Depression und 'freier Wille'
Depression und "freier Wille"
Die Depression ist ja im Grunde ein sehr anschauliches Beispiel dafür, dass der Mensch über keinen "freien Willen" verfügt.
Ich würde mir garantiert mein Leben anders gestalten wollen, wenn ich einen wirklich "freien Willen" hätte.
Wenn man vollkommen entgegen seinem eigentlichen Willen handelt, ist der Begriff Wille dann nicht eigentlich vollkommen überflüssig?
Oder wie seht ihr das?
Ich würde mir garantiert mein Leben anders gestalten wollen, wenn ich einen wirklich "freien Willen" hätte.
Wenn man vollkommen entgegen seinem eigentlichen Willen handelt, ist der Begriff Wille dann nicht eigentlich vollkommen überflüssig?
Oder wie seht ihr das?
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Wenn das, was du schreibst wahr wäre, dann dürfte kein Mensch dieser Welt seine Depression überwinden können oder anders gesprochen, dann hätte jeder Mensch eine.
Zuletzt geändert von hope_81 am Mi., 06.02.2013, 19:28, insgesamt 1-mal geändert.
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli
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Den Satz ist nicht verständlich.Ombra hat geschrieben:Die Depression ist ja im Grunde ein sehr anschauliches Beispiel dafür, dass der Mensch über keinen "freien Willen" verfügt.
Der Mensch hat einen freien Willen.
Eine Depression kann kein Beispiel sein (???).
Eine Depression ist eine Beeinträchtigung des freien Willens, und damit kein Beispiel, sondern ein Ausnahmefall, der das Vorhandensein des freien Willens bestätig..
Alles ist gut, wenn es aus Schokolade ist.
Ich meinte damit, dass der Mensch ohne Depression einfach nur durch andere Dinge geleitet wird. Also konkret durch andere Emotionen.Ratlosigkeit hat geschrieben: Den Satz ist nicht verständlich.
Der Mensch hat einen freien Willen.
Eine Depression kann kein Beispiel sein (???).
Eine Depression ist eine Beeinträchtigung des freien Willens, und damit kein Beispiel, sondern ein Ausnahmefall, der das Vorhandensein des freien Willens bestätig..
Woran erkennt man denn, dass der Mensch überhaupt einen freien Willen hat?
Ich erkenne das nicht.
Ich sehe den Mensch eher als so eine Art Computerprogramm.
Er empfindet Hunger => er isst.
Er ist müde => er schläft.
Er will unbedingt glücklich sein => er läuft stupide diesem Ziel hinterher.
Da ist immer ein emotionaler Antrieb und der Mensch handelt, wie ferngesteuert nach diesem emotionalen Antrieb.
Zum Beispiel, das Gefühl frei sein zu wollen => der Mensch redet sich ein einen "freien Willen" zu haben.
Der Mensch hat das Gefühl, dass er Gereichtigkeit will => er handelt so, wie er das für richtig hält.
Aber alle diese Antriebe sind ein festes Programm, was in den Menschen abläuft. In allen.
Also ist er nicht frei, weil er in diesem Programm eingesperrt ist. Auch wenn es sehr komplex ist und deshalb nicht so einfach zu durchschauen wie ein Computer. Wo man einen Befehl eingibt und der Computer reagiert.
Nur das das Handeln der Menschen aus mehreren Befehlen zusammengesetzt ist, die komplex verbunden sind.
Aber im Prinzip ist es das gleiche.
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Wart mal!Ombra hat geschrieben:Ich sehe den Mensch eher als so eine Art Computerprogramm.
Er empfindet Hunger => er isst.
Er ist müde => er schläft.
Er will unbedingt glücklich sein => er läuft stupide diesem Ziel hinterher.
Hunger - essen. Ja, aber er kann fasten, manche machen das Wochenlang, wenn er sich dazu entschließt.
Müde-Schlafen. Ja, aber er kann auch wachbleiben, auch das machen manche, aus freiem Willen, so lange der Körper mitmacht.
Glücklich sein - es gibt auch Fälle, wo Menschen sich entschließen, dem Unglück nachzugeben - Selbstmord.
Der Mensch hat einen freien Willen.
