Müde des Kampfes

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Fouché
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Müde des Kampfes

Beitrag Mo., 29.07.2013, 10:22

Mein Leben lang habe ich gekämpft. Habe immer wieder neue Hoffnung geschöpft. Habe mich mit vielem abgefunden, was nicht ging. Habe vieles entdeckt, was ging. Habe aus allem und jedem versucht Freude und Zufriedenheit zu saugen. Oft gelang es mir. Ich beneidete niemanden, ich fand, ich habe es so gut gemacht, wie ich konnte, wie es möglich war.

Seit einiger Zeit habe ich Schmerzen. Mein Körper will nicht mehr so, wie ich will. Ich verliere meine Freiheit. Ich verliere mein Leben wie es bisher war.
Ich beobachte meinen körperlichen Verfall. Ich könnte heulen. Ich kann nicht mehr so wie früher, so wie ich will und wie es mir immer Freude gemacht hat.
Seit einiger Zeit nehmen die Abschiede zu. Abschiede von Menschen, Abschiede von Zielen. Vieles steht mir nicht mehr offen. Vieles wird nicht mehr geschehen in diesem Leben, vieles wird ab jetzt nur noch schlechter werden, nie wieder besser.
Seit einiger Zeit ist mir klar, dass ich mein Leben bereits gelebt habe. Und ich habe es nicht so gut gemacht, wie ich hätte können. Aber jetzt ist es zu spät.

Ich betäube mich mit Beschäftigung, oft bis zur Erschöpfung, nur um nicht nachdenken zu müssen. Sobald ich der Erschöpfung nachgebe, kommen die Gedanken der Hoffnungslosigkeit.

Ich halte durch, mache weiter. Sauge Freude aus allem. Denke nicht nach. Nachdenken tut weh.

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Herzeleid
Helferlein
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Beitrag Mo., 29.07.2013, 15:51

Hallo, was willst du uns jetzt mit deinem Beitrag sagen? Anscheind scheinst du ja eine gute Lösung gefunden zu haben.

"Ich halte durch, mache weiter. Sauge Freude aus allem. Denke nicht nach. Nachdenken tut weh."

Ich fühle mich, da ich chronisch krank bin, seit Jahren so wie du es schilderst. Eine Lösung habe ich für mich nicht gefunden, außer ich lebe von einer Stunde zur nächsten und hoffe und bete das ich die Kraft habe bis zum Ende durchzuhalten.
Lg Herzeleid
Hinweis: Ich bin kein Mediziner und habe auch keine medizinische
Ausbildung. Alles was ich hier schreibe sind meine eigenen Erfahrungen
oder angelesenes Wissen. Also alles Ohne Gewähr.

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sandrin
[nicht mehr wegzudenken]
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Beiträge: 3313

Beitrag Mo., 29.07.2013, 16:53

Ich verstehe schon, was Fouché uns sagen will. Sie ist verzweifelt und resigniert, hat das Gefühl, dass nichts mehr so recht Sinn ergibt. Auch dieses lebenslange Kämpfen kenne ich. Es macht so unendlich müde. Der Körper macht einem dann einen Strich durch die Rechnung, es ist auch die Quittung für das Kämpfen und das vielleicht fast schon zwanghafte Ziehen von Positivem aus eigentlich Belastendem.

Allerdings glaube ich nicht, dass dein Leben gelaufen ist. Ich glaube, du kannst noch so viele Dinge machen. Sicherlich musst du dich an dein körperliches Befinden anpassen, du musst MIT deinem Körper arbeiten und leben und nicht dagegen. Nimm deinen Körper als Freund an, der dir nichts Böses will. Ganz im Gegenteil. Er hat dich über Jahre hinweg durchs Leben getragen, und das, obwohl er oft genug geschunden wurde. Du bist resigniert und traurig, das ist dein Gefühl im Moment. Und das darf sein!

GLG Sandrin

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Farinata
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Beiträge: 149

Beitrag Mo., 29.07.2013, 16:57

Wer müde ist und am Boden liegt, hat gerade keine Kraft mehr und sieht das Leben entsprechend düster. Das kann wieder anders werden.

Meine Empfehlung für dich ist, deine Ansprüche -nein, nicht herabzuschrauben- sondern nur ein wenig zu verlagern. Nicht Action ist ab jetzt angesagt, sondern ruhiges, aber nicht weniger Schönes; vielleicht die "Entdeckung der Langsamkeit"?

