Erfolge) bei der Kindererziehung Dir etwas fehlen. Da würde ich eine neue Gruppe suchen, oder hinmurksen, in die Du Dich einbringen kannst. Das hilft mir unheimlich gegen den schwarzen Hund der depression. Da hast Du sicher auch schon was versucht!

Und vielleicht eine Bildkollage machen mit Deinen (Euren) Erfolgen und guten Sachen (alles negative weglassen). Bin gerade dabei hier in der Klinik sowas zu basteln. Das ist mein Erfolgsmodell.

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Chinchi
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Beitrag Mi., 09.10.2013, 11:55

Hallo Raphaela,

du hast erwähnt hast, dass dein Vater im 2. Weltkrieg war. Es gibt die Annahme, dass Traumata über Generationen weiter gegeben werden können. Auch unbewusst und sogar über mehrere Generationen. Falls du Lust hast, etwas darüber zu lesen, kann ich dir zwei Buchtitel sagen: "Die vergessene Generation" (Sabine Bode) und "Wir Kinder der Kriegskinder".

Viele Grüße
Chinchi

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Henrike76
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Beitrag Do., 10.10.2013, 08:25

@Chinchi

Ich glaube auch daran, dass die Leute die einen Eid unter Hitler leisten mussten irgendwie das Böse auch weitergetragen haben.

Ob das jedoch hilfreich ist da genauer hinzugucken? Eher nicht, schon gar nicht solch ein Buch lesen.

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Chinchi
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Beitrag Do., 10.10.2013, 10:39

Hallo Henrike76,
das Böse auch weitergetragen haben.
Darum geht es doch gar nicht in den Büchern. Hast du die Bücher denn selbst gelesen??

Naja, Raphaela ist alt genug um selbst zu entscheiden, ob sie ein Buch lesen möchte oder nicht.

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Raphaela
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Beitrag Do., 10.10.2013, 12:48

Hallo ihr,
ich kenne diese Bücher, aber wie Chinchi schon sagt, das ist hier doch gar nicht das Thema. Mein Vater war kein KriegsKIND, sondern hat als Soldat gekämpft. Ist vielleicht ein erheblicher Unterschied. Dass er traumatisiert war, steht außer Frage, dazu brauche ich nicht erst Bücher lesen.
Meine Frage war eher, ob sich seine Depressionen, negative Grundeinstellung etc. auf mich als sein Kind weitervererben konnten.

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Raphaela
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Beitrag Do., 10.10.2013, 12:50

Henrike76 hat geschrieben:Und vielleicht eine Bildkollage machen mit Deinen (Euren) Erfolgen und guten Sachen (alles negative weglassen). Bin gerade dabei hier in der Klinik sowas zu basteln. Das ist mein Erfolgsmodell.
Die Bildkollage hast du in einem anderen Thread auch empfohlen
Nun, wenn es dir hilft..... ich bin aber weder in einer Klinik noch in einem Kindergarten, sorry, das ist sicher nicht mein Weg. Aber trotzdem danke für deine Anteilnahme.

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Schlumpfi99
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Beitrag Do., 10.10.2013, 13:16

Hallo Raphaela,

mein Vater (auch schon verstorben) war auch Soldat im 2.Weltkrieg, da war er ca. 16 als er eingezogen wurde. Sein Bruder ist gefallen. Das er traumatisiert war glaub ich auf jeden Fall, er hatte Depressionen war auch ein eher negativ denkender Mensch, sehr zurückhaltend, redete nicht viel.
Ich denke schon dass wir davon was abbekommen haben, meinte jedenfalls auch meine Thera.
Ich könnte in meinem Leben auch voll zufrieden sein bis auf paar Kleinigkeiten, ganz sicher.
Aber wie Du schon sagt es liegt irgendwie ein Schleier über mir.
Warum tue ich mir in manchen Dingen nur so schwer, mache mir Gedanken viel zu viel, manchmal zermürbend...
Naja...mit der Therapie habe ich zumindest Erfolge, aber es ist halt ein langer Weg.

LG
Schlumpfi

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Chinchi
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Beitrag Do., 10.10.2013, 13:27

Meine Frage war eher, ob sich seine Depressionen, negative Grundeinstellung etc. auf mich als sein Kind weitervererben konnten.
Ja, das kann sein. Bei jeglicher Art von Traumatisierung, egal ob Kriegskind, Soldat oder oder oder. Wird auch in den Büchern erwähnt.

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Henrike76
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Beitrag Do., 10.10.2013, 21:40

Hallo Raphaela,

ich denke man muss das zwischen Vererbung (genetisch) und Erziehung (im weiteren Sinne) unterscheiden.

Genetisch kann die Veranlagung für psych. Krankheiten schon vererbt sein.

Die Traumata aus dem Krieg (oder sonstwo her) gibt der Vater ja meist nicht gewollt weiter (wer will bewusst seinem Kind schaden?).
Gerade als normaler Soldat mussten die Dinge tun, die einem die Haare zu Berge stehen lassen (Zivilisten oder Partisanen hinrichten).

Ob Du da bereits eine Depression hast kann keiner sagen (es gibt auch schwache Ausprägungen wie Dysthemie, oder ähnliches). Dafür gibt es Fachleute!