Was ist z.B. mit Menschen, die in politischen Widerstand gehen - obwohl sie es wesentlich bequemer und einfacher und sogar sicherer hätten, wenn sie einfach "nach Programm" funktionieren würden?
Oder Kettenraucher, die aufhören. Da verlangt sogar der Körper vehement das Gift, und sie entscheiden sich trotzdem aus freiem Willen gegen das Rauchen, trotz der körperlichen Beschwerden.
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Ja, aber dann läuft einfach nur noch ein anderes Programm parallel ab.Ratlosigkeit hat geschrieben:Hunger - essen. Ja, aber er kann fasten, manche machen das Wochenlang, wenn er sich dazu entschließt.
Zum Beispiel in dem Menschen ist es einprogrammiert, dass Dünnsein kulturell hoch angesehen ist und er will ein höheres Selbtwertgefühl => Fasten.
Oder es läuft ein religiöses Programm ab, vielleicht hat man ihn so programmiert, dass er nur Gott gefällt, wenn er fastet => positive Emotionen leiten hin zum Fasten.
Jeder Mensch ist individuell programmiert. Weil die Programme eben so komplex sind und sich aus so unterschiedlichen Teilen zusammensetzen, kann man daraus eben auch viele unterschiedliche Programme basteln.
Beim Selbstmord läuft auch wieder ein anderes Programm ab. Zum Beispiel könnte es sein, dass der Mensch aufgrund bestimmter Emotionen, das Gefühl hat tot glücklicher zu sein.
Dahinter steht auch wieder ein Programm.Ratlosigkeit hat geschrieben:Was ist z.B. mit Menschen, die in politischen Widerstand gehen - obwohl sie es wesentlich bequemer und einfacher und sogar sicherer hätten,
Kein Mensch wird ohne Grund politschen Widerstand leisten. Er wird dazu prgrammiert und gemacht und genetisch bestimmt. Er kann gar nicht anders handeln als so, weil dieses Programm es so festlegt.
Vielleicht hat ihn ein bestimmtes politisches System etwas genommen.
Aber kein Mensch wird wirklich einfach so ohne dieses Programm, was in ihm abläuft Widerstand leisten.
Nein, manchen Menschen ist eben ihr Gesundheit dann doch wichtiger aufgrund des Programms.Ratlosigkeit hat geschrieben:Oder Kettenraucher, die aufhören. Da verlangt sogar der Körper vehement das Gift, und sie entscheiden sich trotzdem aus freiem Willen gegen das Rauchen, trotz der körperlichen Beschwerden.
Wirklich frei, würde bedeuten, dass alle Menschen grundsätzlich zu allen menschlichem Verhalten fähig wären. Das ist aber nicht so.
Zum Beispiel: Wenn die Menschen wirklich frei wären, dann würde sich in einigen Ländern nicht so etwas entwickeln können, wie das alle Frauen ein Kopftuch tragen. Sie haben ja vielleicht irgendwann mal das Gefühl gehabt, sie machen es vollkommen freiwillig. Aber letztendlich wurden sie so programmiert.
Das was wir als für uns gut und richtig empfinden, ist festgelegt.
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Wenn Du den Freien Willen als Programm definierst mit x Variablen (eine proo individuellem Verhalten), passiert aber folgendes:
Du gelangst zu einer unendlichen Zahl von Variablen für Deine Programme. Und Unendlich ist nicht mehr klassifizierbar, also gleich Freiheit.
JEDES Verhalten ist möglich, wir halten es nur für unmöglich, weil wir es noch nicht empirisch erfahren haben. Schuld ist unsere Begrenztheit, nicht die Begrenzheit der Variablen.
Du gelangst zu einer unendlichen Zahl von Variablen für Deine Programme. Und Unendlich ist nicht mehr klassifizierbar, also gleich Freiheit.
Aber das Leben (die Geschichte) beweist doch, dass es genau so ist!!!Ombra hat geschrieben:Wirklich frei, würde bedeuten, dass alle Menschen grundsätzlich zu allen menschlichem Verhalten fähig wären. Das ist aber nicht so.
JEDES Verhalten ist möglich, wir halten es nur für unmöglich, weil wir es noch nicht empirisch erfahren haben. Schuld ist unsere Begrenztheit, nicht die Begrenzheit der Variablen.
Alles ist gut, wenn es aus Schokolade ist.