Du hast nur dann nichts mehr vor dir, wenn du das glaubst. Ich bin sicher, auch dir bietet das Leben noch viel, du kannst es nur gerade nicht sehen.

Und einige Dinge haben wir eben "verpasst", na egal - wir können sowieso nicht alles mitnehmen, was am Wegesrand liegt. Irgendwas bleibt immer zurück, so gehts aber jedem.

Liebe ermunternde Grüße
von einer ebenfalls nicht mehr Jungen
Bester Gruß,
Farinata

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imsueden
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Beiträge: 15

Beitrag Mo., 29.07.2013, 18:11

Hallo Fouché,
was mich interessiert:
- Wie alt bist Du?
- Welche körperlichen Probleme hast Du konkret und was sagen die Ärzte dazu?
- Wie sind Deine Lebensumstände (Familie, Arbeit, etc)?
- Hast Du Angst vor der Zukunft?
- Hast Du jemanden, der Dich unterstützt, mit dem Du reden kannst (Therapeut)?

Ich habe einige Erfahrungen mit genau diesem Gefühl. Aus eigener Erfahrung und von vielen Klienten.
Aber sagen möchte bzw. kann ich dazu erst etwas, wenn ich nähere Informationen habe.

Erzähle doch mal.
Gruß
imsueden

Lindau / Bodensee - praxisreiter.de

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Fouché
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Beitrag Di., 30.07.2013, 06:59

Was ich mit diesem Beitrag sagen wollte... ja, keine Ahnung. Ich wollte mir nur mal meine miesen Gefühle von der Seele schreiben. Mein Leben war wie es war. Ich habe mich entschieden es so zu leben, wie ich es gelebt habe. Das ist nicht mehr zu ändern.
Herzeleid hat geschrieben:Anscheind scheinst du ja eine gute Lösung gefunden zu haben.
Ja, ich habe eine Lösung gefunden. Nicht-Nachdenken ist meine Lösung. Geerdet bleiben, fest an der Realität des Alltags kleben bleiben, jede Kreativität unterdrücken, nie darüber nachdenken, was anders hätte sein können, wenn ich mutiger, klüger, besser gehandelt hätte. Mich ablenken und beschäftigen - bis zur Erschöpfung. Das ist meine Lösung. Ist sie gut?
Farinata hat geschrieben:Wer müde ist und am Boden liegt, hat gerade keine Kraft mehr und sieht das Leben entsprechend düster. Das kann wieder anders werden
Anders... wie denn anders? Ich habe so viel versäumt, als ich noch jung und im Stande gewesen wäre es zu erreichen und zu genießen. Ich habe verzichtet. Und jetzt bin ich zu alt.
Farinata hat geschrieben: Ich bin sicher, auch dir bietet das Leben noch viel, du kannst es nur gerade nicht sehen.
Ich habe mir das immer eingeredet. Aber es stimmt nicht. Das Leben hat mir "Überleben" geboten. Zurechtkommen. Es schaffen, gerade mal so, und immer mit großer Anstrengung.
Aber jetzt werde ich alt. Was soll da jetzt noch groß kommen? Die Ziele, die in meiner Reichweite lagen, habe ich irgendwie erreicht. Nicht perfekt, aber immerhin zufriedenstellend.
Ich habe keine Ziele mehr.

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Nico
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Beitrag Di., 30.07.2013, 07:20

Hi Fouche !

Wir sind ja annähernd gleich alt und daher spricht mich dein Thread ein bissl an.
Ja der Körper lässt langsam nach und besser wird das wohl nicht mehr sondern sicher langsam schlechter.
Ist halt so und auch alles relativ denn ich kenne genügend 30 bis 40 Jährige die ich locker noch einstecke.
Ausserdem war ich mit 28 in einem viel schlechteren Zustand als ich es heute bin.
Für Ziele bist einzig und alleine du zuständig, das hat mit dem Alter nix zu tun, meine Eltern sind über 80 und haben noch immer Ziele und Pläne,
verändern noch immer und freuen sich über erreichtes.
Ich z.B. habe von meinem 15. bis zum 28. Lebensjahr gesoffen und nicht wirklich gelebt, nachholen lässt sich soetwas niemals, aber es hat mich anders gemacht, bewusster meinem jetzigen Leben gegenüber und so war auch diese ansich verlorene Zeit sehr wertvoll.
Es kommt immer darauf an was man daraus macht und machen kannst nur du etwas daraus, am Leben oder am Alter hängt es nicht, es liegt an dir.