Was ich mit der Bild-Kollage meinte ist, dass man sich ggf. über eine Therapie aus den Löchern heraushelfen lässt. Das war nur ein Beispiel (wie auch die Lebenskarten oder eine neue Aufgabe in einem Club) um positive Gefühle zu stärken.
Das man das belächelt ist aber auch eine Überheblichkeit.
Dafür brauchst Du nicht in den Kindergarten oder die Klinik zu gehen, das kann man auch anderswo angehen.

Solltest Du da selbst traumatisiert sein durch die Schwarzmalereien, kann auch das dort eingebracht werden. Das werden wir hier nicht leisten können.

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Elphi
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Beitrag Di., 15.10.2013, 06:07

hallo Raphaela,
wie soll das gehen---Traumata über Generationen weiter geben?
Depressionen erblich?Wohl kaum.Verkenne nicht die Erziehung oder was Du Dir "abgesehen" hast aus der Familie.
Wir sind doch selbstverantwortlich für das was uns passiert.Wenn Du wirklich den "Dingen"(Deinen) auf den Grund gehen willst und es heilen möchtest, dann empfehle ich Dir im Internet "Elphismus". Die City News aus Köln hat jetzt auch darüber berichtet in diesem Jahr. Ob es etwas für Dich ist, weiss ich nicht.
Viel Erfolg

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minds
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Beitrag Di., 15.10.2013, 07:21

Mich würde interessieren: wenn eine Depression vererbt ist...lässt sie sich dann überhaupt auflösen?
Kann man ein Trauma in sich selbst auflösen, wenn es eigentlich der Vater erlebt hat?
Oder kann man bei einer vererbten Depression nichts tun am Ende? Ist man dem "ausgeliefert"?

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Henrike76
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Beitrag Di., 15.10.2013, 07:53

@minds

Also ich habe das so gelernt, dass die Veranlagung zu psych. Erkrankungen (1) vererbt werden kann.
Das muss dann nicht ausbrechen.
Der Vater hat das Kriegstraumata aber wohl kaum in seinen Genen drin.

Es ist eher ein kaltes oder ablehnendes (gewalttätig?) Elternhaus was dann erneut eine schlechte Grundlage (2) für psych. Gesundheit ist.

Ich würde mir da gar nicht so sehr Gedanken machen um vererbte Grundlagen sondern therapeutisch gucken (lassen) welche Stellschrauben heute verändert werden können.

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mondlicht
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Beitrag Mi., 16.10.2013, 11:52

Ich glaube, dass Einflüsse von Eltern "Dispositionen" für bestimmte Gefühls- und Gedankenmuster legen, dass aber ebenso auch Anteile aus dem eigenen Leben hinzukommen. Es wäre ja ein schrecklicher Gedanke, im eigenen Leben nur auszuleben, was das Elternhaus einmal angelegt hat.
Zwei Sachen fallen mir ein zu dem, was Raphaela schreibt und zu Euren Antworten. Ich habe bei mir oft das Gefühl, ich "darf nicht" unbeschwert und glücklich sein. Irgendwie müssen auch in Situationen, die viel Positives enthalten, Schatten sein. Dass das vor allem am Morgen stattfindet, ist mir auch sehr vertraut. Da habe ich auch den Eindruck, das ist ein Gewohnheitsmuster, vielleicht von meiner Mutter übernommen. Vielleicht spielt auch ein schlechtes Gewissen hinein - wenn es der Mutter oder dem Vater so schlecht ging oder geht, darf ich nicht glücklich sein. Ich halte es aber außerdem für sinnvoll, das eigene Leben genauer unter die Lupe zu nehmen - dieses "Mir müsste es eigentlich gut gehen". Das kommt schon ein bisschen massiv daher, wie eine Abwehr gegenteiliger Gefühle. Vielleicht kommt ja trotz gutem Job, erfolgreich erledigten Familienaufgaben und einem angenehmen Freundeskreis etwas zu kurz. Irgendein widerspenstiges Bedürfnis, das hinter der bürgerlichen Fassade und den Alltagsroutinen erstickt wird. Ich sage das auch manchmal: "eigentlich geht es Dir doch gut". Aber dann frage ich mich, was das eigentlich soll. Etwas in mir macht doch, dass es mir nicht gut geht. Da hilft wohl nur das Hinspüren, sich dem zärtlich und annehmend zuzuwenden, was da ruft.

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leapy
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Beitrag Do., 17.10.2013, 17:20

Hallo Raphaela,
wenn du spürst, da ist etwas von dem Leid deines Vaters, das dich berührt, dann ist das auch so. Soldaten mussten im Krieg töten oder haben ansehen müssen, wie andere töteten. Da kann man sich vorstellen, wie das auf die Seele deines Vaters gewirkt hat. Über solch traumatische Ereignisse wurde meist nicht gesprochen, oder sie wurden unerledigt gelassen.
Sehr gut hat das Hunter Beaumont in einem Buch beschrieben, Auf die Seele schauen. Wie man mit so einer Situation zurechtkommt, findet man auch.
Gruß
leapy

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