Wo genau sollen denn diese Programme programmiert sein? Und wer führt sie aus? Und wer programmiert die wiederum?
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli
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Ich sags so: Der 'freie Wille' ist kein Gesetz und keine absolute Wahrheit. Es gibt Experimente, die durchschauen lassen, dass der 'freie Wille' eine Illusion ist. Ich vermute, vom Libet-Experiment hat jeder schon einmal gehört.
Der Mensch - oder besser - sein Gehirn, ist so gebaut, dass es plausible Erklärungen für Handlungen 'erfindet' und seinem 'Besitzer' suggeriert, frei entschieden zu haben. Die Erklärungen für das Verhalten sind so gut, dass der Mensch wirklich glaubt, er habe sich vorher und bewusst dazu entschieden, gewisse Dinge zu tun - die Gründe sind kausal, lassen sich gut nachvollziehen...
Zu den 'Programmen': Erziehung ist doch nichts anderes, als eine Form der Dressur, der Konditionierung und wir alle haben die Erfahrung gemacht, dass Prägungen mitunter so stark sind, dass wir mit unserem Willen eben NICHT dagegen ankommen, oder nur mit einem wahrhaftigen Gewaltakt uns selbst gegenüber, der bis hin zur Selbstverleugnung geht. Der Automatismus nach dem der Mensch funktioniert, macht ihn überhaupt erst Alltagsfähig. Man stelle sich vor, man müsste sich wirklich zu ALLEM bewusst entschließen und entscheiden.
Wenn ein Mensch vor eine Situation gestellt wird, reagiert er entsprechend seiner bisherien Erfahrungen. Insofern wäre sein Verhalten voraus berechenbar, wenn man alle Parameter kennen würde. Und was machen wir in unseren Therapien denn? Wir suchen die Ursachen unseres Verhaltens. Hätten wir einen 'freien Willen' so könnten wir zu allem sagen: Das habe ich so gewollt. Ich bräuchte nicht über die Ursachen meiner Handlungen nachdenken, denn sobald ich glaube, meine Handlungen wären die Konsequenz von etwas, widerspricht das der Theorie des 'freien Willens'.
Undja, so kann man sich trotz Hunger dazu entschließen, zu fasten. Dennoch: Selten ist man überrascht, wenn ein Mensch sich dazu entschließt zu fasten - aber auch - dass er es (nicht) schafft. Wenn wir Menschen kennen, lassen sich gewisse Entscheidungen vorausberechnen. Und viele unserer Handlungen machen genau das: Den 'freien Willen' abschalten, den von Anderen aber auch unseren eigenen.
Ich könnte mich nun fragen: War es mein freier Wille, hier zu posten? Es scheint so. Niemand hat mich gezwungen. Und es ist schön und kuschelig, zu glauben, dass ich mich wirklich dazu entschieden habe. Viel eher aber reagiere ich nur wie ein konditionierter Hund, spiele Programmmodule ab. Gewisse Umstände erzeugen die Handlung, das PT-Forum zu öffnen, meine bisherige beschäftigung mit dem freien Willen hat mich anspringen lassen, hier zu schreiben. Wenn ich hier NICHT geschrieben hätte, wäre das nicht mehr oder weniger der freie Wille gewesen. Ich hätte nur etwas interessanteres getan, wäre abgelenkt worden, hätte aufgrund von Erfahrung beschlossen, dass solche Diskussionen nichts bringen. Aber hätte wirklich ICH mich dazu entschlossen, oder führe ich nur die Konsequenz aus, bin Kausalitätsumsetzer. Ich denke nach, warum ich das tu, und selbst das habe ich nicht entschieden.
Generell zum Willen: Ich habe mich gefragt, warum ich kein Maschinenschlosser werden wollte. Warum ich kein Astrophysiker werden wollte, Schneider, Koch, whatever. Selbst wenn es den Freien Willen gäbe, WOHER käme er und wer bestimmt, was ich WILL? Warum will ich das Eine nicht aber das Andere? Und wenn ich schon nicht entscheiden kann, was ich will (alles andere wäre eher ein sollen oder müssen), wie will ich dann glauben, dass ich frei bin?