Auch in meinem Leben gab es kurz diese Phase der Stagnation und Perspektivenlosigkeit, zum Glück konnte ich mich aufraffen und aktiv einen Umschwung herbeiführen.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)


ballpoint
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Beitrag Di., 30.07.2013, 07:58

Fouché hat geschrieben:Ich habe keine Ziele mehr.
Für Menschen die immer nur von vermeintlichen Zielen gesteuert wurden, kann Ziellosigkeit sich als ein getarnter Segen herausstellen.
caute

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Fouché
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Beitrag Di., 30.07.2013, 08:02

ballpoint, wie meinst Du das?

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drlee
neu an Bo(a)rd!
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Beitrag Di., 30.07.2013, 08:22

du hast alles gegeben was ging und wenn es nicht geklappt hat, dann hat man keine andere wahl als sich damit abzufinden. es ist genau so als müsste man sich mit einer krankheit, die man nicht los wird, anfreunden.

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imsueden
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Beitrag Di., 30.07.2013, 09:10

Mit 50 bin ich total abgestürzt - abgestürzt - abgestürzt, nichts ging mehr. Loch. 0.
Mit 51 hatte ich mich soweit entspannt (weil sowieso nichts mehr ging), dass ich anfing mich zu erinnern.
Ich habe mich daran erinnert, was ich als Kind gerne gemacht habe und was mich wirklich interessiert, woran ich Spaß habe.
Dann habe ich ein Fazit gezogen, Möglichkeiten gesucht und eine neue Ausbildung gemacht - sponsert by Jobcenter - und habe wieder Mut und Kraft bekommen.
Heute bin ich 56 und es ist mir noch nie so gut gegangen. Ich entdecke mich selbst neu und habe sehr viel damit zu tun, es mit gut gehen zu lassen.

Ich denke, 50 ist ein schwieriges Alter. Aber es gibt ein Leben danach.
Mit weniger Stress, mehr Erfahrung und neuer Stärke.

Steh es durch - das gewaltige Tief.
Gruß
imsueden

Lindau / Bodensee - praxisreiter.de


ballpoint
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Beitrag Di., 30.07.2013, 09:24

Fouché hat geschrieben:ballpoint, wie meinst Du das?

Fouché, dann lässt sich wohl doch das verhasste Wort Sinngebung nicht vermeiden. Wer sich Ziele setzt, geht davon aus dass sie erstrebenswert sind und etwas bringen. Wer aber nicht gelernt hat diese Ziele in eine erfüllende langfristige Perspektive einzufügen, der kriegt es eines bösen Tages mit der Angst. Da er zwar seiner täglichen Arbeit, nicht aber seinem Dasein einen Sinn zuzuschreiben imstande ist. Dazu ist es aber nie zu spät. Der Mensch braucht Frieden. Mit seiner Geburt und mit seinem Tod. Dieser Frieden kann auch aus der befreienden Erkenntnis totaler Sinnlosigkeit allen Seins und der tatsächlichen Unzulänglichkeit menschlichen Strebens herrühren. Wir moderne Menschen benutzen oft unsere blinde Zielstrebigkeit als Droge um den wichtigeren Fragen aus dem Weg zu gehen. Weil die Religionen nicht mehr funktionieren, weil alle es so zu machen scheinen, weil weil weil. Du hast dir dein ganzes Leben vorgetäuscht dass der Kaiser schöne Kleider trug. Nun gestehst du dir dass er überhaupt keine anhatte. Das ist doch wenigstens endlich die Wahrheit... Und die Wahrheit ist der einzige richtige Anfang. Von was auch immer.
caute

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Fouché
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Beitrag Di., 30.07.2013, 17:06

Ich bin ja schon früh zu der Erkenntnis gekommen, daß das Leben an sich keinen Sinn hat, wenn man nicht gerade in irgendeiner Richtung gläubig ist. Zum Glauben an was auch immer konnte ich mich nie durchringen, das liegt mir nicht.
Ich habe auch vollständig und mit einem überlegenem Grinsen akzeptiert, dass das Leben keinen Sinn an sich hat - außer man gibt ihm einen.
Da bin ich eh auf einer Linie mit allen, die das hier schreiben.
Aber ich finde es mittlerweile einfach nur noch mühsam, mir schon wieder einen Sinn des Lebens aus zu tüffteln und zusammen zu basteln.