Allerdings ist die Illusion vom Freien Willen wichtig. Nicht umsonst spielt uns unser Gehirn diese Kommödie ja vor. Offenbar hat die Evolution ergeben, dass unsere Spezies besser klar kommt mit der Welt, wenn sie glaubt, sie habe Kontrolle.
Der Mensch - oder besser - sein Gehirn, ist so gebaut, dass es plausible Erklärungen für Handlungen 'erfindet' und seinem 'Besitzer' suggeriert, frei entschieden zu haben. Die Erklärungen für das Verhalten sind so gut, dass der Mensch wirklich glaubt, er habe sich vorher und bewusst dazu entschieden, gewisse Dinge zu tun - die Gründe sind kausal, lassen sich gut nachvollziehen...
Zu den 'Programmen': Erziehung ist doch nichts anderes, als eine Form der Dressur, der Konditionierung und wir alle haben die Erfahrung gemacht, dass Prägungen mitunter so stark sind, dass wir mit unserem Willen eben NICHT dagegen ankommen, oder nur mit einem wahrhaftigen Gewaltakt uns selbst gegenüber, der bis hin zur Selbstverleugnung geht. Der Automatismus nach dem der Mensch funktioniert, macht ihn überhaupt erst Alltagsfähig. Man stelle sich vor, man müsste sich wirklich zu ALLEM bewusst entschließen und entscheiden.
Wenn ein Mensch vor eine Situation gestellt wird, reagiert er entsprechend seiner bisherien Erfahrungen. Insofern wäre sein Verhalten voraus berechenbar, wenn man alle Parameter kennen würde. Und was machen wir in unseren Therapien denn? Wir suchen die Ursachen unseres Verhaltens. Hätten wir einen 'freien Willen' so könnten wir zu allem sagen: Das habe ich so gewollt. Ich bräuchte nicht über die Ursachen meiner Handlungen nachdenken, denn sobald ich glaube, meine Handlungen wären die Konsequenz von etwas, widerspricht das der Theorie des 'freien Willens'.
Undja, so kann man sich trotz Hunger dazu entschließen, zu fasten. Dennoch: Selten ist man überrascht, wenn ein Mensch sich dazu entschließt zu fasten - aber auch - dass er es (nicht) schafft. Wenn wir Menschen kennen, lassen sich gewisse Entscheidungen vorausberechnen. Und viele unserer Handlungen machen genau das: Den 'freien Willen' abschalten, den von Anderen aber auch unseren eigenen.
Ich könnte mich nun fragen: War es mein freier Wille, hier zu posten? Es scheint so. Niemand hat mich gezwungen. Und es ist schön und kuschelig, zu glauben, dass ich mich wirklich dazu entschieden habe. Viel eher aber reagiere ich nur wie ein konditionierter Hund, spiele Programmmodule ab. Gewisse Umstände erzeugen die Handlung, das PT-Forum zu öffnen, meine bisherige beschäftigung mit dem freien Willen hat mich anspringen lassen, hier zu schreiben. Wenn ich hier NICHT geschrieben hätte, wäre das nicht mehr oder weniger der freie Wille gewesen. Ich hätte nur etwas interessanteres getan, wäre abgelenkt worden, hätte aufgrund von Erfahrung beschlossen, dass solche Diskussionen nichts bringen. Aber hätte wirklich ICH mich dazu entschlossen, oder führe ich nur die Konsequenz aus, bin Kausalitätsumsetzer. Ich denke nach, warum ich das tu, und selbst das habe ich nicht entschieden.
Generell zum Willen: Ich habe mich gefragt, warum ich kein Maschinenschlosser werden wollte. Warum ich kein Astrophysiker werden wollte, Schneider, Koch, whatever. Selbst wenn es den Freien Willen gäbe, WOHER käme er und wer bestimmt, was ich WILL? Warum will ich das Eine nicht aber das Andere? Und wenn ich schon nicht entscheiden kann, was ich will (alles andere wäre eher ein sollen oder müssen), wie will ich dann glauben, dass ich frei bin?
Allerdings ist die Illusion vom Freien Willen wichtig. Nicht umsonst spielt uns unser Gehirn diese Kommödie ja vor. Offenbar hat die Evolution ergeben, dass unsere Spezies besser klar kommt mit der Welt, wenn sie glaubt, sie habe Kontrolle.
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
»Wir sind lieber die Bösen als die Dummen.« [Richard David Precht]
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Ja, aber hätten wir keinen freien Willen, wäre Therapie absolut absurd, weil ja eine Änderung des Programmes unmöglich wäre. Jeder wäre absolut und auf ewig in seinem "Programm" gefangen.Arta hat geschrieben: Und was machen wir in unseren Therapien denn? Wir suchen die Ursachen unseres Verhaltens. Hätten wir einen 'freien Willen' so könnten wir zu allem sagen: Das habe ich so gewollt.
Über die Frage des Freien Willen haben sich schon sehr kluge Köpfe dieselben zerbrochen (z.B. Camus) - Ist es möglich, einen Akt zu setzen, der völlig freui ist? Ja, es ist möglich, aber dieser Akt ist damit auch völlig sinnlos. (Lest mal den "Fremden" von Camus) Oder unterliegt tasächlich jede Handlung einer Kausalität, auch das setzen eines freien Aktes?
Im Endeffekt landet man bei der Frage des "Glaubens". Für den, der daran glaubt, gibt es einen Freien Willen (und zu denen zähle ich mich), für den, der nicht daran glaubt, wird es auch nie einen geben.
Da stimme ich Arta zu, es ist eine Entscheidung, ob man daran glaubt oder nicht. Ich selber finde, man (ich) lebe besser mit dem Glauben an den Freien Willen, weil ich damit auch die Frage der Gottgläubigkeit für mich zufriedenstellend lösen kann: Wenn es keinen Freien Willen gibt, MUSS man an Gott (oder eine höhere Macht) glauben, weil, wie hopeless ja fragte, dann irgendwer die vielen "Programme" geschrieben haben muss. Und ich bin nicht bereit an eine solche Macht zu glauben.Arta hat geschrieben:Allerdings ist die Illusion vom Freien Willen wichtig. Nicht umsonst spielt uns unser Gehirn diese Kommödie ja vor. Offenbar hat die Evolution ergeben, dass unsere Spezies besser klar kommt mit der Welt, wenn sie glaubt, sie habe Kontrolle.
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Hm, also gerade das Libet-Experiment würde ich jetzt nicht wirklich als Hinweis auf die Nicht-Existenz eines freien Willens betrachten. Einmal ist höchst umstritten, ob der Versuchsaufbau überhaupt Rückschlüsse auf den freien Willen zulässt, u. a. weil die Probanden gar keine aktive Willensentscheidung treffen, sondern auf einen passiven Impuls warten sollten, und dann ist wegen der ganzen Zwischenschritte, die vom Wahrnehmen über das Interpretieren, das Richten der Aufmerksamkeit auf die Uhr bis hin zum Erkennen, wo der Zeiger gerade steht, reichen, auch der Versuchsaufbau m. E. nicht wirklich geeignet, um das zu untersuchen.
Und schließlich ging (jedenfalls laut Wikipedia) selbst Libet davon aus, dass es ein kleines Zeitfenster gebe, in dem der Bewegungsimpuls noch vom freien Willen (!) gestoppt werden kann, nachdem er ausgelöst worden ist.
Die Vorstellung, einfach nur bestimmten Programmen zu folgen und eigentlich nichts selbst beeinflussen zu können, ist aus meiner Sicht ein depressives Symptom. Gerade wenn ich in so einem Loch stecke, dann habe ich auch das Gefühl, meine Handlungen nicht gut steuern zu können, vor allem, weil der Antrieb so schwach ist.
Aber wenn das wirklich so einfach wäre, wie wären dann Gewissenskonflikte, Entscheidungsschwierigkeiten und sowas zu erklären? Und wie würde entschieden werden, welches "Programm" Vorrang hat, wenn mal die Impulse von zwei oder mehr Programmen miteinander in Konflikt kommen?
Und schließlich ging (jedenfalls laut Wikipedia) selbst Libet davon aus, dass es ein kleines Zeitfenster gebe, in dem der Bewegungsimpuls noch vom freien Willen (!) gestoppt werden kann, nachdem er ausgelöst worden ist.
Die Vorstellung, einfach nur bestimmten Programmen zu folgen und eigentlich nichts selbst beeinflussen zu können, ist aus meiner Sicht ein depressives Symptom. Gerade wenn ich in so einem Loch stecke, dann habe ich auch das Gefühl, meine Handlungen nicht gut steuern zu können, vor allem, weil der Antrieb so schwach ist.