Als ich jung war, wollte ich Lernen, Erfahrungen machen und auch Spaß haben. Später wollte ich mich "festigen", Sicherheit bekommen, Probleme lösen.
Ich habe viel gelernt - ich bin richtig übersättigt.
Ich habe Erfahrungen gemacht - und manche waren recht übel und haben mich kopfscheu gemacht.
Ich hatte auch Spaß, ja hatte ich.
Ich bin gefestigt, soweit man das erreichen kann, bin meiner selbst sicher und kann mittlerweile echt gut Probleme lösen.

Was ich nie auf meiner Liste hatte, war GLÜCKLICH SEIN. Das war für mich ein so unrealistisches Ziel, daß ich es eigentlich ausgeschlossen habe.
Ich habe immer geglaubt, Glück ist etwas, was von außen einfach über einen kommt. Manche kriegen es und manche eben nicht. War das falsch? Hätte ich glücklich sein können, wenn ich es wirklich versucht hätte, wenn ich daran geglaubt hätte? Habe ich es mir selber versaut, glücklich zu sein?
Jetzt noch glücklich werden - das wird wohl nicht klappen. Es ist zu spät. Ich muss den Weg weitergehen, den ich eingeschlagen habe.

Ich halte nicht viel von der "Wahrheit". Die "Wahrheit" ist nicht gerade schön anzusehen, oft unangenehm und vor allem, was bringt es einem, die "Wahrheit" zu sehen? Dann ist der Kaiser eben nackt - davon wird weder der Kaiser noch sonst jemand glücklich.

Vielleicht habe ich eine Midlife-crisis. Das Wort ist eigentlich veraltet, sowas hat scheinbar keiner mehr.

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imsueden
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Beitrag Mi., 31.07.2013, 10:28

Hallo Fouché,

der Sinn vom Ganzen - ich habe mir vor vielen Jahren verboten darüber nachzudenken - es macht keinen Sinn.
Ich bin auf die Entdeckungsreise gegangen und habe kleine Sinne gefunden und auch ein kleines Glück.
1/8000000000 Verantwortung für mich und die Anderen, jeder Einzelne ist wichtig und beeinflußt mit dem was er denkt und tut alles. Macht das Sinn?
Ein Satz von Steve De Shazer "Das Leben ist ein verdammtes Ding nach dem Anderen" hat mir seltsamer Weise sehr geholfen. Ja, so ist es, nimm es an oder laß es bleiben.
Der Kampf zehrt auf - Vertrauen in die reine Existenz kann glücklich machen, ist aber nicht einfach.

Meine Methode: Reinfallen lassen. Dann bin ich auch sehr schnell wieder draußen.

PS: Wahrscheinlich kannst Du mit dem Zeugs nichts anfangen. Ich habe nur spontan ein paar Gedanken aufgeschrieben.
Gruß
imsueden

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Fouché
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Beitrag Mi., 31.07.2013, 14:21

Hallo Imsueden.
Ich kann durchaus etwas anfangen mit dem, was Du schreibst.
Der Satz mit dem einen verdammten Ding nach dem anderen gefällt mir sehr gut.
Vertrauen in die reine Existenz ist mir aber nicht klar. Die reine Existenz ist eine neutrale Sache, die ist oder nicht ist. Um da einen Sinn drin zu finden braucht es etwas zusätzliches, eine Art Wertung, oder Beurteilung oder Empfindung. Eben Sinngebung.

Ich denke gerade darüber nach, ob und wie sehr ich selbst schuld an meinen miesen Gefühlen bin, weil ich nicht an das Glück geglaubt habe. Ich glaube, das war ein großer Fehler von mir. Ich konnte ja nicht glücklich sein, weil ich Glück an sich für unmöglich gehalten habe. Das macht mich gerade sehr traurig. Ich habe mich für schlau gehalten, aber ich war wohl eher sehr dumm.

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