Aber wenn das wirklich so einfach wäre, wie wären dann Gewissenskonflikte, Entscheidungsschwierigkeiten und sowas zu erklären? Und wie würde entschieden werden, welches "Programm" Vorrang hat, wenn mal die Impulse von zwei oder mehr Programmen miteinander in Konflikt kommen?
Alles hat seine Zeit.
wenn du mit programmen einstellungen, werthaltungen, motive, emotionen und kognitionen meinst, dann kann ich dem theoretisch soweit folgen, dass aufgrund eines gerade passierenden zusammenspiels dieser komponenten zu einem bestimmten zeitpunkt ein bestimmtes verhalten/gefühl an den tag gelegt wird.
aber; einstellungen, bewertungen, ziele, prioritäten sind doch veränderbar. blödes beispiel, aber trotzdem dienlich - viele kinder mögen bestimmte nahrungsmittel nicht, wenn sie erwachsen sind dann plötzlich schon.
manche menschen haben angst vor publikum zu reden, nachdem sie´s aber ein paar mal gemacht haben, geht´s doch ganz gut.
aber; einstellungen, bewertungen, ziele, prioritäten sind doch veränderbar. blödes beispiel, aber trotzdem dienlich - viele kinder mögen bestimmte nahrungsmittel nicht, wenn sie erwachsen sind dann plötzlich schon.
manche menschen haben angst vor publikum zu reden, nachdem sie´s aber ein paar mal gemacht haben, geht´s doch ganz gut.
Sehe ich nicht so. Teil eines 'Programms' kann auch der Mut zur Veränderung sein. Solche Programme sind ja nie einfach gestrickt und können durchaus das zeug beinhalten, sich am Schopf herauszuziehen. So könnte ich zwar auf Depression programmiert sein (auch zB. genetisch), aber zugleich (vielleicht hat an meinem Programm eine total zuversichtliche Tante als Vorbildfunktion mitgearbeitet) den Mut zu Veränderung, Tatkraft mitbekommen haben. Impulse können dann tatsächlich Verbesserung bewirken - auch wenn wir nicht wissen, was sie ausgelöst hat. Es könnte bereits die Lichtstimmung an einem bestimmten Morgen sein, das Programm ingang zu setzen.Ratlosigkeit hat geschrieben:Ja, aber hätten wir keinen freien Willen, wäre Therapie absolut absurd, weil ja eine Änderung des Programmes unmöglich wäre.
Programm ist ein Hilfsbegriff - bitte nicht glauben ich rede von Computerprogrammen.
Ich 'glaube nicht' dass der Freie Wille eine Sache des 'Glaubens' ist.Ratlosigkeit hat geschrieben:Im Endeffekt landet man bei der Frage des "Glaubens".
Anders als Gott oder Gerechtigkeit und andere Mythen halte ich es für wahrscheinlich, dass man durch wissenschaftliche Erkenntnisse noch ziemlich gut wird entschlüsseln können, wie wir ticken. Nur eine Frage der Zeit. Bis dahin leben wir mit Illusionen, wie die ganze Menschheitsgeschichte hindurch ebenso. Aus bösen Geistern und Erbsünde wurden Bakterien, Viren und genetische Konstellationen.
Ich glaube weder an das Eine, noch an das Andere, die Kausalität halte ich hier nicht für zwingend. Diese Programme haben wir, das wissen wir doch. Das sind Automatismen. Gehen, Autofahren, die Art wie wir wann, wie und was essen - überhaupt 'wie' wir an viele Dinge ran gehen - die sind automatisiert und das wissen wir - ich glaube kaum, dass einer schlaflose Nächte bekommt oder Angst hat davor - weil man bei all den Dingen keine bewusste Entscheidungen trifft. Sogar, wie wir uns bettfertig machen, wie wir uns die Zähne putzen, und ob, was wir zum Schlafen anziehen, und ob übehaupt etwas,... wir unterwerfen das selten dem Entscheidungsprozesses des freien Willens, weil wir kämen nicht weit. Angenommen wir müssten für die exakt nächste Handlung die wir treiben zwischen ALLEN Optionen wählen - nicht nur den wenigen Programmen innerhalb derer wir funktionieren (sollen), würden wir kaum zu einer Handlung kommen.Ratlosigkeit hat geschrieben:Wenn es keinen Freien Willen gibt, MUSS man an Gott (oder eine höhere Macht) glauben, weil, wie hopeless ja fragte, dann irgendwer die vielen "Programme" geschrieben haben muss.
Diese Automatismen im Kleinen, funktionieren auch im Großen. Ich meine, sogar die Entscheidung zu etwa Ehe, Haus, Job, Kinder... oder eben das Gegenteil davon, sind Programme, denen wir folgen.
So, wer aber hat sie geschrieben? Gott? Buahahahahah! Sicher nicht! Wir wissen, dass wir Menschen aus Genen bestehen. Die bieten bereits einen gewissen Programmsatz, nennen wir es Betriebssytem. Sobald das gestartet ist, schon nach wenigen Stunden oder Tagen nach der Zeugung, verarbeitet es sämtliche Eindrücke und macht daraus Programme. Die chemie durch die Mutter (was sie isst, ob sie gestresst ist ...) später die akustischen, visuellen Eindrücke, wie die Umwelt mit uns umgeht und das Programm orientiert sich daran, wie die Welt auf uns reagiert: Ziel: Bestmögliche Anpassung! Der Haken: Das Programm bekommt nicht alle Parameter - daraus entstehen dann später unsere Probleme. Wir lernen etwa, nicht mit Konflikten umzugehen, oder, auf Kritik stets beleidigt zu reagieren, anstatt sie konstruktiv anzunehmen. Die Chance, das zu erkennen und zu beheben muss bereits Teil des Programms sein. Jeder von uns kennt Menschen, die absolut nicht fähig sind (wir selber haben auch solche Flecken) zu erkennen und zu beheben. Mitunter halten wir diese Aspekte sogar für unsere Persönlichkeit, für so essentiell, dass wir sie nicht beheben 'wollen'.
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
»Wir sind lieber die Bösen als die Dummen.« [Richard David Precht]
»Wir sind lieber die Bösen als die Dummen.« [Richard David Precht]
Ich verstehe, dass die Idee, der Freie Wille sei eine Illusion, Angst macht. Aber - um es weiterhin mit Programmen zu sagen - wir haben ja nicht ausschließlich Schadsoftware eingespeichert. Ich beobachte, dass oft genau jene am deutlichsten ein Programm abspulen, die am lautesten vom Freien Willen sprechen. Das ist nicht schlimm. Sie sind eben so programmiert, dass sie am Glücklichsten und Zufriedensten sind, wenn sie glauben, sie haben die absolute Kontrolle. Oft sind das auch Menschen, die etwa behaupten, Ohrfeigen hätten ihnen nicht geschadet - bzw. sie hätten sie verdient gehabt (Kontrolle), oder die meinen, ihnen könnte es nie passieren, etwa obdachlos zu werden, betrogen zu werden, sich scheiden zu lassen, den Job zu verlieren, depressiv werden ... Sie glauben fest, dass SIE alles entscheiden können. Anders ausgedrückt: Positives Denken ist Denkzensur. Ich blende einfach alle Aspekte aus, die mir nicht in den Kram passen. Kann funktionieren. Deswegen: Es ist nicht schlecht, wenn jemand so programmiert ist, deswegen fährt er dennoch ein Programm. Kontrolle 2.0 mit Sicherheitserweiterung.Dampfnudel hat geschrieben:Die Vorstellung, einfach nur bestimmten Programmen zu folgen und eigentlich nichts selbst beeinflussen zu können, ist aus meiner Sicht ein depressives Symptom. Gerade wenn ich in so einem Loch stecke, dann habe ich auch das Gefühl, meine Handlungen nicht gut steuern zu können, vor allem, weil der Antrieb so schwach ist.
Stichwort Double Binds. Wir sind nicht perfekt Programmiert und so haben wir Programme in uns, die einander widersprechen. Verschiedene Programme erfordern, dass wir verschieden auf Dinge reagieren, aber welches Programm ist das Richtige? Ist eines davon mächtig, haben wir keinen Konflikt, schwächere Programme die gegen die Entscheidung sind, werden sich vielleicht zwar zu Wort melden und Einwände haben, aber das stärkste Programm entscheidet. Wenn es zwei gleich starke Programme gibt, passiert etwas ähnliches, was mit Computern auch passiert: Man stürzt ab. Entscheidungen werden nicht getroffen, die Programme spielen sich ewig gegenseitig aus, selbst Hilfe von Außen kann nur wenig ausrichten (oder ein Programm verbietet, Andere mit reinzuziehen). Oft wird die Entscheidung dann Umständen überlassen. Man fährt so lange in dieser unerträglichen DoubleBind Situation weiter, bis sich das 'auflöst', sei es ein Zusammenbruch, Unfall, veränderte Umstände.Dampfnudel hat geschrieben:Aber wenn das wirklich so einfach wäre, wie wären dann Gewissenskonflikte, Entscheidungsschwierigkeiten und sowas zu erklären?
Zu den Programmen gehören ja - enorm wichtig - Gefühle.
Ach ja: Nur weil ich keinen FREIEN Willen habe, heisst das nicht, dass ich KEINEN Willen habe. Nur weiß ich nicht, WER oder WAS in mir ausgerechnet DAS will. In der Regel ist mir auch egal, was schuld dran ist, etwas bestimmtes zu wollen, oder nicht zu wollen. Insofern schließen sich für mich sowieso FREI und WILLE aus. Ich habe oft gehört: Du 'musst' nur wollen. Mir konnte aber noch nie jemand erklären wie man bewusst zu einem 'wollen' kommt. Kann ich mich jetzt hinsetzen und, beispielsweise, Kauslquappen essen wollen? Vermutlich werde ich den Willen dazu nicht 'einfach so' entwickeln. Das wäre ja echt einfach (wobei, wenn man sich ordentlich ins Programm hackt funktioniert das manchmal auch), Menschen dazu zu bringen, einfach bewusst ihren Willen anzupassen. Das geht aber nicht. Oft wäre es total super für uns, etwas zu wollen - und ist es total ungünstig für uns, etwas NICHT zu wollen. Wir können dann müssen oder sollen - das Wollen aber werden wir dabei überfahren müssen.
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Also für mich impliziert Wille, dass er frei ist. Dann haben wir da einfach unterschiedliche Definition, von denen wir ausgehen.
Dieses "Du musst nur wollen" finde ich eh fragwürdig, aber da befinden wir uns m.E. auf einer anderen Ebene, und nur weil irgendwelche Leute von sowas reden, ist das doch kein Argument für oder gegen die Existenz eines freien Willens.
Ich glaube schon, dass man bewusst versuchen kann, etwas zu wollen, iaber diewenigsten Menschen werden das tun. Sie haben ja auch ihre Gründe, die Sache nicht zu wollen.
Zu den Automatismen: klar gibt es die und klar entscheiden wir uns bei vielen Handlungen nicht bewusst, sie zu tun, aber das ist doch kein Argument gegen die Existenz eines freien Willens. Gerade dass man aus diesen Automatismen ausbrechen kann und sich bewusst entschbeiden kann: diesmal mach ich es anders als sonst - oder auch nicht, spricht doch dafür, dass er existiert.
Seine Nicht-Existenz würde mich auch nicht groß stören, m. E. spricht einfach nur zu viel dagegen.
Dieses "Du musst nur wollen" finde ich eh fragwürdig, aber da befinden wir uns m.E. auf einer anderen Ebene, und nur weil irgendwelche Leute von sowas reden, ist das doch kein Argument für oder gegen die Existenz eines freien Willens.
Ich glaube schon, dass man bewusst versuchen kann, etwas zu wollen, iaber diewenigsten Menschen werden das tun. Sie haben ja auch ihre Gründe, die Sache nicht zu wollen.
Zu den Automatismen: klar gibt es die und klar entscheiden wir uns bei vielen Handlungen nicht bewusst, sie zu tun, aber das ist doch kein Argument gegen die Existenz eines freien Willens. Gerade dass man aus diesen Automatismen ausbrechen kann und sich bewusst entschbeiden kann: diesmal mach ich es anders als sonst - oder auch nicht, spricht doch dafür, dass er existiert.
Seine Nicht-Existenz würde mich auch nicht groß stören, m. E. spricht einfach nur zu viel dagegen.
Alles hat seine Zeit.
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